Die Flüchtlinge und ihre Betreuung

  • Unsere Bundeskanzlerin hat gesagt: Wir schaffen das ! Nun bin ich jetzt nicht unbedingt einer, der auf Angie hört, aber ich finde, da hat sie mal Recht. Und ich will, Angie hin oder her, meinen Beitrag dazu leisten, zumal ich in dieser Angelegenheit nicht unerfahren bin.
    Seit gestern arbeite ich sporadisch (ca. 2x wöchentlich) und ehrenamtlich als nunmehr berenteter Arzt in einem Sanitätszelt am Hauptbahnhof für durchreisende Flüchtlinge tätig.


    Das Betreuungswesen für ankommende Flüchtlinge läuft in Hamburg (und wohl nicht nur dort) einigermaßen chaotisch, weil die offiziellen Stellen über ihre eigenen Füße d.h. Bürokratievorhaben stolpern, und somit alles viel länger dauert, als es müsste. Z.B. wollte der zuständige Gesundheitsamtsarzt (den sie auch aus der Rente zurückgeholt haben) mir erst mal unbedingt einen Honorarvertrag aufdrücken, obwohl ich keine Kohle dafür will - erst das Argument meines Steuerberaters, dass selbständige Einkünfte für mich jetzt "steuerschädlich" seien (die umständliche Begründung erspare ich mir), liessen ihn davon Abstand nehmen. jetzt stehe ich auf einem Dienstplan für das Sanitätszelt vorm Hauptbahnhof, diese Woche einmal, das war gestern, und nächste Woche vermutlich zweimal vormittags, mehr als 2x die Woche wollte ich nicht (muss ja noch was für Schnuppi tun, und will mir nicht gleich den nächsten Burnout holen, weshalb ich schon 2x in der Klinik war).


    Im Hauptbahnhof drinnen gibt's unter einer Treppe einen Stand mit der englich-arabischen Aufschrift "Sveden" und aussen drauf einem Pappdeckel, auf dem steht "Germany Immigration - Harburg". D.h. wer hierbleiben will, soll zum Harburger Bahnhof fahren - wo allerdings gestern keinerlei Empfang vor Ort war, ich bin dagewesen. Wäre ich Flüchtling, würde ich mich zu den Zügen nach Harburg durchfragen und, dort angekommen, vermutlich irgendeinen der zahlreichen dort herumschwirrenden muslimisch gekleideten Menschen ansprechen und dann wohl irgendwann in einer der Erstaufnahmelager landen, die es in Harburg gibt. Deutsche Organisation geht anders ... Wahrscheinlich stehen ehrenamtliche Helfer/innen an den aus Süden kommenden Zügen und lassen sich von den Flüchtlingen ansprechen - als ich dort war, sind grad keine angekommen.
    Viele der in Hamburg Gelandeten wollen wohl nach Schweden weiter. Unter der Treppe werden sie beraten, bekommen etwas neue Kleidung wo nötig, und Familien bzw. Bedürftige werden vor den Bahnhof zum Zelt geleitet, wo sie zu essen und zu trinken bekommen. Nur Familien mit Kindern dürfen ins Zelt, sonst wird's zu voll, der Rest campiert draussen (der Platz ist überdacht).


    Ein zweites, kleineres, Zelt daneben ist das Sanitätszelt, und damit mein "Revier". Mehrere Rettungsassistenten und Krankenschwesern versehen hier ihren ehrenamtlichen Dienst, die meisten haben daneben noch einen regulären Job. Das Klima ist sehr familiär, ich hab mich sofort wohlgefühlt, zumal ich im Gegensatz zu anderen Kollegen keiner bin, der den (in meinem Fall ohnehin nicht vorhandenen) Doktor raushängt. Befremdlich, dass man zu jeder Untersuchung - die meisten Patienten sind erkältet - erstmal einen Einmalkittel, Mundschutz und Handschuhe anziehen muss, zwecks möglicher Infektionsgefahr. Ich lasse die Dolmetscher als erstes erklären, was diese Maskerade soll, damit die Leute keine Angst bekommen.
    Die zu untersuchenden Kinder kriegen alle erstmal ein Spielzeugsanitätsauto, das finden sie toll. Ich lasse Fieber messen, höre sie ab, gucke in den Hals und taste sie soweit als notwendig ab, mehr braucht's nicht. Und mehr als Hustenbonbons und manchmal Aspirin (für die Erwachsenen) haben wir auch nicht zu verteilen. Hätten wir Antibiotika gebraucht, wär's umständlich geworden, aber machbar.
    Für Syrer (das sind die meisten) und Afghanen (das ist die zweitgrößte Gruppe) sind Dolmetscher da. Manche Syrer sprechen englisch, die Afghanen weniger. Für Eritreer und Somali hab ich mir aus meiner alten Patinentenkartei Telefondolmetscher besorgt. Auf Arabisch kann ich mich grad mal vorstellen: "Salaam aleikum - ana hakim" ("ich Arzt"), dann ist fast schon Schluss. "Shukran", danke, wenn ich fertig bin, und zum Abschied nochmal "salaam aleikum", das kenne ich aus Karl May.
    Problematisch war ein junger zusammengebrochener Syrer, aus dem herauszubekommen war, dass er vor einem Jahr einen Bombenangriff mit 100 Toten überlebt hat. Das war zum Glück nur einer - man stelle sich vor, nach einem Angriff würde die Straße vor von solchen Menschen sein ... Er wollte ins Krankenhaus, und das konnten wir auch organisieren. In diesen Fällen fordern die Hamburger Krankenhäuser und Krankentransportdienste derzeit keine Krankenversicherungsnachweise.


    Ich freue mich, trotz solcher Herausforderungen, auf meinen nächsten Einsatz. Helfersyndrom hin oder her, aber ich find's schön, wenn ich gebraucht werde und in einem freundlichen Team arbeiten kann.

    Die größte Sehenswürdigkeit, die es gibt, ist die Welt - sieh sie Dir an (Kurt Tucholsky)

  • :wink:


    Finde ich schön, dass Du diese interessante Aufgabe übernommen hast. Ich kann auch verstehen, dass es für Dich ein angenehmes Gefühl ist, gebraucht zu werden (sogar dringend).


    Ich kann aus der Ferne (Spanien) nicht beurteilen, ob Deutschland das schaffen kann, wie Angela Merkel gesagt hat.
    So ganz einig sind sich die deutschen Politiker scheinbar nicht und die Bevölkerung auch nicht.


    ----------------------------


    Eine ehrenamtliche Tätigkeit, die mir persönlich gefallen würde (wenn ich noch in Deutschland leben würde):
    Einigen Flüchtlingen die deutsche Sprache zu lehren.


    Gruß
    Jofina

    El mundo es un libro, y quienes no viajan leen sólo una página. (Aurelio Agustín)
    Gruß Jofina

  • Grizzly, erstmal ganz großen Respekt. Und vor allem Gratulation, dass Du Dich durch das bürokratische Chaos hindurch zu Deiner jetzigen Einsatzstelle durcharbeiten konntest. Ich hoffe, dass Du durch Deinen Einsatz für Dich das Gefühl erreichen kannst, "etwas" tun zu können.
    Ich selbst würde auch gerne selbst etwas tun, z.B. Sprachunterricht, Begleitung von insbesondere Frauen und Kindern zu Behördengängen und Arztbesuchen und ins neue Leben überhaupt. Leider ist z.Zt. der nächste Ort, wo Ehrenamtliche benötigt werden, 60 km (eine Strecke) weg, so dass ein Einsatz meinerseits nicht praktikabel ist.
    Umso mehr wünsche ich Dir viel Erfolg bei Deiner Tätigkeit, auch wenn es vielleicht "nur" ein paar Hustenbonbons sind - aber Deine Hilfe wird dankbar angenommen werden.


    Liebe Grüße
    Helga


  • Ich selbst würde auch gerne selbst etwas tun, z.B. Sprachunterricht, Begleitung von insbesondere Frauen und Kindern zu Behördengängen und Arztbesuchen und ins neue Leben überhaupt. Leider ist z.Zt. der nächste Ort, wo Ehrenamtliche benötigt werden, 60 km (eine Strecke) weg, so dass ein Einsatz meinerseits nicht praktikabel ist.
    Umso mehr wünsche ich Dir viel Erfolg bei Deiner Tätigkeit, auch wenn es vielleicht "nur" ein paar Hustenbonbons sind - aber Deine Hilfe wird dankbar angenommen werden.


    Liebe Helga,
    ich kann mir vorstellen, dass es demnächst noch einen näher an Deiner Heimat liegenden "Einsatzort" geben wird.
    Ich hab's natürlich einfach - 15 Minuten zur U-Bahn, und dann 35 Min. zum Hauptbahnhof.
    Und was die Hustenbonbons betrifft, so steht mein Familienname drauf, weil wir um neun Ecken miteinander verwandt sind
    - Zufall :D


    @ Jofina:

    Zitat

    ... ob Deutschland das schaffen kann, wie Angela Merkel gesagt hat.
    So ganz einig sind sich die deutschen Politiker scheinbar nicht und die Bevölkerung auch nicht.


    Wir Deutschen sind für einen Krieg mit 55 Millionen Toten verantwortlich, wir haben jetzt auch gegen den Widerstand einiger Ewiggestriger diese neue und sicher nicht einfache Aufgabe zu meistern. Schaffen wir das, so kann auch ich sagen (und das hab ich noch nie gesagt):
    Wir können stolz sein auf unser Land und seine Leute.


    Nachtrag zu meinem Bericht:

    Zitat

    Wäre ich Flüchtling, würde ich mich zu den Zügen nach Harburg durchfragen und, dort angekommen, vermutlich irgendeinen der zahlreichen dort herumschwirrenden muslimisch gekleideten Menschen ansprechen und dann wohl irgendwann in einer der Erstaufnahmelager landen. Deutsche Organisation geht anders ...


    So desolat läuft's nicht, hab mich heut nochmal erkundigt.
    Wenn Züge ankommen, in dem Flüchtlinge vermutet oder auch oft durch Helfer aus den Abfahrorten angekündigt werden, stehen gekennzeichnete Helfer/innen am Bahnsteig und geleiten die Angekommenen zum "Schwedenterminal" unter der Treppe oder bringen sie mit der S-Bahn nach Harburg, wo dann auch Helfer sind.

    Die größte Sehenswürdigkeit, die es gibt, ist die Welt - sieh sie Dir an (Kurt Tucholsky)


  • @ Jofina:


    ..... wir haben jetzt auch gegen den Widerstand einiger Ewiggestriger diese neue und sicher nicht einfache Aufgabe zu meistern. Schaffen wir das, so kann auch ich sagen (und das hab ich noch nie gesagt):
    Wir können stolz sein auf unser Land und seine Leute.


    Zwischen 800.000 und 1,5 Millionen Menschen werden in diesem Jahr nach Deutschland kommen. Diese Zahlen werden in den Medien genannt.
    Wie lange will man denn diese Flüchtlinge in den Sammelunterkünften lassen? Da sind doch Konflikte/Streitigkeiten vorprogrammiert. Monatelang keine Privatsphäre.


    Soviel Wohnungen/Wohnhäuser können doch gar nicht auf die Schnelle gebaut bzw. angemietet werden.
    Und wenn? – alles Plattenbauten an den Stadträndern? Dann sähe es ja auch so wie in manchen französischen Städten aus (Banlieues).


    Ich lese auch nichts in den Zeitungen, dass mit dem sozialen Wohnungsbau schon begonnen wird. Und jetzt kommt auch bald der Winter.
    Oder tut sich da was bezüglich Wohnungen für die vielen Flüchtlinge?



    Gruß
    Jofina

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    Gruß Jofina


  • Aber deine Aussage ,, Wir Deutschen sind für einen Krieg mit 55 Millionen Toten verantwortlich ,, kann ich nicht teilen.
    Sollten wir nicht endlich einmal damit anfangen diese Selbstvorwürfe wegzulassen , unsere Generation ist dafür nicht verantwortlich.


    Unsere Generation nicht, aber eine Verantwortung haben wir schon. Zumal die braunen Ratten immer wieder aus ihren Löchern kriechen.


    @ Jofina:
    Das wird natürlich ein Kraftakt. Wobei da kreative Lösungen gefragt sind, wzB Zwangsbelegung von leerstehenden Immobilien, ggf auch Enteignung - ich fand es schon lang verwerflich, wenn Immobilien aus Spekulationsgründen über längere Zeit leer stehen, und davon gibt's leider jede Menge. Eigentum, insbesondere wenn es ein knappes Gut ist, verpflichtet auch, und wer dieser Verpflichtung nicht nachkommt, hat m.E. sein Recht darauf verwirkt.



    Das Ganze birgt auch Chancen, nicht nur für die Wirtschaft, was neue Fachkräfte/Auszubildende betrifft, sondern auch für vom Aussterben bedrohte Ortschaften und vom Bestand her bedrohte Schulen, zB in Golzow:

    Zitat

    Zwei junge syrische Flüchtlinge haben die durch ein Filmprojekt bekannte Schule im brandenburgischen Golzow (Märkisch-Oderland) vor der Schließung bewahrt. Ohne die beiden Kinder von Asylbewerbern hätte es dort im neuen Schuljahr keine erste Klasse mehr gegeben, sagte Brandenburgs Bildungsminister Günter Baaske (SPD) in Potsdam.


    Durch Abwanderung und den demografischen Wandel ist es in den vergangenen Jahren in zahlreichen brandenburgischen Orten zu Schulschließungen gekommen. Während es laut Bildungsministerium im Schuljahr 2012/13 noch 924 Schulen im Land gab (öffentliche und freie), waren es im Jahr danach nur noch 919, zuletzt dann noch 912. Zu diesem Schuljahr erhöht sich die Zahl wieder auf 916.


    https://www.rbb-online.de/poli…olzow-rettung-schule.html

    Die größte Sehenswürdigkeit, die es gibt, ist die Welt - sieh sie Dir an (Kurt Tucholsky)

  • Im Moment scheint die Situation vielen über den Kopf zu wachsen.
    Aber ich bin auch überzeugt, dass es gelingen kann - es muss!
    Es gibt keine Alternative .


    Letzlich wird es eine Aufgabe für ganz Europa werden.
    Eine Aufgabe für die nächsten Jahre, Jahrzehnte.
    Es wird Europa ( nicht nur Deutschland) verändern.


    Natürlich müssen kurzfristige Lösungen gefunden werden.


    Grizzly- Du als "Wahl"- Hamburger hast natürlich die Wohnungssituation in der Großstadt mit ihren Spekulationen stets vor Augen ( s. Hafenstraße u.a.) - wie das politisch gelöst werden könnte , soll bitte hier nicht diskutiert werden ( s. Forenregeln)


    Aber es gibt anderswo schon recht postive Beispiele.


    https://www.die-glocke.de/loka…44a3-a4ba-2875f5415aa2-ds
    https://www.gea.de/region+reut…+fluechtlinge.4264351.htm
    https://www.mz-web.de/mittelde…ge,20641266,32092834.html

    Gruß,
    Elke

  • Wenn nur 1 % der deutschen Einwohner einen Neuankömmling unterstützt, hat jeder einzelne Asylbewerber eine eigene persönliche Hilfe. Diskutieren über die Vergangenheit hilft nicht - anpacken hilft.


    Gruß,
    Klaus

  • Dieter, ich denke, dass ich Dich schon ein Stück weit verstehen kann.
    Eines vorweg: Jeder sollte das Recht haben, über seine Ängste zu sprechen, ohne dafür in eine bestimmte Ecke gestellt zu werden.


    Nur : wovor hast Du Angst?


    Ist es die Angst vor einer Veränderung, von der wir nicht wissen wie sie aussieht?


    Ich bin sicher, dass Deutschland das finanziell schafft und dass auch genug Platz für alle da ist.
    Die viel größere Aufgabe wird die Integration sein. Sie wird unser Land verändern.


    Sie erfordert von uns viel Engagement und auch Offenheit und Toleranz für die Fremden .


    Doch es gibt auch klare Forderungen an die, die zu uns kommen.


    Kennst Du die Rede unseres Bundespräsidenten zum 3.10.2015?
    Er hat u.a. auch diese Forderungen klar beschrieben - ich will sie mal hier zitieren:



    Unsere Werte stehen nicht zur Disposition!

    Sie sind es, die uns verbinden und verbinden sollen, hier in unserem Land.
    Hier ist die Würde des Menschen unantastbar.
    Hier hindern religiöse Bindungen und Prägungen die Menschen nicht daran, die Gesetze des säkularen Staates zu befolgen.
    Hier werden Errungenschaften wie die Gleichberechtigung der Frau oder homosexueller Menschen nicht in Frage gestellt und die unveräußerlichen Rechte des Individuums nicht durch Kollektivnormen eingeschränkt - nicht die der Familie, nicht der Volksgruppe, nicht der Religionsgemeinschaft. Toleranz für Intoleranz wird es bei uns nicht geben.
    Und außerdem gibt es in unserem Land politische Grundentscheidungen, die ebenfalls unumstößlich sind.
    Dazu zählt unsere entschiedene Absage gegen jede Form von Antisemitismus und unser Bekenntnis zum Existenzrecht von Israel.

    https://www.bundespraesident.d…akt-Deutsche-Einheit.html


    Wir ( unsere Generation) muss mit dieser Integrationsarbeit beginnen, auch wenn es anfangs nur mit kleinen Schritten ist. Aber da führt kein Weg dran vorbei und ( ich wiederhole mich) es gibt keine Alternative.


    Es ist eine riesige Herausforderung.


    Im Moment sind es die Grundbedürfnisse der Menschen, die im Vordergrund stehen ( s. Thema des Threads) - und mancherorts entsteht der Eindruck, dass einzelne Regionen damit überfordert sind. Da müssen dringend und ganz schnell Lösungen gefunden werden, das steht für mich außer Zweifel.


    Aber die Aufgabe, die in den nächsten Jahren auf uns zukommt, wird noch viel größer sein.
    Bewältigen wir sie , dann brauchen wir auch keine Angst um die Zukunft unserer Kinder und Enkel haben.


    Liebe Grüße,
    Elke

  • ...Wir Deutschen sind für einen Krieg mit 55 Millionen Toten verantwortlich, wir haben jetzt auch gegen den Widerstand einiger Ewiggestriger diese neue und sicher nicht einfache Aufgabe zu meistern. Schaffen wir das, so kann auch ich sagen (und das hab ich noch nie gesagt):
    Wir können stolz sein auf unser Land und seine Leute....


    hallo Grizzly,


    auch ich gehe ehrlich gesagt nicht konform mit dieser Aussage. Ich bin kein Revisionist aber auch kein Verfechter der "Alleinschuld-Theorie". Fakt ist, daß dieser Krieg in Europa vom damaligen Deutschen Reich begonnen wurde. Allerdings sind auf diesen "Zug" viele andere Nationen die damals autoritär regiert wurden, aufgesprungen. Das begann schon vor Kriegsbeginn am 1.9.1939, als während der Besetzung der "Rest-Tschechei" Polen (übrigens damals auch eine Diktatur) Teile dieses Landes (z. B. das Hultschiner Ländchen) annektiert und von Adolfs Gnaden sich eine Diktatur in der Slowakei installiert hat. Ungarn, Kroatien oder auch Italien (alles Diktaturen) waren ganz schnell dabei, als es galt, sich ein Stück vom Kuchen abzuschneiden. Auch die Sowjetunion besetzte im Einklag mit dem Hitler-Stalin-Pakt ruckzuck das östliche Polen und die Baltischen Staaten beziehungsweise begann Stalin einen Krieg gegen das neutrale Finnland.


    Leider verlieren wir in Europa auch oft den Blick nach Asien. Das japanische Kaiserreich expandierte durch mehrere Kriege gegen seine Nachbarn seit dem 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Neben der Sowjetunion forderten diese Auseinandersetzungen vor allem in China und Korea hohe Opferzahlen. Bis auf die wenigen dort an kriegerischen Auseinandersetzungen beteiligten deutschen U-Boote können uns diese Toten meiner Einschätzung nach nicht angelastet werden.


    Um aber zum eigentlichen Thema Flüchtlinge zurückzukommen, bin ich skeptisch, ob deren Integration tatsächlich reibungslos gelingen wird. Verhältnisse wie in Frankreich mit unregierbaren Ghettos am Rande der Großstädte will keiner. Obwohl unser Land seit dem Zweiten Weltkrieg vorbildliches geleistet hat, bestehen heute ganz andere Herausforderungen. Ob jeder Flüchtling auf Dauer hier bleiben kann, sei einmal dahingestellt. Ob unser Asylrecht reformiert werden muß, werden wohl die Politiker hoffentlich zügig entscheiden.


    Ich meine, daß wir ein Einwanderungsgesetz ähnlich wie Kanada, die USA oder Australien brauchen. Es kann nicht angehen, daß jeder rein aus wirtschaftlichen Gründen in unser Land einreisen und sich hier dauerhaft aufhalten darf. Wenn dem so wäre, müssten wir vermutlich Milliarden Menschen aufnehmen. Dann wird es doch langsam eng, obwohl schon noch Platz im Lande ist.


    Im übrigen meine ich, daß diese Flüchtlingswelle doch vor allem der einheimischen Wirtschaft und Industrie entgegen kommt. Die Löhne sind gemessen an der Produktivität doch eh schon sehr niedrig bei uns. Verstärkte Migration wird diese noch weiter drücken.


    Grizzly, da du viele Jahre als Arzt gearbeitet hast und deine Kenntnisse dankenswerterweise auch heute im Ruhestand in den Dienst der Gesellschaft einbringst, wirst du mir gerade beim Thema Gehälter im Gesundheitswesen zustimmen. Meine beiden Töchter arbeiten als Zahnarzthelferin knapp 40 Stunden pro Woche für ein lächerlich geringes Entgelt ohne Weihnachts- oder Urlaubsgeld während deren Chefs das Problem der langen Wartezeit auf den neuen Porsche haben oder nicht wissen, wie man das extrem viele Geld bei sinkenden Börsenkursen investieren soll. Ich bin nicht neidisch. Mir geht es wirtschaftlich recht gut. Aber manche Berufe in unserem Land sind nach wie vor mit Hungerlöhnen bezahlt, was sich bei vermehrtem Angebot an Arbeitskräften meiner Einschätzung nach leider noch verstärken wird.


    Mal sehen, wie alles sich entwickelt.


    grüsse


    jürgen

  • Zitat von Elke

    Wir ( unsere Generation) muss mit dieser Integrationsarbeit beginnen, auch wenn es anfangs nur mit kleinen Schritten ist. Aber da führt kein Weg dran vorbei und ( ich wiederhole mich) es gibt keine Alternative.


    Man kann es nicht oft genug wiederholen - hab Dank, Elke!


    Gruß,
    Klaus

  • Die viel größere Aufgabe wird die Integration sein. Sie wird unser Land verändern.


    Sie erfordert von uns viel Engagement und auch Offenheit und Toleranz für die Fremden .


    Was versteht man unter Integration?
    Ich denke, darüber gibt es unterschiedliche Meinungen. Das Wichtigste scheint mir zu sein, dass die deutschen Gesetze von den Flüchtlingen der verschiedensten Nationalitäten anerkannt werden. Das ist unerläßlich und das MUSS auch eingefordert werden, ohne wenn und aber. Ich meine damit alles, was Elke in ihrem obigen Beitrag in ROT gekennzeichnet hat.


    Wichtig ist natürlich auch, dass die Flüchtlinge so schnell wie möglich aus diesen Erstaufnahmelagern (Sammelunterkünften) herauskommen und richtige Wohnungen erhalten. Ansonsten sind Konflikte vorprogrammiert. Hilfreich wäre natürlich auch, dass sie schnell einen Grundwortschatz in der deutschen Sprache erlernen und insofern auch ihre Aussichten auf eine Beschäftigung verbessern.


    Aber zurück zu dem Begriff Integration:


    Dass Deutsche mit Türken, Syrern, Afghanen, Afrikanern so richtig gemischt durcheinander leben (d.h. einen gemischten Freundeskreis unterhalten), oder die diversen Flüchtlingsgruppen durcheinander, ich denke mal, das wird auch künftig nicht so häufig passieren. Die Volksgruppen werden wohl mehrheitlich eher unter sich bleiben, schon wegen der Sprache. Man möchte nach dem Feierabend (wenn sie denn einen Job haben) sich lieber mit Muttersprachlern treffen. (Eine Unterhaltung ist mit ihnen so einfach - man muss nicht nach den richtigen Worten suchen).


    Aber ist das so schlimm? Ich denke nicht. Nehmen wir als Beispiel mal Singapur.
    Da gibt es Little India, das indische Viertel. Weiter findet man dort China-Town, also das chinesische Viertel. Ferner gibt es in Singapur auch ein arabisches Viertel.
    Auch in diese Viertel zieht es Touristen aus aller Welt, um sich dort umzuschauen. Ich denke mal diese Bevölkerungsgruppen leben friedlich nebeneinander her.


    Vielleicht sollte man den Brotkorb mit der Integration auch nicht so hoch hängen. :wink: Wichtig ist, man muss sich gegenseitig respektieren. :blink2:


    Gruß
    Jofina

    El mundo es un libro, y quienes no viajan leen sólo una página. (Aurelio Agustín)
    Gruß Jofina

  • Lieber Dieter, eine nicht begründete Angst kann dir natürlich keiner nehmen. Dein Unbehagen oder flaue Gefühl kennt wohl jeder und ist sicherlich auch nicht unberechtigt. Keiner kann die Zukunft vorhersagen.


    Zitat von Dieter

    Nun müssen schon ( in den Unterkünften ) Christen von den Muslimen geschützt werden ,
    wo sollen wir da anpacken ( wie Klaus so schön schreibt ) es wird sich da noch viel tun


    Da glaube ich eher, dass Flüchtlinge - muslimisch oder christlich - vor "deutschen" Horden mit ihren Brandanschlägen geschützt werden müssen.


    Anpacken wirst du bestimmt können, da wird auch deine Geimeinde dir sicherlich Möglichkeiten aufzeigen können.


    Gruß,
    Klaus


    PS: Am heutigen Abend lief wieder der Film "Schwabenkinder", der mit der jetzigen Wirklichkeit uns nachdenklich stimmen müsste.


    PPS:

    Zitat von Jofina

    Vielleicht sollte man den Brotkorb mit der Integration auch nicht so hoch hängen. :wink: Wichtig ist, man muss sich gegenseitig respektieren. :blink2:


    Deinen Beitrag habe ich einige Minuten zu spät gelesen. Besser hätte ich es nicht ausdrücken können.

  • Hallo Klaus ,


    Stern TV am heutigen Abend hat mich auch sehr nachdenklich gestimmt.


    Dieter, ich glaube nicht, dass Glaubenskonflikte so gelöst werden können. Ich habe es mir gerade angescheut: Stern TV


    Die Brandanschläge auf Flüchtlingsunterkünfte in den letzten Jahrzehnten sind m. E. bestimmt nicht von Muslimen ausgeführte worden. Es gibt immer zwei Seiten!


    Gruß,
    Klaus


    PS: Und die "Schwabenkinder" haben damit bestimmt nichts gemein.

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