Auf der Halbinsel Istrien gibt es eine Bahnlinie, die vor gut zehn Jahren von einem Tag auf den anderen eingestellt wurde. Es handelt sich um die gut 30 km lange Rasabahn, die vom Bahnhof Lupoglav im Cicarija Gebirge aus abzweigt und mit dem Freihafen Trget-Brsica im Rasakanal verbindet. Die Bahn wurde nach dem Zweiten Weltkrieg u. a. durch deutsche Kriegsgefangene gebaut und diente bis zu einem Hangrutsch fast ausschließlich der Beförderung von Gütern.
(Bild aus Glas Istre https://www.glasistre.hr/pula/rasprava-…trofalno-580270)
Inzwischen werden die Güter, die vom Freihafen aus verschifft werden ausschließlich mit dem Lkw angefahren. Das sind zum einen Schnittholz vor allem aus dem Velebit und Cicarija Gebirge, Gestein aus Istrien und Lebendvieh aus dem kroatischen Hinterland und überwiegend aus Ungarn. Der Personenverkehr spielte hier nie eine große Rolle.
Bei einer Wanderung im Rasatal habe ich mir vor kurzem den alten Bahnhof Rasa angeschaut.
Dieser liegt ein paar Kilometer von der Gemeinde Rasa entfernt neben dem Fluß Rasa und dem Steinbruch der Firma baumit. Acht Geleise nebeneinander dienten einstmals zum Rangieren der Güterwaggons.
Die Schienen sind mittlerweile von Gestrüpp überwuchert.
Hinter diesem Hügel liegt die Ortschaft Barban.
Nachdem das Gebäude frei zugänglich ist schaue ich natürlich auch rein in den alten Bahnhof. Wann wurden hier wohl die letzten Fahrkarten verkauft?
Man gewinnt den Eindruck als wurden die Räume fluchtartig verlassen.
Lautet nicht ein bekannter Spruch "der Letzte macht das Licht aus?"
Bis zum Tag X - dem Hangrutsch war sicherlich alles streng geheim. Und jetzt?
Geheim oder wertvoll war sicherlich auch einstmals der Inhalt von diesem Tresor. Leider habe ich keinen Schlüssel gefunden. Ehrlich gesagt, habe ich vielleicht auch nicht gründlich genug danach gesucht. Sicherlich wurden vor mir auch andere nicht fündig.
Der Kalender aus dem Schicksalsjahr 2008 hängt auch heute im Jahr 2020 noch an der Wand.
Die Schlüssel zum Stellen der Weichen sind fast alle noch da.
Nicht fehlen darf auch das Wappen der Rupublik Kroatien. Auf die ist man seit der Unabhängigkeit stolz und deshalb hängt ein solches in allen Amtsstuben.
Wenn es im Winter mal kalt wurde konnte zumindest das Büro mit einem Kachelofen geheizt werden.
Auch ein Stellwerk im Nebenraum konnte mit einem großen Ofen bei Kälte erwärmt werden.
Mit diesen Tafeln wurde der Schienenverkehr manuell geregelt. Auch Hemmschuhe oder Bremsschuhe für die Waggons sind noch ausreichend da.
Im WC hat sich bereits der Kollege "Zappzarapp" bedient. Die Armaturen sind nun wohl woanders eingebaut. Das Waschbecken wurde bei der Demontage beschädigt und verblieb im Eigentum der Staatsbahn.
Neben dem Bahnhof befindet sich eine nicht mehr genutzte Lagerhalle. Die ist offen und somit darf ich mir die natürlich auch ansehen.
Stilleben mit Bremsschuh
Die Deckenkonstruktion ist ungewöhnlich. Ein Fall für den Denkmalschutz?
Der Lagerverwalter hätte aber auch am Abend vor dem Heimgehen zumindest etwas aufräumen können. Der stand in der Hierarchie wohl unter dem Bahnhofsvorsteher, weil er gegen die Kälte im Winter keinen Kachelofen sondern nur einen elektrischen Ölradiator hatte.
In der Halle befindet sich auch heute noch eine Waage für Stückgut. Mal sehen, ob die noch funktionstüchtig ist?
Nein, das kann nicht stimmen! Auch mit Rucksack und Bergschuhen wiegt der Fotograph doch nie und nimmer fast 100 Kilogramm. Sicherlich ist der slowenische Hersteller der Waage längst pleite weil er solche schlechten Produkte hergestellt hat. Oder es liegt an den vielen Klamotten bis hin zum Daunenanorak, den ich bei dieser Kälte Anfang September getragen habe.
Noch ein paar Details zur Bahn:
Im Gegensatz zur Eisenbahnstrecke nach Pula, die bereits unter österreichischer Herrschaft aus strategischen Gründen Ende des 19. Jahrhunderts gebaut wurde, ist die Rasa Bahn erst 1951 unter Tito errichtet worden. Sie verbindet Lupoglav mit dem Freihafen Trget. Von dort gab es eine Abzweigung bis zum Bergbauort Rasa, den ich euch hier bereits vorgestellt habe:
Der Kohlebergbau in Rasa auf Istrien
Die Bahn diente eigentlich nur dem Güterverkehr. Die Minen im Raum Labin benötigten eine Menge Holz aus dem Hinterland, welches mit der Bahn transportiert werden konnte. Den Ucka-Tunnel gab es noch nicht. Istrien hatte kaum Straßenverbindungen. Die Küstenstraße war schlecht ausgebaut und über den Ucka auf dem Poklon-Paß war der Gütertransport auch beschwerlich.
Bereits 25 Jahre nach dem Bau war die Bahn nicht mehr rentabel, weil die Kohleminen rund um Labin aus Rentabilitätsgründen schließen mußten. Die letzte war Tupljak. Hier ein kleiner Bericht hierzu:
Tupljak - Kroatiens letzte Untertage Kohlemine
Die Rasabahn hat wohl keine Zukunft mehr. Wirtschaftlich lohnt sich die Instandsetzung nicht und für den Komplettabbau und die Umwandlung in einen sicherlich landschaftlich sehr attraktien Wander- oder Radweg fehlt wohl der Wille und das Geld. Schade...
jürgen