Das Sachsengrab in Miltenberg

  • Wie viele anderen Leute war auch ich heute auf einem Friedhof.
    Der Grund meines Besuches unterscheidet sich aber von dem der Anderen. Aber darauf komme ich später zurück.



    Schon oft bin ich durch die Mainzer Straße in Miltenberg gefahren und habe es nicht beachtet, doch jetzt entdeckte ich am Straßenrand einen Löwen.
    Auf der Rückfahrt hielt an um dem Löwen auf den Grund zu gehen.




    Ein schönes Kerlchen, auch von hinten....




    ... aus dem reginalen Buntsandstein geschaffen von einem Miltenberger Steinmetz.




    Der Sandstein könnte aus der Wand neben dem Löwen stammen.




    Der Maschendraht dient zur Sicherung vor herabfallenden Felsbrocken.


    Was haben nun diese Löwen da zu suchen? Es sind Zwei.
    Und dazwischen erhebt sich ein Erd/Steinhaufen und ein Busch und ein Baum stehen hier rum.
    So sieht das von der gegenüberliegenden Straßenseite aus.




    Hinter dem Busch entdeckte ich eine Gedenktafel.




    Und weil es sich hier offensichtlich um Sachsen handelt nennt sich das...




    Jetzt wusste ich zwar, dass hier sächsische Soldaten ertrunken waren, aber erst die Suche im Internet ließ mich mehr darüber erfahren.


    Zitat


    Auszüge aus dieser Quelle: https://www.museum-miltenberg.…40408%20Faehrunglueck.pdf


    Fürst Karl Emich von Leiningen stiftete das Grabmal als letzte Ruhestätte für die toten Soldaten.
    Dahinter stand aber dessen zweite Gattin, Viktoria von Sachsen-Coburg-Saalfeld, die sich ihren Landsleuten verbunden fühlte.
    Letztere verehelichte sich übrigens nach Karl Emich von Leiningens Tod mit Eduard August, Herzog von Kent und Strathearn und gebar ein Jahr nach der Hochzeit am 24. Mai 1819 im Kensington Palace ihre Tochter Alexandrina Victoria, die spätere Königin Victoria, Ururgroßmutter der amtierenden Königin Elizabeth II., als auch deren Gemahl, Prinz Philip.



    Im obigen Zitat stand unter anderem:

    Zitat

    Die Leichen von 9 Soldaten hat man einige Kilometer flussabwärts bei Kleinheubach aus dem Main gefischt. Dort erinnert ein Obelisk an die Sachsen.


    Es ließ mir keine Ruhe und ich suchte nach diesem Gedenkstein. Im Internet fand ich nichts. Deshalb wandt ich mich an befreundete Eingeborene und man empfahl mir die Suche auf dem Friedhof. Genaueres wisse man nicht. (So gehts wenn man in Heimatkunde nicht aufpasst!)
    Also machte ich mich heute nach der Frühschicht (ja, auch an Allerheiligen müssen manche Menschen arbeiten!) auf zum Kleinheubacher Friedhof.
    Auf meiner Suche musste ich mehrfach dem Priester mit seinem Gefolge ausweichen, der kreuz und quer über den Friedhof eilte.
    Aber ich fand das gesuchte Grab.




    Die Vorderseite des Obelisken.


    etwas näher



    Die Inschrift der Vordeseite...


    ... und der Rückseite.



    Dieser Gedenkstein soll von Kleinheubacher Bürgern errichtet worden sein. Namen konnte ich nicht erfahren.


    Wer waren die Soldaten vom Banner der freiwilligen Sachsen?



    Solche Geschichten aus meiner Heimat faszinieren mich immer wieder.
    Durch die Recherche erfahre ich viel Neues und stoße auf andere interessante Begebenheiten.



    Liebe Grüße von waldi :174:

  • Da ist er wieder , der Hintergrundbericht mit Detail Kenntnissen.


    Danke,lieber Waldi, dass du dir die Arbeit gemacht hast und zu höchst interessanten Ergebnissen gekommen bist.


    Es gäbe noch mehr so Hintergründe zu erforschen , das geben oft die Namen auf den Gräbern her. Siehe hier am Münchner Südfriedhof:


    Südfriedhof



    Ganz lieben Gruß
    Helmut

  • Waldi, Du zeigst uns wieder einmal , dass es interessante Geschichten zu erfoschen gibt an Plätzen, die man schon oft gesehen hat , aber an denen man jahrelang einfach nur vorbeigegangen ist.
    Ein Stück Heimatgeschichte, die weit über den Moment des Unglücks hinausreicht - gut ( und mit Hartnäckigkeit) recherchiert und hier für uns spannend aufbereitet.
    Dafür herzlichen Dank!


    Aber eine Frage bleibt für mich offen

    Zitat

    Was haben nun diese Löwen da zu suchen?


    Warum hat man für diese Gedenkstätte ausgerechnet diese beiden prächtigen Löwen gewählt?
    Ich bin sicher, waldi, Du findest dafür eine Erklärung!


    Liebe Grüße,
    Elke

  • Hallo Waldi,


    Danke für deinen Ausflug in die kleine regionale Geschichte, die doch wie hier aufgezeigt in die Weltgeschichte eingebettet ist. Auch mir gefällt die Suche in unmittelbarem Umkreis meines Wohnortes nach Details der Historie.


    grüsse


    jürgen

  • Es freut mich, dass sogar solche lokalen Ereignisse Euer Interesse finden!
    Herzlichen Dank dafür!


    Zitat von ELMA

    Warum hat man für diese Gedenkstätte ausgerechnet diese beiden prächtigen Löwen gewählt?
    Ich bin sicher, waldi, Du findest dafür eine Erklärung!


    Zuviel der Ehre, Elke!
    Warum da links und rechts die Löwen liegen konnte ich nicht herauskriegen.
    Ich kann nur vermuten, dass es sich um gstandene bayrische Löwen handelt weil der Stifter Graf Emich Carl von Leiningen ein königlich bayerischer Generalleutnant und Regimentsinhaber war. Außerdem zieren das Wappen der Grafen von Leiningen-Dagsburg-Falkenburg in Feld 2 und 3 des geviertelten Wappens ein schwarzer Löwe innerhalb eines roten Bordes in Silber.
    Auch im Wappen des Königreichs Sachsen finden sich in den 12 Feldern alleine 5 Löwen und der Schild wird von je einem goldenen rotgezungten widersehenden (nach hinten blickend) Löwen an rechts und links gehalten.


    Der Löwe ist ja allgemein das Wächtertier überhaupt.
    Schon die alten Chinesen ließen ihre Paläste von Steinlöwen bewachen (obwohl es in China nie Löwen gab!).
    Das "Tor der Höchsten Harmonie" wird wie viele der Palasttore der verbotenen Stadt in Peking von zwei Bronzelöwen bewacht, die die Stärke der kaiserlichen Macht versinnbildlichen.


    Vielleicht sollten die beiden bayrischen Miltenberger Löwen eben nur das Grab bewachen oder der Steinmetz konnte dieses Tier besonders gut darstellen.
    Kurz: Ich weiß es nicht.



    Liebe Grüße von waldi :174:

  • Die beiden Löwen waren ursprünglich Teile des Kriegerdenkmals am Engelplatz in Miltenberg. Zum Bedauern der Enkelin des Bilhauers sind diese Löwen an die Mainzer Straße verbracht worden.


    Herzlichen Dank für diesen Bericht aus unserer "zweiten Heimat", waldi :174:. In wenigen Wochen werden wir hoffentlich wieder vor Ort sein!


    Lieben Gruß,
    Klaus

  • Herzlichen Dank für Deine Info, Klaus!
    Das Kriegerdenkmal existiert ja leider nicht mehr, aber ich habe eine alte Ansichtskarte gefunden.




    Das müsste es sein, oder?
    Die beiden Löwen liegen rechts und links neben dem Krieger wenn ich das richtig sehe.
    Hast Du noch mehr Infos oder sogar Bilder dazu?
    Es scheint als ob Du/Ihr Kontakt zu der Bildhauersenkelin hättet.



    Liebe Grüße von waldi :174:

  • Zitat

    Es scheint als ob Du/Ihr Kontakt zu der Bildhauersenkelin hättet.


    Leider nein, waldi. Ich habe die Information aus dem Main-Netz.


    Die alte Ansichtskarte reizt mich dazu, in alten Fotos zu wühlen, das kann ja richtig spannend sein.


    Lieben Gruß,
    Klaus

  • Salute, Waldi .....


    Hier noch mal das Kriegerdenkmal in kompletter Figuration, errichtet 1901.
    Mensch, Löwen, Löwengleicher Soldat: französische Trophäen unter dem Fuß des Kriegers.



    Der bayrische Infanterist - (mit gezogenem Säbel) aus Bronze (Düsseldorfer Gießerei) - ist ein typisches Stereotyp der Wilhelminischen Denkmalskultur.
    So ungefähr kann man ihn sich auch in Miltenberg denken:



    Er wurde 1942 eingeschmolzen, nachdem er 1901 als Andenken an den
    Deutsch-Französischen Krieg errichtet worden war. Also - wie gesagt - es gab nur den Sockel, das Postament, die Löwen
    hinter einem Eisengitter. ...... mein Vater stand mit mir manchmal nach dem Besuch der Klosterkirche vor dem Denkmal mit den Löwen. Aber ohne Infanterist.


    Hermann Neubert hat zu diesem figurenlosen Ensemble mit Löwen in seinem Miltenbergbuch Bild und Kommentar, Hermann Neubert, S. 23


    https://tinyurl.com/mjbqvlc


    Inschriften:


    Wörth, Orleans, Paris, Sedan, Weißenburg, Bitsch.


    Gewidmet ihren siegreichen Söhnen von der dankbaren Stadt Miltenberg


    (vgl.J.J. Schirmer, Chronik der Stadt Miltenberg, S. 604)



    In den Nachkriegsjahren wurde das Restdenkmal entfernt, die beiden Steinlöwen,
    ein Werk des Bildhauers Joseph Haas, sind dann in der Anlage des Sachsengrabes in der Nähe des Hauptbahnhofes
    integriert worden.


    Aber wem sage ich das, Waldi hat hier bildtechnisch und recherchetechnisch sehr gute Arbeit geleistet.


    Die Löwentransaktion und deren Kontext sind beschrieben 1991 von Heinrich Beddrich im "Boten vom Untermain".


    "Statt Söhnen der Stadt blicken die Löwen heute den Sachsen ins Grab ....."



    Herzliche Grüße, auch von den Löwensteinlöwen in Kleinheubach :174: ........



    ww

  • Willkommen im Forum!
    Danke für diesen informativen ergänzenden Beitrag zur Geschichte des Denkmals und für den Link zu der Dokumentation der Archivbilder!


    Ich wünsche Dir viel Spaß hier im Forum und hoffe, Du findest hier noch manches, was Dich intereressiert.


    Gruß,
    Elke

  • Hallo und herzlich willkommen im Reiseforum, Willi!


    Ich habe mir erlaubt erst mal den versteckten Link nach Deinem zweiten Satz sichtbar zu machen.


    Salute, Waldi,


    mein Vater stand mit mir manchmal nach dem Besuch der Klosterkirche vor dem Denkmal mit den Löwen. Ohne Infanterist.
    Der bayrische Infanterist (mit gezogenem Säbel) aus Bronze (Düsseldorfer Gießerei) ist ein typisches Stereotyp der Wilhelminischen Denkmalskultur.


    https://tinyurl.com/kwxhpjt



    Da muss ich mir wohl mal dieses Buch zulegen.
    Ich kann mich nicht erinnern, dass in Wörth am Main eine Schlacht oder etwas anderes kriegswichtiges passiert wäre. Oder ist da ein anderes Wörth gemeint?
    Ich habs gefunden!

    Zitat

    Wœrth (deutsch Wörth an der Sauer) ist eine französische Gemeinde mit 1769 Einwohnern (Stand 1. Januar 2012) im Département Bas-Rhin in der Region Elsass.



    Aber wem sage ich das, Waldi hat hier bildtechnisch und recherchetechnisch sehr gute Arbeit geleistet.


    Vielen Dank für die Blumen, Willi!
    Du scheinst aber ein Spezialist für die Miltenberger Stadtgeschichte zu sein, oder irre ich mich?


    Die Löwentransaktion und deren Kontext sind beschrieben 1991 von Heinrich Beddrich im "Boten vom Untermain".


    "Statt Söhnen der Stadt blicken die Löwen heute den Sachsen ins Grab ....."


    Da werde ich auch noch mal nachlesen müssen.



    Liebe Grüße von waldi :174:

  • Danke an den Sisi-Fan und -Spezialisten, dein Sichtbarmachen
    hat mich gleich angeregt. Und daher dann die Verbesserung im Ursprungspost.
    Gratias, Waldi!


    ww

  • Hallo Waldi, bin durch Zufall auf deine Interessanten Ausführungen und Bilder zum Sachsengrab gestoßen und möchte mich deshalb als Neuer im Forum hier zu Wort melden.

    Dein Artikel ist zwar schon einige Tage alt, aber ich könnte noch einige Bilder zum Thema anfügen. Warum mache ich das? Ich war 25 Jahre Vereinsvorsitzender einen militärhistorischen Vereins mit Sitz in Chemnitz/ Sachsen, welcher sich zur Aufgabe gemacht hatte, die Geschichte des "Banners der freiwilligen Sachsen" zu erforschen und nachzustellen. In diesem Zusammenhang habe ich mit meinen Vereinskameraden 2012 an den beiden Sachsengräbern in Miltenberg und in Kleinheubach jeweils eine kleine Gedenkveranstaltung durchgeführt, natürlich in den originalgetreuen Uniformen des "Banners" von 1814. Anschließend haben wir noch am Festumzug in Miltenberg bei hochsommerlichen Temperaturen teilgenommen und auf dem Marktplatz Salutschüsse abgegeben. Anbei einige Bilder. Meinen Kameraden und mir hat Miltenberg und die ganze Gegend sehr gut gefallen und ich habe hier schon mehrfach mit meiner Familie Urlaub gemacht. Sehr zu empfehlen die Gegend und die gastfreundlichen Menschen. In diesem Sinne mit herzlichen Grüßen aus Chemnitz. Bert Lochmann , Feldwebel beim "Banner der freiwilligen Sachsen" außer Dienst._14_0043.jpg

    Mission Sachsengrab 111.jpg

    Mission Sachsengrab 441.jpg

  • Herzlich willkommen in unserem Reiseforum, Herr Feldwebel a.D.! ;)

    Vielen Dank für Deinen Beitrag und die ergänzenden Bilder!

    Leider war ich noch nie in Chemnitz, aber dort ist es bestimmt genau so schön wie hier im Maintal, meiner Heimat. Jede Gegend hat ihre speziellen Reize!

    Mein Interesse an Geschichte und Denkmälern wurde von meiner Begeisterung für Kaiserin Sissi geweckt. Auf der Suche nach Spuren dieser interessanten Frau habe ich auch schon einige hl. Johannes Nepomuk entdeckt, dessen Bilder und Geschichten wir in einem speziellen Bereich sammeln. Übrigens habe ich gelesen, dass die älteste katholische Gemeinde in Chemnitz den Nepomuk als Patron gewählt hatte. Heute gehört die St. Johannes Nepomuk-Kirche zur Pfarrei Heilige Mutter Teresa Chemnitz. Dort sollte es einen Nepomukaltar geben, vermute ich. Falls Du mal in die Nähe kommst... :roll:


    Ich hoffe, dass Du noch mehr interessante Berichte in unserem Forum findest und noch viele Neue hier einstellst. Über Chemnitz gibt es noch nicht so viel zu lesen im Bereich Sachsen. Zu allem Übel sind die Bilder von Chemnitz im Bericht von Ini und Micha verschwunden. Sie waren von einer anderen Plattform verlinkt und nicht in unserer Medienverwaltung abgelegt die Du auch nutzen kannst. Unser Tom wird Dir auf Deinen Wunsch (per PN) gerne eine persönliche Galerie einrichten.


    Ich wünsche Dir viel Freude hier!



    Liebe Grüße aus Churfranken von waldi :174:

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