Wie viele anderen Leute war auch ich heute auf einem Friedhof.
Der Grund meines Besuches unterscheidet sich aber von dem der Anderen. Aber darauf komme ich später zurück.
Schon oft bin ich durch die Mainzer Straße in Miltenberg gefahren und habe es nicht beachtet, doch jetzt entdeckte ich am Straßenrand einen Löwen.
Auf der Rückfahrt hielt an um dem Löwen auf den Grund zu gehen.
Ein schönes Kerlchen, auch von hinten....
... aus dem reginalen Buntsandstein geschaffen von einem Miltenberger Steinmetz.
Der Sandstein könnte aus der Wand neben dem Löwen stammen.
Der Maschendraht dient zur Sicherung vor herabfallenden Felsbrocken.
Was haben nun diese Löwen da zu suchen? Es sind Zwei.
Und dazwischen erhebt sich ein Erd/Steinhaufen und ein Busch und ein Baum stehen hier rum.
So sieht das von der gegenüberliegenden Straßenseite aus.
Hinter dem Busch entdeckte ich eine Gedenktafel.
Und weil es sich hier offensichtlich um Sachsen handelt nennt sich das...
Jetzt wusste ich zwar, dass hier sächsische Soldaten ertrunken waren, aber erst die Suche im Internet ließ mich mehr darüber erfahren.
ZitatAlles anzeigenAm 12. April 1814 kenterte nahe des Miltenberger Mainufers auf Höhe des heutigen Gasthofs zur Rose eine Fähre mit 76 Passagieren, alle Mitglieder des "Banners der freiwilligen Sachsen", die auf dem Weg von ihrer Heimat über Miltenberg nach Frankreich waren, damit Napoleon nicht ohne sie geschlagen würde. 62 Sachsen starben im Hochwasser des Mains, dazu noch die Fährleute Franz Joseph und Lorenz Anton Wolfermann sowie der 16-jährige Joseph Anton Pfahl aus Miltenberg.
Schwimmen konnte kaum eins der Opfer, die Soldaten nicht und schon gar nicht die Miltenberger, die nicht ganz zu Unrecht den Spottnamen "die Bleiärsch" trugen.
Warum wählte man gerade Miltenberg als Übersetzort über den Main aus?
Miltenberg war in den Kriegen mit Frankreich seit 1792 wegen seiner guten Verkehrslage als hessischer Etappenort ausgewählt worden – mit schlimmen Folgen für die Einwohner gerade in den Jahren 1811 bis 1814. Man war verpflichtet den durchziehenden Soldaten Quartier und Fourage zur Verfügung zu stellen.
Auch wenn die großherzoglich-hessische Kriegskostenkasse im Nachhinein die Kosten übernahm, musste die Stadt in Vorleistung treten und die großen Organisationsleistungen schultern.
Ein Beispiel mit konkreten Zahlen: Im Januar 1814 stockte Darmstadt das großherzoglich-hessische Militär unter Oberst La Roche auf 34 Offiziere und 1374 Mann auf, die alle in Miltenberg untergebracht werden mussten, um den Ablauf der militärischen Durchzüge zu organisieren.
Für sie musste in einer Woche Folgendes zur Verfügung gestellt werden: 200 Zentner Brot, 50 Zentner Fleisch, 12 Hektoliter Branntwein und 100 Hektoliter Bier – eine echte Leistung für die Stadt mit ihren damals etwa 3000 Einwohnern.Am 12. April 1814 wollten nun die Freiwilligen aus Sachsen schnell aus Miltenberg in Richtung Westen weiterziehen. Das war ein inhomogener Haufen der noch keine Kampferfahrung hatte, aber auf jeden Fall schnell nach Frankreich wollte damit Napoleon nicht ohne sie besiegt werden würde. Die Warnung der Fährleute, auf eine größere Fähre zu warten schlugen sie in den Wind, legten mit überladener Fähre ab und offensichtlich brachten zwei Soldaten, die in letzter Sekunde die Fähre noch erreichen wollten, das Schiff zum Kentern.
Nur 14 Soldaten überlebten.
Von den 62 Soldaten sind 17 hier begraben.
Die Leichen von 9 Soldaten hat man einige Kilometer flussabwärts bei Kleinheubach aus dem Main gefischt. Dort erinnert ein Obelisk an die Sachsen.
Die Leichen von 27 Soldaten und die der drei Fährleute wurden nie gefunden.Friedrich Rückert schrieb in seinem Gedicht: "Die Sachsen bei Miltenberg" in den Schlußzeilen:
und die man nicht gefunden
die waren geschwommen zum Rheine
wo ihre Brüder stunden
Zitat
Auszüge aus dieser Quelle: https://www.museum-miltenberg.de/media/Zeitungs…ehrunglueck.pdf
Fürst Karl Emich von Leiningen stiftete das Grabmal als letzte Ruhestätte für die toten Soldaten.
Dahinter stand aber dessen zweite Gattin, Viktoria von Sachsen-Coburg-Saalfeld, die sich ihren Landsleuten verbunden fühlte.
Letztere verehelichte sich übrigens nach Karl Emich von Leiningens Tod mit Eduard August, Herzog von Kent und Strathearn und gebar ein Jahr nach der Hochzeit am 24. Mai 1819 im Kensington Palace ihre Tochter Alexandrina Victoria, die spätere Königin Victoria, Ururgroßmutter der amtierenden Königin Elizabeth II., als auch deren Gemahl, Prinz Philip.
Im obigen Zitat stand unter anderem:
ZitatDie Leichen von 9 Soldaten hat man einige Kilometer flussabwärts bei Kleinheubach aus dem Main gefischt. Dort erinnert ein Obelisk an die Sachsen.
Es ließ mir keine Ruhe und ich suchte nach diesem Gedenkstein. Im Internet fand ich nichts. Deshalb wandt ich mich an befreundete Eingeborene und man empfahl mir die Suche auf dem Friedhof. Genaueres wisse man nicht. (So gehts wenn man in Heimatkunde nicht aufpasst!)
Also machte ich mich heute nach der Frühschicht (ja, auch an Allerheiligen müssen manche Menschen arbeiten!) auf zum Kleinheubacher Friedhof.
Auf meiner Suche musste ich mehrfach dem Priester mit seinem Gefolge ausweichen, der kreuz und quer über den Friedhof eilte.
Aber ich fand das gesuchte Grab.
Die Vorderseite des Obelisken.
etwas näher
Die Inschrift der Vordeseite...
... und der Rückseite.
Dieser Gedenkstein soll von Kleinheubacher Bürgern errichtet worden sein. Namen konnte ich nicht erfahren.
Wer waren die Soldaten vom Banner der freiwilligen Sachsen?
Solche Geschichten aus meiner Heimat faszinieren mich immer wieder.
Durch die Recherche erfahre ich viel Neues und stoße auf andere interessante Begebenheiten.
Liebe Grüße von waldi