Als wir Anfang Juli ein paar Tage im Trentino weilten haben wir einen etwas anderen Ausflug mit dem Zug unternommen. Im Preis für unser Hotel in Segonzano, das wiederum liegt im Fleimstal nordöstlich von Trient war die Trentino Karte enthalten. Diese Karte ermöglicht es dem Inhaber, öffentliche Verkehrsmittel, Bergbahnen, Museen, Burgen und andere Sehenswürdigkeiten kostenfrei zu nutzen. So entschieden wir uns, eine Fahrt mit der Nonstalbahn, einer Schmalspurbahn, die von Trient bis nach Mezzana führt zu unternehmen.

Eigentlich sollte es recht einfach sein, an einem Bahnhof in diesen Zug einzusteigen und zum Ziel zu gelangen. Wir haben bewusst nicht Trient als Ausgangspunkt gewählt, weil die Parksituation in der Stadt sicherlich nicht ideal ist. Deshalb dachten wir, dass wir in Lavis in der Nähe des Bahnhofs parken und dort in den Zug einsteigen können.
In einem modernen Pkw wie wir einen besitzen, gibt man dazu das Stichwort Bahnhof und den Ort Lavis ins Navi ein und sollte dann eigentlich den Bahnhof dort auch finden. Tatsächlich war es auch so. Nur erschien uns dieser Bahnhof in Lavis als etwas verschlafen. Kaum andere PKW waren dort geparkt. Es gab auch keinen Park & Ride Parkplatz und der Fahrplan wies die Strecke nach Mezzano nicht aus? Dazu sehe ich mich in der Lage, eine Normalspur Eisenbahn von einer Schmalspurbahn, wie sie nach Mezzana fährt zu unterscheiden. Die Geleise an diesem Bahnhof waren augenscheinlich alle für Normalspur Eisenbahnen gedacht.
Seltsames Schienenkunstwerk vor dem Bahnhof.
Zudem war der Wartebereich versperrt und kein Bahnbediensteter weit und breit zu sehen. Irgendetwas stimmt hier nicht. Wie gut, dass zum Zeitpunkt unserer größten Verwirrung ein Pkw am Bahnhofsvorplatz hielt und ich mit meinen mangelhaften Italienischkenntnissen dem Fahrer verständlich machen konnte, dass wir mit dem Zug nach Mezzana fahren wollen. Dieses Gespräch führte dazu, dass der Pkw Lenker uns bat, ihm zu folgen. Tatsächlich gelangten wir so zu einem modernen neuen Bahnhof mitten in Lavis. Dort konnten wir kostenfrei den PKW parken und mit dem Zug unsere geplante Fahrt nach Mezzana antreten.
Da staunt der Fachmann, und der Laie wundert sich. Haben die Italiener es doch tatsächlich geschafft, einen modernen Bahnhof mitten in einem Vorort von Trient zu setzen.
Noch dazu wurden die Gleise unter der Erde verlegt.
Sapperlot! Da wurde viel Geld verbaut zum Wohle des Bahnkunden. Erwähnen sollte man hier, dass die Region Trient und Südtirol in Italien Autonomie geniest und somit 90 % der Steuereinnahmen in der Region verbleiben. Dieses Autonomiestatut hat zu einem enormen wirtschaftlichen Aufschwung in diesem Landesteil beigetragen.
Diese Anzeigetafel kann man auch als nicht Italiener lesen Partenze bedeutet Abfahrt, Arrivi bedeutet Ankunft. Nachdem wir die Trentino Card als App auf dem Handy hatten, dachten wir, dass es genügt, in den Zug zu steigen und dem Schaffner die App vor zu zeigen. So hat es auch bei der gesamten Hinfahrt nach Mezzana und der Rückfahrt bis zum Schaffnerwechsel kurz vor Lavis geklappt? Jeder Schaffner warf nur einen kurzen Blick auf die App und gab sich mit der Bezeichnung zwei Adulti (Erwachsene) zufrieden.
Der Zug ist hochmodern und mit Klimaanlage ausgestattet. Auf einer digitalen Anzeige in den Waggons kann der Fahrgast die nächsten Bahnhöfe ablesen.
Dazu ist er absolut sauber.
Radler können ihre Fahrräder im Zug mitnehmen und platzsparend in den Waggons aufhängen. Toiletten sind ebenfalls im Zug vorhanden.
Die Schmalspurbahn ist elektrifiziert und fährt zuerst im Etschtal nach Norden, überquert dann den Fluss bei Mezzocorona und fährt dann im Nonstal entlang bis zum Endbahnhof. Die Gesamtstrecke beträgt circa 66 km. Dabei überwindet die Bahn einen Höhenunterschied von 700 m.
Wir waren sowohl am Hin- als auch am Rückweg jeweils gut eineinhalb Stunden unterwegs. Weil die Bahnstrecke nur einspurig ist, muss der Zug an zwei Bahnhöfen im Tal auf den gegen Zug warten.
Die Bahn fährt dabei über mehrere Brücken und durch einige Tunnel.
Gelegentlich führt die Staatsstraße direkt an der Bahnlinie vorbei. Aufgefallen ist mir, dass jeder Bahnübergang beschränkt ist. Die Sicherheit für den Verkehr wird hier also groß geschrieben. Besonders beeindruckt hat mich, dass selbst kleine Wege die die Apfelplantagen im Tal verbinden und erschließen beim Treffen auf die Bahnlinie mit Schranken versehen waren. Selbst für einspurigen Straßen trifft das zu. Unvorstellbar ist so ein Aufwand für eine Regionalbahn in Deutschland.
Das Nonstal selbst ist relativ weit und anscheinend begünstigt, hier bis in große Höhen Obst, vor allen Äpfel anzubauen.
Die Auslastung ab dem späten Vormittag auf der Hinreise und am Nachmittag auf der Rückfahrt erschien mir relativ gut. Vielfach sind es wohl Pendler, die in größere Ortschaften oder gar Trient zum einkaufen oder in die Arbeit fahren. Daneben habe ich festgestellt, dass Gruppen von Schülern diesen Nahverkehrszug nutzen. Lediglich im oberen Teil der Bahnstrecke gab es außer uns noch wenige andere Touristen im Zug. Beliebt ist anscheinend, mit dem Rad von Mezzano bergab zu fahren, um danach in einer der niedriger liegenden Ortschaften wieder zuzusteigen um sich die Bergauffahrt zurück zum Ausgangspunkt zu ersparen.
Mehrmals muss dabei der Fluss Noce überquert werden. Dies teils über hohe Brücken. Der Fluss entwässert das Nonstal zur Etsch.
Cles ist anscheinend die größte Stadt im Tal. Hier befindet sich auch ein großer See, der anscheinend ebenfalls touristisch genutzt wird. Der hat den Namen Lago die Santa Giustina.
Äpfel werden bis in etwa 800 m Höhe angebaut.
Tatsächlich ist die Aussicht aus dem Zug wunderbar. Zu beiden Seiten beobachten wir eine gepflegte Landschaft. Der Zug fährt zu dem nicht allzu schnell, so dass man auch immer wieder durch die Scheiben der Waggons fotografieren kann.
Die großen Lagerhäuser, wo das Obst unter Luftabschluss in Kohlendioxid bis zu zwei Jahre gelagert werden kann, kennen wir ja aus dem Etschtal und dem Vinschgau.
Fortsetzung folgt…
Jürgen