Teil 16:
Da wir nun in Badelaune waren, packten wir unsere Sachen und liefen zum Strand Ramova unterhalb des Ortes. Nun konnten wir die Architektur des ehemaligen Kinderheilbades von der anderen Seite betrachten. Viele mag dieser Bau in der Nähe des Strands stören. Marco und ich sind uns aber einig, dass die Ruine im Wald dem Strand ein zusätzliches Etwas verleiht. Eine schöne Promenade führt vor dem Gebäude entlang. Wir kamen für mich an einen der schönsten Badestrände der Makarska-Riviera; und ich denke, auch Marco würde mir nicht widersprechen. Man kann hier Boule spielen, die Kugeln und entsprechende Bahnen sind jedenfalls vorhanden. Ein breiter Kieselstrand mit wunderschönen Pinien breitete sich vor uns aus. Am östlichen Ende des Strands befindet sich eine sehr schöne und schräge Felswand, unter der der Fußweg nach Makarska entlang führt. Ich lief ihn ein Stück; das macht wirklich Spaß, zwischen dem abenteuerlichen Fels und der Küste dahin zu marschieren. Noch war die Sonne da. Der Strand war mittelmäßig besucht. Nach einer Weile des Schwimmens und Sonnenbadens nahmen wir an der Strandbar Platz und tranken einen Cocktail.
Auf dem Weg zum Strand Ramova
Das ehemalige Kinderheilbad von der unteren Seite
Die Boule-Bahn
Strand Ramova
Unter der Felswand
Fußweg nach Makarska
Noch bevor wir bezahlt hatten, fing es an zu regnen. Wir hatten die Verdunkelung des Himmels schon seit einiger Zeit bemerkt, doch darauf gehofft, dass das Unwetter vorbeiziehen würde. Schnell bezahlten wir, damit wir unser am Strand verbliebenes Hab und Gut vor dem Nass retten konnten. Der flinke Marco war schneller fertig als ich. Der Strand leerte sich. Wir suchten unter einigen Bäumen Unterschlupf und warteten den Regen ab. Allzu schlimm war es nicht, und nach einer halben Stunde hörte es auf, so dass wir wieder am Strand Platz nahmen. Viele taten es uns gleich und waren schwuppdiwupp wieder am Strand und badeten in den Wellen. Doch irgendwie hatte die Regenpause uns den Spaß am Baden etwas genommen, und so brachen wir früher auf als ursprünglich gedacht. Kaum waren wir unterhalb des ehemaligen Kinderheilbads, fing der Regen erneut an, und jetzt kräftiger als zuvor.
Schnell sprangen wir unter das Dach eines Imbisses. Er trägt den Namen „Fast Food Bepo“. Alle Tische waren besetzt, an einem der Tische saß jedoch nur ein Herr, und so fragten wir, ob wir uns dazu gesellen dürften. Schnell bekam er mit, dass wir Deutsche sind und stellte sich als Bosnier vor. Er sprach recht gut Deutsch. Anfangs kamen wir mit ihm recht gut ins Gespräch. Er erzählte uns, dass er eine ganze Weile in Deutschland gearbeitet hätte und kannte viele Städte, darunter auch Kassel. Wir redeten über dieses und jenes. Er erzählte viel von seinen Erlebnissen in Deutschland. Marco und ich berichteten ihm, dass wir auch in der Herzegowina waren. Wir sprachen auch über die Aussprache mancher Worte, und dass ein Eimheimischer oftmals manche Begriffe nicht versteht, weil man sie falsch ausspricht oder nur weil man die falschen Wortteile betont. Ein Beispiel war der Ort „Počitelj“. Spricht man es langsam aus, Silbe für Silbe, muss es sich ziemlich lächerlich anhören. Richtig wäre eher die Aussprache „Potschtel“. Es folgte eine Erklärung, wie man denn an der Grenze in die Herzegowina Grenzbeamte richtig besteche, wenn man zu viele Zigaretten dabei habe. Seine Frau kam dazu, die eben noch unterwegs war.
Die beiden erzählten und erzählten, und mit der Zeit wurde es uns zuviel. Ich hatte unterdessen einen Cheeseburger bestellt, doch er kam und kam nicht. Das Ehepaar zeigte uns viele Fotos seiner Kinder auf dem Smartphone. Dann prahlte man, was für schmackhafte Wurst und Schinken man doch stets kaufe. Sie bestellten sie im Internet. Auch hier wurden uns zahlreiche Fotos gezeigt. Eigentlich handelte es sich eher um eingeschweißte Massenware aus dem Internet. Als Bosnier muss man doch in der Lage sein, in der Region hochwertigeres Fleisch zu bekommen, anstatt es sich im Internet zu bestellen, dachten wir. Mittlerweile gingen die beiden uns etwas gegen den Strich – um es höflich auszudrücken – doch der Regen hörte nicht so bald auf, und es dauerte eben, bis mein Cheeseburger endlich kam, so dass wir ihnen ausgeliefert waren. Als ich den Burger gegessen hatte, ging ich auf die Toilette und genoss für ein paar Minuten die Ruhe, überließ dem armen Marco die mittlerweile unliebsame Gesellschaft. Ich fieser Hund! Als ich zurück kam, saß der aufatmende Marco allein da. Das Ehepaar war weitergezogen. Puuuh!
Als der Regen endlich vorbei war, stiegen wir in's Auto und fuhren hinüber in das kleine Bratuš. Marco hatte sich in vorhergehenden Urlauben in den kleinen Ort verliebt und mir schon vieles davon erzählt. Bratuš ist wirklich ein Mini-Ort. Es ist ein kleines Fischer- und Touristendorf mit weniger als 50 Einwohnern außerhalb der Ferienzeit. Es ist durchaus gelungen, die ursprüngliche Atmosphäre einer kleinen Fischergemeinde zu bewahren. Bratuš wird zum ersten Mal in historischen Dokumenten aus dem Jahr 1674 erwähnt. Oberhalb des Dorfes befinden sich kleine prähistorische Ruinen mit dem Namen „Gradina“. Leider war die Straße noch nass und der Himmel bewölkt. Bei Sonnenschein sieht so ein Örtchen ja immer gleich schöner aus. Kommt man in den Ort hinab, geht es am Strand entlang nach links zur Beach Bar „Sahara“. Die Bar ist wirklich süß. Die Sitzplätze waren mit Palmenblättern überdacht. Einige der Plätze waren sogar besetzt. Es gibt eine kleine Schaukel für verliebte Paare. Alles war schön mit Blumen und Grünpflanzen dekoriert. Bei schönem Wetter lässt man es sich hier sicher sehr gut gehen. Von hier aus sieht man hinüber zur zu Krvavica gehörigen Marina Ramova.
Wegweiser zur Strandbar
An der Strandbar
Wir schlenderten hinüber zum Ort. Am Strand entlang. Und der ist richtig hübsch und endet hinten an einer kleinen Mole. Alte Holzboote liegen idyllisch unter Palmen und verhelfen dem kleinen Ort zu einem hübschen Flair. Bratuš hat eigentlich nur eine Straße, doch man wundert sich, was es hier alles gibt. Zwischen einigen alten Steinhäusern mit alten Mühlsteinen findet man einen Obst- und Gemüsehandel, einen kleinen Supermarkt, die Bar „Antonio“, einige Ferienhäuser und schließlich die schnuckelige Konoba Bratuš. Marco war schon ganz wild darauf, hier zu essen, und selbstverständlich hatten wir schon zuvor einen Tisch bestellt. Durch einen überdachten Durchgang kommt man zu einer Art kleinem Dorfplatz oder Innenhof, der mit viel Grün, weiteren Mühlsteinen, alten Gebäuden, Bougainvilleen, Steinbögen und einem gepflasterten Boden aufwartet. Marco war ganz baff, als wir hinten in der Straße eine weitere Konoba, die Konoba Pukić, fanden. Er war sich sicher, dass es sie vor ein paar Jahren noch nicht gab. Am Straßenende schauten wir drei Fischern beim Ausnehmen soeben gefangener Fische zu. Sie ließen sich durch uns nicht aus der Ruhe bringen.
Das kleine Bratuš
Durch das Dorf
Fleißige Fischer
Am Ende geht das kleine Bratuš fast übergangslos in das benachbarte Promajna über und als hübscher kleiner Ort durch, in dem man ein paar schöne Momente verbringen kann. Doch wir waren ja noch nicht fertig. Das Essen stand noch an. Wir nahmen unter hängenden Fischernetzen an dem uns zugewiesenen Tisch Platz und studierten die Speisekarte. Nach einer Brokkolicreme-Suppe genehmigte ich mir mit Käse gefüllte Lignje na žaru auf einem Beet aus Mangold. Gut, gut. Ein Glas Weißwein rundete das Mahl ab. Es war ein einheimischer Kujundžuša, von dem ich bis dato noch nie etwas gehört hatte. Auch nach den bereits in Martinščica genossenen Tintenfischen bin ich nun weitestgehend von meinen Vorurteilen geheilt. Wichtig ist eben nur, dass man sie in der richtigen Art und Weise bekommt. Marco hatte sich für Pašticada mit Gnocchi auf Feldsalat entschieden.
Konoba Bratuš
Pašticada
Gefüllte Lignje na žaru
Der Abend beginnt
Wir waren an diesem Abend früher zurück als sonst und nutzten die Zeit. Ich muss sagen, heute ließen wir auf unserem Balkon in Makarska ein wenig „die Sau raus“. Das musste eben auch mal sein. Wir lachten viel und erinnerten uns an die eine oder andere Anekdote. Einige Schnapsgläschen wanderten über den Tisch. Rammstein schallte über alle Dächer. Die Bewohner des Viertels kamen in den unzweifelhaften Genuss deutscher Rockmusik. Irgendwann winkte unten auf dem Hof eine Dame und bat uns, doch ein wenig leiser zu machen. Der Bitte kamen wir dann nach.