Zandvoort
"wo die Metropole die Küste küsst"
oder
"Sonnenbrand und Motoröl sind eine perfekte Kombination"
So wirbt die Gemeinde Zandvoort um ihre Besucher.
An der Nordseeküste gelegen lebte die Stadt früher vom Fischfang.
Das änderte sich im 19. Jahrhundert als die Prominenz den herrlichen Sandstrand zu bevölkern begann.
1828 wurde das erste Badehaus eröffnet.
Der aus Zandvoort stammende und in Amsterdamer Hotels praktizierende Physiotherapeut (damals noch Masseur genannt) Dr. Johann Georg Mezger war in der Hautevolee das Nonplusultra. Er brachte viele zahlungskräftige Patienten nach Amsterdam und Zandvoort.
Deshalb hat man auch in Zandvoort eine Strasse nach ihm benannt.
So lockte er auch Kaiserin Elisabeth von Österreich nach Holland.
Am Anfang der Mezgerstraat nennt sich eine Pension nach diesem ehemaligen hohen Gast.
Ein bescheidenes Häuschen das der Kaiserin und ihrer Suite sicher nicht gereicht hätte.
Im Mai 1884 reiste Kaiserin Elisabeth inkognito als "Gräfin von Hohenembs" nach Amsterdam, um dort wegen ihrer Gesundheit den berühmten Arzt aufzusuchen. Sie wollte ihre Ischias- und Nervenbeschwerden loswerden. Am 9. Mai 1884 fuhr Sie mit Ihrer Tochter Marie Valerie und Gefolge für einen langen Strandspaziergang nach Zandvoort. Denselben Abend dinierte sie im Hotel Kaufmann, in dem sie kurz danach, vom 18. Mai bis 10. Juni, auch logierte.
Leider fiel dieses Hotel, so wie die ganze Strandpromenade, dem zweiten Weltkrieg zum Opfer.
Der Zugang zum Strand war ab 23. Mai 1942 verboten. Einige Monate später musste fast ganz Zandvoort evakuiert werden. Alle Gebäude entlang der Küste, darunter Badehäuser, Hotels, der alte Wasserturm und der Boulevard mit den Villen, wurden von der deutschen Wehrmacht zerstört für den Bau des Atlantikwalls. Dutzende von Bunkern sind heute immer noch in der Gegend vorhanden.
Die Strandpromenade von Zandvoort musste nach Kriegsende völlig neu aufgebaut werden.
Weil ich unbedingt nach Spuren von Kaiserin Elisabeth in Zandvoort suchen wollte, verbanden wir meine Passion mit einem Aufenthalt am Nordseestrand. Ausgerechnet am Ostersonntag bei Kaiserwetter!
Schon auf der Hinfahrt empfahl das Navi eine Umleitung wegen Stau in Richtung Nordsee. Ganz Amsterdam schien auf dem Weg zu seinem "Hausstrand" zu sein. Ich erinnere an der ersten Werbespruch hier oben: wo die Metropole die Küste küsst.
Aber wir erreichten unser Ziel und nutzten die erste sich bietende Parklücke.
Ich machte mich zu Fuß auf der Strandpromenade auf den Weg nach Zandvoort. Das waren etwa 2 Kilometer.
Die Familie ließ ich am Strand zurück wo die Enkel im Sand buddeln und im flachen Wasser planschen konnten.
Ein eindrucksvolles Erlebnis - zur Meerseite ein breiter Sandstrand und im Ohr das Motorengeheul vom "Circuit Zandvoort" wo Niki Lauda 1985 den letzten "Grote Prijs van Nederland" gewann der hier 30 mal ausgetragen wurde. Die DTM, das Formel 3 Masters und andere Rennen finden weiter hier statt. Derzeit bemüht man sich darum die Formel 1 wieder nach Zandvoort zu holen. Darauf bezieht sich wohl der zweite Werbespruch oben:
Sonnenbrand und Motoröl sind eine perfekte Kombination.
Man kann aber auch selbst einen Tag Rennfahrer spielen!
Der...
... war mein erstes Ziel.
Dort steht eine Büste die Kaiserin Elisabeth von Österreich gewidmet ist.
Die Kaiserin - eingerahmt von Fietjes -
...blickt verträumt auf das Meer.
Das würde sie sehen wenn sie nicht aus harter kalter Bronze bestünde.
Diese neue in Bronze gegossene Büste ist gefertigt von der Zandvoorter Bildhauerin Kitty Warnawa und wurde am 10. Oktober 2009 enthüllt.
Die ursprüngliche
steinerne Ausfertigung war durch klimatische Einflüsse zerstört worden.
Sie war anlässlich der 700 Jahr-Feier der Stadt Zandvoort von Hans Annerl gemacht und am 28.08.2004 enthüllt worden.
Die Wiedereinsetzung wurde ermöglicht durch den Rotary Club Zandvoort.
So ist es auf dem Infoschild zu lesen.
Auf dem Weg zu Elisabeth wunderte ich mich über die Verrenkungen einer jungen Frau. (links im Bild)
Erst auf den zweiten Blick erkannte ich die Seifenblasen.
Aber kaum jemand interessierte sich für ihre Kunst.
Weil wir gerade bei der Kunst sind: Dieses "Denkmal" fand mein Interesse.
Naja, unbekleidete Frauen fand ich schon immer interessant.
Aber warum hatte man dieser Schönheit den Oberschenkel aufgeschnitten?
Obiges Schild veriet mir dass es ursprünglich eine Sandskulptur war, und dazu stand eine Bronzeskulptur des Bildhauers de Haan Modell.
"Gewinner der Europameisterschaft Sandskulpturen 2017
Thema: Holländische Meister (Bildhauer Eppe de Haan)
gemacht von Fergus Mulvaney (Irland)
gestiftet von: Stiftung Strandkorrels"
Der Sandbildhauer Mulvaney gewann die EU in Zandvoort auch schon 2013 und 2014!
Die EM Sandskulpturenbauen ist seit einigen Jahren fest mit Zandvoort am Meer verbunden.
2011 fing es mit einer niederländischen Meisterschaft an und schon im Jahr darauf folgte die Europameisterschaft.
Ein Ereignis, das seitdem in Zandvoort aan Zee zuhause ist.
Im Juli werden wieder sechs Sandbildhauer aus verschiedenen europäischen Ländern um den Titel wetteifern.
Große Sandhaufen werden in dieser Woche in erstaunlich detaillierte Skulpturen verwandelt.
Alle Skulpturen werden im Einklang mit einem Thema erstellt. In diesem Jahr 2019 ist es "75 Jahre Freiheit" und erinnert an das Kriegsende.
Strandsand eignet sich wegen der Struktur nicht zum Bauen von Skulpturen, daher wird eigens für die EM mit LKWs Flusssand angeliefert.
In der Stadt und am Strandboulevard werden wieder neue Sandskulpturen entstehen.
Bleiben wir bei der Kunst.
Der "sitzende alte Mann" blickt einsam aufs Meer.
Der Bildhauer Kees (eigentlich Korstiaan) Verkade wurde 1941 im nahen Haarlem geboren und hatte zeitweise auch ein Atelier in Zandvoort.
Am zentralen Punkt des Strandboulevards traf ich auf diese Skulptur.
Sitzt da einer der sich seinen Mantel vor den Kopf hält?
Auch bei näherem Hinsehen konnte ich keinen Sinn erkennen.
Betrachten wir mal die andere Seite.
Huch! Noch ne Unbekleidete.
De Zonnebaadster (die Sonnenbadende) ist eine Bronzeskulptur des holländischen Bildhauers Jan van Luijn (1966).
Die Haltung der Dame muss sehr anstrengend sein, oder?
Ich würde das nicht lange durchhalten. Das arme Modell!
Die Sonnenbadende steht im Zentrum einer Windrose und blickt in Richtung Westen, ...
... direkt auf ein Gitter mit Liebesschlössern.
Darüber hinweg blickt man auf den zentralen Teil des etwa 9 Kilometer langen und bis zu knapp 200 Metern breiten Sandstrand.
Dort drüben am Horizont muss Brexitland liegen.
Hinter der Nackten war Ostermarkt.
Rechts davon liegen auf einem Stück Brachland eine alte Seemine...
... und ein zerfallendes Fischerboot.
Ein Freilichtmuseum?
Auf dem Weg zum neuen Wasserturm...
... der erst nach dem Krieg gebaut wurde und - inzwischen außer Betrieb - als städtisches Denkmal zerfällt,
konnte ich beobachten wie die Seenotrettung ausrückte.
Beim Spaziergang durch die Kerkstraat...
... lief ich über Glasplatten die in den Boden eingearbeitet sind.
Der "Walk of Fame" von Zandvoort sollte auch eine Kachel beinhalten mit dem Bild von Kaiserin Elisabeth.
Ich habe sie bei meinem Besuch nicht gefunden, zeige Euch aber ein Bild aus meinem Archiv.
Am Ende der Kerkstraat traf ich auf das alte Rathaus.
Ein Stück weiter steht die katholische Kirche von Zandvoort - die Sint Agatha Kerk.
In der Vorgängerkirche betete einst auch die österreichische Kaiserin und trug sich sogar ins Kirchenbuch ein.
Leider war die Kirche verschlossen.
Etwas enttäuscht trat ich den Rückweg zum Strand an.
Ob der Aufenthalt in solchen Ferienwohnungscontainern angenehm ist?
Sie stehen mir zu nah beieinander!
Außer am den am Strand herumfahrenden Fischwagen und Pommesbuden kann man auch in einem der Strandlokale seinen Hunger stillen.
Hier traf ich wieder auf meine Familie.
Ein letzter Blick zurück auf Zandvoort.
Es waren zwar nicht viele Bilder von Zandvoort und seinem Strand, aber ein kleines Stück davon wollte ich Euch zeigen.
Liebe Grüße von waldi