Das war der wilde Osten

  • Wer mal nach Leipzig kommt, sollte sich das Museum in der Runden Ecke, d.h. die frühere Leipziger Stasi-Zentrale, anschauen.
    Da steht noch mehr "Glump" herum. Und vor allem: Es riecht Original nach DDR - der Geruch nach einem republikweit verwendeten Putzmittel, wonach alle staatlichen Einrichtungen, Züge etc. rochen. Der Gag: "Gelernte DDR-Bürger", die ich gefagt hab, haben diesen Geruch nicht wahrgenommen, anscheinend weil er so allgegenwärtig war, und registrieren ihn auch heute nicht mehr, selbst wenn er da ist.


    Zitat

    von aussen die Gespräche aus einem fahrenden Auto abhören


    Das geht m.E. auch mit modernsten Richtmikrophonen nicht. Oder ??

    Die größte Sehenswürdigkeit, die es gibt, ist die Welt - sieh sie Dir an (Kurt Tucholsky)

  • ...Das geht m.E. auch mit modernsten Richtmikrophonen nicht. Oder ??


    hallo Grizzly,


    ob das heute funktioniert, kann ich dir nicht sagen. Jedenfalls ist es möglich, das mitgeführte Handy der Insassen von außen mit entsprechender Technik ein- und auszuschalten und somit natürlich über dieses Ding Gespräche mitzuhören.


    Da gibt es heutzutage noch ganz andere Dinge. Dein Navi speichert unbemerkt nicht nur alles, was du jemals eingegeben hast sondern auch alle Strecken, die du gefahren bist, seit es im Auto montiert oder eingebaut wurde.


    Du solltest also beim nächsten Treff mit deinem Dealer deines Vertrauens die Handys zuhause lassen. Dann können NSA und deren Freunde nur das Schnurren der Hauskatze mithören. :lol:


    grüsse


    jürgen

  • Zitat

    von aussen die Gespräche aus einem fahrenden Auto abhören


    Und selbst wenn es nur ein Gerücht war,( damals gab es noch keine Handys) diente so etwas dazu, die Einreisenden einzuschüchtern und durch Verunsicherung Angst einzujagen.
    Man fühlte sich so klein und macht- ( recht-) los an den DDR Grenzen!


    Gruß,
    Elke

  • :wink:


    Ich will mal meinen DDR-Ostberlin-Besuch im Jahr 1973 schildern. Ich hatte als Teenager einen Brieffreund über MickyMaus gefunden. Wir haben uns jahrelange geschrieben und als Highlight hatte ich ihm meine gesammelten Bravo-Hefte mal zu Weihnachten zugesandt. Ich hatte extra 2 Pakete gepackt – eines davon mit den Bravos. Und – sie sind tatsächlich angekommen!!! :up: Mein Brieffreund hat sich in dem darauffolgenden Brief bald überschlagen vor Freude. Das war noch Ende der 60er Jahre.


    1973 war es dann soweit, dass wir uns bei einem Berlin-Besuch getroffen haben. Mein damaliger Verlobter (es wurde mein Mann) durfte nicht mit nach Ostberlin rüber, weil er zu der Zeit seinen Bundeswehrdienst ableisten musste. Er hat mich bis zur Friedrichstraße gebracht und dann bin ich also rüber über die Stadtgrenze.


    Es war schon sehr aufregend, einen jungen Mann zu treffen, den man vorher nie gesehen (nur von einigen Fotos), aber mit dem man sich jahrelang geschrieben hatte.
    Es war ein ganz tolles Erlebnis und ein richtig schöner Tag. Er hat mir die damalige Ostberliner Prachtstraße gezeigt mit dem Alexanderplatz.



    Wir sind auf den Fernsehturm gefahren und er hat mich zum Essen in einem tollen Restaurant eingeladen. Ich habe ihm dann als Ausgleich mein Umtauschgeld dagelassen.


    Zum Schluß sind wir noch auf den Fernsehturm gefahren. Eine tolle Aussicht! Da wimmelte es jedoch von Besuchern und ich kam in Zeitnot, weil ich ja pünktlich wieder zurück nach Westberlin musste (wegen Treffpunkt zu einer bestimmten Zeit). Vor dem Fahrstuhl nach unten – da hatte ich etliche Leute vor mir. Mein Brieffreund hat aber ganz beherzt die Leute in der 1. Reihe mein Zeitproblem geschildert und sie ließen uns als dann auch vor. Also keine Wartezeit.


    Direkt bis zur Grenzübergangsstelle konnte (wollte) er mich nicht bringen, aber er hatte es mir erklärt, wo ich lang müßte. Aber ich hatte ich mich irgendwie verlaufen. Bin eh keine Leuchte, was Orientierung betrifft. Da fragte ich dann einen Ostberlin-Grenzbeamten: „Wie komme ich denn in den Westen?“ Er fing dann an zu lachen und fragte, was ich denn da wolle. ;) Aber er hat es mir dann sehr nett erklärt und mein damaliger Verlobter hat mich dann an der Friedrichstraße erleichtert nach einiger Verspätung wieder in Empfang genommen.


    Für meinen Brieffreund und mich war es ein toller Tag und ich war zum 1. Mal im Osten, also in der DDR, gewesen.


    Wir hatten auch noch jahrelang später Brief-Kontakt, aber nach der Wende ist er dann eingeschlafen. Alles hat halt seine Zeit.


    Gruß
    Jofina

    El mundo es un libro, y quienes no viajan leen sólo una página. (Aurelio Agustín)
    Gruß Jofina

  • Eine schöne Geschichte, Jofina!
    Danke dafür!


    Dass die zwei Sendungen mit den BRAVO Heften ankamen, ist so etwas wie ein Wunder.
    Wenn ich bei meinem Besuchen solche Hefte für meine zwei Jungen ( einer davon war mein Patenkind) mitnahm, wurden sie an der Grenze konfisziert.


    Man musste sogar aufpassen, dass man nicht aus Versehen irgendein Mitbringsel in eine Westzeitung gepackt hatte.
    Ich hatte sogar den Verdacht, dass wir bei unseren Reisen auf so etwas wie einer Art "roten Liste " standen...meine Verwandten waren einfache Menschen, aber nicht sehr eifrig linientreu und die beiden Buben konnten den Mund nicht halten.


    Schlimme Zeiten - aber auch schöne Erinnerungen, wie Du sie geschildert hast.


    Liebe Grüße,
    Elke

  • Ein paar der beschlagnahmten Westzeitschriften sind hier im Museum Tränenpalast


    am Bahnhof Friedrichsstr. wieder aufgetaucht,


    fein säuberlich protokolliert ...

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  • Bleibende Erinnerung meines kürzlich verstorbenen Vaters (das hat er noch kurz vorher erzählt):


    Irgendwann in den 70ern fuhr er mit dem Auto zwecks Verwandtenbesuchs mal wieder in die DDR. An der Grenze monierten sie die zehn Tafeln Schokoloade. Mein Vater erklärte, er wolle zu seiner Schwägerin, einer Witwe mit neun Kindern, da käm er mit einer Tafel nicht weit. Der Grenzer ranzte ihn an: "Warten Sie !"
    Nach einer Viertelstunde machte mein Vater vorsichtig auf sich aufmerksam.
    "Warten Sie !!"
    Nach einer halben Stunde verliess eine offensichtlich höherrangige Grenzerin die Baracke, hatte wohl Feierabend.
    Der Grenzer von vorher kam wieder raus.
    "Sie dürfen fahren" (mit Schokolade).
    "Aber das nächste Mal halten Sie sich an die Vorschriften !"


    Mein Vater kombinierte, dass der Mann ihn von vornherein passieren lassen wollte, aber erst den Feierabend seiner gestrengen Chefin abwarten musste, um selber keinen Ärger zu bekommen.

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