01 – Auf der falschen Seite der Straße – 18.06.2023
So, ich bin tatsächlich ohne größere Probleme im Hotel angekommen, obwohl das ja nicht so einfach ist, wenn man noch nie mit Linksverkehr zu tun hatte. Auf Malta ist das ein Überbleibsel der britischen Herrschaft, aber natürlich ist das Lenkrad auch auf der anderen Seite, und dadurch schaltet man dann auch mit der linken Hand. Das ist schon ziemlich verrückt. An manchen Kreuzungen, Kreisverkehren oder Abzweigungen kann man sich gar nicht so recht reindenken. Vielleicht gewöhnt man sich dran.
Ich bin bereits spät am gestrigen Abend mit dem Zug aus Kassel nach München losgefahren, da es bei einem Start erst am heutigen Morgen zu knapp geworden wäre. Der österreichische Nightjet, in den ich in Göttingen gestiegen bin, fährt dann ja recht langsam, so dass ich fast planmäßig gegen halb sechs heute Morgen in Regensburg ankam. Dort waren noch viele Jugendliche unterwegs, die vom alle zwei Jahre stattfindenden Bürgerfest auf dem Weg nach Hause waren. Mit der Regionalbahn ging’s dann zum Flughafen München, wo ich dann um 07:40 Uhr eintraf.
Ankunft am Münchner Flughafen
Die Verfahrensweise am Münchner Flughafen war mir so nicht bekannt. Wenn man bereits online eingecheckt ist, braucht man nur den Boarding Pass an einem Automaten einzuscannen, und dann kommt ein Aufkleber für den Koffer raus. Den klebt man um den Griff, stellt ihn auf das Kofferband, gibt an einem zweiten Automaten noch ein paar Daten ein, und das war’s. Man muss mit keiner Person sprechen, um das Gepäck aufzugeben. Parktisch, wie ich finde.
Die Abflüge
Obwohl ich ja bis zum geplanten Flug um 12:30 Uhr noch massig Zeit hatte, konnte ich auch direkt zum Gate. Beim Körper- und Handgepäckcheck fuhr die Wanne mit meinem Rucksack natürlich wieder auf ein separates Band, wo er näher durchleuchtet wurde. Ich sagte noch: „Ich hab‘ da nichts Besonderes drin. Ich weiß nicht, warum das mir immer passiert!“ Der freundliche Herr entgegnete: „Ich muss mir das leider näher anschauen, weil mir etwas angezeigt wurde, aber Sie haben recht. Sie haben da wirklich nichts Besonderes drin!“ Na, sag‘ ich doch. Etwas Wein sollte mir zum Bezwingen der Flugangst dienen, ich setzte mich schon neben das Gate und las gemütlich in meinem Buch.
Dann kam ich mit Lea Lacombe aus Toulouse ins Gespräch, eine junge Französin, die zum Glück des Englischen ganz gut mächtig war und auch zum ersten Mal nach Malta flog. Sie sollte für 11 Wochen in Hamrun südlich von Valletta in einem technischen Betrieb arbeiten. Was genau auf sie zukam, wusste sie auch nicht, doch gehörte dies zu ihrer Ausbildung zur Ingenieurin. Wir hatten viel Spaß und alberten gemeinsam rum. Sie machte sich über die deutsche Sprache lustig, und ich versuchte das zum Besten zu geben, was von meinen spärlichen Französischkenntnissen noch übrig ist. Nur ganz nebenbei fragte ich sie nach ihrer Sitzplatznummer. Als sie 7B sagte, starrte ich sie mit großen Augen an. Ich hatte 7A. Toller Zufall. Da konnten wir uns also im Flieger weiter unterhalten, und durch ihre unbeschwerte und witzige Art lenkte sie mich ganz gut ab, so dass der Flug nicht besonders schlimm für mich war. Danke, Lea. Nach 1 Stunde und 57 Minuten landeten wir schon wieder.
Über den Alpen
Landeanflug
Am Malta-Airport verabschiedeten wir uns, nachdem wir unser Gepäck erhalten hatten. Sie wollte einen Bus nach Hamrun nehmen, und ich wollte meinen Mietwagen in Empfang nehmen. Mann, war das warm hier. Ich begab mich also zum hinteren Flughafengebäude und bekam von der Auto Union einen Citroen. Ich war mir nicht sicher, mir genau merken zu können, in welcher Etage des Parkhaus-ähnlichen Gebäudes wir uns befanden, denn genau hier sollte ich nach Ende des Urlaubs den Wagen wieder abstellen und den Schlüssel in eine Schlüsselbox werfen. Na, das würde schon irgendwie funktionieren.
Lea und ich
Normalerweise nehme ich es mit der Schreibweise der ausländischen Bezeichnungen sehr ernst, was bedeutet, dass ich selbstverständlich auch eventuell zu beachtende diakritische Zeichen beachte, von denen die maltesische Sprache, die einem arabischen Dialekt entwachsen ist, einige aufzubieten hat. Da es sich hier jedoch um ein Tagebuch handelt, welches ich zu einem entscheidenden Teil am gleichen Abend verfasse, möchte ich mir hier nicht die Mühe machen. Sämtliche diakritische Zeichen jeglicher maltesischer Bezeichnungen lasse ich hier der Einfachkeit halber einfach mal weg. Zum Beispiel würde man Hamrun (der Arbeitsort Leas) „Ħamrun“ schreiben, aber lassen wir das.
Das Flughafengebäude
Nun musste ich mich also in das Links-Verkehrsgetümmel stürzen und vom Flughafen zum Hotel im Stadtteil Qawra nach St. Paul’s Bay fahren. Das sind 19 Kilometer, und St. Paul’s Bay ist nicht gerade klein, was automatisch bedeutete, auch mit dem Verkehr in einer Stadt klarkommen zu müssen. Aber es lief eigentlich recht gut, muss ich sagen. Anzumerken ist vielleicht, dass Malta lediglich eine Länge von 35 Kilometern aufweist und eine Breite von 15 Kilometern. Die Nachbarinsel Gozo ist ungefähr halb so groß. Gemeinsam mit den übrigen winzigen Eilanden ist der autonome Staat Malta also noch nicht einmal so groß wie beispielsweise die kroatische Insel Krk. Malta ist allerdings einer der dichtbewohntesten Staaten der Erde. Die halbe Million Einwohner müssen ja schließlich irgendwo hin. Und dennoch gibt es auch viele Flecken, an denen niemand wohnt. Öffentliche Amtssprachen sind sowohl Englisch als auch das mich eher an meinen Marokko-Urlaub erinnernde Maltesisch.
Der Flughafen weist bereits eine Vielzahl von Palmen und anderweitigem Grün auf. Kommen wir zum Hotel in Qawra. Ich bin mir nun nicht hundertprozentig sicher, ob es drei oder vier Sterne hat, aber eben das, was man in Malta darunter versteht. Die Bewertungen im Internet sind nicht die Besten; so weist mein kleines Apartment zum Beispiel im Bad an der Decke einige Schimmelspuren auf, aber das restliche Zimmer und der Balkon sind in Ordnung. Ich bin ja sowieso kaum vor Ort. Das ist so schon okay. Das Abendessen eben – ich habe Halbpension gebucht – war auch ganz in Ordnung. Ich habe Klimaanlage und Ventilator, einen Kühlschrank, was will ich mehr?
Eingangshalle im Hotel
Mein Zimmer
Blick vom Balkon nach rechts
Blick vom Balkon geradeaus
Blick vom Balkon nach links
Mein Mietwagen und das Hotel im Hintergrund
Doch der Reihe nach. Nach dem Erledigen der Formalitäten galt mein Hauptinteresse erst einmal dem Ort, in dem ich wohne. Und St. Paul’s Bay (San Pawl il-Bahar) hat eine schönere Atmosphäre, als ich dachte. Nach anfänglichen Schwierigkeiten, einen ziemlich zentral gelegenen Parkplatz zu finden, parkte ich in einer Gasse am Hang. Von hier aus startete ich meine Erkundung. Und die verwinkelten Gassen, der idyllische Hafen, die Abendatmosphäre, der Geruch nach Salz, Meer und Fisch, alles war ganz nach meinem Geschmack. Es heißt, St. Paul’s Bay sei eher eine Touristenhochburg mit wenig Charme, doch das sehe ich nicht so. Es kommt eben ganz darauf an, wo genau man sich befindet. Eines meiner Ziele war die St. Paul’s Shipwreck Church. „Der Legende nach“ soll der Heilige Paulus an Maltas Küste Schiffbruch erlitten haben. Die Kirche war eher unscheinbar und geschlossen. Die Kirche der Madonna der Sorgen sah dafür umso prächtiger aus. Und natürlich schaute ich mir auch den St. Paul’s Bay Tower an, der zwar ebenfalls verschlossen war, aber ganz den Charme dieser arabischen Türme aufweist. Ich machte noch einen kleinen Spaziergang durch einige Gassen in der Nähe des Hafens und fuhr dann nach Qawra, dem Stadtteil, in dem auch mein Hotel ist.
Kirche der Madonna der Sorgen - die Gemeindekirche
Der Hl. Paulus
Eine Bar in der Nähe
St. Paul's Bay Tower
Statue von Markiza Anna Bugeja, eine ehemalige Gräfin, Erbauerin der Gemeindekirche
Die Hafenseite von St. Paul's Bay
Der Turm von der anderen Seite
Treiben vor einem Imbiss
Am Hafen
Kleiner Bootshafen
St. Paul's Shipwreck Church
Häuser am Hafen
Villa Preziosi
St. Paul's Shipwreck Church von der anderen Seite
In der Altstadt
Blick hinüber zum vorgelagerten St. Paul Island
Große Beachclubs und –bars sind hier an der Spitze der kleinen Halbinsel ansässig. Und der Qawra Tower, der allerdings inmitten eines abgesperrten Geländes liegt. Hübsche, schroffe Felsen führen hinaus auf das kleine Kap. So – für den ersten Tag sollte das reichen, dachte ich.
Am Kap in Qawra
Qawra Tower
Die Beachclubs in Qawra
Mein Hotel hat sogar einen kleinen Pool, den ich wahrscheinlich niemals nutzen werde, und eine Sonnenterrasse im 6. Stock auf dem Dach. Schaut man sich die (spärliche) Vegetation Maltas an und auch die Charakteristik der Ortschaften mit ihren größtenteils vorhandenen Flachdächern, so ist man eher an den orientalischen Raum, wie ich ihn auch aus Marokko kenne, erinnert, denn an Europa. Fährt man durch das Land mit dem Mietwagen, sieht man sofort, wo man gelandet ist. Mag Malta wohl auf einem unter Wasser liegenden Gebirgszug – der einstmals nicht unter Wasser lag – mit Sizilien verbunden sein, so findet man sich hier doch in einem eher orientalischen Europa wieder, auf dem Araber großen Einfluss nahmen. So ist auch das Maltesische die einzige arabisch orientierte Sprache, für die man römische Buchstaben benutzt. Und doch hat jede Ortschaft anscheinend eine riesige christliche Kirche. Welcome to Malta. Wir hatten heute 27°, die sich aber so anfühlten wie mindestens 33.
Der kleine Hotelpool
Nach dem Abendessen ging ich noch einkaufen, denn man braucht natürlich Mineralwasser für die Erkundungen des nächsten Tages, vielleicht ein paar Bier – hier ist Cisk die vorherrschende Sorte, ein Lager mit 4% Alkohol – und vielleicht auch mal eine schöne Flasche Wein. Ich ging zu Welbee’s Supermarket ein paar Straßen weiter. Hier gibt‘s alles, was man braucht. Für den ersten Tag auf Malta ein sehr ereignisreicher Tag, wie ich finde. Gute Nacht.
In Qawra, auf dem Weg zum Supermarkt
In Welbee's Supermarket