Eigentlich wollte ich vorgestern mit dem Ebike meines Schwiegersohnes in den Bergen radeln. Allerdings hatte ich Probleme, das Rad im Auto zu verstauen und die Pkw der Familie mit Anhängerkupplung wo sich ein Radlträger befestigen läßt waren vergeben. Also habe ich mich von zuhause aus bei etwas Wind auf den Weg gemacht um mal wieder mit dem Fahrrad die Heimat zu erkunden.
Eines vorweg. So ein Ebike ist eine tolle Sache. Ich habe ausschließlich die erste von vier Unterstützungsstufen verwendet und glaubte, daß das Rad von alleine fährt. Der Wind, der wie auch immer aus der falschen Richtung kommt, hat mir überhaupt nichts ausgemacht. Nach meiner etwa 50 km langen Tour war ich überhaupt nicht erschöpft. Mit meinem Alltagsrad wäre das völlig anders gewesen.
Nun möchte ich euch ein paar Bilder zeigen, die ich bei gelegentlichen Stopps geknipst habe.
Los ging es in Langerringen über Schwabmühlhausen bis Holzhausen bei Buchloe. Dort Stopp an der Rindenkapelle.
Hier mein Leihfahrrad der Marke Fischer. Bitte fragt mich nicht nach technischen Details.
Obwohl ich schon ein paar mal in diesem außergewöhnlichen Gotteshaus war fiel mir nun etwas auf.
Mancher mag das kitschig finden.
Dieses Bild zeigt Holzhausen wie es fast vollständig abbrennt.
Hier die Erklärung dazu. Am 25.7.1837 geschah das Unglück.
Mein Heimatdorf ist am 8.8.1804 fast vollständig abgebrannt. Die Häuser waren damals eine mit Stroh und Lehm verkleidete Holzkonstruktion mit einem Strohdach. Kein Wunder, daß in einem heißen trockenen Sommer Brände recht häufig waren. Eine Feuerwehr gab es noch nicht und so brannte oft in kurzer Zeit das ganze Dorf ab. Auch eine Brandversicherung war damals unbekannt. Die betroffenen Familien standen meist vor dem Ruin und mußten verarmt das Gehöft verlassen.
Auch im 20. Jahrhundert blieb Holzhausen nicht von einem Unglück verschont. Am 6.9.1969 stürzte die Kirche ein. Nun weiß ich auch, warum die heute so eine seltsame Mischung zwischen alt und neu ist.
Aufgefallen sind mir in Holzhausen auch die Kanaldeckel.
Weiter ging es über Honsolgen und Hausen wo ich mir das Dorfkirchlein ansah.
Nebenan warf ich einen Blick in einen typischen Allgäuer Milchviehstall wie es sie mittlerweile überall gibt. Ausgetrieben wird nicht mehr. Die Kühe halten sich nur noch im Stall auf.
Nicht weit entfernt ist der Passionsspielort Waal. Waal ist schon etwas Besonderes unter den Allgäuer Dörfern.
Hier kaufte ich mir beim Bäcker eine Breze und im Dorfladen ein Radler und rastete etwas länger. Schließlich gibt es an der im Dorf entspringenden Singold eine Kneipanlage und es ist immer jemand zum Ratschen da.
das Rathaus mit Dorfladen
Das Wasser war ausreichend kalt um die Füsse abzukühlen.
Und dann steht da noch dieses Haus.
Ich glaube jeder kann erkennen wozu es einst diente.
Kleinod nebenan
Die örtliche Kirche ist prächtig ausgestattet. Kein Wunder, die Adeligen im Schloß nebenan düften wohl für ihr eigenes Seelenheil im Laufe von Generationen einen Batzen Geld springen lassen.
Wer nach Waal kommt und Zeit hat muß natürlich die Singoldquelle besuchen. Die befindet sich direkt neben diesem Holzhaus.
Die Singold entwickelt sich zum kleinen Fluß und mündet in Augsburg in die Wertach.
Meine Tour ging weiter nach Süden über Unterostendorf nach Gutenberg.
Das kleine Heimatmuseum im Dorf ist immer geschlossen. Aber dank einer freundlichen Dorfbewohnerin weis ich nun wer den Schlüssel hat und so werde ich mich bei Gelegenheit diesbezüglich erkundigen.
Nebenan steht noch ein kleines Häuschen welches als Gefängnis oder Karzer diente.
Noch ein paar geschichtliche Daten zu Gutenberg und weiter gehts nach Ketterschwang.
Die Besonderheit von Ketterschwang ist das gemeindliche Freibad von anno dazumal. Ein derzeit fast versiegtes Bächlein sorgte gewöhnlich für frisches Wasser. Das Becken wurde betoniert und dient auch heute noch als Schwimmbad. Eintritt zahlt man keinen. Einen Zaun gibts auch nicht. Als Umkleidekabine und Klo dient der Wald nebenan.
Eigentlich wollte ich schon im Rahmen meiner Tour irgendwo schwimmen gehen. Aber das Bad von Ketterschwang war dann doch nicht ganz nach meinem Geschmack.
Vielleicht lag das aber nur an der defekten Dusche.
Weiter ging es über Beckstetten und Weinhausen zu den Baggerseen südlich von Lindenberg. Da wird immer noch gebaggert und so ist das Wasser schlammig und die Seen schlecht zugänglich. Ich bin halt verwöhnt, so daß diese Gewässer mir auch nicht zum Schwimmen genügen.
Ich fahre weiter nach Lindenberg bei Buchloe, steige auf den dortigen Kirchberg und genieße den Weitblick bei einer Flasche Wasser und einer Birne. Nun steht auch mein Entschluß für den weiteren Streckenverlauf fest. In Buchloe kaufe ich mir etwas zu essen und fahre weiter über Dillishausen nach Lamerdingen zum dortigen Sendersee. Da kann ich definitiv schwimmen gehen.
Diesen See kenne ich seit Jahrzehnten und folglich stürze ich mich in die Fluten. Wie am Bild erkennbar, gehört der See fast mir alleine.
Frisch, frech und frei gehts zurück über Lamerdingen und Schwabmühlhausen nach Langerringen.
Fazit:
Ein Ebike ist eine tolle Sache. Es fährt sich wie von selbst. Nun verstehe ich auch, daß Menschen im hohen Alter oder eigentlich völlig Unsportliche plötzlich ihre Leidenschaft fürs Fahrradfahren entdecken. Das Ebike ermöglicht jedem, wesentlich größere Distanzen ohne Anstrengung zu überwinden. Ob es ein Rad für viele tausend Euro sein muß oder so eines wie "meines" für um die 1.000 Euro sei mal dahingestellt. Am Ende der Tour leuchteten nur noch 2 von insgesamt 5 LED auf, so daß ich annehme, daß ich etwa 3/5 der Ladung verbraucht habe.
jürgen