Weidling- Das Grab des Freiherrn Joseph von Hammer-Purgstall

  • Meistens blicke ich auf das kleine Dorf nur aus der Ferne von meinem Gartendomizil am Ödberg.



    Am Wochenende habe ich einen Spaziergang hinunter ins Dorf gemacht, welches ja eigentlich kein Dorf mehr ist, seit es in die Stadt Klosterneuburg, meinem Geburtsort, eingemeindet ist.



    Hier steht der schön renovierte Nepomuk, den ich bereits mehrfach beschrieben habe:


    (5) SANKT NEPOMUK, der Brückenheilige, Teil 5


    Geht man Richtung Friedhof, stößt man mehrfach auf den Namen Hammer-Purgstall:



    Hier gab es früher sogar einmal ein Kino:



    In diesem Haus verbrachte Hammer-Purgstall einen Teil seiner Jugend mit Sprachferien:




    Dem Rotgrabenbach entlang geht es Richtung Lenau-Friedhof:



    Hier liegen einige bekannte Persönlichkeiten, wie eben Lenau, aber heute wollte ich mir ein Grab der anderen Art genauer ansehen, suchen wir es erst einmal:







    Der Friedhof ist nicht groß und das auffällige Grab, eigentlich ein orientalischer Kenotaph, ist nicht zu übersehen:



    Die Grabanlage des Freiherrn Joseph Freiherr von Hammer-Purgstall und daneben seiner Tochter Rosalie, die im Alter von vier Jahren verstorben ist.


    Hammer-Purgstall lebte von 9.6.1774 bis 23.11.1856 und war der bedeutendste Orientalist Österreichs. Er wurde in Graz geboren, reiste unter abenteuerlichen Bedingungen der damaligen Zeit sehr viel, übersetzte zum ersten Mal „Tausendundeine Nacht“ und den „Diwan“, verfasste Gartenbeschreibungen und ein 10-bändiges Werk „Geschichte des Osmanischen Reichs“.




    Das Grab hier in Klosterneuburg ist ein Nachbau aus Granit des Orignalgrabes aus Marmor. Hammer -Purgstall ließ es von Leopold Kiesling bereits zu Lebzeiten bauen. Über Leopold Kiesling bin ich voriges Jahr erst auf Hammer-Purgstall gestoßen.


    1821_WIEN > Belvedere > Mars, Venus und Amor


    Kiesling schuf diese großartige Skulptur, es war seine einzige, bedeutende Skulptur. Ansonsten betätigte er sich mit Grabdenkmälern, wie dem von Hammer-Purgstall, wie ich bei einer Recherche herausfinden konnte.


    Das Grab der Tochter entspricht einem orientalischen Frauengrab einer sich nach oben verbreiternden Säule, die mit einer Halbkugel abgeschlossen wird.





    „Es nahm der Himmel sie, der sie gegeben. Als Rose lebte sie - was Rosen leben.“


    Auf dem Sarkophag des Vaters sind Inschriften in verschiedenen Sprachen angebracht, auch seine Ehefrau Carolinen ist hier bestattet.









    In der lesenswerten Diplomarbeit von Alexandra Smetana „Grabdenkmäler des Wiener Klassizismus - ein Beitrag zur Erfassung der Sepulkralkultur zwischen 1788 und 1840“ ist das Grab auf pp.161 beschrieben.


    http://docplayer.org/75989004-…ischen-1788-und-1840.html


    Das Original aus Marmor steht in dem heute nicht mehr zugänglichen Schloss Hainfeld in Leitersdorf im Raabtal.


    Frau Alexandra Smetana war so freundlich, und hat mir ein Foto davon geschickt, welches ich hier als einzigartiges Zeitdokument einstellen darf:


    Foto: Alexandra Smetana


    Für mich ist es immer wieder spannend, was ein Museumsbesuch alles auslösen kann, war mir doch das Grab des Hammer-Purgstall in meinem Heimatort bislang nicht bekannt!


    Johannes

  • Weidling, ein hübsches "Dorf", in dem man sicher auch als "Großstädter" gut leben kann!

    Ihr habt ein schönes Plätzchen !


    Der Spaziergang durch den Ort und der Besuch des Friedhofs hat sich gelohnt.

    Für mich ist es immer wieder spannend, was ein Museumsbesuch alles auslösen kann,

    Für mich ist es bereichernd und es freut mich , wenn immer wieder Querverbindungen zu anderen Themen hergestellt werden.

    Neben der eindrucksvollen Beschreibung des Grabdenkmals des Freiherrn Hammer-Purgstall ist es die Verbindung zu der Skulptur des Leopold Kiesling in Wien im Belvedere, die Du in einem Rätsel beschrieben hast.


    Was für ein Glück, dass das Grabmal "in Sicherheit" gebracht wurde und nun geschützt im Schloss Hainfeld sthet.

    Die Kopie auf dem Friedhof zeigt die Schönheit perfekt.


    Solche Berichte mit "Querverbindungen" sind es , die für mich unter vielem anderem hier in unserem Forum besonders wertvoll sind,

    **\'6


    Liebe Grüße,

    Elke

  • Ich habe mir mal bei Wikipedia den Lebenslauf dieses Mannes durchgelesen. Schon sehr beeindruckend!


    Er war außerdem ein richtiges Sprachgenie: 8)

    Er beherrschte neben Altgriechisch und Latein Französisch, Englisch, Italienisch, Neugriechisch, an orientalischen Sprachen Arabisch, Türkisch (diese beiden auch in der Umgangssprache) und Persisch in Wort und Schrift und las Spanisch.


    Die meiste Zeit seines Lebens hieß er mit Nachnamen von Hammer. Aber er war ein richtiger Glückspilz, denn die kinderlose Witwe, Gräfin von Purgstall setzte ihn als Universalerben ein unter der Voraussetzung, dass er auch den Namen Purgstall annimmt. Nun war er also auch ein Graf. 1835 wurde er vom damaligen Kaiser auch noch zum Freiherrn ernannt. So kam es, dass er ein Freiherr Joseph von Hammer-Purgstall wurde. ;)

    El mundo es un libro, y quienes no viajan leen sólo una página. (Aurelio Agustín)
    Gruß Jofina

  • Liebe Jofina,


    danke für den Nachtrag. Interessanterweise hat Dirk Stermann kurz nachdem ich auf Hammer-Purgstall aufmerksam wurde, ein Buch über ihn veröffentlicht.


    https://www.derstandard.at/sto…n-hammer-und-die-notdurft


    Es gab dazu unterschiedliche Kritiken, Zeit also, dass ich mir meine eigene Meinung bilde und das Buch lese.


    Johannes

  • Ich habe noch ein wenig recherchiert und muss der Vollständigkeit halber festhalten, dass das orientalisch gestaltete Grab jenes der Frau von Joseph von Hammer-Purgstall, Carolinen ist, während er daneben unter einfacher Platte bestattet ist, dahinter die früh verstorbene Tochter.



    In manchen Quellen wird das orientalische Grab als das des Freiherrn Joseph von Hammer-Purgstall beschrieben, was nicht korrekt ist, es handelt sich um eine Grabanlage bestehend aus drei Grabstellen und das auffällige Grab ist eben das seiner auch früh verstorbenen Frau.


    http://www.eslam.de/begriffe/h/hammer-purgstall-grab.htm


    Johannes

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