Liebe Alle,
im Anschluss an das gestrige Rätsel, das Michael in aller Kürze gelöst hat, möchte ich Euch eine besondere Kirche des Unteren Vinschgau vorstellen - einen kleinen Eindruck der schönen Fresken im Kircheninneren und der schönen Landschaft ringsum - vermitteln: St. Prokulus in Naturns.
Die uralte kleine Kirche liegt etwas außerhalb des Ortes, am Rande von Wiesen, Obstgärten und Weinbergen. Bei einem meiner Besuche Mitte April war gerade Beginn der Apfelblüte, ich komme später noch darauf zu sprechen.
St. Prokulus steht auf frühgeschichtlichem Boden, die Via Claudia Augusta führte hier nahe vorbei. Und am Ort der heutigen Kirche stand im 4. Jahrhundert ein Wohnhaus. Die Kirche selber wird nach aktuellen Forschungsstand mit dem Frühmittelalter, dem 8. Jahrhundert, datiert.
2012 wurden 100 Jahre Wiederherstellung der alten Fresken gefeiert. Die alten Wandbilder waren mit gotischen Fresken überdeckt und wurden 1912 freigelegt. Sie gelten gemäß einer Festschrift der Zeitschrift „Der Schlern“ zum 100. Jubiläum der Freilegung als die ältesten im deutschen Sprachraum.
Die berühmteste und beeindruckendste Darstellung ist die des „Schauklers“, an zentralem Ort im Kirchenraum. Wie bei manchen anderen Darstellungen gibt es hier sehr unterschiedliche Deutungen. Die bekannteste der umstrittenen Interpretationen ist, dass es sich dabei um die Darstellung der Flucht des heiligen Bischofs Prokulus (durch Abseilen) über die Stadtmauer von Verona handelt. - Es gibt auch Deutungen, dass es etwas mit der Geschichte des Apostels Paulus zu tun hätte oder solche, die in der Gestalt wesentlich Symbolisches dargestellt sehen.
Man ist gut beraten, die kleine Kirche nicht in der Hochsaison und vor allem ziemlich früh am Tage zu besuchen. Weil man sonst im Gedränge und Sprachengewirr keine Ruhe hat, die schönen Bilder auf sich wirken zu lassen. –
Es war zuletzt immer noch erlaubt, in der Kirche Fotos zu machen, allerdings natürlich ohne Blitz. Und so möchte ich Euch ein paar der Bilder aus dem Fresken-Zyklus zeigen, die ich „eingefangen“ habe.
Die wandernde Figurengruppe an der Südwand hat einen starken Bezug zur Darstellung des heiligen Schauklers, sogar die Kühe, die wie in einer Prozession an der Westwand dargestellt sind, könnten sich in Richtung des Heiligen bewegen. Es gibt wunderbare Engel-Darstellungen.
In den Mauerbögen vor der Apsis finden sich ebenfalls Engeldarstellungen:
Großartig die Mäander-(Bänder), die rundum den kleinen Kirchenraum zieren, wie ein Klammer halten sie die Darstellungen und Bilder zusammen.
Verläßt man die Kirche, finden sich an der äußeren Südwand Fresken aus der Zeit um 1400. Detail aus dem Fresken-Zyklus Schöpfung:
An diesem Punkt möchte ich den Beitrag beenden - und demnächst in einem 2. Teil mit einem kurzen Bericht über die Umgebung der Kirche und den Ort Naturns fortsetzen. Leider hatte ich meinen gesamten Beitrag schon zweimal fertig. Durch ganz dumme Fehler sind mir jeweils große Teile der Texte und die dazu gehörigen Bilder abhanden gekommen. So ist es besser, vorerst zu beenden.
Es gibt noch ein paar interessante Details von außerhalb, ich vertröste Euch auf später.
Ganz herzliche Grüße an alle!
Susanne