Tajine, Couscous & Méchoui - Eine Reise in das Reich von Tausendundeiner Nacht

  • Mir geht es auch so, dass ich mir nach den Feiertagen Zeit nehmen will, den ganzen Bericht nochmals in Ruhe durchzulesen. Die Kombination von interessant geschriebenem, sehr persönlichen Reisebericht, garniert mit herrlichen Fotos, macht ihn zu etwas Besonderem.


    Johannes

  • Tag 10 – Der Süden – Sonnenbrand & Flamingos

    Samstag, der 21.09.2019:

    Nach dem immer wieder netten Frühstück von Saadia startete ich in den Süden. Die wichtigsten Dinge für die nächsten Tage hatte ich in Koffer und Rucksack gepackt. Der Rest verblieb im Zimmer. Auf dem Weg in Richtung Agadir kam ich wieder ins Gebirge. Heute bemerkte ich zum ersten Mal richtig die hohe Polizeipräsenz in Marokko auch außerhalb der Ortschaften. Sie stehen ja nicht nur an Ortseingängen oder Kreiseln – nein – auch auf Landstraßen steht hin und wieder ein Streifenwagen; und nach Lust und Laune wird dann einfach stichprobenweise jemand an den Straßenrand gewunken. Ich kann nicht wirklich nachvollziehen, warum das nötig ist.



    Saadia



    Frühstück



    Taxis am Bab Marrakesch


    Und dann sah ich etwas, was ich zuvor auf Bildern bereits gesehen hatte. Am Straßenrand stand ein Argannussbaum. Und der Baum war von unten bis oben voll mit Ziegen. Ja – Ziegen! Das ist in Marokko wirklich nichts Ungewöhnliches, doch für einen Ausländer wie mich natürlich schon. Auch ein anderer PKW hatte am Straßenrand gehalten, denn man muss dies natürlich auf Fotos festhalten. Der Ziegenhirte war gerade dabei, von den Insassen des anderen PKW’s einige Dirham für die Fotos zu kassieren; so konnte er mich nicht behelligen.



    Argannussbaum mit Ziegen


    Nähert man sich Agadir, sieht man das Meer wunderbar rechts unter einem liegen. Und auch hier wurde viel gebaut. Näherte man sich einem Straßenteil, der erneuert wird, kommt man an ein Schild „Route Device“. Hier hat man dann sporadisch ein kurzes Ausweichstück durch das Geröll gebaggert, auf dem man dann die Baustelle umrunden kann. Ich habe so etwas sehr oft gesehen. So etwas kommt der Sauberkeit des Wagens natürlich nicht unbedingt zugute.

    Gegen Mittag erreichte ich mein erstes Ziel für den heutigen Tag – Tifnit und der Tifnit Beach. Ich hatte bereits 215 km gen Süden zurückgelegt, parkte auf einem Parkplatz und sah das idyllische Dörfchen direkt neben dem herrlichen, langen Sandstrand liegen. Unfassbar hübsch! Der fotogene Strand kann durchaus mit dem Sidi Kaouki mithalten. Ich erkundigte mich, ob man hier denn auch in Badehose einfach am Strand liegen durfte, ohne den Einheimischen ein Dorn im Auge zu sein. Man weiß ja nie. Ich durfte. Hier hatte ich ein paar schöne Stunden, wanderte hinüber zum Dorf, fotografierte die weißen Häuser mit ihren blauen Fenstern, badete, malte Nachrichten im Sand, was hier wunderbar funktionierte, und ließ mich schließlich zum Sonnen nieder. Ich ließ mich wohl zu lange nieder und cremte mich auch nicht oft genug ein, denn später bemerkte ich eine ungesunde Röte auf meinem Körper. Daran erkennt man aber, dass ich mich hier wirklich lang und entspannend gesonnt habe. Dromedare mitsamt ihren Führern liefen am Strand auf und ab. Einheimische hatten viele Zelte am Strand aufgebaut; die waren wenigstens so klug, sich nicht dauerhaft der prallen Sonne auszusetzen. Neben dem Ort lagen viele blaue Fischerboote, und einheimische Jungs bolzten im Sand. Auch hier war das Wasser recht angenehm warm, so dass einem längeren Aufenthalt darin nichts entgegenstand. Ein idyllisches Fleckchen Erde.



























    Tifnit und Tifnit Beach


    Gegen Mitte des Nachmittags setzte ich meinen Weg fort und fuhr zum 40 Kilometer entfernten Dorf Sidi Binzarne. Hier mündet der Oued Massa ins Meer und befindet sich der gleichnamige Nationalpark, ein Biotop für Wasservögel, Antilopen und Gazellen. Als ich mich dem Park näherte, wartete ein junger Guide unter einem Baum. Er stellte sich mir als Laksim vor, und ich verhandelte über den Preis für eine zweistündige Führung, den ich leider von 150 Dirham nur auf 130 drücken konnte. Leider sprach er nur Französisch und eher wenig Englisch, aber die Verständigung klappte trotzdem besser als gedacht. Wenig Französisch, wenig Englisch und Hände und Füße.

    Eine 8 km lange Führung am Fluss entlang begann. Das Gebiet um den Fluss ist sehr grün und fruchtbar. Auf einer Sandpiste begannen wir unsere Wanderung, vorbei an Felsen auf der einen, und Palmen und dem Fluss auf der anderen Seite. Der Massa führt viel Wasser und war ca. 25 m breit. Wir bogen zum Flussufer ab, und mein Guide winkte einer Frau, die mit dem Boot mithilfe von über den Fluss gespannten Seilen auf die andere Seite übersetzte. Er kannte hier jeden, denn er wohnte im Dorf. Jedem Bauer wurde gewunken und über eine Entfernung von 30 Metern einige Sätze ausgetauscht. Laksim erzählte mir, dass er heute schon dreimal diese Führung gemacht habe. Er verdiente damit also nach unseren Maßstäben nicht allzu viel Geld. Neben dem Fluss gab es einige von ihm getrennte Wasserlöcher oder ehemalige Flussarme, was das Delta zu einem breiten Feuchtgebiet macht. Wir passierten bewirtschaftete Felder und in ihnen grasende Esel, bis wir zu einem tiefen Loch kamen, was wohl so etwas wie ein Brunnen sein sollte. Laksim kannte hier jeden Stein und jede Palme. Er zeigte mir Ibisse und Kormorane und bald merkte ich, dass er auch ein deutsches Wort konnte, was er immer wieder benutzte: Fischreiher. Dann sahen wir von weitem eine Vielzahl an Flamingos. Mein Führer wollte nicht allzu nah rangehen, um sie nicht zu verschrecken. Das Gebiet ist durchaus ein kleines Paradies.

    Bevor wir umkehrten stellten wir uns in den Schatten, und ich spendierte Laksim eine Zigarette. Auch ihm musste ich erklären, was ich beruflich mache, was mir zuerst recht schwer viel, bis er das Wort „Assurance“ benutzte. Ja, das war das Wort für Versicherung, welches mir nicht eingefallen war. Nun verstand er. In Marokko gäbe es keine Krankenversicherung, wie er erklärte, und sie müssten jegliche Arztbesuche oder gar Krankenhausaufenthalte selbst bezahlen. Unvorstellbar. Er war sympathisch, wie ich fand. Dann traten wir unseren Rückweg an und kamen an einer großen Kasbah vorbei. Schließlich gab ich ihm 140 Dirham und reichte ihm eine Wasserflasche aus meinem Auto, bevor wir uns verabschiedeten und er sich wieder zu den anderen Guides gesellte, die nun auch alle am Baum neben dem Parkplatz auf Kundschaft warteten. Am Ende war ich ganz schön geschafft. Laksim hatte das Ganze nicht viel ausgemacht; er machte das schließlich den ganzen Tag lang.









































    Nationalpark Oued Massa


    So. Jetzt hatte ich noch 50 Kilometer zu fahren und traf gegen 18.30 Uhr in Tiznit ein, wo ich für 2 Tage zu nächtigen gedachte. Da ich noch früh dran war, steuerte ich einen Supermarkt an. So hoffte ich, auch eventuell noch etwas Bier kaufen zu können, denn ich hatte ja in Erinnerung, dass in Marrakesch im Carréfour-Supermarkt nur bis 19:00 Uhr Alkohol verkauft wurde. Vor dem Geschäft versuchte sogleich eine Einheimische mich für ihr Restaurant anzuwerben, welches gleich um die Ecke liege. Ich würde einen Kaffee umsonst erhalten. Ich vertröstete sie, da ich mein Abendessen woanders einnehmen wollte. Was das Bier anging, wurde ich enttäuscht. Es gab hier keinen Alkohol. Na, dann nicht. So kaufte ich etwas Brot, Wurst und Käse, Saft und Mineralwasser für das Frühstück am nächsten Morgen und meine Wanderung am nächsten Tag. Das Stadttor von Tiznit ist sehenswert, und dahinter tat sich ein großer Parkplatz auf. Von hier aus durfte es nicht mehr weit sein zum Riad Le Bleu, meiner Unterkunft. Ich stellte fest, dass es auch hier in Tiznit Souks gab, in denen vielerlei Waren feilgeboten wurden, doch von Souks hatte ich in den letzten Tagen wahrlich genug gesehen. Der Parkplatzbetreiber, der lediglich 10 Dirham von mir kassierte, zeigte mir gleich den restlichen Weg. Von hier aus musste man nur in eine Gasse abbiegen, noch einmal nach links und stand schon bald vor der Eingangstür des Riads, welches auch gleichzeitig ein Restaurant beherbergte.







    Ankunft in Tiznit


    Ein ca. 16 Jahre alter Junge mit schwarzen Haaren nahm mich in Empfang und führte mich zu seinem Vater, dem Inhaber. Ich wurde herzlich empfangen, und man zeigte mir sogleich meine Unterkunft. Ich staunte über die Größe. Alles war sehr bunt gestrichen. Ich hatte eine große Küche mit Wohnbereich, dahinter lag das ausladende Schlafzimmer, und auch ein kleines Badezimmer war mein Eigen. Ein Fenster hatte das Apartment nicht, doch für zwei Tage war das mehr als ausreichend. Die Gefrierfachtür des Kühlschranks wollte nicht halten. Das zeigte ich gleich dem Vater des Jungen, denn schließlich wollte nicht ich später schuld daran sein, dass sie kaputt war. Die Familie sprach recht gut Englisch, und der Herr führte mich gleich in den Innenhof des Riads, wo ich im Restaurant zu Abend essen könne. Seine Frau war für das Essen zuständig. Es war hier sehr idyllisch, und da man eine Dromedarfleisch-Tajine im Angebot hatte, warf ich meinen anderweitigen Plan für das Abendessen über den Haufen. Noch nie zuvor hatte ich Kamel- oder Dromedarfleisch gegessen. Das musste probiert werden. Ich könne hier zu jeder Zeit mein Dinner haben, auch nachts, wenn ich das wollte. Eine Treppe führte auf eine Art Dachterrasse, wo ich auch meine eigenen Getränke trinken könne. Das war alles wirklich sehr nett.







    Riad Le Bleu


    Der Sohn der Familie war begeistert, dass ich aus Deutschland kam, denn er wollte wahrscheinlich in Deutschland studieren. Er kam gleich mit mir zum Parkplatz und half mir beim Tragen meiner Utensilien. Ich verstaute alles in meinem kleinen Reich, und nahm – wie mittlerweile schon fast üblich nach der Ankunft in einer neuen Unterkunft – eine Dusche.

    Dann wollte ich schon einmal für die zwei Tage zahlen und dem Hausherrn mitteilen, dass ich am Tag der Abreise früh verschwinden würde. Als ich in den Wohnraum der Familie trat, tat ich jedoch gleich wieder ein paar Schritte zurück und wartete. Der Herr kniete tief am Boden, betete und nahm von mir keine Notiz. Bei so etwas stört man nicht. Ich zahlte in Euro, was sich dann aber als etwas nachteilhaft herausstellte, da der Herr mit 1:11 rechnete. Na ja, so viel machte das ja jetzt auch nicht aus.

    Als ich im Innenhof des Riads Platz nahm, bekam ich zuerst einmal etwas von einer einheimischen Fleischsuppe auf’s Haus. Das war vom Abendessen der Familie übrig geblieben und schmeckte köstlich. Als Vorspeise bekam ich dann eine sehr extravagante Tomate. Sie war in Scheiben geschnitten und dann wieder zusammengesetzt worden, wobei zwischen jeder Scheibe dicker Frischkäse mit Nüssen hervorschaute. Sehr, sehr lecker! Die Tajine mit Dromedarfleisch blieb etwas hinter meinen Erwartungen zurück. Das Fleisch erinnerte mich an Sauerbraten in Deutschland, was aber auch daran gelegen haben könnte, dass es eben in einer ähnlichen Flüssigkeit eingelegt worden war. Ansonsten besaß es keinen großartigen Geschmack. Dazu gab es etwas Brot und als Nachspeise ein dickflüssiges Melonengetränk, die Soupe des Melons. Das komplette Menü kostete jedoch nur 95 Dirham, was nun wirklich sehr preiswert war. Als ich zum Ausklang des Abends noch auf der Terrasse saß, die ein Treffpunkt der Jugend zu sein schien, verfasste ich noch ein paar Nachrichten für die Daheimgebliebenen und trank einen Minztee. Hier meine eigenen Getränke zu trinken, kam mir doch etwas dreist vor, denn die Jugendlichen tranken schließlich auch nur, was sie bestellt hatten. Dann ging ich recht früh zu Bett, um am nächsten Morgen fit zu sein.




    Das Abendessen

    Liebe Grüße

    Heiko


    Heute sind die guten, alten Zeiten, nach denen Du Dich in 10 Jahren sehnst. Genieße sie!!!

  • Hallo Heiko,


    was Du an einem Tag wieder alles gesehen und erlebt hast!! Der Ziegenbaum ist ja witzig. Einen herrlichen Strand hast Du Dir ausgesucht zum Baden und relaxen, ich hoffe, Dein Sonnenbrand hielt sich in Grenzen.


    Dein Appartement im Riad sieht sehr gemütlich aus, Platz hast Du da genug.


    Als eingefleischte Camperin ist mir natürlich sofort dieses Foto ins Auge gestochen:



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    Der städtische Campingplatz von Tiznit. Hast Du zufällig einen Blick durchs Tor geworfen?

    :blume17: Grüssle von Sylvi


    Nicht woher der Wind weht, sondern wie man die Segel setzt, darauf kommt es an!

  • Tag 11 – Marokko pur! - Eine Wanderung im Anti-Atlas

    Sonntag, der 22.09.2019:

    Für das Frühstück in meiner Küche stibitzte ich mir im Innenhof, wo die Tische immer gedeckt waren, ein Glas und ein Messer. Es war noch sehr früh und finster. Natürlich schliefen alle im Haus noch, und ich konnte niemanden fragen. Also Glas und Messer geschnappt – und nach dem Frühstück würde ich es abwaschen und wieder hinlegen. Wenn man es merkte, würde man mir doch sicher nicht böse sein, oder? Die Getränke in meinem Kühlschrank waren alle fast gefroren – is‘ klar. Also räumte ich sie ganz nach unten im Kühlschrank. Dann schmierte ich mir Brote und trank etwas Saft. Mit dem Messer aß ich auch einen Joghurt. Alles gut. Das Glas und das Messer legte ich wieder zurück.

    Ein belegtes Brot und 6 Liter Wasser packte ich ein, denn heute stand meine Wanderung auf dem Plan. Von Amtoudi, einem kleinen, idyllischen Dorf im Bezirk Guelmim im südwestlichen Anti-Atlas, wollte ich zu den Speicherburgen Id Aïssa und Aguellouy entlang des Flussbetts Richtung Osten durch die Schlucht des Assif Boulgous wandern. Da freute ich mich schon lange drauf. Id Aïssa ist die Speicherburg schlechthin und wohl auch die Bekannteste. Der Anti-Atlas und das Souss-Tal sind für schöne Wanderungen nur so geschaffen.

    Speicherburgen (sogenannte Agadire) sind hier im Anti-Atlas recht weit verbreitet und wurden im Mittelalter als Speicher wertvoller Gegenstände genutzt, die so bei einem Angriff auf das eigentliche Dorf in Sicherheit waren. Die Speicherburgen – oft auf hohen Hügeln gelegen – gehören mit zum Eindrucksvollsten, was diesbezüglich von Menschen geschaffen wurde. Ferner dienten sie den Halbnomaden als sicherer Hort ihrer Gegenstände, wenn sie mit ihrem Vieh in die Berge zogen.

    Im Dunkeln machte ich mich gegen 6:00 Uhr auf Richtung Amtoudi. 140 Kilometer hatte ich zu fahren, und so störte es mich heute besonders, wenn ich auf schmalen, kurvigen Straßen 50 km/h-schnellen Vehikeln hinterherfahren musste und man aufgrund einer durchgezogenen Mittellinie nicht überholen durfte. Manche Einheimische hielten sich auch nicht dran und überholten einfach. Es war dunkel. Wer sollte es schon sehen? Also zack – auch überholt. Im nächsten Dorf jedoch stand schon wieder die Polizei, und sie hatten mich gesehen! Na klar! Auch sie sprachen lediglich Französisch und versuchten mir klarzumachen, was ich falsch gemacht hatte – was ich natürlich wusste. Doch die sprachlichen Barrieren waren so hoch, dass sie mich fortwinkten. Hehe!

    Gegen 08:15 Uhr erreichte ich Amtoudi, was ganz hinten in der mit Palmen bewachsenen Schlucht liegt. Die Schlucht ist grün und fruchtbar, weil hier – manchmal – der Fluss fließt. Die Berge und Hügel jedoch sind kahl und bestehen aus kargem Fels und Geröll. Ich parkte unten im Dorf, schnallte meinen Rucksack über und band mir meinen Schal um. Der Hauptweg im Dorf war von oben bis unten aufgerissen, weil man hier wohl Rohre verlegen wollte. Diesem Weg folgte ich also das Dorf hinauf und sah auf dem Hügel in einiger Entfernung bereits die Burg Id Aïssa liegen. Es sah bereits von hier sehr eindrucksvoll aus. Wie ein Adlerhorst thronte die Burg auf dem hohen Fels.











    Der Beginn der Wanderung mit einem ersten Blick auf Id Aïssa


    Ich näherte mich dem ausgetrockneten Flussbett – hier nahm der Palmenbewuchs fast tropische Ausmaße an. Ein kleiner Junge kam auf mich zu und bot mir seine Hilfe an. Ich war froh, dass ich ihn dazu bewegen konnte, nicht mitzukommen. An der Auberge l'ombre d'arganier überquert man den Oued und biegt auf der anderen Seite leicht nach links ab. Quer den Hang hinauf und durch diesen Teil Amtoudis zieht sich ein Pfad, und schon bald merkt man, dass das nur dieser sein kann, der einen zum Agadir führt. Auch hatte ich mir Ausdrucke der Wanderroute aus dem Internet angefertigt, doch waren diese keine besonders große Hilfe. Die App MapsMe leistet da schon weitaus größere Dienste. Vor der Reise hatte ich mir natürlich das marokkanische Kartenmaterial runtergeladen. Das Programm zeigte viele Wanderpfade an und selbstverständlich auch die Speicherburgen. Je höher ich am Rand des Hügels hinaufstieg, umso idyllischer war der Blick auf das palmenbewachsene Berberdorf (Douar). Steinplatten, Geröll – aus mehr bestand die Natur hier oben nicht. Und über mir ragte das imposante Agadir Id Aïssa auf. Die Burg wird auf ca. 800 Jahre geschätzt, und der Zugang lag oben auf der anderen Seite. Direkt unter ihr machte ich Rast. Zuerst lag hier noch Schatten, aber noch während ich mein Brot aß, fanden die Sonnenstrahlen ihren Weg auf diese Hangseite. Der Pfad führte mich am Agadir vorbei und zum Eingang. Ein schmaler, bewehrter Gang führte wie in einer europäischen Burg bis zu einem Holztor. Doch hier war alles geschlossen. Ich klopfte. Und klopfte. Und rief. Nichts. Das konnte doch nicht sein, oder? Was hätte ich gegeben, um in diese wunderbare Speicherburg zu dürfen, auf die ich mich so gefreut hatte? Woher sollte man denn als Tourist wissen, wer in Amtoudi den Schlüssel hat? Soll man sich etwa von Haus zu Haus durchfragen? Das muss man wohl. Na ja, ein toller Anblick war’s allemal!



    Ein herrliches Tal







    Der Aufstieg





    Blick zurück auf Amtoudi











    Die Speicherburg Id Aïssa


    Etwas traurig setzte ich meine Wanderung fort. Es war wieder richtig warm geworden, und weiter und weiter entfernte ich mich von der Zivilisation, bis ich weit und breit nur noch roten Stein und Geröll sah. Na gut, hin und wieder stand vielleicht mal ein kleiner Kaktus. Das ist Marokko! Nun war ich wirklich und definitiv in der weiten Natur angekommen. Hier sollte man sich vielleicht nicht unbedingt verletzen. Wer weiß, wann der nächste Mensch hier vorbeikommt? Bei diesen Gedanken kann einem durchaus mal etwas mulmig werden. Schluss damit – einfach weiter! Ich hatte ja genug zu trinken dabei, und das ist meist die Hauptsache. Der Pfad war meist recht gut zu finden, doch manchmal verschwand er auch einfach zwischen den Steinen und ward nicht mehr gesehen. Ein oder zweimal musste ich umdrehen, da ich einem falschen Pfad gefolgt war. Nach etwa 2,5 Stunden war ich am weitesten Punkt meiner Wanderung angelangt und war etwas erleichtert, dass ich nun den Rückweg antrat. Raus aus der weiten Wildnis und wieder zurück zur Schlucht! Doch der Weg zog sich wie Kaugummi. Als ich endlich an der Schlucht mit dem Abstieg begann, war ich bereits 4 Stunden unterwegs gewesen. Doch der Abstieg war toll. Fast in Serpentinen lief ich über glatte Felsblöcke hinab und stand schlussendlich vor einer weiteren Speicherburg, die viel schöner war, als ich dachte. Das war sie also – die ca. 500 Jahre alte Speicherburg Agellouy. Hier fand ich jedoch gar keinen Zugang zum Eingang. Nun gut, ich war nun nicht mehr so böse deswegen. Meine Beine sehnten sich sowieso nach etwas Ruhe. Als ich dann im ausgetrockneten Flussbett zum Ort Amtoudi zurücklief, kamen mir einige Einheimische entgegen. Manche von Ihnen fuhren sogar mit ihren Autos durch das Bett, als wäre es eine Straße. Ein älterer Herr mit längerem Bart lächelte und brummelte etwas von „Germanski“. Woher wusste er das so gut?













    Durch Fels und Geröll





    Speicherburg Agellouy



    Zurück im Tal


    In früherer Zeit lebten hier in der Gegend auch noch Giraffen und Elefanten, was ca. 5.000 Jahre alte Felsgravuren – sogenannte Petroglyphen – in der Nähe vermuten lassen. Nach knapp 5 Stunden erreichte ich glücklich mein Auto am Rande der Baustellen im Dorf. Die Wanderung hatte mir, noch mehr als die kleine Wanderung im Ourika-Tal, die Natur Marokkos auf eindrucksvolle Art nähergebracht. Ich war Teil von ihr.

    Ich brauchte nun ein Bad und Erholung. Also fuhr ich die 150 Kilometer zur Küste zum wunderbaren Strand von Legzira. In meinem Reiseführer hatte ich gelesen, dass man – wenn man von Tiznit hier herüber nach Amtoudi fährt – unbedingt an der letzten Tankstelle in Bouizakarne tanken soll. Die Informationen sind aber mittlerweile überholt. Marokko ist nicht mehr das Land, in dem es weit und breit keine Tankstelle gibt. Auch nach Bouizakarne habe ich mittlerweile noch einige Tankstellen gesehen. In der Mitte des Nachmittags erreichte ich die Küste, und Google Maps spielte mir einen Streich. An der Landstraße war ein Weg hinunter zum Strand eingezeichnet. Und ja, ich konnte einen solchen auch erkennen, doch er war mit Geröll zugeräumt. Vielleicht sollte man dort nicht mehr hinunter fahren und konnte es früher einmal.

    An einer Kreuzung standen zwei Jugendliche; der Eine saß auf einem Mofa. Als ich sie nach dem Weg zum Strand fragte, erklärte der mit dem Mofa sich bereit, mir den Weg zu zeigen, und er fuhr voran. Doch schon bald zeigte sich, dass er gar nicht zu dem von mir gesuchten Strand fuhr. Er fuhr zum Ort Legzira, der sich ca. 150 Kilometer südlich von Agadir befindet und zeigte mir den Weg zum Ortsstrand Plage de Legzira und nicht zu diesem besonderen Legzira Beach, an den ich wollte. Dieser liegt einige Hundert Meter daneben. Aber gut, dann würde ich unten am Strand eben rüber laufen. Ich gab ihm einen Obolus, und er fuhr wieder fort.

    Also parkte ich am Wegesrand und lief hinab. Und dann – unglaublich – eben hatte man noch 35° und prallen Sonnenschein, und plötzlich war es kühler, und die Sonne war verschwunden. Hier unten war es diesig. Ich stand an einer Strandbar und konnte das Meer unter uns nicht sehen! Das war schade. Für umgerechnet 6,50 € bestellte ich mir erst einmal eine gegrillte Dorade mit Pommes, Brot, Oliven mitsamt Orangensaft. Bei diesem Preis konnte ich einfach nicht widerstehen. Doch dann stellte sich heraus, dass der Fisch nicht unbedingt der Frischeste war. Das Maul war merkwürdig geöffnet – so wie ich es bei einer Dorade noch nie gesehen habe – und der Fisch war innen bläulich. Ich aß nur einen kleinen Teil und hörte dann lieber auf.



    Die Strandbar


    Ja, und dann ging’s an den Strand. Aber noch nicht mal vom Strand aus konnte man das Meer wirklich sehen, so neblig war’s hier unten. In diesem Nebel waren auch nur wenige Menschen am Strand. Bereits hier war hinter dem Strand diese rötliche Felswand zu sehen. Tja, also lief ich nun den Strand entlang in südlicher Richtung. Bald kam das mächtige Steintor in Sicht, das aus eben diesem roten Felsgestein besteht. Ja, das war das, wohin ich wollte. Hier ist „mein“ Legzira Beach. Dieses Tor macht den Strand zu dem, was er ist. Später habe ich erfahren, dass etwa 200 Meter darunter ein weiteres Steintor bestand, was noch spektakulärer aussah, als das, welches jetzt noch besteht. Leider ist es 2016 eingestürzt. Die durch abertausende Jahre Erosion entstandene Felsformation hat wohl schließlich der Witterung nachgegeben, was die Vergänglichkeit dieses Naturwunders zeigt. Vielleicht sollte man schauen, dass man diesen Strand noch besucht, solange wenigstens das noch verbliebene Felstor noch Bestand hat. Und hier badete ich schließlich. Natürlich machen viele Touristen ihre Fotos unter der Felsformation, was mich aber nicht weiter störte. Und dann verzog sich endlich der Nebel, und der Strand zeigte sich in seiner ganzen Schönheit.













    Legzira Beach


    Nach einer Weile lief ich wieder etwas hinauf in Richtung des Ortsstrands und nahm ein ausgiebiges Sonnenbad. Nun kamen die Strandtouristen in Scharen und auch die Führer mit ihren Dromedaren liefen hier auf und ab, um den Einen oder Anderen zu einem Ritt zu animieren. Außerordentlich viele Strandbegeisterte stürzten sich nun in die Wellen. Die hatten wohl alle nur darauf gewartet, dass sich der Nebel endlich verzog. Und nun war es wirklich herrlich hier. Bälle tanzten am Strand auf und ab. Und nun bekam man auch zu Gesicht, dass der untere Ortsteil Legziras, dessen Teil die Strandbar war, sehr idyllisch aussieht. Viele bunte Häuser, die wohl eine Feriensiedlung darstellen, tummeln sich über dem Wasser. Vorher war das wirklich kaum zu sehen gewesen. Auch Quads stehen hier bereit, mit denen man rüber zum Felsentor fahren kann.

















    Plage Legzira


    Gegen 18:00 Uhr verließ ich dieses schöne Fleckchen Erde, um noch die nahe gelegene Stadt Sidi Ifni in Augenschein zu nehmen. Ein Einheimischer wollte gern von mir in die Stadt mitgenommen werden, doch hielt ich es für klüger, nicht darauf einzugehen. Nachdem ich unterhalb des Platzes Hassan II. geparkt hatte, sah ich mich um. Sidi Ifni hat ca. 25.000 Einwohner und sollte die südlichste Küstenstadt werden, die ich besuchte. Sie ist die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz, 75 km von Tiznit, 160 km von Agadir und 330 km von Essaouira entfernt. Am Platz befanden sich schöne Art-déco-Gebäude aus der spanischen Kolonialzeit der 30’er Jahre, Palmen, prächtige Hotels, der Gouverneurspalast, das Rathaus und ein kleiner Park mit Brunnen. Etwas misstrauisch beäugte man mich. Im Westen fällt das Gelände abrupt zum Meer hin ab, und von hier oben hat man einen schönen Blick auf den wilden Atlantik. An einem Kiosk holte ich mir eine Schachtel Marlboro und entdeckte den recht hübschen Leuchtturm. Unten am Strand hat man eine lange Promenade gebaut, die jedoch – wie ich fand – nicht sehr einladend aussah. Es ist ein schnurgerader Weg mit kleinen Mauern auf beiden Seiten. Ich bewegte mich nach Südosten oberhalb des Strands entlang, bis ich zur Treppe kam, die hinunter führt, doch blieb ich lieber hier oben in der Stadt, die mir sehenswerter erschien. Auch Sidi Ifni hat sehr viele weiße Häuser mit oftmals blauen Fenstern. Im Osten befindet sich der ältere Stadtteil, der natürlich durchwandert werden musste. Die Verhältnisse waren deutlich ärmer. Es war ein lohnender Ausflug, auf dem ich mir ein recht gutes Bild der Stadt machen konnte. Dann fuhr ich in den Süden der Stadt, weil ich gern noch den alten Hafen besuchen wollte, doch der Erfolg wollte sich einfach nicht so recht einstellen, und da das Tageslicht langsam dahinschwand, gab ich auf und trat die Rückfahrt nach Tiznit an.



























    Sidi Ifni


    Um kurz nach 21:00 Uhr war ich wieder „zuhause“. Doch auf dem Parkplatz war ein Volksfest im Gange. Scharen von Menschen standen um den Platz, auf dem verschiedene Darsteller mit Rinderkopf-Kostümen ein seltsames Schauspiel vorführten. Meine Hausherren boten mir etwas von ihrem hausgemachten Couscous an. Es sollte ganz umsonst sein. Das war sehr nett von ihnen, doch lehnte ich dankend ab, da ich heute gern außer Haus essen wollte. Für das Abendessen hatte ich mir das wohl beste Restaurant Tiznits ausgesucht, das A l‘Ombre du Figuier unweit der Unterkunft. Auch dieses Restaurant entpuppte sich als gemütliches Riad mit Pflanzenbewuchs im Innenhof. Der Besitzer war sehr sympathisch und verriet mir gleich hinter vorgehaltener Hand, dass er ganz inoffiziell auch Rotwein im Angebot habe. Da er jedoch keine Alkoholausschanklizenz sein Eigen nannte, müsste ich offiziell einen „Apfelsaft“ bestellen. Ach so, tja dann. Gesagt – getan. Zuerst kam die Vorspeise auf’s Haus – etwas Brot und einige Schälchen mit kleingehackten schwarzen und grünen Oliven, Erdnussbutter und Honig. Gar nicht so schlecht. Die wirkliche, von mir selbst ausgesuchte Vorspeise war ein Oktopussalat; und der war sehr ungewöhnlich, aber gut. Er bestand natürlich aus kleinen, aber länglichen Oktopusstreifen, Orangen-, Apfel-, Tomaten- und Zitronenstückchen, leckeren Kräutern, Zwiebeln, Rosinen und Pinienkernen. Das Hauptgericht war nicht minder außergewöhnlich, ja sogar spektakulär. Eine solche Idee ist mir in der Tat noch nie untergekommen. Eigentlich hatte ich nur ein Rindersteak bestellt, doch es kam daher mit einem Stück Auflauf aus Teig, einer süßen Feige, Couscous mit Zimt, Bratkartoffelecken und Kräutern – welch herrliche Kombination aus Herzhaftem und Süßem – einfach klasse. Der Wein schmeckte hervorragend; und so war das Abendessen eines der besseren meines Urlaubs. Ein herrlicher Tag ging zu Ende. Weil ich am nächsten Morgen früh starten wollte, ging ich früh zu Bett.



    Der außergewöhnliche Oktopussalat



    Rindersteak mit Teigauflauf, einer süßen Feige, Couscous mit Zimt, Bratkartoffelecken und Kräutern

    Liebe Grüße

    Heiko


    Heute sind die guten, alten Zeiten, nach denen Du Dich in 10 Jahren sehnst. Genieße sie!!!

  • Tag 12 – Oasengärten und Speicherburgen

    Montag, der 23.09.2019:

    Nach einem kurzen Frühstück packte ich mein Hab und Gut und ließ – wie besprochen – den Schlüssel von außen in der Tür stecken. Ich fuhr gen Süden. Mein Ziel waren die 160 Kilometer entfernten Oasengärten von Icht, was auch automatisch den südlichsten Punkt meines Marokkoaufenthalts darstellte. Ich fuhr durch weite Prärien, weit und breit nichts weiter als Steppe und Geröll – oftmals eine gerade, schmale Straße durch das Nichts. Kaum ein Fahrzeug kam mir entgegen. Lediglich Merzouga ganz im Norden, welches ich innerhalb meiner Wüstentour besuchte, war der algerischen Grenze näher. Als ich den kleinen Wüstenort schließlich gegen 09:30 Uhr erreichte, starrten mich die Bewohner noch einmal auf eine ganz andere Art und Weise an. Hier war man offensichtlich keine Besucher gewöhnt. Die Kinder waren so erstaunt, dass sie sogar das Betteln vergaßen.

    Auf diese Oasengärten inmitten des weiten Sandes hatte ich mich besonders gefreut. Ich parkte und versuchte, mir den Standort meines Vehikels auf Google Maps einzuprägen. Schließlich wollte ich mich frei durch die Gärten und den Ort bewegen, ohne ständig darauf achten zu müssen, woher ich gekommen war. Außerhalb des kleinen Dorfs fand ich nur alte Mauern, Sand und Palmen vor. Wenn man dort läuft, wohin die Nase es möchte, muss man ja schließlich auch wieder zurückfinden. Ein kleiner Anhaltspunkt war das Minarett einer kleinen Moschee, welches ich hin und wieder zu Gesicht bekam und mir die ungefähre Richtung zurück weisen konnte. Herrliche, große Palmen, wohin das Auge auch blickte und Wege zwischen hohen, mit Palmenblättern bedeckten Mauern. Das glich einem Labyrinth. Und ich hatte jetzt nichts zu trinken dabei, denn schließlich wollte ich nicht ewig unterwegs sein. Dann wandte ich mich in Richtung der Moschee, denn hier war auch das alte Ksar von Icht. Ich fand alte Gänge und hohe Lehmmauern mit Schießscharten. Leider gab es keinen wirklichen Eingang, so dass ich das Ksar nur außen umrunden konnte, doch die Atmosphäre, welche die alten Gemäuer vermittelte, nahm ich mit. Zurück in den Gärten stieß ich dann auf Bewässerungskanäle, welche mir bis dato verborgen geblieben waren. Natürlich! Richtige Gärten benötigten ja schließlich auch ein Bewässerungssystem. Das Wasser plätscherte durch die schmalen Kanäle neben den sandigen Pfaden. Ein ausgeklügeltes System. Ich folgte dem fließenden Wasser und fand nun mehr als nur bloße Palmen. Hier waren die Gärten, die ich zuvor gar nicht richtig gefunden hatte. Grüne Wiesen mit Büschen, vielerlei Bäumen und Farnen. Dies war in der Tat eine richtige, grüne Oase inmitten der sandigen Weiten. Mein Besuch hatte sich gelohnt.



































    Die Oasengärten und das alte Ksar

               

    In der Nähe fließt ein Fluss durch die wüste Einöde. Hier liegt der etwas größere Oasenort El-Foum Hissane, dem ich nun ebenfalls einen kleinen Besuch abstattete. Östlich des Flusses fand ich jedoch nur einen flachen, recht öden Ort vor. Hier war eine Moschee, eine Schule, große Plätze und Geschäfte, und es herrschte recht geschäftiges Treiben, in welchem ich – auch wegen der fremden Blicke – mir recht fehl am Platz vorkam. Westlich des Flusses ist der Oasenteil des Ortes mit großen Flächen voller Palmen, von dessen Besuch ich nun aber absah.









    El-Foum Hissane


    Nun fuhr ich durch gebirgige Landschaften auf Straßen, die Google Maps noch gar nicht anzeigte, in Richtung Norden. Mein Ziel war die sehenswerte Stadt Tafraoute (sprich: Tafraut). Die Stadt ist durch ihre außergewöhnlichen Felsformationen bekannt, hat 7.000 Einwohner und liegt im Anti-Atlas-Gebirge in der Region Souss-Massa. In der Umgebung liegen spektakuläre, große, von den Naturkräften oft rund geschliffene Granitblöcke, die meinen Blick ganz automatisch anzogen. So etwas gibt es sonst nicht im Süden Marokkos. Sie weisen auf den vulkanischen Ursprung dieses Gebiets hin. Tafraoute ist das Zentrum der Chleuh-Berber und ein erlebenswertes Wandergebiet. Ich näherte mich von Aguard Oudad, und sofort sah ich den berühmt-berüchtigten Chapeau Napoleon, den Napoleonshut, in die Höhe ragen. Die Landschaft ist so phänomenal, dass man einfach hin und wieder anhalten muss, und man einfach nur staunt.



    Auf dem Weg nach Trafraoute



    Chapeau Napoleon



    Das Gestein in der Umgebung


    Den Mittag verbrachte ich in der Stadt, die für sich allein gesehen nicht besonders spektakulär ist. Es ist eher die Umgebung, die das Besondere ausmacht. In der Nähe gibt es einige Speicherburgen zu bestaunen, wovon die spektakulärste sicher die Speicherburg Tizourghane ist. Die Temperatur näherte sich der 40°-Marke und ich wanderte durch den Ort. Sandfarbene Gebäude haben hier die Oberhand, und im Zentrum herrschte ziemliches Gewusel. Eine recht aufwändige Kasbah hatte man zur Schule umgebaut, und viele Kinder saßen in den Schatten, wartend auf den Schulbus. Von der Moschee erklangen die Allahu Akbar – Gesänge. Im alten Teil der Stadt lief ich durch die Gassen und fragte einen Ladenbesitzer nach weiteren Speicherburgen in der Umgebung. Er war sogar des Deutschen ein wenig mächtig und führte mich quer durch die Gassen zu einem Bekannten, der sehr gut Deutsch sprach und mir für umgerechnet 15 € eine große Landkarte mit den eingezeichneten Agadiren verkaufen wollte. Dann wurde mir aber klar, dass ich all das heute sowieso nicht mehr schaffen konnte und ich mich auf die wichtigste Speicherburg konzentrieren sollte, für deren Anreise ich diese ansonsten gar nicht so uninteressante Karte nicht brauchte. Alte Türen, bunte Türen, kunstvoll verzierte Türen, schmuckbehangene Türen – eigentlich fühlte ich hier recht wohl. Alte Männer zogen ihre Karren durch die Gassen. Touristen waren in der Minderheit.

    Ich brauchte eine Stärkung, und so suchte ich mir ein Restaurant, das Etoile de Sud. Auf dem Hof stand ein riesiges Berberzelt, welches mir beim Mittagsmahl erleichternden Schatten spenden würde. Man saß auf einer gemütlichen Couch oder auf weichen Sesseln, und schließlich war es das, was mich überzeugt hatte. Endlich kam ich in den Genuss einer Harira, einer traditionell arabischen Gemüsesuppe, die besonders im Marokko weit verbreitet ist. Nach Sonnenuntergang, wenn im Fastenmonat Ramadan die Gläubigen wieder Speisen und Getränke zu sich nehmen dürfen, ist Harira typischerweise ein Bestandteil des Mahls, oft sogar das erste Essen seit dem Morgen. Die Hauptzutaten sind Kichererbsen oder Linsen, Tomaten, Zwiebeln und Rindfleisch, zudem frische Kräuter, vor allem Koriandergrün und Petersilie. Gewürzt wird meist mit Pfeffer, Ingwer, Kreuzkümmel, Selleriegrün, Kurkuma und manchmal auch Safran oder Zimt. Und sie schmeckte hervorragend. Die Speisekarte war nicht groß, und so hatte ich mich im Anschluss für die typischen Chicken-Brochettes entschieden. Neben den Spießen bekam ich noch etwas Brot, Gurken, Karotten, Kartoffeln, Bohnen und Pinienkerne, was ein sehr gutes Mahl ergab.











    In Tafraoute



    Im Berberzelt des Restaurants



    Harira



    Chicken-Brochettes

    Was man sich hier nicht entgehen lassen sollte, ist eine 40 km weite Rundfahrt durch das Ammelntal. Die Ammeln sind ein Berberstamm, der in der Umgebung sein Zuhause hat. Wichtigster Ort der Ammeln hier in der Nähe ist Oumesnat. Das Tal ist 15 km lang und beherbergte einst 26 Dörfer. Zerfallene Lehmbauten (Tighremts) und eine sehenswerte Landschaft sind die Belohnung der Rundfahrt. Auf diese Art und Weise bekam ich den Tête du Lion, den Löwenkopf – ein weiterer spektakulärer Felsen über Oumesnat – zu Gesicht. Von Aguard Oudad ist eine schöne Wanderung zu den Les Peintures möglich. Der belgische Künstler Jean Vérame hat hier im Jahre 1984 viele Felsen der Umgebung mit blauer Farbe überzogen und sich so verewigt. Die rundgeschliffenen Felsen in diesem Gebiet sind einfach einzigartig.



    Durch das Ammelntal



    Tête du Lion


    Als sich der Nachmittag seinem Ende näherte, setzte ich meine Fahrt fort. 50 Kilometer von Tafraoute der Straße in Richtung Agadir folgend, kam ich zur Speicherburg Tizourghane – was für ein Anblick. Majestätisch und imposant thront sie auf einem Hügel. Die Burg besitzt etwa 30 bis 40 einzelne Gebäude und gleicht einem Ksar, welches bis in die 70’er bis 80’er-Jahre des letzten Jahrhunderts bewohnt war. Nach ausbleibenden Regenfällen wurde sie jedoch fast gänzlich verlassen. Heute ist in der Burg ein privates Hotel untergebracht, welches aber für den Besucher nicht ohne weiteres sichtbar ist. Kaum ein altes Ksar – außer Aït-Ben-Haddou oder die Speicherburg Id Aïssa – ist so spektakulär gelegen und noch so gut erhalten wie die Burg Tizourghane. Ich parkte neben der Landstraße und lief die lange, gewundene Treppe hinauf bis zum Eingang auf der linken Seite. Hier musste ich doch nun einfach hineinkommen. Auffallend ist, dass diese alten Ksour der Berber kein Minarett enthalten. Sie pflegten sich einfache Gebetsräume anzulegen, doch niemals mit Turm.











    Ankunft an der Speicherburg Tizourghane


    Ich kam an eine alte Holztür mit Metallring und klopfte, benutzte den Ring und rief. Wieder einmal blieb eine Reaktion aus. Oh nein – bitte nicht schon wieder! Das konnte nicht sein. Unterhalb der Burg war ein Pfeil, welcher zur anderen Seite der Burg wies. Auch stand dort „Guest House“. Na, dann versuchte ich es eben auf der anderen Seite. Hier war ein großes Tor und – man staune – eine Klingel. Ich drückte drauf und – war verbunden mit einer weiblichen Stimme im nahegelegenen Dorf im Tal. Ja, ich könne mir die Burg anschauen. Die Dame würde jemandem in der Burg Bescheid sagen, und man würde mir aufschließen. Ich müsse jedoch wieder auf die andere Seite zur Holztür. Yes! Ziel erreicht! Ein Kopf lugte oben auf der Burg über die Mauer. Aha, das war sicher der Herr, der mir gleich aufschließen würde. Ich wartete und wurde eingelassen. Ich zahlte 20 Dirham – wie? Das war alles? – und konnte mich nach Herzenslust im Innern der Burg frei bewegen. Lediglich einige private Gemäuer blieben vor mir verschlossen.

    Sowohl der Mauerring als auch die zwei- oder dreigeschossigen Häuser sind aus größeren und kleineren Steinen, wie sie überall in der Umgebung zu finden sind und ohne Verwendung von Mörtel – nur mit etwas Lehmerde zwischen den Steinen – errichtet worden. Mit kleinen flachen Steinplatten wurden auch einfache geometrische Ornamente (Fischgrätmuster, Rauten u. ä.) gestaltet, die zumeist über den Eingangstüren angebracht waren und ursprünglich eine Unheil abwehrende Funktion hatten. Auffällig waren die unzähligen alten, sehenswerten Türen, die mit vielerlei Verzierungen aufwarten. Einige Gemäuer scheinen restauriert, andere hingegen sind in ruinösem Zustand. Es machte ungeheuren Spaß, die kleinen Gassen zwischen den Gebäuden zu erkunden. Von hier oben genoss ich eine wunderbare Aussicht. So hatte ich mir das alles vorgestellt. Ich war happy. Bevor ich das alte Gemäuer verließ, machte der Herr, der mich zuvor eingelassen hatte, noch ein Foto von mir mit dem Schlüssel zur Burg. Ein Besuch hier ist uneingeschränkt zu empfehlen, wenn man Zeuge der alten Berberarchitektur werden möchte.

































    Burgbesichtigung


    Nun machte ich mich an meinen weiten Heimweg zurück nach Essaouira. Immerhin hatte ich 290 Kilometer zu bewältigen, bevor ich gegen 23:00 Uhr wieder in „meiner windigen Stadt“ eintraf. Der Ausflug in den Süden war ein voller Erfolg. Der Peugeot hatte mit mir als sein Herr wirklich Einiges durchzumachen. Sicher hatte er schon einfachere Herren gehabt. Aber er leistete wahrhaft gute Dienste. Zurück auf dem großen Parkplatz am Bab Marrakesch hatte ich wieder meine Probleme. Der einzige Mann, der hier des Englischen mächtig war, war mal wieder nicht zu sehen. Ich wollte für zwei weitere Tage hier parken. Einige Tage zuvor konnte ich mit dem Mann verhandeln und einen Preis von 170 Dirham für zwei Tage und Nächte ausmachen. Seine lediglich Französisch sprechenden Kumpane wollten jedoch nicht verstehen und mir jeweils 70 Dirham für eine einzelne Nacht und auch für einen einzelnen Tag abknöpfen. Beim besten Willen konnte ich mit ihnen einfach nicht kommunizieren. Doch dann kam er. Gott sei Dank. Bei ihm bezahlte ich 200 Dirham anstelle der 280. Endlich wieder „zuhause“. Die kreischenden Möwen, die ständig um das Haus schwirrten, lösten in mir nun ein Gefühl des Nach-Hause-Kommens aus.

    Liebe Grüße

    Heiko


    Heute sind die guten, alten Zeiten, nach denen Du Dich in 10 Jahren sehnst. Genieße sie!!!

  • Heiko - ich bin sprachlos und möchte alles nochmal genau lesen und vor allem betrachten. (Das betrifft auch die Tage davor) Das ist eine andere Welt !

    Was hast Du Tolles, Abenteuerliches erlebt und gesehen!

    Alles gut geplant und nach gründlicher Vorbereitung selbst erkundet.


    CHAPEAU :401:


    und DANKE für die Arbeit, die Du Dir mit diesem Bericht machst und ihn mit uns teilst.


    Liebe Grüße,

    Elke

  • Wenn ich mir den Bericht so durchlese, erst überfliege und die eindrucksvollen Bilder ansehe, denke ich mir: wie lange war Heiko in Marokko? Ein Jahr, oder länger, oder lebt er gar dort?


    Ich lese ja liebend gerne auch Reiseführer, habe eine ganze Sammlung von DuMont, Marco Polo und anderen Reiseführern von Ländern, wo ich noch nie war und vielleicht auch nie hinkomme, zuhause im Bücherregal stehen. Manch Sehnsuchtsorte sind dabei. Ich bekomme auch immer wieder Reiseführer zu Weihnachten geschenkt, weil ich sie in der ruhigeren Zeit nach Weihnachten gerne durchstöbere und mich auf virtuelle Reisen begebe. Dein Werk kommt jetzt in diese Sammlung, Marokko fehlte mir noch, obwohl ich ja eine gewisse kulinarische Affinität dorthin habe und öfter mal meine Tajine nehme und nach Marokkanischem Rezept was einschlichte und ab in den Ofen gebe, Der Duft, wenn man das Geheimnis dann am Tisch öffnet! Unvergleichlich. Habe sogar einmal einen Versuch mit Okra Anbau im Garten unternommen, das hatte aber nicht so gut geklappt. Wir haben ja glücklicherweise den Naschmarkt in Wien, wo es auch genügend Marokko, Afrika und Orient gibt.


    Deine kulinarischen Fotos sind jedenfalls auch eine gute Inspiration. Danke für dein Weihnachtsgeschenk!


    LG


    Johannes

  • Vielen Dank, Johannes! Schön, wenn ich Euch etwas mitnehmen kann. Dann scheint mein Ziel ja erreicht zu sein.


    Wie kommt es, dass Du eine Tajine besitzt und nach marokkanischen Rezepten kochst, wenn Du noch nicht dort warst? Woher kommt die Vorliebe?

    Liebe Grüße

    Heiko


    Heute sind die guten, alten Zeiten, nach denen Du Dich in 10 Jahren sehnst. Genieße sie!!!

  • Ach, ich bin ja begeisterter Hobbykoch und habe einmal von meiner Frau eine tolle Tajine geschenkt bekommen. Ich habe ungefähr so viele Kochbücher wie Reiseführer und da sind auch Tajine Rezepte dabei. Ich liebe dieses Gerät und exotische Gewürze. In die Tajine kommt alles rein, nur kein Schweinefleisch.


    Mit Vorliebe Gemüse, Kichererbsen, Erdäpfel, Süsskartoffel, Lamm, aber auch Fisch, frische Kräuter wie verschiedene Minzen aus dem Garten und eben spezielle Gewürzmischungen, meist mit ein wenig Zimt. Ich bereite sie immer im Backofen zu, da ist die Garzeit nicht kritisch und wenn dann meine Gäste bei Tisch sitzen, ist das Lüften der Tajine immer ein oho-Erlebnis.


    LG


    Johannes

  • Ein wunderbarer Bericht und Du bringst uns Marokko so schön näher. Vielen Dank. :)

    wenn man Zeuge der alten Berberarchitektur werden möchte.

    Ja, diese Architektur erkenne ich wieder, denn wir hatten im Herbst die neue Medina Polizzi in Agadir besichtigt. Da kann man dem Baumeister, dem Herrn Coco Polizzi nur gratulieren, wie gut ihm der Neuaufbau gelungen ist. Hier mal ein Tor:


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    Dieser italienische Baumeister ist sicherlich auch ein riesengroßer Fan dieser tollen Berber-Architektur und wird evtl. auch die Region bereist haben, wo Du auch gewesen bist.


    Es ist schön, über so einen abenteuerlichen Urlaub, wie Du ihn gemacht hast, Heiko, zu lesen. :thumbup:

    Ich persönlich wäre viel zu ängstlich, dort individuell hinzureisen, auch wenn mein Mann mit dabei wäre.

    El mundo es un libro, y quienes no viajan leen sólo una página. (Aurelio Agustín)
    Gruß Jofina

  • Tag 13 – Ein Tal wie im Paradies

    Dienstag, der 24.09.2019:

    Saadia freute sich, als sie mich am Morgen beim Frühstück wieder begrüßte. Ich berichtete ihr, was ich unterdessen unternommen hatte. Nach dem – wie gewohnt – guten Frühstück verließ ich Essaouira abermals in Richtung Süden. Heute stand Agadir auf dem Plan. Mittlerweile war mir die gebirgige Strecke runter nach Agadir bekannt. Südlich des Strands Sidi Kaouki in der Nähe des Ortes Smimou stoppte mich die Polizei. Ach nee, ne! War ich etwa gerade durch eine Ortschaft gefahren? Das hatte ich nicht gemerkt. Nicht überall stehen diese 60 km/h-Schilder, wenn ein Ort begann; jedenfalls hatte ich keines gesehen und war 85 gefahren. Klasse. Es ist auch nicht immer leicht, eine richtige Ortschaft zu erkennen, da oftmals auch nur ein paar vereinzelte Häuser am Straßenrand stehen. Nun gut, ich will mich nicht rausreden. Jedenfalls ließen diese Cops nicht mit sich verhandeln, und so musste ich die vollen 300 Dirham zahlen. Im Gegenzug bekam ich einen ordnungsgemäßen Strafzettel ausgehändigt. Jetzt reichte es aber langsam! Ich war mir mittlerweile bewusst, dass man sich hier lieber an die Geschwindigkeitsbegrenzungen halten sollte, doch hatte es schlichtweg verkannt. Allein in dieser zweiten Woche meines Urlaubs war ich nun 9! mal angehalten worden. 4 mal, weil ich wirklich etwas falsch gemacht hatte und 5 mal einfach nur so zur Kontrolle. Ich konnte dieses ewige „Your driver license please“ nicht mehr hören. Ich muss wohl ein ziemlicher Verkehrsrowdy sein. Das Dutzend würde ich sicher noch voll machen, dachte ich.



    Ankunft in Agadir


    Gegen Mittag kam ich in Agadir an und parkte unweit des Strandes in der Route de l’Oued Sous unter dem Hotel Allegro. Hier kostete es keine Gebühren. Agadir ist eine Metropole mit 700.000 Einwohnern, hat den drittgrößten Fischereihafen Marokkos und weist großartig keine besonderen Sehenswürdigkeiten auf; es ist eher ein Badeort. Agadir hat auch eine Medina im Stadtteil Ben Sergao, doch in Ermangelung einer echten Altstadt hat man sie einfach künstlich erbaut und einer traditionellen Medina nachempfunden. Ich entschied mich, dass ich eine künstliche Medina nicht brauchte. Es war diesig hier an der Küste. Das kannte ich doch irgendwoher. Hoffentlich würde die Sonne zu einem späteren Zeitpunkt wieder durchkommen. Der Boulevard du 20 Août ist eine wichtige Touristenstraße, und sofort sah ich hier auch diese Touristen-Bimmelbahn, mit der man eine 12 km lange Stadtrundfahrt machen kann. Ich besuchte den zoologischen Park La Vallée des Oiseaux. Hier gibt es Gehege mit Lamas, Flamingos, Pfauen und Steinböcken. Es gibt einen kleinen Wasserfall, Brunnen, hübsche Grünflächen und weitere Vogelgehege. Nichts allzu Besonderes, aber wo ich schon einmal hier war, bot es sich an. Ich besuchte die große Moschee. Den Platz Al Amal hatte ich mir schöner vorgestellt. Eigentlich war es nur ein großer leerer Platz mit Grünflächen. Als Mittagessen gönnte ich mir erst einmal ein Kiwi-Shake mit Walnüssen und Rosinen als Krone, Spaghetti mit Lachs und einen Cheeseburger.













    Park La Vallée des Oiseaux









    In der Stadt


    Viele große Hotels und Palmen dominieren das Stadtbild. In der bekannten Fußgängerpassage Aït Souss waren alle Geschäfte geschlossen. Plötzlich verspürte ich doch das dringende Bedürfnis eine Toilettenbesuchs, doch wohin in einer solchen Stadt? Warum gibt es keine öffentlichen Toiletten? Zum Glück sah ich ein Pizza Hut, in dem ich schnell und unauffällig verschwand.











    Impressionen aus Agadir


    Nun wollte ich an den großen 10 km langen Stadtstrand. Vorbei am Park Jardin de la Paix und an einem Rummelplatz mit großem Riesenrad kam ich zur langen und schönen Strandpromenade. Leider war die Sonne noch immer nicht draußen. Es blieb diesig hier an der Küste. Die Promenade war gut besucht; der lange Sandstrand ist schon toll, auch wenn ich ihn nicht im Sonnenlicht betrachten durfte. Da das Wetter – so ohne Sonne – nicht wirklich zum Baden einlud, mietete ich mir in einem abgesperrten Bereich für 20 Dirham eine gemütliche Liege und ließ die Seele baumeln. Hin und wieder kamen Verkäufer vorbei, die ihren Minztee oder Gebäck an den Mann bringen wollten. Von meinem Liegeplatz beobachtete ich einige Einheimische. Sie hörten Musik und teilten sich Brot und Harira. So macht man das hier mit wenig Geld. Zusammenhalt ist gefragt.











    Der Stadtstrand


    Am Ende des Nachmittags machte ich mich auf. Mein Ziel war das Paradise Valley ca. 20 Kilometer nördlich von Agadir. Ich fuhr durch ein immer enger werdendes Tal. Der Oued Tamraght fließt hier. Schon früh kommt man an kleinen Restaurants am Flussbett vorbei, und es fällt einem auf, dass sie ihre Tische und Stühle im Wasser stehen haben. Ja – das ist hier so. Das haben sie sich vom eigentlichen Paradise Valley abgeschaut, was man erst einige Zeit später erreicht. Nur war das Wasser im unteren Bereich sehr braun, was das Ganze jetzt nicht furchtbar einladend machte. Als ich dann ankam, sah ich bereits die Einheimischen ihr Geld für den Parkplatz einfordern. Ich fuhr einfach weiter und parkte erst dann, als es nicht mehr weiter ging. Hier kostete es nichts.

    In den 60’er Jahren war das Tal ein prädestinierter Ort für Aussteiger und Hippies, die in Löchern in den steilen Felswänden hausten und in den sich immer wieder ergebenden Pools, den paradiesischen Wasserbecken badeten. Auch Jimi Hendrix soll einer von ihnen gewesen sein. In der kalten Jahreszeit – besonders im Februar – führt der Fluss selbstverständlich mehr Wasser, wodurch es auch mehr von diesen Becken und sogar kleine Wasserfälle zu sehen gibt. Das Tal soll dann sogar noch grüner sein. Manche übernachten sogar im Tal und bestaunen von hier aus den Sternenhimmel.











    Auf zum Paradise Valley


    Also lief ich einige Minuten um einen Hügel herum und kam zu einer ersten Hütte. Hier wurden Orangensaft, Mineralwasser und Chips verkauft, und kurz dahinter konnte ich in das Tal hinabschauen. Der Ort verspricht wirklich nicht zu viel. Der Fluss führt türkisfarbenes Wasser und an seinen Ufern tummeln sich Massen von herrlichen Palmen. Kleine Restaurants und Bambusbars mit flauschigen Sofas und weichen Kissen liegen an den Ufern, und die Leute sitzen im knietiefen Wasser auf bunten Stühlen und nehmen kühle Getränke zu sich oder essen Tajines. Ich merkte schnell, dass man sich hier einfach nur wohlfühlen kann. In der Tat ein kleines Paradies zwischen den kargen, hohen Felswänden. Überall stehen Sonnenschirme, und man hat sich hier im Tal unbeschreiblich idyllisch eingerichtet. Man kann hier im Fluss wunderbar baden. Als ich hinunter kam, sah ich bereits die ersten Jungs, die von den Klippen in das kühle Nass sprangen. Das sah spektakulär aus. Ein sandiger Weg führt in das Tal, auf dem mir ein Herr auf seinem Esel entgegenkam. Ich lief weiter, um eine Kehre des Flusses herum, denn schließlich wollte ich auch den weiteren Flussverlauf und die Becken sehen. Läuft man auf dem Wanderpfad immer weiter, gelangt man nach 4 Kilometern in ein kleines Bergdorf. So weit konnte ich jedoch heute nicht mehr. Es war drückend, ich schwitzte und sehnte mich nach einer Abkühlung. Auf dem weiteren Weg verließ ich den Pfad, der oben in der Felswand weitergeht, um unten am Wasser weiterzugehen, denn hier kamen die ersten Wasserbecken, die immer wieder zwischen den Felswänden auftauchen. Einige Jugendliche machten es ebenso wie ich. Hier muss man aber sehr aufpassen, um nicht zu stürzen, denn es ist etwas Kletterei nötig.









































    Im herrlichen Tal


    Meine Erwartungen an das Tal wurden übertroffen, doch leider sah man auch in einigen der Pools etwas Müll schwimmen. Warum müssen die Leute hier ihren Unrat reinwerfen? Unfassbar! Als ich hier unten an den ersten Becken bald nicht mehr weiterkam, beschloss ich, dass ich umkehren würde. Ich lief zurück zu den ins Wasser springenden Jungs am Anfang des Tals. Hier war das Wasser am schönsten und auch am tiefsten. Mein Hab und Gut deponierte ich am Ufer und sprang in der Badehose ins Wasser. Es war herrlich. Welch Erfrischung. Dann ließ ich einfach die Badehose an, packte meine Sachen in den Rucksack und lief barfuß durch den Sand zu den im Wasser stehenden Stühlen. Als ich hier saß, kamen viele kleine Fische und knabberten an meinen Beinen die Hornhaut ab. Nach zwei Orangensäften war ich endgültig erholt. Nur schwer konnte ich mich von diesem herrlichen Ort trennen. Als ich meine Füße schließlich saubergerubbelt und mich umgezogen hatte, trat ich gegen 19:00 Uhr den Weg zurück an. Die Meisten taten es mir gleich, und der Tag neigte sich dem Ende. Eine Sache musste ich noch machen, als ich zurück in Essaouira war, denn schließlich muss ich im Urlaub ja auch mal Cocktails trinken. In der Nähe des Uhrturms am Rande der Altstadt hatte ich in den vorherigen Tagen ein Restaurant gefunden, in dem interessante Cocktails angeboten wurden. Der Besitzer wollte mich schon in den ersten beiden Tagen in Essaouira hinein lotsen. Das war nun mein Ziel. Da es draußen zu windig war, setzte ich mich ins Innere, was durchaus gemütlich war. Auf einer gemütlichen Couch sitzend, bestellte ich einen Mojito, der zwar schmeckte, aber eigentlich größtenteils nur aus Crushed Ice bestand. Dann musste ich also noch einen Cuba Libre bestellen, und der war wirklich gut.



    Mojito



    Cuba Libre

    Liebe Grüße

    Heiko


    Heute sind die guten, alten Zeiten, nach denen Du Dich in 10 Jahren sehnst. Genieße sie!!!

  • Jofina, ich hab' Deinen Bericht über Agadir gelesen. Die Medina ist nun wohl doch schöner als ich dachte, doch auch in Ermangelung an Zeit hatte ich mich gegen einen Besuch entschieden.


    Auch die große Kasbah oberhalb von Agadir macht ja einen recht guten Eindruck.

    Liebe Grüße

    Heiko


    Heute sind die guten, alten Zeiten, nach denen Du Dich in 10 Jahren sehnst. Genieße sie!!!

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