Josip Broz Tito lebt!

  • Was für eine provokante Überschrift mag nun mancher denken. Das kann doch nicht sein. Ist der Diktator und Marschall Jugoslawiens doch im Mai 1980 verstorben. Und doch lebt er in vielen Köpfen gerade älterer Bewohner der Nachfolgestaaten dieses Landes weiter.


    Welcher Besucher hat sie nicht schon an Berghängen gesehen, die Schriftzüge "TITO" die von Fans auch heute noch, knapp vier Jahrzehnte nach seinem Tod gepflegt werden. Diese Nachfolgestaaten haben auch gar kein Problem mit der kommunistischen Diktatur und der posthumen Verehrung Titos. Nicht nur auf Brioni wird ein Museum unterhalten, welches ihm gewidmet ist. Auch in seinem Geburtsort Kumrovec in Kroatien wird dem Führer gedacht.


    So ist es auch kein Wunder, daß die Wirtin einer kleinen Bar tief im slowenischen Soca Tal auch heute noch ein Fan Titos ist. Schauen wir uns doch zuerst einmal in dem kleinen Ort Zaga um.


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    Eine herrliche Landschaft inmitten der Julischen Alpen


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    Liebevoll gepflegte Garagen für gepflegte Autos


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    Eigentlich wäre Zaga in der Nähe von Bovec nichts Besonderes, wären da nicht gleich zwei Partisanendenkmäler auf einmal gleich nebeneinander.


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    Der aus Bronze reckt den rechten Arm mit geballer Faust zum kommunistischen Gruß nach oben.


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    Vor der Kulisse der Berge ist das schon beeindruckend.



    Zehn Meter weiter steht noch ein Partisan, der jedoch aus Marmor. Gut, so ganz stilecht ist der nicht gelungen. Trägt der doch zum nackten Oberkörper eine amerikanische Maschinenpistole und eine amerikanische Militärhose. Das Partisanenkäppi mit Stern liegt dagegen auf dem Boden. Was sich der Künstler dabei wohl gedacht hat?



    Wir haben in der letzten Woche auf dem Rückweg unserer Motorradtour nach Kroatien hier in Zaga gehalten. Eine geöffnete Kneipe war gerade das was die durstigen Biker gesucht haben.


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    Von außen eine Kneipe wie viele andere auch in Slowenien. Der Schatz verbirgt sich jedoch im Inneren.


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    Den Gastraum und den Thekenbereich hat die Wirtin, die sich in meinem Alter befindet mit Bildern und sonstigem Kram des verehrten Marschalls dekoriert.


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    Wie viele andere Diktatoren auch hat sich der große Führer mit einer Menge Orden behängt. Unser Adolf war zumindest in dieser Hinsicht bescheidener.


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    Sicherlich hat Tito sich diese Auszeichnungen schwer erarbeitet.


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    Selbst hinter der Bar finden sich Büsten Titos und alkoholische Getränke mit seinem Konterfei auf dem Etikett.


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    Wie wohl ein Tito-Schnaps oder Tito-Wein schmeckt?


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    Wer nun denkt, daß es sich hier um altes verstaubten Glump handelt, der irrt sich gewaltig. All diese Getränke werden auch heute noch hergestellt und die Flaschen mit Tito-Bildchen beklebt. Fans gibt es wohl immer noch genug.


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    Gemeinsam mit der Wirtin habe ich den aktuellen Kalender durchgeblättert. Das war meine große Stunde. Wer mich kennt, dem dürfte bekannt sein, daß ich Diktaturen wie fast jeder normal denkende Mensch verabscheue. Das gilt natürlich genauso für die Tito-Diktatur mit kommunistischem Anstrich.


    Als ich jedoch auf Anhieb die Gattin Jovanka und einige prominente in diesem Kalender gezeigte Besucher auf Anhieb erkannte, war die Wirtin glücklich. Immerhin war der kirchliche Feiertag Maria Himmelfahrt, gleichzeitig der Tag unseres Besuches hier in Zaga im Kalender vermerkt.


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    Auffallend ist zudem, daß der Kettenraucher Tito häufig auf Bildern mit Zigarette oder Zigarre zu sehen ist. Die Macher des Kalenders haben wohl dies nicht berücksichtigt bzw. beschönigen wollen.


    Jedenfalls verabschiedete mich die Wirtin mit dem alten kommunistischen Gruß der geballten und nach oben gereckten Faust der rechten Hand. Wie ich mich von ihr verabschiedete wollt ihr wissen? Das habe ich ehrlich gesagt vergessen. ;)


    jürgen

  • Zitat

    Josip Broz Tito lebt


    ja, und sicher in mehr Köpfen von Bewohnern des ehemaligen Jugoslawien als man annimmt.

    Nicht immer so sichtbar und mit so viel gepflegter Erinnerung wie Du es in diesem kleinen slowenischen Dorf erlebt hast.

    Man müsste etwas über die Biografie der Barbestzerin wissen, um zu verstehen, wieso sie derart intensiv an ihrem Idol Tito festhält.


    Es gefällt mir, wie offen Du ihr begegnet bist.


    Es ist Dir mit diesem Bericht ein gutes Stimmungsbild gelungen .

    Interessiert, und ohne belehrend aufzutreten hast Du respektiert, was Du gesehen hast, manches mit Augenzwinkern hier gezeigt und beschrieben (z. B. die Flaschenetiketten).

    Dabei gibt es keinen Zweifel an Deiner eigenen Einstellung zu Tito.


    So gewinnt man Sympathien und lernt Menschen und Geschichten kennen.


    Last not least.... die ersten Bilder zeigen es: Slowenien ist ein blitzsauberes Land. Ich müsste dort öfter mal einige Tage verbringen.


    Liebe Grüße,

    Elke

  • Wie sehr Jozip Broz Tito noch lebt, habe ich gesehen, wie ich vor einiger Zeit - es ist nicht allzu lange her - Kumrovec besucht habe.


    Kumrovec ist so etwas wie ein Freilichtmuseum, nur, dass dort die Häuser nicht zusammengetragen und aufgestellt wurden, sondern insofern, dass der gesamte Ort konserviert wurde, wie er war.


    https://de.wikipedia.org/wiki/Etno-selo_Kumrovec




    Warum hat man dies gemacht? Auch, oder vielleicht auch hauptsächlich deswegen, weil dort das Geburtshaus Titos steht und deswegen Bus-weise die Besucher kamen. Allerdings war der Besucherstrom, als ich dort war, sehr gering, also dürfte das Interesse an Tito schon deutlich abgenommen haben.




    Ich selbst war, als Tito gestorben ist, gerade in Rovinj und das war gespenstisch, denn augenblicklich war Totenstille, die sich den ganzen Tag gehalten hat. Wir waren damals überhaupt nicht politisch interessiert und ich habe mich erst später mit der Geschichte Jugoslawiens auseinandergesetzt.,


    Johannes

  • hallo Johannes,


    danke für deinen Hinweis auf den Geburtsort Titos. Dort soll auch ein riesiges Hotel vor sich hinrotten, in welchem früher die politische Elite Jugoslawiens ausgebildet wurde. Weist du näheres über dieses heute noch existierende Bauwerk und seine derzeitige Verwendung?


    Das müsste glaublich dieses Bauwerk in der Mitte der Luftaufnahme sein.


    https://www.google.de/maps/pla…3d46.0764375!4d15.6803091


    grüsse


    jürgen

  • Hallo, nein, ich habe nur dieses Dorf besucht. Ich war auf einer Tagung in der Therme Olimia in Podcetrtek in Slowenien, von dort ist es nicht weit.


    Johannes

  • Danke, Jürgen und auch Johannes für die Einblicke in ein Land, das ich nur sehr oberflächlich kenne.


    Der Personenkult um Menschen mit einer sehr fragwürdigen Vita ist aber doch nichts neues und

    ungewöhnliches. Das hatten wir nach der Nazizeit in Deutschland und heute leider auch wieder. Wenn auch teilweise versteckter, schlimm ist es trotzdem. Das hatten wir für Bonzen der DDR. Auch in Georgien gibt es in Gori, der Geburtsstadt Stalins ein Hotel, das heißt "The Leader".

    Ewig gestrige und rückwärts gewandte Menschen gibt und gab es immer und überall, was die Sache nicht besser macht.


    Grüße Evelin

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