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Erntedank-Dekoration, Körnerteppiche

  • nyra
  • 7. Oktober 2016 um 10:54
  • nyra
    Gast
    • 7. Oktober 2016 um 10:54
    • #1

    Zum Erntedankfest wird die Kirche mit Feldfrüchten ausgeschmückt. Auch wenn dieser Brauch alt sein mag (wie alt?) - seit einigen Jahrzehnten wird dieser Schmuck immer reicher, obwohl tatsächlich immer weniger Gemeindeangehörige in der Landwirtschafttätig sind.

    Mittlerweile sind einige Kirchen so berühmt für ihre Dekoration, sich schon ein gewisser Tourismus entwickelt und die ersten Busfahrten dorthin angeboten werden. Bekannt für ihren Ernteschmuck ist die Kirche St. Martin in Gundelfingen an der Donau (Kreis Dillingen, Bayerisch Schwaben).

    Der Weg zum Altar bleibt frei, damit der Pfarrer seines Amtes walten kann, aber die Seiten des Chorraums sind wahre Ernte-Schaufenster.


    Auch Wasser fließt: Kleine Springbrünnchen, hier im Bild eine alte Pumpe ...


    Der Viehheilige Wendelin unter einem Triumphbogen


    Ein ortsansässiger Bäcker gestaltet jedesmal einen Brotaltar, und er schmückt auch die großen Kerzen mit gebackenen Ähren.


    Und über allem ein riesiger "Kronleuchter" aus Früchten


    Draußen auf dem Platz vor der Kirche steht der Wagen, der in der Erntedank-Prozession mitgeführt wurde.


    Eine jüngere Art der Erntedankfest-Dekoration scheint in die 50er Jahre zurückzugehen: Die Körnerteppiche. Der erste soll 1956 in Hilzigen (Kreis Konstanz am Bodensee, Baden-Württemberg) entstanden sein auf Anregung der Pfarrers, den das Foto eines Blumenteppichs zu Fronleichnam auf den Gedanken brachte. 1972 gab es das erste Körnerbild in Otterswang, einem heute in Schussenried (Kreis Biberach, Baden-Württemberg) eingemeindeten Dorf. Seither verbreitet sich diese Sitte immer weiter, vor allem im schwäbischen Süddeutschland, aber auch schon darüber hinaus.

    Auch Gundelfingen hat alljährlich seinen Körnerteppich. Diesmal ist es ein Schutzengelbild, das in einer Seitenkapelle liegt – leicht gekippt, damit man es besser sehen kann. Auf einem Täfelchen sind die verwendeten Materialien aufgelistet:
    Haare: Kokos geröstet, Gesichter: Semmelbrösel, Muskat,
    Kleid: Reis (ganz und gemahlen), Schal: Gries gefärbt,
    Kinderkleid: Dill, Schürze: Kuskus, Schuhe: Kaffee,
    Flügel: Kokosflocken, Hintergrund: Erde.


    Berühmt für seine Körnerbilder ist aber vor allem Otterswang, ein in Bad Schussenried (Kreis Biberach, Baden-Württemberg) eingemeindetes Dorf. Das diesjährige Bild hat zur Vorlage einen Ausschnitt aus einem Straßburger Antependium von 1410, eine Mondsichelmadonna.


    Das zweite Foto gibt durch den Vergleich mit dem umgebenden Kirchenmobiliar eine ungefähre Vorstellung von der Größe des Teppichs. Man kann die Maße nur schätzen; das Bild ist 45 Äpfel breit und 65 Äpfel hoch. Einige Detailaufnahmen:


    Auf einer Spanplatte sind Fotos von der Herstellung des Körnerteppichs aufgeklebt und dazu ein Text, in dem die "Teppichfrauen" über die Entstehung ihres Bildes Auskunft geben:

    „Mitte des Jahres treffen wir uns, um das neue Motiv auszuwählen. Wir sind acht Frauen. Viele bringen Ideen und Vorschläge mit, entschieden wird gemeinsam. Anfang September beginnen wir dann dieses Motiv mit unseren zur Verfügung stehenden Materialien auf große Platten zu legen und zu kleben. Wir verwenden ausschließlich Samen und Früchte aus der Natur, wir färben nichts ein. Mit den Jahren hat sich ein breites Spektrum an Samen angesammelt. Obwohl jede an einem anderen Ausschnitt des Bildes arbeitet, sind wir immer selbst überrascht, wie sich alles zum Schluss harmonisch in ein Ganzes fügt. Die Platten werden dann vorsichtig in die Kirche getragen, zusammengesetzt und mit einem Rahmen aus größeren Samen und Früchten verziert. Unsere Arbeit ist damit beendet. Die Kranzfrauen haben große Stangen und Kugeln gefertigt und schmücken damit das Kirchenschiff aus und gestalten die Seitenaltäre. Andere Frauen wiederum erklären sich bereit, Auskunft zu geben und Karten zur Erinnerung zu verkaufen."

    Drei von ihren Fotos gebe ich hier weiter:


    Der geschmückte Kirchenraum:


    Auch in Otterswang gibt es einen Bäcker, der seine Ehre darein setzt, einen Altar mit Brot und kunstvollem Backwerk zu gestalten:


    Daß das Material für einen solchen Körnerteppich nicht einfach im Haushalt abfällt, ist klar. Die Kosten sind sicher nicht unerheblich. Um Spenden wird gebeten, und auch der Verkauf von Ansichtskarten mit dem jeweiligen Körnerbild (und denen der Vorjahre) dient dazu, etwas von den aufgewendeten Kosten zurückzubekommen. Zu den Karten sind in diesem Jahr auch solche Kerzen dazu gekommen:


    Über die Bilder von Otterswang hat der Münchner Kunsthistoriker Johannes Goldner geschrieben: „Wenn auch an anderen Orten Früchteteppiche nachgestaltet werden, so bleibt es den Otterswangern vorbehalten, daß sie neben einer gewissen Perfektion und Fantasie bei der Auswahl der Materialien und Früchte einen unbestreitbaren künstlerischen Grad erreicht haben. Obwohl es die Kunstgattung ,Früchteteppich’ bisher nicht gibt, müßte in dieser Hinsicht bald von einer ,Otterswanger Schule’ gesprochen werden.” (Zit. nach Otto Beck, Otterswang im Ernteschmuck, Kunstverlag Josef Fink, 3., erw. Aufl., Lindenberg 2006)

  • Gast001
    Gast
    • 7. Oktober 2016 um 20:36
    • #2

    Danke, Nayra, für diese schöne und interessante Dokumentation eines Brauchs.
    So aufwändig habe ich die Erntefestdekorationen noch nirgendwo gesehen.

    Besonders bewundernswert finde ich, dass nur Naturmaterialien verwendet werden, nichts Gefärbtes. Das sind sehr schöne Farbzusammenstellungen.

    Manches erinnert tatsächlich an die Fronleichnamsteppiche - die mancherorts zu regelrechten"Wettbewerben " zwischen Kirchengemeinden geführt haben.

    Mir gefallen aber auch durchaus die kleineren "Ausführungen".

    Interessant ist vielleicht auch zu wissen, dass das Erntedankfest in der Regel an einem bestimmten Tag ist ( am ersten Sonntag im Oktober). 2016 war es der 2. Oktober.
    Ich habe aber selbst erlebt, dass in Weinbaugemeinden in Württemberg das Erntedankfest erst viel später stattfindet- erst nach Beendigung der Weinlese. (z.B. am 30.10. 2016)
    Sinnvoll, wenn es wirklich ein Erntedankfest sein soll.


    Viele Grüße,
    Elke

  • waldi
    Administrator
    Beiträge
    4.338
    Bilder
    5.149
    • 7. Oktober 2016 um 20:37
    • #3

    Herrliche Bilder!
    Vor allem der Teppich aus Otterswang mit der Madonna ist fantastisch.
    Ich finde es toll dass sich noch Leute finden die zu solchen Arbeiten bereit sind. Chapeau!
    Diese Bräuche zum Erntedankfest gefallen mir wesentlich besser als das Halloween-Getue.
    Danke nyra!

    Liebe Grüße von waldi :174:

    Und immer neugierig bleiben!

  • wallbergler
    Gast
    • 8. Oktober 2016 um 10:47
    • #4

    Herzlichen Dank, liebe Waltraud,

    für diese farbenprächtigen und äußerst aufwendigen Erntedank Dekorationen.

    Insbesondere die schon in der Kunst angesiedelten Körnerteppiche.

    Und doch beschleicht mich das Gefühl, dass oft weniger mehr ist.

    Die Kirche hat es eigentlich nicht notwendig , wie es heutzutage eine gängige Modeerscheinung ist, "aufzurüsten".

    Wer tief im Glauben verwurzelt ist, dem reicht ein bescheidenes Mahl.

    lieben Gruß
    Helmut

  • nyra
    Gast
    • 8. Oktober 2016 um 13:13
    • #5
    Zitat von ELMA

    Manches erinnert tatsächlich an die Fronleichnamsteppiche - die mancherorts zu regelrechten"Wettbewerben " zwischen Kirchengemeinden geführt haben.

    Den Ehrgeiz, den schöneren Fronleichnamsschmuck zu haben als das Nachbardorf, gab es auch früher - schon meine 1875 geborene Oma hat aus ihrer Jugend im Rheinland davon berichtet. In einer Zeit, da man nicht nur das Nachbardorf kennt, sondern im Internet Massen von Bildern dazu findet, wird der Wettbewerb natürlich in ganz anderem Umfang angeheizt.

    Mit Kirche und Glauben hat das allenfalls am Rande zu tun. Zwei Beispiele: (1) Der "Trierische Volksfreund", die Tageszeitung für Trier und Umgebung (Rheinland-Pfalz) fordert dazu auf, "die schönsten Blumenteppiche aus der Region" einzuschicken, und veröffentlicht sie auf seiner Website. (2) Ein "innovatives E-Magazin für Architektur, Design und Mode" liefert Entwürfe für Blumenteppiche.

    Zitat von ELMA

    Ich habe aber selbst erlebt, dass in Weinbaugemeinden in Württemberg das Erntedankfest erst viel später stattfindet- erst nach Beendigung der Weinlese. (z.B. am 30.10. 2016)

    An der Mosel wird (der Weinlese wegen) das Erntedankfest im November gefeiert. Daß es das auch in württembergischen Regionen gibt, wußte ich nicht.

  • nyra
    Gast
    • 8. Oktober 2016 um 13:19
    • #6
    Zitat von waldi

    Ich finde es toll dass sich noch Leute finden die zu solchen Arbeiten bereit sind. Chapeau!

    Mir scheint, daß es eher mehr Leute (es sind ja praktisch immer Frauen) werden. Zum einen, weil viele einfach die Zeit dazu haben. (Die Bäuerinnen früher hatten diese Zeit nicht.) Zum anderen, weil man durch Zeitung, Internet und eigene Autofahrten weiß, was es anderswo gibt, und das den Ehrgeiz weckt, Ähnliches und möglichst noch Schöneres auch zu machen. Dasselbe ist ja bei den Osterbrunnen zu beobachten, die sich in kürzester Zeit verbreitet haben und zu immer aufwendigeren Dekorationen führen.

    Zitat von waldi

    ... das Halloween-Getue.

    Halloween ist doch wirklich nur ein Versuch, ein "Fest" einzuführen, anläßlich dessen sich alles mögliche Zubehör verkaufen läßt. Trotz aller Bemühungen scheint es nicht durchsetzbar zu sein: Mir ist außer solchem Zubehör in den Läden und entsprechenden Schaufensterdekorationen noch nichts begegnet. Ich war sehr erstaunt, hier zu lesen, daß es regional an diesem Tag Heischebräuche gibt, auf die man sich einrichtet – wenn auch unnötigerweise.

  • nyra
    Gast
    • 8. Oktober 2016 um 13:22
    • #7
    Zitat von wallbergler

    Die Kirche hat es eigentlich nicht notwendig , wie es heutzutage eine gängige Modeerscheinung ist, "aufzurüsten".

    Was die Kirche nötig hat, ist eine andere Frage - sie ist doch vielerorts sehr leer ... Natürlich kann es kaum in ihrem Sinne sein, wenn die Kirchen nun von Touristen besucht werden, die kommen, um die Dekoration zu besichtigen.

    Diese Art von aufwendigem Kirchenschmuck hat sicher wenig mit Glauben zu tun und viel mit der Freude am Gestalten und dem Ehrgeiz, etwas Besonderes vorzeigen zu können.

  • nyra
    Gast
    • 8. Oktober 2016 um 13:23
    • #8
    Zitat von Dieter

    Eigentlich war es früher ganz normal das an Erntedank ein Fest gefeiert wurde ,
    zumindest bei uns auf dem Land. Es ist schon schade das dieser Brauch nur noch
    selten so ausgeführt wird.

    Das muß dann regional verschieden sein. Hier wird überall die Kirche geschmückt. Ich war am Tag vor Erntedank aus ganz anderem Anlaß in mehreren Kirchen, und überall waren Frauen bei der Arbeit. Erntedank-Gottesdienste und -prozessionen finden in Stadt und Land statt.

  • Josef
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    • 8. Oktober 2016 um 18:19
    • #9

    Ich kann mich nur anschließen und meine Bewunderung zu
    dieser herrlichen Erntedank-Dekoration aussprechen.

    Waltraud, danke für die Mühe uns dieses herrlicheErntedankfest zu zeigen.

    Bei uns findet auch am 2. Oktober das Erntedankfest statt.
    Bei uns werden die Seitenaltäre, je von einer Gemeinde mitverschiedenen
    Ernteprodukten versehen. Da bemühen sich die Landwirte sehrdas
    ihr Seitenaltar vielleicht doch mit den reichsten Gabenbestückt ist.
    Glaube mich erinnern zu können, dass dies alles an die Diözeseund Priesterseminar
    abgeliefert wird. Aber mein Wissen stammt von früherenZeiten.

    Liebe Grüße

    Josef

  • Steffi
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    • 9. Oktober 2016 um 19:38
    • #10

    Hallo Nyra,

    vielen Dank für die Berichterstattung und die schönen Aufnahmen eines Brauchtums, der manchmal in Vergessenheit gerät.

    In der Gärtnerstadt Gundelfingen an der Donau wird dieser Brauchtum sehr gepflegt.

    Habe selber dort 10 Jahre gelebt und konnte ihn somit live miterleben.

    Habe die Frauen dort immer bewundert mit welcher liebe sie dies alles gemacht haben.

    Grüße vom Bodensee
    Steffi

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