Heute möchte ich euch mal ein Reiseziel vorstellen, welches eine außergewöhnliche Geschichte hat. Mödlareuth ist ein gerade mal 50 Einwohner zählender Ort in Oberfranken und Thüringen. Wie es so etwas gibt, daß ein Dorf gleichzeitig in zwei Bundesländern liegt, erklärt euch am besten Wikipedia
httpss://de.wikipedia.org/wiki/M%C3%B6dlareuth
Es kam wie es kommen mußte. Mit der deutschen Teilung wurde auch dieses Dorf geteilt. Folglich begannen die Behörden der DDR mit dem Aufbau ähnlicher Sicherungseinrichtungen wie in Berlin. Antiimperialistischer Schutzwall nannte man das, was verhindern sollte, daß die Menschen aus der Diktatur fliehen konnten.
Bereits vor der Wiedervereinigung entwickelte sich der Westteil des Ortes deshalb zu einer besonderen Sehenswürdigkeit. Insbesondere die Angehörigen der US-Armee wollten „Little Berlin“ wie sie Mödlareuth scherzhaft nannten, besuchen und dieses geteilte Dorf auch ihren Angehörigen zeigen. Selbst mir als Schüler im Gymnasium war in den 70er Jahren Mödlareuth ein Begriff. Grenzlandfahrten wurden als Klassenfahrten bezuschußt und so konnte auch ich damals die Mauer hautnah erleben.
Gleich nach dem 9. November 1989 wurde auch hier die Mauer durchlässig bis sie im Sommer 1990 weitgehend abgebaut wurde. So entstand im Laufe der Jahre eine Ausstellung, die die jüngere Geschichte Mödlareuths erzählt. Deshalb wollte auch ich meine französischen Freunde bei unserer letztjährigen Tour durch den Osten Deutschlands dieses Kuriosum näher bringen.
Hier sieht man den Westteil, welcher in Bayern liegt mit Zaun, Mauer und Wachttürmen.
Hier der Zugang zu den Grenzanlagen vom Osten, also den Häusern, die im heutigen Bundesland Thüringen liegen.
Die eigentliche Grenze war der Tannbach.
Der Großteil der Grenzsperren, zu welchen auch die Selbstschußanlagen und Hundelaufstreifen gehörten wurde mittlerweile abgetragen. Einen Teil ließ man stehen.
Eine auf Schienen gelagerte Metallbarriere konnte quer gegen die Straße geschoben werden um zu verhindern, daß Kfz die Sperranlagen durchbrechen. Einen Straßenübergang in den Westen gab es jedoch in Mödlareuth nach Errichtung der Grenzanlagen nicht mehr. Dieses Ding stammt von einem anderen Übergang.
Die Mauer war niedriger als in Berlin. Vielleicht deshalb, weil das Gelände ziemlich übersichtlich war.
Beim Abbau der Mauer hat sich offensichtlich ein Bauer die Betonelemente unter den Nagel gerissen um damit einen Fahrsilo zu bauen bzw. diese für eine spätere Verwendung zu lagern.
Auch ein alter sowjetischer Panzer vom Typ T34 steht auf dem Gelände. Dieses Modell war der Standardpanzer der Sowjetarmee im Zweiten Weltkrieg. Da 1945 ja tausende davon bereits auf deutschem Boden waren, bot es sich an, diese Waffe gleich in Ostdeutschland zu belassen, weil ja mittlerweile der Kalte Krieg herrschte. Nach dem Abzug der Sowjets 1993 hatten die für diese Art von Schrott kein Geld mehr zur Verfügung, so daß die Waffentechnik unbrauchbar gemacht wurde und das Gerät, sofern es nicht aufgekauft und verschrottet wurde, heute in diversen Museen herumsteht.
Hier die Straße vom Westen runter zum Bach
In zwei Gebäuden ist eine Ausstellung aufgebaut. Vor dem Portal steht eine Skulptur des „wachsamen Grenzsoldaten“ dessen Aufgabe die Sicherung des „antifaschistischen Schutzwalls“ war wie die offizielle Bezeichnung für die Grenzsperren lautete.
In einer eigens errichteten Halle werden überwiegend Fahrzeuge der DDR Grenztruppen ausgestellt. Auch dieses altertümliche Zeug, teils mit Zweitakter-Motoren konnte nach der Wiedervereinigung niemand mehr brauchen.
Die Geschichte des Dorfes wurde unter dem Namen Tannbach vor zwei Jahren verfilmt. Der Dreiteiler lief im Fernsehen.
httpss://de.wikipedia.org/wiki/Tannbach_…al_eines_Dorfes
Eingangs hatte ich erwähnt, daß ich Mödlareuth bereits kannte, als der Ort noch geteilt war. Auch nach der Wiedervereinigung war ich ein paar mal da und konnte den Aufbau der Ausstellung Zug um Zug verfolgen. So war es mir ein Bedürfnis, meinen französischen Freunden die Unmenschlichkeit der innerdeutschen Grenze an diesem Beispiel zu zeigen. Die Reaktion der beiden möchte ich euch nicht vorenthalten. So grausam und brutal hatten sie sich die deutsche Teilung nicht vorgestellt. Das was für uns nach Jahrzehnten zumindest im Westen zur Selbstverständlichkeit mutierte, und eh nach allgemeiner Einschätzung nie geändert werden konnte, machte meine Freunde doch sehr betroffen.
Jürgen