Als wir gegen Mittag am Flughafen von Tirana in Albanien ankamen mußten wir erst einmal durch die Paßkontrolle. Bekanntlich ist Albanien noch nicht Mitglied in der EU und auch nicht im Schengen System. Also dauert halt dieses Procedere ein wenig. Der Flughafen ist relativ neu, allerdings sieht man bereits hier die Spuren der schlampigen Bauweise. Außerhalb des Airports merkt man gleich, daß man in einem Land mit erheblich geringerem Standard als in der EU ist. An verschiedenen Stellen sind die einzelnen Mietwagenagenturen plaziert. So mußten wir uns erst einmal zu unserem Vermieter Carwitz durchfragen. Das klappt auf englisch ganz gut. Der vorab gemietete Fiat Tipo Stufenheck hatte einen Dieselmotor weshalb sich der Verbrauch über die mehr als 1000 Kilometer die wir vor uns hatten im Rahmen hielt. Über den Zustand der Karre, der Begriff ist gerechtfertigt, sage ich nur wenige Worte. Dellen rundherum, Kratzer sowieso, vorne abgefahrene Reifen und zwei Lämpchen leuchteten auch am während des gesamten Mietzeitraums am Armaturenbrett. Egal, der Fiat ließ uns nicht im Stich und war somit auch ideal für die Fahrt auf unbefestigten Straßen. Für 63 € für 8 Tage darf man nicht meckern. Ein Vergleich mit Mietwagen in anderen europäischen Ländern hinkt sowieso.
Obwohl ich vorab google maps offline auf mein Handy geladen hatte hoffte ich doch, daß mein altes TomTom Navi mir zumindest teilweise bei der Orientierung hilft. Von wegen. Nach 20 Jahren gibts wohl in Albanien keine Straßen mehr mit den selben Verlauf wie Anfang des Jahrtausends. Egal, google maps ließ uns nie im Stich.
Die Tankstellendichte ist in den Ballungsgebieten sehr hoch. Kaum zu glauben, daß die alle überleben können. Vielleicht ist so eine Tankstelle ja aber auch nur ein Alibi für Geldwäsche. Wer weiß das schon?
Es gibt Markentankstellen die wir auch kennen. Aber Kastrati oder Islamaj? Übrigens tankt in Albanien noch der Tankwart. Kreditkartenzahlung ist fast überall möglich. Allerdings tauchen manchmal unerwartete Schwierigkeiten auf. So ist der Liter Sprit in Lek angeschrieben. Um 1,70 Euro oder 170 Lek kostet der Liter Diesel oder Benzin. Nun kann es vorkommen, daß an der Zapfsäule der Sprit in Euro angeschrieben ist. Da achtet man erst nach dem Tanken darauf wenn der Tankwart dann mit Hilfe eines Taschenrechners die Euro wieder in Lek umrechnet. Und siehe da. Plötzlich stimmt die Anzeigetafel am Straßenrand nicht mehr mit dem errechneten Preis überein. Auch so kann man sich ein Zwangstrinkgeld verdienen. Albanien halt.
Zwischen Tirana und Durres am Meer fährt man zwar auf einer vierspurigen Straße. Allerdings ist die stark befahren und schon ziemlich ramponiert. Dafür kommt man fast kreuzungsfrei durch Durres, die zweitgrößte Stadt des Landes. Erst ein gutes Stück südlich der Hafenstadt wird die Landschaft so, daß das Auge nicht von lieblos dahingeklotzten Häusern und Gewerbehallen oder halbfertigen und anscheinend ruhenden Bauten schockiert ist.
Eine Stunde später wird der Verkehr auch erheblich geringer.
Schon bald stellen wir fest, daß der Baukonzern Strabag in den letzten 20 Jahren hier eine Menge Geld verdient hat. Respekt. So gut ausgebaute Überlandstraßen hätte ich jetzt nicht erwartet.
Zeitweise fahren wir durchs Tal der Vjosa. Wunderschöne Flußabschnitte sind trotz kürzlich neu ausgewiesener Naturschutzgebiete bedroht weil die Wasserkraft weiter durch Staudämme ausgebaut werden soll.
Albanien kann sich in den wasserreichen Monaten selbst mit Strom versorgen weil Wasserkraft den Großteil der Erzeugung übernimmt.
Wie bereits erwähnt ist Albanien kein Mitglied der EU. Folglich haben wir die Handys auf Flugmodus gestellt. Wie wir bereits an dieser Raststätte feststellen gibts in bald jeder Kneipe Wlan. Somit können wir unsere Vermieterin Gesa in Saranda über unsere Anfahrt per whattsapp informieren.
Auch hier sieht man bereits die "Angeberautos" vor einem Eselkarren wo ein Bauer landwirtschaftliche Produkte zum Kauf anbietet. Zu den Angeberautos werde ich zu gegebener Zeit noch ein paar Sätze schreiben.
Der Esel hat nebenan ein paar Stunden Pause bis es wieder nach Hause geht.
Wie von meinem albanischstämmigen Freund Ardi prophezeit können wir überall mit Euro bezahlen. Zurück gibts Lek oder Euro. Zwei kleine Bier für je zwei Euro sind ein Vorgeschmack auf albanische Preise.
Schafherden oder Ziegenherden mit Hirte und Hundebegleitung sind nur an diesem ersten Tag im Land für uns ein ungewohnter Anblick.
Wir fahren durch das dünn besiedelte Binnenland und erreichen erst am Ziel Saranda, an der Adria gelegen. Genaugenommen ist das allerdings bereits das Ionische Meer.
Solche mit Wasser gefüllte oder verfallene Bewässerungskanäle werden wir noch viele im Laufe der Zeit entdecken.
Saranda ist in wenigen Jahren enorm gewachsen. Die Infrastruktur blieb zurück. Vorbei an diesem "Wertstoffhof" der auch als Wohnstätte für einen Straßenhund dient geht zu unserer Ferienwohnung.
Das ist ein verwildertes Hausschwein welches in den Abfällen nach Fressbarem sucht.
Unsere Ferienwohnung gebucht über booking.com für 80 Euro für vier Nächte befindet sich im ersten Stock dieses Hauses. Unten wohnt Gesa mit ihrer Familie. Die Dame spricht nur albanisch. Mit englisch kommen wir da nicht weiter. Wie üblich baut man die Häuser erst dann fertig wenn Geld vorhanden ist.
Nicht nur Klaus, sondern auch ich bin mit der Wahl der Unterkunft zufrieden.
Näheres im zweiten Teil dieses Berichts.
jürgen