Vor drei Wochen durfte ich meinen Körper in Abano Terme bei Padua „verjüngen“. Bereits nach wenigen Tagen war ich so weit wiederhergestellt, daß ich einen Ausflug ins Po-Delta unternehmen konnte. Obwohl ich schon öfters in dieser Gegend Italiens weilte, habe ich von dieser Region noch wenig gesehen.
Comacchio am Nordufer des Valle di Comacchio, einem Binnensee mit etwa 10 km Durchmesser gelegen, wollte ich mir an einem Sonntag ansehen. Eine knappe halbe Stunde östlich von Ferrara gelegen erreicht mach die Kleinstadt über eine kostenfreie Autobahn. Tatsächlich hat der Ort etwas von Venedig mit seinen Kanälen und Brücken. Aber überzeugt euch selbst davon, ob es sich gelohnt hat, „Klein Venedig“ einen Besuch abzustatten.
In die Kathedrale San Cassiano konnte ich an diesem Sonntag nur einen kurzen Blick werfen, da gerade ein Gottesdienst stattfand. Das Gotteshaus ist nicht sonderlich alt. Es wurde um 1700 neu erbaut. Mit dem etwas abseits stehenden Kirchturm hatten die Gläubigen Pech. Er wurde 1754 errichtet, stürzte dann ein und wurde wenige Jahre später neu gebaut. Da reichte das Geld jedoch nicht mehr, ihn vollständig zu errichten.
Der Kalkstein des Sockels stammt im Übrigen aus Istrien.
Hier sehen wir die breiteste Straße des Städtchens.
Wir queren den ersten Kanal. Hier sind einige alte Frachtkähne vertäut, die zu angrenzenden Gaststätten gehören. Zwei Stunden später waren alle Plätze auf den dort stehenden Tischen besetzt. Im Hintergrund seht ihr ein rotes Gebäude. Das ist die Getreideloggia, eine Art Börse oder Handelsplatz für Getreide. Daneben steht der Uhrenturm aus dem Jahr 1330. Das stimmt jedoch auch nicht so ganz, weil auch dieser Turm im Jahr 1816 einstürzte und danach wieder aufgebaut wurde.
Nun darf man nicht denken, das wäre eine typisch italienische Schlamperei. Vielmehr ist es so, daß die Stadt auf Schwemmland errichtet wurde. Alle Fundamente von schweren Bauten bestehen aus importiertem istrischen Gestein. Direkt auf Schlick und Sand konnte man ja nicht bauen. Von Statik wusste man anscheinend vor Jahrhunderten noch wenig.
Die kulinarischen Spezialitäten sind Aal und ein Gebäck, welches ich zwar probiert habe, welches aber nicht so recht meinen Geschmack traf.
In der Ferne sehen wir das Wahrzeichen Comacchios, die Brücke Trepponti. Der Antennenwald im Hintergrund sagt uns, daß anscheinend italienische Fernsehsender noch analog terrestrisch ausgestrahlt werden.
Die Chiesa die SS. Pietro e Paolo macht von außen schon was her. Innen hingegen ist es ein relativ kleines Kirchlein.
In Kanälen mit unterschiedlichen Breiten fliesst Süßwasser.
An der Stadt vorbei verläuft ein Nebenarm des Po. Er mündet in den Binnensee Valle de Comacchio. Die Rohre auf der Seite dienten der Entwässerung der Stadt bei Hochwasser. Im Hintergrund sehen wir eine Zugbrücke.
Mit Hilfe dieser Auslegernetze wird im seichten Binnensee gefischt. Zur Stabilisierung der Pfähle der Fischerhütten lässt man einfach ein altes Boot stranden und baut die Hütte dann darüber. Anscheinend dauert der Verrottungsprozeß des Bootes doch sehr lange, so daß die Hütte auch lange ihre Stabilität erhält.
Das mehr als 10 Km entfernte gegenüberliegende Ufer konnte ich an diesem Tag nicht sehen.
Der See ist von einem Damm eingefasst, der dem Hochwasser des Po standhalten soll. Auf dem Damm verläuft eine Straße, die in Richtung Ravenna führt. Auf dem fruchtbaren Boden dahinter wird Ackerbau betrieben.
Beim Weg zurück in die Stadt komme ich an diesem alten Frachtkahn vorbei. Die Masten ließen sich umlegen, so daß die Waren direkt in der Stadt umgeschlagen werden konnten.
Trepponti von der anderen Seite.
Das Backsteingebäude im Zentrum ist die ehemalige Fischmarkthalle. Der Fisch kam entweder aus dem See oder über einen Kanal vom ca. 6 km entfernten Fischereihafen Porto Garibaldi.
Eine weitere Kirche befindet sich in der Stadt. Deren Namen habe ich leider vergessen.
Das ist der Uhrenturm mit den markanten zwei Glocken, die übereinander im Freien hängen.
Daneben steht die Getreideloggia von 1621.
Natürlich habe ich nicht alles im Ort gesehen. Da wäre noch der 300 Meter lange sogenannte Kapuziner-Säulengang, der zu einer Wallfahrtskirche etwas außerhalb führt. Dann gibt es noch am östlichen Ortsrand die Ruinen des ehemaligen Klosters Sant Agostino. Leider konnte ich auch nicht um den See herumfahren, da die Straße nicht immer am Ufer entlang führt und man deshalb den See nicht immer sieht. Am besten ist es, man leiht sich ein Fahrrad und erkundet den See und die darin befindliche ehemalige Saline gemütlich mit Muskelkraft. Vielleicht klappt es ja in den nächsten Jahren noch einmal mit einem Ausflug in die Gegend. Die insgesamt sieben Badeorte, die alle zu Comacchio gehören, sind hingegen meiner Einschätzung nach genauso wenig sehenswert wie der Fischereihafen Porto Garibaldi, wogegen letzterer noch zumindest das Vergnügen der Beobachtung des Fischereibetriebes bietet.
Ich hoffe doch, noch einmal hierher zu kommen, da ich in der Kürze meines Tagesausfluges noch nicht alles gesehen habe. Vielleicht hat euch mein „Klein Venedig“ ja auch ein wenig gefallen.
Jürgen