Von Chitral bis Rawalpindi
Auf dem Weg zwischen Gilgit und Chitral galt es den 3 600 m hohen Shandur Pass zu überqueren.
In der Region gibt es wenig feste Siedlungen, Nomaden zogen mit ihren Herden über das teilweise fruchtbare Weideland..
Bei der Fahrt hinunter in feuchtheiße Chitral gab es wieder unvorhergesehene Hindernisse, wie z.B. eine verschüttete Straße, reißende Flüsse und weggerissene Brücken nach starkem Regen. Auch als Tourist hatte man nach fast 4 Wochen besser gelernt, mit der Natur zu leben und man übte sich in Geduld.
Ein reißender Fluß, die Hängebrücke konnte noch benützt werden
.
Chitral , im Nordwesten Pakistans, unweit der afghanischen Grenze gelegen, ist ein für die Region bedeutender Handelsplatz mit einem Bazar und einer großen Moschee.
Chitral liegt am gleichnamigen Fluss und am Fuße des Trich Mir, mit 7708 m der höchste Berg im Hindukusch.
Wie überall in den Orten entlang der afghanischen Grenze gab es viele afghanische Flüchtlinge.
Man konnte sie an der Kleidung erkennen. In allen Tälern Nordpakistans, die wir besucht hatten, hatten wir keine verschleierten Menschen gesehen.
Hier in der Stadt trafen wir wieder Frauen an, die mit der Burka verhüllt waren.
Im Bazar
Bäcker backen im Inneren von Lehmöfen leckere Chapati, Fladenbrot
Zwei Brüder, zu Späßen aufgelegt
Chapatis
In den Garküchen kann man ohne Probleme essen, vorausgesetzt das Essen ist gut durchgegart und heiß.
Im Bazar
Moschee von Chitral
Einige Fahrstunden nördlich von Chitral lebt das Volk der Kafir Kailash. Sie leben isoliert, keine Fahrstraße führt in die Dörfer.
Ihre Häuser sind aus Holz und am Hang gebaut.
Die Kailash sind nicht Moslems, sondern glauben an einen Gott. Er ist ein sehr mächtiger, unnahbarer Gott und daher gibt es noch viele Wesen in ihrer Mythologie – Geister, animierte Wesen. Die Kailash leben nach strengen Regeln.
Die Frauen sind ganz schwarz gekleidet, sie tragen Schmuck und ihre Kopfbedeckung besteht aus langen Reihen Kaurimuscheln.
Im Gegensatz zu den Menschen in den andren Tälern begegneten uns die Kailash sehr reserviert und es brauchte viel freundlicher Gesten, bis sie bereit waren, uns zu nähern. Schließlich jedoch hatten sie sogar Spaß daran , uns einen ihrer Tänze zu zeigen und wir durften uns frei im Dorf bewegen.
Ein Trommler begleitete die Tänze
Über den 3700 m hohen Lowari Pass ging es hinunter in die die kleine Stadt Dir, die eine ganz besondere Atmosphäre ausstrahlte. In dieser nahen Grenzregion zu Afghanistan gibt es sehr viele Volkstämme, teilweise mit eigener Sprache, die zwar strenge Muslime sind, doch fernab der Hauptstadt nach ihren eigenen Gesetzen leben. In Dir waren es die Patanen, von der Tradition her Waffenhersteller und –händler. So war es nicht erstaunlich, dass sie uns bei einem Gang durch die Straßen stolz ihre selbstgefertigten Waffen zeigten.
Verstärkte Polizeikontrollen in der Grenzregion
In Dir
Büchsenmacher und Waffenhändler
Von Dir war es nicht weit bis nach Peshawar.
Es war die Stadt, in der wir ( vor allem als Frauen) die Macht des Islam am deutlichsten spürten.
Die Frauen im Bazar gingen alle mit der Burka. Auch wir hatten trotz feuchter Hitze lange Ärmel und lange Hosen angezogen. Allerdings keine Kopfbedeckungen . Und so konnte es geschehen, dass wir im Bazar unter ständiger Beobachtung standen. Kleine Jungen fingen an, uns zu belästigen. Das forderte jedoch die erwachsenen Händler heraus, es verstieß wohl gegen das Gesetz der Gastfreundschaft und sie verpassten den Jungen eine Tracht Prügel.
Wir fühlten uns nicht wohl in dem Gewimmel von Peshawar, zumal das Klima sehr unbekömmlich war. Wir folgten dem Ausspruch unseres einheimischen Reiseführers, nach dem „only mad dogs, crazy Englishmen und tourists“ über Mittag in den Bazar gehen und gingen ins klimatisierte Hotel zurück.
Am nächsten Tag ging die Fahrt durch das Tiefland weiter nach Süden. Die Siedlungen wurden immer größer, der Verkehr immer stärker, die Hitze und Luftfeuchtigkeit immer unerträglicher.
In meinem Reisetagebuch notierte ich mir: „Auf den Straßen gilt das Recht des Stärkeren. Die bunten, hoch aufgetürmten Lastwagen weichen keinen Meter, auch nicht die vollbesetzten Omnibusse, während unsere Jeeps ihrerseits den Citroentaxis, den Pferdefuhrwerken und den Fahrrädern nicht ausweichen. Die Fußgänger müssen höllisch aufpassen. Dazu ein irres Gehupe, hektisches Gedränge....ich kann nicht erkennen, nach welchen Regeln hier gefahren wird...“
So erreichten wir Rawalpindi, die „Zwillingsstadt“ zu Islamabad. Eine Welt der Gegensätze und Widersprüchlichkeiten
Tief verschleierte Frauen auch hier in der Großstadt, darüber die Werbung für amerikanisches Kino mit ( für pakistainsche Verhältnisse) sehr freizügigen Bildern.
Uns war, als seien wir nicht 4 Wochen in Pakistan, sondern am Fuß von Karakorum und Hindukusch in einer ganz anderen Welt gewesen, die uns auf ihre Weise recht harmonisch und das Leben der Menschen dort im Einklang mit der Natur erschienen war.
Abschließen möchte ich meinen Bericht mit einem Zitat von Heinrich Barth (Aus dem Tagebuch eines Afrikaforschers, ca 1844)
"Wer unter Völkerschaften des verschiedensten Charakters und der verschiedensten Glaubensformen gelebt und bei allen in ihrer Weise treffliche Menschen gefunden hat , wird sich vor Einseitigkeit der Anschauung menschlicher Lebensverhältnisse bewahren."
Gibt es ein besseres Argument für das Reisen?
ELMA
Teil 1 Zwischen Hindukush und Karakorum
Teil 2 In den Tälern nördlich von Gilgit
Teil 3 Von Chitral bis Rawalpindi