Das Ettaler Mandl ist mit einer Höhe von 1633 m eigentlich kein besonders hoher Gipfel. Und doch hat es dieser Berg in sich. Die letzten 70 Höhenmeter müssen über einen Klettersteig überwunden werden und dazu ist absolute Trittsicherheit und Schwindelfreiheit erforderlich. Dieser Klettersteig ist überwiegend mit Drahtseilen gesichert. Dazu ist eigentlich ein Klettergeschirr oder auch Klettergurt Pflicht. Über so eine Ausrüstung verfüge ich als normaler Bergwanderer nicht. Die Fitness und das technische Know-how müsste bei mir vorhanden sein und so habe ich vor ein paar Tagen mit Hans, der als Tourenleiter beim Alpenverein Sektion Schwabmünchen jahrelange Erfahrung hat vereinbart, dass wir beide diesen Berg am 1. Mai erklimmen. Hans konnte mir auch das nötige Geschirr für diese Tour leihen. Bei bestem Wetter ging es also los ab dem Kloster Ettal.
Die Parkgebühr von drei Euro ist in Ettal noch human. Andere Gemeinden in der Region verlangen ein Vielfaches davon.
Es beginnt wie so oft relativ einfach. Wir wandern auf einem immer steiler werdenden Waldweg nach oben.
Die ersten paar 100 Meter folgen wir einem Bach, der allerdings nicht mehr viel Wasser führt. Es gab ja auch nicht allzu viel Schnee in diesem Winter.
Bis zur privaten Kilianshütte ist der sich anschließende Pfad noch relativ gut begehbar. Umgestürzte Bäume wurden zumindest so gekappt, dass man sie gefahrlos übersteigen oder neben dem Pfad umgehen kann. Weiter oben wird es dann schon schwieriger.
Dort unten befindet sich das Kloster Ettal.
Hans checkt die technischen Daten anhand der App von kommot.
Das schwierigste Stück liegt noch vor uns. Die genannten 15 Minuten sind lediglich die Wegstrecke bis zum Einstieg in den Klettersteig.
Links vom Weg ragt die Felswand empor und wir wissen, dass wir da hinauf wollen.
Dann erreichen wir die Stelle wo sich die meisten „umziehen“. Darunter versteht man das Anlegen des Klettergeschirrs, manche haben auch noch einen Helm auf dem Kopf und manche sogar Handschuhe. Die Handschuhe sind deshalb von Vorteil, weil der Fels an den entscheidenden Stellen abgegriffen ist und man folglich abrutschen kann wenn man nicht aufpasst.
Spätestens jetzt stellen wir fest, dass es an diesem sommerlich warmen Tag, der noch dazu ein Feiertag ist viel Bergvolk gibt, dass da hinauf will.
Auf diesem Bild erkennt man, wie ich mit beiden Karabinerhaken am Drahtseil gesichert bin.
Zwischen den beiden Felsgipfeln befindet sich dieser kurze Abschnitt wo keine Seilsicherung vorhanden ist. Wenn man trittsicher ist, fällt man auch nicht links oder rechts in den Abgrund.
Schließlich haben wir den Gipfel erreicht und gönnen uns ein Stamperl Schnaps.
Jetzt haben wir uns auch eine Brotzeit verdient.
Dieses Bild zeigt gut, welcher Andrang an diesem Tag auf diesem Berg herrschte. Schwierig wird es bei Gegenverkehr. Da muss man sich einen sicheren Halt suchen, um andere vorbei zu lassen. Manchmal dauert das eine Weile. Das hängt davon ab, wie sicher oder auch unsicher einzelne Wanderer sind.
Natürlich gibt es gerade an solchen Tagen mit viel Andrang Beobachtungen, die ich lieber nicht gemacht hätte. Das sind Eltern mit vier bis fünfjährigen Kindern auf diesem Klettersteig der Kategorie B unterwegs ohne Sicherung weder für Kind noch Mama und Papa. Hört man dann noch den Spruch „Keine angst, Papa ist hinter dir und hält dich auf, wenn was passiert!“ es ist ja grundsätzlich zu begrüßen, wenn Kinder schon im frühen Alter an die Anforderungen des bergwanderns gewöhnt werden. Dann doch aber doch bitte mit den entsprechenden Sicherungsmitteln, die ja vorhanden sind. Alles andere ist schlicht und einfach verantwortungslos!
Der Abstieg ist zwar weniger anstrengend als der Aufstieg. Muss man ständig nach unten schauen, um sich einen geeigneten Tritt für die Füße zu suchen. Es ging nicht sofort auf dem selben Weg zurück zum Auto, sondern wir umrundeten das Ettaler Mandl am Soilasee.
Der ist allerdings schon seit Jahren kein See mehr. Es mangelt an Schnee und somit auch an Schmelzwasser und deshalb ist das hier nur noch eine sumpfige Mulde.
Blick zurück auf das Ettaler Mandl. Links befindet sich der Hauptgipfel, auf den der Klettersteig führt.
Hans wollte eigentlich noch auf den Laber gehen. Auf diesen Gipfel wäre es noch eine halbe Stunde Gehzeit gewesen und in etwa die selbe Zeit zurück. Mir hingegen war das ganze dann zu viel. Schließlich wartet im Tal ja auch ein kaltes Bier auf uns zur Belohnung für diese anstrengende Tour.
Also noch einmal kurz nach dem passieren des ehemaligen Sees hinauf auf den Grat und dann über Stock und Stein und viele Wurzeln wieder hinab ins Tal.
An der Kilianshütte trinke ich mein restliches Wasser. Die Tour hat doch sehr viel Kraft und Flüssigkeit gekostet. Immerhin galt es 950 Höhenmeter zu überwinden und davon 70 Höhenmeter auf dem Klettersteig.
Als ein Mann aus der Hütte tritt um am Brunnen Wasser zu fassen, unterhalten wir uns mit ihm und erfahren, dass seinem Bruder und ihm diese Hütte gehört. Die wurde vor 150 Jahren erbaut und befindet sich seitdem in Familienbesitz. Auf meinen Wunsch hin darf ich die auch innen besichtigen. Die Bilder möchte ich jedoch nicht öffentlich zeigen. Der Blick aus dem Fenster muss genügen.
Strom gibt es übrigens seit ein paar Jahren mittels eines Fotovoltaik Moduls. Wasser ist auch da. Das allerdings nicht in Trinkwasserqualität. Die Hütte ist rein privat und wird nicht vermietet. Es bleibt zu hoffen, dass dieses historische Kleinod der Ettaler Berge noch ein paar Generationen überdauern kann.
Am Wasser Hochbehälter von Ettal lassen wir die Tour ausklingen. Nebenan wächst Bärlauch und den nehme ich natürlich mit. Irgendetwas werden wir in der Küche schon mit diesem Gemüse zaubern.
Die Tour war schön, aber sehr anstrengend. So etwas kann man nicht alle Tage genießen. Ich gehe auch fast davon aus, dass ich nicht mehr in meinem Leben erneut auf diesen Gipfel komme. Es gibt ja noch so vieles in der Heimat zu entdecken und so viele Berge, wo ich noch nicht erklommen habe.
Jürgen