Die drei Rusten

  • Bei meiner Suche nach der Kirche von Sarasdorf kam ich an der B10 an einem kleinen Park vorbei in dem ich eine Steinsäule erkannte. Da musste ich anhalten und nachsehen.



    Auf drei aufeinanderliegenden Sandsteinblöcken sind Gravuren angebracht.



    Ich fang mal oben an.






    Der umlaufende Text: Zur Erinnerung wurden drei Ulmen gepflanzt 1515


    Der mittlere Block.






    Der umlaufende Text: Auf diesem Feld wurde bei einem Drei-Monarchen-Treffen zwischen...


    Die Fortsetzung folgt auf dem unteren Block.






    Der umlaufende Text:

    ...Kaiser Maximilian I. König Sigismund von Polen und König Wladislav von Böhmen und Ungarn

    am 16. Juli 1515 die Grundlage für die Vereinigung

    Österreichs mit Böhmen und Ungarn geschaffen

    die von 1526 bis 1918 Bestand hatte


    Der umlaufende Text ist bei Niederösterreich 3D besser lesbar als auf meinen Bildern.


    Der dreiteilige Gedenkstein soll im 20. Jh. aufgestellt worden sein.


    Zur Erinnerung an das historische Treffen wurden an besagter Stelle drei Rusten – auch ich musste erst googeln was das sind, nämlich Ulmen – gepflanzt.


    Laut der nur sehr schlecht lesbaren – und noch schwerer zu fotografierenden – Informationstafeln wurden die Ulmen durch eine Pilzkrankheit vernichtet. Die letzte Ulme wurde zudem Opfer eines Blitzschlages und 1976 gefällt. Der Stumpf soll konserviert worden sein und noch dort stehen. Den habe ich aber übersehen. Stellvertretend wurden drei Linden gepflanzt.





    Nun zur etwas ausführlicheren Geschichte dieses Treffens.


    Auf Einladung Kaiser Maximilians I. trafen sich drei Monarchen am 16. Juli 1515 auf dem Gemeindegebiet von Sarasdorf.

    Der jagjellonische König Vladislav II. von Böhmen und Ungarn wurde, außer von seinen beiden Kindern, auch von seinem Bruder König Sigismund I. von Polen begleitet. Vladislav und Sigismund kamen aus Bruck wo sie mit ihrem Gefolge genächtigt hatten. Maximilian kam von Schloss Trautmannsdorf. König Sigismund kam zu Pferde zum Treffpunkt. Maximilian und Vladislav wurden in Sänften zum Treffen getragen.


    Kaiser Maximilian begrüßte die Gäste mit den Worten des Psalms 118, Vers 24: "Dies ist der Tag von Gott gemacht, lasset uns darin freuen und fröhlich sein!"

    König Sigismund antwortete: "Nun wolle Gott dass diese unsere Zusammenkunft der ganzen Christenheit nützlich und heilsam sein möge!"

    König Vladislav wiederholte diese Worte.

    Die Unterredung wurde in lateinischer Sprache geführt und dauerte eineinhalb Stunden. Beschlossen wurde ein gegenseitiger Erbschaftsvertrag. Dieser sollte durch Heiratsverbindungen abgesichert werden.

    Anschließend lud der Kaiser seine Gäste zu einer Jagd im Arbesthaler Wald ein.

    Die darauf folgende Nacht verbrachte König Vladislav mit den Kindern in Schloss Trautmannsdorf, König Sigismund in Schloss Enzersdorf an der Fischa, und der Kaiser in Laxenburg.

    Am folgenden Morgen formierte sich in Schwechat der Prunkzug der drei Herrscher um feierlich in Wien einzuziehen.


    Am 22. Juli 1515 wurden die Verträge unterzeichnet und im Stephansdom die sogenannte Wiener Doppelhochzeit gefeiert.

    Maximilian I. heiratete in Vertretung eines Enkels (es wurde dann Ferdinand I.) die zwölfjährige Anna von Böhmen und Ungarn, Tochter von Vladislav II.

    Die zehnjährige Maria von Habsburg, Enkelin von Maximilian I., heiratete den neunjährigen Ludwig II. von Böhmen und Ungarn, Sohn von Vladislav II.

    Die tatsächliche Eheschließung von Ferdinand und Anna fand 1521 in Linz statt.

    Als König Vladislav II. 1516 verstarb folgte Ludwig 10-jährig auf den ungarischen Thron. Als dieser 1526 noch kinderlos in der Schlacht bei Mohács getötet wurde folgte nach dem Erbschaftsvertrag der habsburgische Ferdinand, der spätere Kaiser Ferdinand I. (HRR).

    So führte das habsburgische Motto: "Lass andere Kriege führen – Du glückliches Österreich heirate!" zum Ziel.

    Erst 1918, mit dem Ende des 1. Weltkrieges endete die Doppelmonarchie mit Ungarn bzw. Böhmen.



    An der Fassade des Wohnhauses Königshofer Straße 6 in Wilfleinsdorf wurde 1957 ein Sgrafitto zum Monarchentreffen an den drei Rusten angebracht.








    Meine Quellen:

    Marterl.at Zu den drei Rusten

    Marterl.at Drei Rusten Sgraffito

    Trautmannsdorf KG Sarasdorf

    Chronik: 950 Jahre Sarasdorf PDF





    Liebe Grüße von waldi :174:

  • Hallo Waldi,


    Dann kann man also verkürzt sagen, dass dieser Ort und die Vereinbarungen der Fürsten sowie die Hochzeiten den Aufstieg Österreichs zur europäischen Großmacht ermöglichten. Prinz Eugen hat dann wohl durch seine gewonnenen Schlachten später ebenfalls erheblich dazu beigetragen.


    Wie kamen eigentlich die Niederlande zum Habsburgerreich? Dann war da ja später auch noch Spanien.


    Grüße


    Jürgen

  • Dann kann man also verkürzt sagen, dass dieser Ort und die Vereinbarungen der Fürsten sowie die Hochzeiten den Aufstieg Österreichs zur europäischen Großmacht ermöglichten.

    Das ist vollkommen richtig, Jürgen!

    Wie kamen eigentlich die Niederlande zum Habsburgerreich? Dann war da ja später auch noch Spanien.

    Fangen wir bei Adam und Eva an: Die Stammburg der Habsburger – eben die Habsburg – finden wir in der heutigen Schweiz, im Kanton Aargau. Sie soll dort um 1020/30 erbaut worden sein. 1415 eroberten die Eidgenossen den Kanton, und die Habsburg war für die Habsburger verloren. Das war nicht so schlimm, denn die Habsburg war den Habsburgern längst zu klein und unbedeutend geworden. Sie hatten ihr Wirken um 1220/30 nach Wien verlegt. Die Stammlande der Habsburger lagen im Norden der heutigen Schweiz. Zu Beginn ihres Aufstiegs zu deutscher und europäischer Machtstellung verfügten sie zudem über weiteren Landbesitz im Herzogtum Schwaben, vor allem im Oberelsass zwischen Basel und Straßburg. Im Oktober 1273 wurde Rudolf I. als erster Habsburger zum Römisch-deutschen König gewählt. Durch den Sieg über seinen Konkurrenten bei der Königswahl, Ottokar von Böhmen, gelang es ihm, für sich und seine Söhne die Herzogtümer Österreich, Steiermark und Krain zu sichern. Weitere bedeutende territoriale Zugewinne machten die Habsburger 1335 mit dem Herzogtum Kärnten und 1363 mit der Grafschaft Tirol. Von 1438 bis 1457 fiel auch das Königreich Böhmen zum ersten Mal unter habsburgische Herrschaft.Das war schon mal eine solide Grundlage!

    Und nun kommen wir zum Knackpunkt!

    Der Aufstieg zu europäischer und weltweiter Bedeutung gelang der Dynastie infolge der Heiratspolitik Maximilians I. Einen Teil davon haben wir hier schon kennengelernt. Durch seine Ehe mit Maria von Burgund sicherte er seinem Haus das riesige Erbe Karls des Kühnen, das die reichen burgundischen Niederlande

    (Die burgundischen Niederlande umfassten das Gebiet der heutigen Niederlande, Belgiens, Luxemburgs und dazu noch einen Teil Nordfrankreichs.), und die Kernlande der Burgunderherzöge umfasste. Infolge der Heirat von Maximilians Sohn aus dieser Ehe, Philipps dem Schönen, mit Johanna, der Universalerbin der Kronen von Kastilien und Aragon, stieg das Haus Österreich zur mächtigsten Dynastie Europas auf. Maximilians Enkel, Kaiser Karl V. fielen nicht nur die deutschen und burgundischen Erblande seines Hauses zu sondern auch Spanien mit seinem Kolonialreich und dem Königreich Sizilien. Darüber hinaus sicherte Karls Bruder Ferdinand seinem Haus 1526/1527 dauerhaft die Herrschaft über Böhmen sowie über Kroatien und Teile Ungarns. Mit der böhmischen Krone war zudem die Kurfürstenwürde verbunden. Fortan gehörten die Habsburger zu dem Kollegium, dem die Wahl des römisch-deutschen Königs zustand. Von 1439 bis 1806 stellte das Haus nahezu ununterbrochen die Könige und Kaiser des Heiligen Römischen Reiches.



    Liebe Grüße von waldi :174:

  • Hallo Waldi,


    Es ist mir ganz recht, dass du mit „Adam und Eva“ angefangen hast. Kurz und knapp hast du mir bzw uns erklärt wie Österreich über Jahrhunderte hinweg durch kluge Politik, aber auch Glück zur europäischen Großmacht wurde.


    Da ich mich erst ab der Mitte des 19. Jahrhunderts mit dessen Geschichte befasst habe ist es um so erstaunlicher, wie, die Bewohner der Alpenrepublik mögen es mir verzeihen, ein seniler Kaiser das ganze Reich aufs Spiel setzen konnte. In Nibelungentreue war sein Gegenstück hierzulande mit dabei.


    Andererseits war es wohl unvermeidbar, dass ein großer Krieg In Europa kommen musste und die Landkarte völlig verändert. Die Regierungen, aber auch die Bevölkerungen vieler Länder haben den geradezu herbeigesehnt.


    Kennst du das Buch „die Schlafwandler“ von Christopher Clark? Absolut lesenswert!


    https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Schlafwandler_(Sachbuch)


    Grüße


    Jürgen

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