Der alte Friedhof von Liznjan in Istrien

  • Neulich kam ich von einer längeren Radtour nach Liznjan zurück. Nach Jahren habe ich mir dort mal wieder den alten Friedhof angesehen. Seit gut 30 Jahren gibt es einen neuen außerhalb des Dorfes mit Aussegnungshalle und allem was heutzutage zu einer modernen Bestattung gehört. Seit dieser Zeit wird der alte mitten im Dorf gelegene Friedhof nicht mehr genutzt. So verfällt er langsam weil wohl die Angehörigen der hier Bestatteten so langsam ebenfalls das Zeitliche segnen und auf dem neuen Friedhof bestattet werden.


    Wie es mit diesem Gottesacker weitergeht, kann ich nicht sagen. Er verfällt jedenfalls von Jahr zu Jahr immer mehr. Scheinbar ist niemand zuständig, hier irgend etwas Instand zu setzen. Für mich ist dieser Friedhof trotz allem ein Ort, an die Vergangenheit des Dorfes Liznjan zu denken. Schließlich gehörte Istrien im vergangenen Jahrhundert immerhin fünf verschiedenen Staaten an. Das sind die Donaumonarchie, Italien, das Königreich Jugoslawien, der Volksrepublik Jugoslawien und nun Kroatien. All diese Länder mit wechselnder Bevölkerung haben auch auf diesem kleinen Dorffriedhof ihre Spuren hinterlassen.



    Ob sich hier noch jemand ausruht und seiner Angehörigen gedenkt?




    Wer war wohl Ivan, der zu Lebzeiten Giovanni genannt wurde? Er starb während der Tito Diktatur. Da gab es offiziell keine Italiener mehr im Dorf. Egal welchen Namen man trug. Die Einwohner waren Volksgenossen Jugoslawiens.



    Wie kommt wohl Marija zum deutsch klingenden Familiennamen?





    Vereinzelte Plastikblumen und Grablichter zeigen, daß scheinbar doch noch ab und zu jemand die Gräber der Angehörigen besucht.






    Wer war wohl dieser Verblichene, dessen Grabstein ein Anker und ein Hammer ziert?





    Auf diesem Friedhof sind hier scheinbar alle Volksgruppen, die in Liznjan im letzten Jahrhundert wohnhaft waren friedlich vereint, egal welche politischen und sicher oft auch kriegerischen Zustände im Dorf gerade herrschten.


    Vielleicht kann man diese Bilder in ein paar Jahren nur noch im www finden. :(


    Jürgen

  • Das ist ja wirklich traurig, dass man diesen alten Friedhof so verfallen lässt. :(
    Soviel Arbeit wäre es doch seitens der Gemeinde nicht, die Steine wieder zu richten. Und da es ja in dem Ort auch schon einen neuen Friedhof gibt, braucht man doch diesen alten Friedhof nicht für neue Gräber. Aber vielleicht tut sich ja doch noch was in positiver Richtung.

    El mundo es un libro, y quienes no viajan leen sólo una página. (Aurelio Agustín)
    Gruß Jofina

  • Diese alten Friedhöfe ziehen mich magisch an. Die üben einen unheimlichen - im wahrsten Sinn des Wortes - Reiz auf mich aus.

    Das ist ja wirklich traurig, dass man diesen alten Friedhof so verfallen lässt.
    Soviel Arbeit wäre es doch seitens der Gemeinde nicht, die Steine wieder zu richten.

    Vielleicht ist das Verfallende das Reizvolle, Jofina.
    Ich denke, dass da nichts mehr gerichtet wird. Das kostet nur Geld!
    In D wären die alten Gräber längst aufgelassen und abgeräumt und neu belegt!
    Solch alte Grabstellen wie hier, oder wie ich sie in den ehemals schwäbischen Dörfern in Ungarn gefunden habe, gibt es in D nur wenn Hinterbliebene die Gräber immer wieder neu kaufen - eigentlich sind sie ja nur angemietet. Ich sehe in den deutschen Friedhofs- und Bestattungsverordnungen sowieso nur ein gutes Geschäft für Gemeinden und Bestatter. Aber das ist ein anderes Thema.


    Damke, Jürgen!



    sagt waldi :174:

  • Solch alte Grabstellen wie hier, oder wie ich sie in den ehemals schwäbischen Dörfern in Ungarn gefunden habe, gibt es in D nur wenn Hinterbliebene die Gräber immer wieder neu kaufen - eigentlich sind sie ja nur angemietet. Ich sehe in den deutschen Friedhofs- und Bestattungsverordnungen sowieso nur ein gutes Geschäft für Gemeinden und Bestatter.

    Hallo waldi, da möchte ich Dir gerne widersprechen, was Deutschland betrifft. :wink:


    Gerade wenn es in einem Ort einen neuen und alten Friedhof gibt, kann man das auch etwas anders handhaben als auf dem alten, hier gezeigten Friedhof in Istrien. So wie Jürgen schreibt: Wie es mit diesem Gottesacker weitergeht, kann ich nicht sagen. Er verfällt jedenfalls von Jahr zu Jahr immer mehr.


    Ich möchte nochmal auf die deutsche Kleinstadt Ibbenbüren in NRW als ein positives Beispiel verweisen. Da ist auch der alte Friedhof von Efeu umrankt und die Grabsteine setzen Moos und Patina an, so wie man sich einen alten Friedhof vorstellt. Hier in meinem Fotobericht kannst Du es sehen.


    Oder ein anderes Beispiel: alte Friedhöfe in Osnabrück (Niedersachsen). 200 Jahre Friedhofskultur bleibt erhalten. Hier ein Link dazu.

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    Gruß Jofina

    Einmal editiert, zuletzt von Jofina ()

  • hallo ihr beiden,


    vielleicht zum Vergleich das Beispiel aus meinem Wohnort Langerringen im erzkatholischen Teil Bayerns.


    Wir hatten bis vor wenigen Jahren zwei Friedhöfe nebeneinander, einen katholischen und einen evangelischen. Evangelisch deshalb, weil vor zweihundert Jahren ein Großteil des Dorfes abgebrannt ist und Neusiedler aus dem Elsaß angeworben und hier sesshaft wurden. Diese waren evangelisch und deren Nachkommen sind es in der Regel bis heute. Somit hatten wir bis nach dem Krieg zwei verschiedene Kirchen, Schulen und auch Friedhöfe für beide Konfessionen.


    Die Hecke zwischen den beiden Friedhöfen wurde mittlerweile gestutzt und es besteht heute nur noch ein Eingang. Die Aussegnungshalle wurde von beiden Konfessionen genutzt.


    In den letzten Jahren wurde der Friedhof auf neue Arten von Bestattungen umgebaut. Nun gibt es Stelen, wo Urnen bei Feuerbestattungen Platz finden. Nun gibt es auch auf einer Wiese die Möglichkeit der anonymen Bestattung. Letztere kostet eine einmalige Gebühr wohingegen das Urnengrab wie auch das Erdgrab, wie von Waldi schon geschrieben, von der Gemeinde gepachtet wird. Ob diese 10Jahres-Pacht immer wieder auf ewig verlängert werden kann, ist mir nicht bekannt.


    Tatsächlich ziehen Angehörige von Verstorbenen weg und kümmern sich immer weniger um das Grab. Dann müssen diese das Grab räumen, also Grabstein, Einfriedung etc weg und das Grab kann neu vergeben werden. Diese Räumung geschieht wohl in Liznjan nicht.


    Der neue Friedhof dort ist natürlich top geplegt. Die Gräber sind im Allgemeinen mit Natursteinplatten abgedeckt.


    Hier mal ein Bild des neuen Friedhofs von Galizana



    grüsse


    jürgen

  • Auch wir besuchen auf unseren Fahrten immer wieder alte Friedhöfe.
    Hier kann man viel über frühere Besiedlungen und Wertigkeiten der Personen
    für Ihre Verstorbenen erfahren.

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