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Das Grenzdenkmal Hötensleben

  • Daniel_567
  • 31. August 2018 um 16:36
  • Daniel_567
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    • 31. August 2018 um 16:36
    • #1

    Das Grenzdenkmal Hötensleben

    Im Landkreis Börde in Hötensleben befindet sich direkt an der L104 an der Landesgrenze zu Niedersachsen das Grenzdenkmal, hier war Deutschland bis 1989 geteilt. Es ist ein Teil der Gedenkstätte Deutsche Teilung Marienborn. Der Ort befand sich unmittelbar an der ehemaligen innerdeutschen Grenze, man konnte praktisch nach „Drüben“ schauen, nur durfte man sich dabei nicht erwischen lassen. Des weiteren gab es auf DDR-Seite das Sperrgebiet bzw. die 5-km-Sperrzone, diese wurde in den 1970er Jahren teilweise dahingehend geändert, dass einige Orte aus dieser Zone heraus genommen wurden, und dadurch waren es an einigen Stellen auch mal nur 3 km bis zu den Grenzanlagen. In diese Zone, die es an der gesamten Grenze zum ehemaligen Westdeutschland gab, durfte man nur mit einem Passierschein einreisen, diesen erhielten Personen, die in den jeweiligen Ortschaften wohnten. Wenn man dort in der Sperrzone dienstlich zu tun hatte, konnte man einen Passierschein für den entsprechenden Ort beantragen, dieser Antrag wurde von den dementsprechenden Stellen geprüft, und wenn man nicht als „Staatsfeind“ auffällig geworden oder dem Regime aus anderen Gründen ein Dorn im Auge war, dann erhielt man diesen auch befristet.

    Die Sperrzone war an allen Zufahrtsstrassen mit Schlagbäumen und einem Postenhäuschen versehen. Diese sind, zumindest hier in der Region, nicht erhalten wurden, aber ich kann mich an die Standorte noch sehr gut erinnern, als wir uns nach der Grenzöffnung hier frei bewegen durften und daran vorbei fuhren. Den Ort Hötensleben, wie auch alle anderen Orte im damaligen Sperrgebiet, kannte ich bis 1989 nur vom Namen her, obwohl er nicht sehr weit von meinem Heimatort entfernt war.

    Das Grenzdenkmal hat für mich auch eine persönliche Bedeutung, hier reiste ich 1989 das erste Mal ins damalige Westdeutschland. Wir fuhren an einem Samstag morgen mit dem Bus nach Hötensleben, liefen dann bis zur Grenze, natürlich wurden unsere Ausweise kontrolliert, und dann ging es weiter über einen provisorisch angelegten Betonplattenweg im direkten Grenzbereich, rüber nach Niedersachsen. Unmittelbar an der Grenze befand sich auf niedersächsischer Seite der „Fährturm“, bis zur Wende ein Ausflugspunkt, man konnte von einem Podest aus, welches sich in unmittelbarer Nähe befand, über die Grenze schauen.

    Über den „Fährturm“ habe ich mich kürzlich mit einem gebürtigen Schöninger unterhalten, er ist ca. in meinem Alter. Er berichtete mir, dass er und seine Freunde als Kinder immer mit ihren Fahrrädern über die schmale Kopfsteinpflaster-Strasse von Schöningen aus dort hin zum Eis essen gefahren sind. Im Fährturm wurde ein Kiosk betrieben, der auch noch viele Jahre nach der Wende ein beliebter Anlaufpunkt für Besucher und Einheimische war. Diese Strasse wurde Anfang 1990 asphaltiert, als dann der Übergang Hötensleben auch für den Fahrzeugverkehr freigegeben wurde. Mittlerweile ist sie mindestens 1x verlegt wurden, da der Schöninger Tagebau in dem Bereich erweitert wurde.

    Von hier aus liefen wir ins ca. 3 km entfernte Schöningen, es war sehr neblig und kalt, man konnte höchstens 50 m weit sehen und wir kannten uns hier ja auch nicht aus, also immer dem Vordermann hinterher. Alles war so neu, alle Geschäfte waren geöffnet, vor einer Fleischerei wurde Wurstsuppe ausgeschenkt, an der ich mir gehörig den Mund verbrannte. Gekauft habe ich nichts, ich wusste nicht, was, ich war einfach überwältigt von der Vielfalt der angebotenen Waren.

    Am frühen Nachmittag machten wir uns dann auf den Weg zurück nach Hötensleben, an der Grenze wieder Ausweiskontrolle und der provokatorische Blick der Grenzer in die Einkaufsbeutel der vielen Menschen, und dann fuhren wir mit dem Linienbus wieder nach Hause.

    Immer, wenn ich hier Richtung Niedersachsen entlang fahre, läuft es mir heute noch kalt den Rücken runter, und die Bilder und Erlebnisse von 1989 sind sofort wieder in meinem Kopf. Und ich bin froh, dass es für mich zur Selbstverständlichkeit geworden ist, dorthin fahren zu können, wo auch immer ich sein möchte.

    Ich möchte noch erwähnen, dass auch ich in den 1990er Jahren, als feststand, dass hier ein Stück der innerdeutschen Grenze erhalten werden soll, nicht unbedingt begeistert davon war, und ich denke, auch einige Hötenslebener nicht. Aber mittlerweile sehe ich es als ein Stück Zeitgeschichte, und die Schrecken, die diese unmenschliche Grenze verbreitet und die vielen Opfer, die sie gefordert hat, sollten niemals in Vergessenheit geraten.

    Soweit meine persönlichen Anmerkungen, und nun zum Denkmal.

    Als erstes habe ich mal ein paar Bilder, auf denen der gesamte Aufbau der Grenzanlage zu sehen ist, von Ost (links) nach West (rechts).

    01 Hötensleben

    02 Hötensleben

    03 Hötensleben


    Nun der Blick von Hötenslebener Seite Richtung Westen.

    04 Hötensleben

    05 Hötensleben


    Der Aufbau der Grenzanlage, beginnend auf der Ostseite, also nun von rechts nach links. Alle Einzelabschnitte sind beschriftet.

    06 Hötensleben

    07 Hötensleben

    08 Hötensleben

    09 Hötensleben

    10 Hötensleben


    Weiter in Richtung Westen. Auf dem nächsten Bild sind ganz rechts die Lampen zu sehen, dann weiter nach links folgen der Kolonnenweg, der gepflügte Kontrollstreifen (Todesstreifen), er diente zur Erkennung von Spuren eventueller Grenzübertritte, dann die Fahrzeugsperren und die Grenzmauer oder auch Grenzzaun.

    11  Hötensleben

    12 Hötensleben

    13 Hötensleben


    Hinter der Grenzmauer, im nächsten Bild ganz rechts, befand sich das vorgelagerte Hoheitsgebiet, welches durch Tore in der Grenzmauer betreten werden konnte, natürlich nicht von jedem Grenzsoldat, dafür waren die Grenzaufklärer zuständig.

    14 Hötensleben


    Das nächste Bild ist von der Brücke über die Schöninger Aue aus aufgenommen, die hier in diesem Bereich in etwa die eigentliche Grenze markierte. Von links das vorgelagerte Hoheitsgebiet und dann die Grenzmauer.

    15 Hötensleben


    Die grossen Tafeln sind überall an der ehemaligen Grenze aufgestellt, mit dem Datum versehen, wann an der jeweiligen Stelle die Grenze geöffnet wurde.

    16 Hötensleben


    Hier nochmal ein Blick Richtung Westen, unmittelbar dahinter, wo die Strasse nach links abbiegt, befindet sich der Tagebau Schöningen.

    17 Hötensleben


    Der Blick von West nach Ost, und die Stelle, an der sich der weiter oben erwähnte Fährturm befand.

    18 Hötensleben

    19 Hötensleben


    Nun folgen Bilder, die ich auf dem Rundweg aufgenommen habe. Er ist mit vielen Informationstafeln versehen. Die Bilder von den Tafeln sind mir leider nicht so gut gelungen, da ich mit der Sonne zu kämpfen hatte, und daher teilweise etwas schräg fotografieren musste. Aber ich möchte sie Euch trotzdem zeigen, auch, weil darauf abgebildet ist, wie es dort vor 1989 aussah bzw. zuging.

    Erstmal die Gesamtübersicht.

    20 Hötensleben


    Der Rundweg beginnt im Bereich des Kolonnenweges und führt zuerst Richtung Norden.

    21 Hötensleben

    22 Hötensleben

    23 Hötensleben

    24 Hötensleben


    Hier noch einmal, von rechts nach links.

    25 Hötensleben

    26 Hötensleben

    27 Hötensleben

    28 Hötensleben

    29 Hötensleben


    Durch dieses Tor konnte das vorgelagerte Hoheitsgebiet betreten werden.

    30 Hötensleben

    31 Hötensleben


    Kurz ein Blick zurück.

    32 Hötensleben


    Weiter geht es vorbei am Fahrzeugsperrgraben.

    33 Hötensleben

    34 Hötensleben


    Ein Blick den Kolonnenweg entlang Richtung Süden.

    35 Hötensleben


    Oben auf dem Berg steht dieser Turm, in dem die Führungsstelle untergebracht war. Und daneben der Fahrzeugstellplatz mit Sichtschutz Richtung Westen.

    36 Hötensleben

    37 Hötensleben

    38 Hötensleben

    39 Hötensleben


    Blick aus Richtung Osten, dieser Plattenweg war vermutlich die Zufahrt für die Grenzeinheiten.

    40 Hötensleben


    Das nächste Bild spricht für sich.

    41 Hötensleben


    Die Grenzbeleuchtung.

    42 Hötensleben

    43 Hötensleben


    Die Hötenslebener Seite.

    44 Hötensleben

    45 Hötensleben


    Das Schaupodest befand sich in der Nähe des Fährturms.

    46 Hötensleben


    Nun geht es südlich der L 104 weiter. Dort wurde eine Baumreihe gepflanzt, an der Stelle, an der die Grenzmauer stand. Und ein Stück Grenzmauer steht noch zwischen den Bäumen.

    47 Hötensleben

    48 Hötensleben

    49 Hötensleben


    Ein Stück weiter südlich entlang des Kolonnenweges kommt man zu diesem Beobachtungsturm.

    50 Hötensleben


    Was es mit diesem zugeschütteten Ring aufsich hat, kann ich leider nicht sagen. Er befindet sich in unmittelbarer Nähe des Beobachtungsturmes. Vermutlich war es ein Fäkalien-Sammler, so wie er auch auf der schematischen Darstellung der Führungsstelle abgebildet ist.

    51 Hötensleben


    Der Turm steht auf einer Anhöhe, dachte ich zumindest, aber darunter befindet sich der Zugang zum Turm, von westlicher Seite aus war der Eingang nicht einsehbar.

    52 Hötensleben

    53 Hötensleben

    54 Hötensleben


    Der Blick vom Beobachtungsturm aus Richtung Norden über den Parkplatz bis hinauf zum Führungsstelle.

    55 Hötensleben


    Dem aufmerksamen Leser wird wahrscheinlich nicht entgangen sein, dass die Informationstafeln 14 und 19 von mir nicht fotografiert wurden.

    Hier nochmal das Bild mit der Übersicht.

    20 Hötensleben


    Die Nummer 14 habe ich übersehen, sie beschreibt die Hundelaufanlage, und die Nummer 19 steht, wenn man den Kolonnenweg am Beobachtungsturm weiter südwärts läuft, an der Eisenbahnbrücke. Über diese führte die Strecke von Oschersleben nach Schöningen, nach dem Krieg wurde sie unterbrochen, und der Endbahnhof war dann Hötensleben. Ende der 1960er Jahre wurde die Strecke stillgelegt.

    Ich habe diesen Bericht so geschrieben, wie sich das Grenzdenkmal mir bei meinem Besuch erschloss. Auch meine Kenntnisse um die Grenze sind mit eingeflossen.

    Hier ein paar Links zu Hötensleben, dem Grenzdenkmal und der innerdeutschen Grenze.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Grenzdenkmal_Hötensleben

    https://de.wikipedia.org/wiki/Hötensleben

    https://de.wikipedia.org/wiki/Innerdeutsche_Grenze

    Die Oschersleben-Schöninger Eisenbahn (OSE).

    https://de.wikipedia.org/wiki/Bahnstrecke_Oschersleben–Schöningen

    Das Sperrgebiet.

    https://www.mdr.de/damals/archiv/artikel84666.html

    Ich möchte nicht versäumen, einen Hötenslebener zu erwähnen, der sich sehr für das Grenzdenkmal eingesetzt hat. Achim Walther war viele Jahre Vorsitzender des Grenzdenkmal-Vereins. Für seine geleistete Arbeit und Verdienste erhielt er das Bundesverdienstkreuz am Bande.

    http://www.hoetensleben.de/news/1/222179/…im_walther.html

    Er hat auch Bücher über diese Region geschrieben, zum einen "Die Heringsbahn", darin geht es um die OSE und auch, wie es nach Ende des Krieges bis 1952 dann war, und man erfährt auch, warum sie Heringsbahn heisst. Auch das Folgebuch möchte ich erwähnen, "Die eisige Naht", darin schildert er die Ereignisse von 1952 bis 1989.

    https://www.volksstimme.de/nachrichten/lo…ugen-reden.html

    In diesen beiden Videos berichtet Achim Walther über den Aufbau der Sperranlagen.

    Teil 1: https://www.youtube.com/watch?v=PDCTiy_3ULg

    Teil 2: https://www.youtube.com/watch?v=dP09yGnIwfE


    Im Forum gibt es bereits einen Beitrag aus dem Jahr 2008 zum Grenzdenkmal Hötensleben.

    https://www.schoener-reisen.at/thread/914-sachsen-anhalt-grenzdenkmal-hötensleben/


    Viele Jahre fand hier auch "Rock am Denkmal" statt, 2009, als sich die Grenzöffnung zum 20. mal jährte, traten sogar die Scorpions in Hötensleben auf, unter anderem mit dem Wende-Klassiker "Wind of Change". Seit 2013 gibt es die Veranstaltung leider nicht mehr.

    https://www.volksstimme.de/nachrichten/lo…ausgerockt.html

    Wer das Grenzdenkmal einmal besuchen möchte, hier die Karte dazu.

    https://www.google.de/search?q=hötensleben+grenzdenkmal+karte&npsic=0&rflfq=1&rlha=0&rllag=52121839,11018688,396&tbm=lcl&ved=2ahUKEwiGuPPYgovdAhWEwAIHHUc1AroQtgN6BAgEEAQ&tbs=lrf:!2m1!1e2!3sIAE,lf:1,lf_ui:2&rldoc=1#rlfi=hd:;si:;mv:!3m8!1m3!1d396849.15584505047!2d11.018688450000013!3d52.12183910000001!3m2!1i946!2i486!4f13.1


    Viele Grüsse, Daniel.

  • Gast001
    Gast
    • 31. August 2018 um 21:18
    • #2

    Respekt, Daniel!

    Und DANKE für diese umfangreiche und gründliche Darstellung eines Ausschnittes der deutschen Geschichte.

    Ich muss das alles noch ein paar Mal lesen.

    Ich wusste schon einiges. Aber so detailliert habe ich noch nirgendwo gelesen, wie unüberwindbar und mit welch perfiden Rafinessen die Grenze "gesichert" war.

    Endlich mal jemand, der authentisch berichten kann, wie er das von der damals "anderen"Seite erlebt hat.

    Auch wenn Du zur Zeit der Grenzerrichtung noch sehr jung warst und sicher als Kind nur wenig mitbekommen hast, so spüre ich doch jetzt in Deinem Bericht etwas von dem Entsetzen, das Dich gepackt hat, als Du dann zum ersten Mal das Ausmaß dieser Grenzanlagen gesehen hast.

    Haben Deine Eltern gewusst, wie die Grenze aussieht?

    Durften Grenzposten, die dort eingesetzt waren, darüber sprechen?

    Das war sicher ein Tabuthema.

    Deine Empfndungen bei Deinem ersten Besuch des Westens an diesem kalten, nebligen Novembertag hast Du eindrucksvoll geschildert. Er war offensichtlich weniger von Freude geprägt als von einer Art Angst vor dieser total fremden Umgebung.

    Wann hat sich das denn gelegt? Wart Ihr später öfter in Schöningen und wann wurde es für Euch zur Selbstverständlickeit, dass Ihr einfach dorthin fahren konntet?

    So dicht am Grenzzaun zu leben war für die meisten ( vor allem älteren) Dorfbwohner sicher eine sehr große Belastung- mehr als sie vermutlich im fernen Mecklenburg Vorpommern zu spüren war.

    Nur gut, dass diejenigen, die dieses Grenzdenkmal seinerzeit nicht wollten und es abgelehnt hatten, sich nicht durchsetzen konnten.

    Es ist ein ganz wichtiges Zeugnis jüngerer Geschichte und hilft hoffentlich gegen das Verharmlosen ( und leider von manchen auch Beschöningen) der damaligen Zeit.

    Nochmals: ganz herzlichen Dank für die viele Arbeit, die Du Dir mit dieser gründlichen Dokumentation gemacht hast.

    Liebe Grüße,

    Elke

  • Steffi
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    • 31. August 2018 um 23:02
    • #3

    Hallo Daniel,

    ein ganz HERZLICHES DANKESCHÖN für die Dokumentation der deutschen Geschichte.

    Ich habe zwar viel schon gehört und gelesen über die damalige Grenze bis 1989, aber wenn man deine Dokumentation liest, läuft es mir auch kalt den Rücken runter.

    Ich werde auch wie Elke den Bericht noch ein paar Mal lesen.

    Gott sei Dank gibt es es diese Grenze nicht mehr und wir können alle miteinander in Frieden leben.

    Wenn man bedenkt, ohne 1989, hätten wir dich und Birgit nie kennengeletnt.

    So nah an dieser Grenze zu wohnen, stelle ich mir vor, muss für die Menschen fürchterlich gewesen sein.

    Unsere deutsche Geschichte hat den Menschen in West und Ost sehr viel Leiden gebracht.

    Nochmals Danke fürs einstellen dieser Dokumentation von deiner Ansicht aus gesehen.

    Liebe Grüße vom Bodensee nach Börde

    Steffi

  • Daniel_567
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    • 1. September 2018 um 09:42
    • #4

    Hallo Elke.

    Zitat von ELMA

    Haben Deine Eltern gewusst, wie die Grenze aussieht?

    Durften Grenzposten, die dort eingesetzt waren, darüber sprechen?

    Den Grenzaufbau sollte hier keiner kennen, um nicht doch mal ein Schlupfloch zu ersinnen und die DDR verlassen zu können. Meine Eltern und Grosseltern erfuhren einerseits nur etwas, wenn im damaligen"West-Fernsehen" mal über eine Republikflucht berichtet wurde, und andererseits, wenn unsere Verwandtschaft im kleinen Grenzverkehr zu einem Tagesbesuch kam und über die Schikanen in Helmstedt/Marienborn berichtete. Allerdings wurden diese Gespräche bewusst von mir fern gehalten, was ich damals nicht verstand, aber im Nachhinein betrachtet sollte ich nicht irgend etwas aufschnappen und mich dann eventuell in der Schule z.B. verplappern.

    Von den Grenzern durfte keiner darüber sprechen, es waren Hauptberufliche und auch Soldaten, die ihren Wehrdienst verrichten mussten. Wahrscheinlich haben die Soldaten zu Hause im engsten und vertrauenswürdigem Familienkreis über ihre Erlebnisse an der Grenze berichtet.

    Es gibt im TV ja zig Reportagen darüber, wie in der DDR der Alltag war, auch werden oft Zeitzeugen dazu befragt. Einige Berichte sehe ich, gerade wenn sich das entsprechende Klientel zu Wort meldet, als Verklärung und Schönfärberei.

    Zitat von ELMA

    Wann hat sich das denn gelegt? Wart Ihr später öfter in Schöningen und wann wurde es für Euch zur Selbstverständlickeit, dass Ihr einfach dorthin fahren konntet?

    Bei mir hat es schon ein paar Jahre gedauert, bis es zur Normalität wurde. Für meine Mutter z.B. wurde es eher zur Selbstverständlichkeit, sie fing bald in Niedersachsen zu arbeiten an und fuhr täglich diese Strecke.

    Zitat von ELMA

    So dicht am Grenzzaun zu leben war für die meisten ( vor allem älteren) Dorfbwohner sicher eine sehr große Belastung- mehr als sie vermutlich im fernen Mecklenburg Vorpommern zu spüren war.

    Das denke ich auch, und hier im ehemaligen grenznahen Raum waren die militärischen Aktivitäten ja auch höher als in weiten Teilen der restlichen DDR. Und es gab z.B. "Verdunkelungsübungen", alle Fenster mussten mit Decken verhangen werden, die eh schon spärliche Strassenbeleuchtung wurde ausgeschaltet, und es wurde, wenn ich mich recht erinnere, von der ZV überwacht. Den Sinn habe ich damals nicht verstanden, aber im Nachhinein betrachtet, war es wieder eine weitere Kriegsübung.

    Es freut mich, dass ich mit dem Bericht ein wenig aus einer für manche unbekannten Perspektive berichten kann. und vor allen Dingen, dass man zum Glück generell überhaupt darüber sprechen kann, obwohl ich sagen muss, dass das "Klappe halten" aus DDR-Zeiten mich bis heute geprägt hat, ich bin eigentlich immer ein verschlossener Typ geblieben.

    Liebe Grüsse, Daniel.

  • Daniel_567
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    • 1. September 2018 um 10:14
    • #5

    Hallo Steffi.

    Zitat von Steffi

    Gott sei Dank gibt es es diese Grenze nicht mehr und wir können alle miteinander in Frieden leben.

    Ja, genau so sehe ich das auch, ich kann aber sagen, dass gerade hier im ehemaligen grenznahen Bereich die Grenze in den Köpfen vieler Menschen bleiben wird, meist von der Alters-Generation 45+, meiner Meinung nach auch teils aus Überzeugung, finde ich schlimm.

    Zitat von Steffi

    Unsere deutsche Geschichte hat den Menschen in West und Ost sehr viel Leiden gebracht.

    Von meinen Eltern und Grosseltern weiss ich, dass meine Urgrossmutter z.B.immer sehr verbittert war, sie war in den 1920er Jahren aus dem Raum Langelsheim hier her gezogen, und hat, immer wenn es möglich war, mit ihrer Schwester in Höxter telefoniert, was auch ein riesen Problem darstellte, erst ein Gespräch anmelden, und dann konnte man ja auch nicht alles sagen. Sie ist nie mit der Teilung klar gekommen.

    Über diese Erlebnisse könnte ich noch so vieles berichten, aber dass alles zu schreiben ist für mich gar nicht so einfach, und es würde ins politische abrutschen.

    Liebe Grüsse aus der Börde, Daniel.

  • claus-juergen
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    • 1. September 2018 um 15:17
    • #6

    hallo Daniel,

    vielen Dank für deinen toll recherchierten und sehr informativen Beitrag. Elke und Steffi haben Kommentare abgegeben, die genau meiner Einstellung entsprechen.

    Ich hatte nie Verwandte "drüben" und war und bin auch heute fest in westliche Strukturen eingebunden. Für mich war die DDR immer eine Diktatur, die dem NS-Regime nur wenig nachstand.

    Wir wurden im Westen aber auch so erzogen, daß wir ständig vor der riesigen sowjetischen Militärmaschinerie im Verbund mit den anderen Warschauer-Pakt-Staaten Angst hatten. Zahlen von Waffensystemen wurden ebenso wie die Anzahl der Soldaten verglichen. Gerade in jungen Jahren hatte ich Angst vor einem Atomkrieg und dem möglichen Einmarsch der DDR Volksarmee und deren Verbündeten zumal die zumindest auf dem Papier uns haushoch überlegen waren.

    Erst nach der Wende sah auch ich, daß diese Angst zumindest teilweise unbegründet war, weil ein Großteil der militärischen Infrastruktur mehr als marode war.

    Für mich gehören das Wachhalten der Erinnerungen auch durch solche Berichte wie deinen zum Leben. Politische Bildung in Deutschland darf nicht nur Adolf und dessen "1000 Jähriges Reich" umfassen, sondern genauso die DDR-Diktatur. Leider kommt dies jedoch in den Lehrplänen ebenso wie die deutsche Geschichte vor 1933 kaum zur Geltung.

    In diesem Zusammenhang passt vielleicht noch mein Bericht über "Klein Berlin Mödlareuth"

    Mödlareuth - Klein Berlin mitten in Deutschland

    Auch diese drei Rätsel ergänzen das Thema:

    1723 - Allgäu > Nähe von BODELSBERG /GÖRISRIED > Flugkörper-Bereitschaftsstellung Ochsenhof

    D - 1746 Bayern > Oberbayern > SCHWABSTADL > Lechbrücke > ehemalige Zollbrücke

    1509 Bayern > Sperreinrichtung (Trägerstecksperre) am Lech

    Nur nebenbei erwähnen möchte ich, daß ich mich wirklich über die erfolgreiche Wiedervereinigung freue. Was kann ich dafür, daß ich zufällig im Westen geboren bin und was kannst du dafür, daß es bei dir zufällig umgekehrt war.

    Wie Steffi schon schreibt, hätten wir uns nie kennengelernt, wenn diese unmenschliche mörderische Grenze heute noch bestehen würde. Da haben wir Korea was voraus. Da können die Koreaner auch noch was von uns lernen.

    grüsse

    jürgen

  • Daniel_567
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    • 2. September 2018 um 09:17
    • #7

    Hallo Jürgen.

    Vielen Dank für Deine ergänzenden Links, ich bin ihnen mit grossem Interesse gefolgt.

    Zitat von claus-juergen

    Wir wurden im Westen aber auch so erzogen, daß wir ständig vor der riesigen sowjetischen Militärmaschinerie im Verbund mit den anderen Warschauer-Pakt-Staaten Angst hatten.

    Hier war es genau anders herum, es wurde die NATO als Feind dargestellt.

    Zitat von claus-juergen

    Gerade in jungen Jahren hatte ich Angst vor einem Atomkrieg und dem möglichen Einmarsch der DDR Volksarmee und deren Verbündeten zumal die zumindest auf dem Papier uns haushoch überlegen waren.

    Zum Glück ist es dazu nie gekommen. Und wie diese Situation ausgegangen wäre, da wage ich gar nicht dran zu denken.

    Die Verbündeten (Sowjets) waren ja hier sehr präsent, im Umkreis von wenigen Kilometern kann ich mindestens 4 Stellen benennen, wo sich Stützpunkte bzw. kleinere und grössere Bunker befanden. Ob dieser aus 15 Staaten zusammengewürfelte Haufen im Ernstfall richtig funktioniert hätte, kann ich nicht sagen, intern gab es unter den kleinen Soldaten oft Streit, weil einer den anderen nicht mochte. Und wie sie oft behandelt wurden von den Vorgesetzten, ich weiss nicht, ob das alles förderlich für das gute Funktionieren der Armee gewesen ist.

    Ich sehe es auch so, gut dass es 1989 so gekommen und friedlich geblieben ist, und wir uns schreiben und besuchen können, wann immer wir wollen. Und es spielt keine Rolle, wer wo wann geboren wurde.

    Viele Grüsse, Daniel.

  • Daniel_567
    GZ-Tester
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    • 9. April 2019 um 19:48
    • #8

    Heute Abend um 21.00 Uhr wird im MDR die Reportage "Das Geheimnis von Harbke - Operation Grenzkohle" gesendet.

    Harbke befindet sich nur wenige Kilometer nördlich von Hötensleben, dort befand sich ein Tagebau, durch den direkt die innerdeutsche Grenze verlief. Dieser Tagebau wird mitlerweile geflutet, dort entsteht der Lappwaldsee (südlich von Helmstedt).

    https://de.wikipedia.org/wiki/Helmstedter_Braunkohlerevier

    Nachtrag: Und wie ich gerade sehe, ist es auch schon in der Mediathek verfügbar.

    https://www.mdr.de/mediathek/fern…s-1638fa4e.html

    Viele Grüsse, Daniel.

    Einmal editiert, zuletzt von Daniel_567 (9. April 2019 um 19:58)

  • Gast001
    Gast
    • 10. April 2019 um 09:09
    • #9

    Danke, Daniel, für den Tipp mit der Mediathek!

    Will ich mir unbedingt ansehen!

    Lieben Gruß,

    Elke

  • Gast001
    Gast
    • 10. April 2019 um 15:01
    • #10

    NACHTRAG:

    Ein absolut sehenswerter, spannender Beitrag!

    45 min, die sich gelohnt haben und eine gute Erweiterung und Vertiefung Deines Berichtes sind.

    Es ist unglaublich, was alles möglich war .... und wovon man nichts wusste.

    Daniel, wie weit ist es von Dir bis zum künftigen Lappwaldsee?

    Ein paar Bilder noch bevor der See gefüllt ist, wären Zeitdokumente für die Zukunft. Sicher wird das ein kleines Naturparadies!

    Liebe Grüße,

    Elke

    Schade, das der Beitrag in der Mediathek irgendwann nicht mehr aufrufbar ist

    Hier der zusammenfassende Begleittext

    Zitat

    Das Geheimnis von Harbke - Operation Grenzkohle

    Ein Film von Peter Simank

    Spoiler anzeigen

    Schießbefehl, Minenfelder und Selbstschussanlagen prägten jahrzehntelang die innerdeutsche Grenze und verwandelten sie in einen Todesstreifen. Dass es in der Grenzgemeinde Harbke in der Börde ein Schlupfloch gab, weiß bis heute kaum jemand.



    "Es ist heute unvorstellbar. Der Grenzübergang Marienborn liegt keine drei Kilometer entfernt, da gab es elf Hektar betonierte Fläche mit Schlagbäumen, Stacheldraht und Wachtürmen unter strengster Bewachung der Grenztruppen. Und in Harbke haben sie ein einfaches Gartentürchen in der Grenze", erinnert sich die Historikerin Christiane Rudolph.



    Ein einfacher Maschendrahtzaun markiert hier damals die innerdeutsche Grenze. Sogar für die Grenztruppen der DDR ist die Staatsgrenze an dieser Stelle tabu. Denn hier zerschneidet die Grenze zwischen den Sektoren nach 1945 den Braunkohletagebau Wulfersdorf und das angeschlossene Kraftwerk Harbke. Es war unzerstört geblieben und konnte so nach 1945 noch Strom produzieren - für die Ost- und die Westzone. Bis 1952 bleibt der Betrieb der Braunschweigischen Kohlebergwerke AG eine Einheit - mit Arbeitern, die in der einen Zone leben und in der anderen arbeiten. Doch am 26. Mai 1952 schließt die DDR auch hier die Grenze zur Bundesrepublik. Dramatische Szenen spielen sich ab, Gleise werden aufgerissen und Stromkabel zerschnitten. Die Braunkohleförderung kommt zum Erliegen. Rund 1.800 Bergleute verlieren ihre Arbeit und werden zum Teil in sächsische Braunkohlegebiete umgesiedelt.



    Erst nach mehr als zwei Jahrzenten, als auf beiden Seiten die Kohle zur Neige geht, gelingt in Harbke das schier Unglaubliche: 1976 werden die Grenzanlagen komplett abgebaut und der Tagebau Wulfersdorf wird wieder eröffnet. Vorangegangen war höchste innerdeutsche Diplomatie, erinnert sich Michael Gehrke, Stadtrat in Helmstedt: "Der Bundestag wurde damals sogar aus den Ferien gerufen, um diesen Vertrag zu Ende zu bringen. Das war eine Sensation unter den damaligen Verhältnissen, wo man sich oft nur waffenklirrend gegenüberstand. Und hier hat man eine vernünftige Zusammenarbeit hinbekommen."



    Am 3. November 1976 um 9:30 Uhr überquert der erste Bagger aus Westdeutschland die Grenzlinie, zwei Jahre später steht der erste DDR-Bagger auf bundesdeutschem Gebiet. Doch außer in Harbke bleibt das Loch in der Grenze nahezu unbekannt. Dafür sorgt die Staatssicherheit der DDR mit der MfS-Aktion "Pfeiler". "Über den Abbau des Grenzkohlepfeilers wurde ein Mantel des Schweigens gestreift. Man wollte nicht, dass etwas nach draußen dringt, dass hier eine Grenze existiert, die ein Loch hat", so Reiner Orlowski, ehemaliger Direktor im VEB Braunkohlekombinat Harbke.



    Zehn Jahre später, 1986, sind die Kohlevorräte erschöpft. Die DDR-Grenztruppen übernehmen wieder das Regime. Auf einem extra aus Abraummassen aufgeschütteten Damm sollen die Grenzanlagen wieder errichtet werden. Doch dazu kommt es kaum noch. 1989 überrollt der Mauerfall den Wiederaufbau des Todesstreifens.

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