Das Deutsche Ledermuseum in Offenbach

  • Im Jahr 1776 gründete der Buchbinder Joseph Anton Mönch, der bereits 1764 aus Stuttgart nach Offenbach gekommen war und im Dienste der Fürsten von Isenburg stand, seine eigene "Etuis- und Souvenirfabrik".
    Weitere Offenbacher "Portefeuille-Fabriken" wurden bis zum Ende des Jahrhunderts gegründet. Diese beschäftigten Buchbinder, Portefeuiller, Galanteriesattler und Riemer, womit ein hochqualifiziertes Gewerbe entstand.
    Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war Offenbach zur deutschen Lederstadt mit Weltruhm geworden.


    In den 70er und 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts verlagerte sich die Lederwarenproduktion mehr und mehr in Billiglohnländer und die Offenbacher Lederwarenfirmen wurden immer weniger.
    Mit der Firma "Goldpfeil" starb 2011 die letzte bekannte Lederwarenmarke in Offenbach.



    Das Deutsche Ledermuseum ist ein Museum in Offenbach am Main, das weltweit einzige Museum, das die Herstellung, Verzierung und Verwendung des Materials Leder präsentiert.
    Es wurde 1917 von Hugo Eberhardt gegründet, ursprünglich als Sammlung von historischen Vorbildern für die Ausbildung junger Produktgestalter, Handwerker und Lederwarenproduzenten.
    Bis heute konnten mehr als 30.000 Objekte aus allen Kulturen und Epochen zusammengetragen werden, die sich auf drei Sammlungsbereiche – die Angewandte Kunst, die Ethnologie und das Deutsche Schuhmuseum – aufteilen.
    Am 13. März 2017 feierte das "Deutsche Ledermuseum" in Offenbach seinen 100. Geburtstag!
    Zum Jubiläum organisierte das Deutsche Ledermuseum (DLM) in Offenbach die derzeitige Ausstellung.
    Diesmal geht es unter dem Titel "LEDER.WELT.GESCHICHTE: 100 Jahre Deutsches Ledermuseum (1917–2017)" um herausragende Sammlungsobjekte des DLM mit ihrer individuellen Geschichte und Beschaffenheit. In verschiedenen Themengruppen wie "Die Lederstadt Offenbach", "Mit Leder leben", "Leder macht Geschichte" und "Leder öffnet Welten" werden hochkarätige Objekte aus den drei Sammlungsbereichen ausgewählt und mit ihren Besonderheiten vorgestellt.


    Ein Zeitungsartikel meiner Lokalzeitung machte mich darauf aufmerksam, dass im Ledermuseum auch Schuhe von Kaiserin Elisabeth ausgestellt sind. Das weckte auch mein vorher wenig ausgeprägtes Interesse am Ledermuseum.


    Das Museum ist seit 1938 im ehemaligen Lagerhaus der Offenbacher Messe, das 1829 im klassizistischen Stil erbaut wurde, untergebracht. Das Gebäude wurde erforderlich, da 1828 eine Zollvereinbarung zwischen dem Großherzogtum Hessen und dem Königreich Preußen geschlossen wurde, der die Messestadt Frankfurt zunächst nicht beitrat. In der Folge veranstaltete Offenbach ab September 1828 mit großem Erfolg eine eigene Messe. 1836 schloss sich die Stadt Frankfurt dem erweiterten Deutschen Zollverein an, was zum Ende der Offenbacher Messe führte.
    Das Bauwerk wurde 1938 nach Plänen Eberhardts umgebaut und seitdem als Museum genutzt.



    Ein Nashorn aus Leinen (Rupfen) mit Ledersattel ist der neueste Ankauf des Museums und stammt aus der Spielzeugproduktion der DDR (1970).
    Das Nashorn war nicht frei käuflich, sondern wurde an Kindergärten verteilt und ging (wie so vieles) in den Export.



    Das Nashorn steht auf einer "Tiroler Truhe", die der Museumsgründer Hugo Eberhardt 1912 aus einem Urlaub in Südtirol mitbrachte.
    Die Holztruhe mit Lederüberzug stammt aus einem Tiroler Schloss und war der erste Ankauf für das Ledermuseum, das erst fünf Jahre später eröffnet wurde.
    Im Hintergrund erzählt ein Film mit Marionetten der Augsburger Puppenkiste den Kindern etwas über das Ledermuseum.


    Das Deutsche Schuhmuseum mit über 15.000 Exponaten vereint internationale Fußbekleidung aus vier Jahrtausenden.



    Einen besonderen Schwerpunkt bilden die zahlreichen Seidenschuhe des Adels aus dem 18. Jahrhundert.
    Da wollte ich hin!



    In der rechten oberen Ecke der Vitrine im Hintergrund seht Ihr einen Plateauschuh von den Spice-Girls.


    Die vordere Vitrine fand ich interessanter.



    Ein Ballschuh der Kaiserin Elisabeth von Österreich (Sissi).




    Darunter stehen ein Paar Pantoffeln ihres Gatten, Kaiser Franz Joseph I. von Österreich.



    Darunter hat man einen Schuh von Zarin Alexandra Fjodorowna platziert.



    In der rechten unteren Ecke finden wir einen Schuh von Marie Louise von Österreich, Gattin von Napoleon Bonaparte und damit Kaiserin von Frankreich.



    Darüber steht ein bestickter Stiefel von Kaiser Ferdinand I. von Österreich.



    Nicht adelig, aber nicht weniger bekannt, Zarah Leander mit ihrer prägnanten Altstimme. "Kann denn Liebe Sünde sein..."
    Auch ein Schuh von ihr.



    In einer anderen Vitrine: Ein weiterer Seidenschuh den Kaiserin Elisabeth getragen haben soll.



    Eigentlich waren die Schuhe zu dieser Zeit nicht so wichtig weil sie unter der Krinoline kaum jemand zu Gesicht bekam.


    So wie in Frankreich Kaiserin Eugénie den Ton in Fragen der Mode angab, war das in Wien Pauline Metternich, eine Enkelin des einflussreichen österreichischen Politikers Klemens Metternich, und nicht die Kaiserin.
    Pauline meinte, Elisabeth passe nicht in die Rolle einer Kaiserin, und übernahm kurzerhand deren Pflichten, unter anderem das Organisieren von großen Festen und das Vorführen der aktuellen Mode.
    Die regelrechte Feindschaft zwischen Pauline und der Kaiserin war bei Hof kein Geheimnis und wurde geradezu mit Genugtuung verfolgt und für Intrigen genutzt.



    Die schwarzen Schuhe der späteren Jahre der Kaiserin und die Brautstiefel der Metternich stehen hier friedlich beieinander.




    Lederpantoffeln von Kaiser Franz I. von Österreich.



    Ein Schuh von Maria Theresia Isabella, Erzherzogin von Österreich, die durch Heirat mit Ferdinand II. von Bourbon zur Königin beider Sizilien wurde.



    Aber auch Schuhe aus der Neuzeit schrieben Geschichte und sind hier ausgestellt.



    Als Joschka Fischer von den "Grünen" am 12. Dezember 1985 zu seiner Vereidigung zum Staatsminister für Umwelt und Energie im Hessischen Landtag in Jeans, grobem Sakko, ohne Krawatte und in eben diesen Turnschuhen erschien, war die "Turnschuhfraktion" geboren.


    Ein Damenschuh für Herren!


    Fetisch-Pumps aus der Mitte der 30er Jahre. Die Absätze sind 20 cm hoch!
    Das Laufen in solchen Schuhen muss wohl schmerzhaft gewesen sein, oder? Aber dafür waren sie ja auch nicht gemacht! :wink:


    Wir verlassen die Schuhe. Es gibt ja auch noch andere Verwendungen von Leder.


    Ein Schrankkoffer aus dem beginnenden 20. Jahrhundert.



    Auch frisieren lassen wollte sich die noble Dame unterwegs.



    Die Zylinder-Hutschachtel aus Kalbleder von J. W. von Goethe



    Was macht der Hausschuh daneben?


    Der 72-jährige Goethe verliebte sich im Jahre 1821 während eines Kuraufenthaltes in Marienbad in die erst 17-jährige Theodore Ulrike Sophie von Levetzow. Zum letzten Mal in seinem Leben verspürte er "eine große Leidenschaft".
    Bei einem Zusammentreffen 1823 veranlasste Goethe Großherzog Karl August von Sachsen-Weimar-Eisenach, in seinem Namen um die Neunzehnjährige zu werben. Vergeblich!
    Seinen Schmerz über die Abweisung des Heiratsantrags drückte Goethe dann in seiner "Marienbader Elegie" aus.
    Hier stehen die Hausschuhe von Ulrike von Levetzow neben Goethes Zylinderschachtel. Sie sollen von der Besitzerin selbst bestickt worden sein.


    Eine Brieftasche von Kaiser Wilhelm I.


    Bucheinband für Kaiser Wilhelm I.


    Ein Bucheinband mit dem Bild Luthers.


    Eine Lutherbibel aus dem Jahre 1761.


    Das kleinste Buch der Welt!


    Die tatsächliche Größe der Büchlein wird durch das Lupenglas verfälscht!


    Ein Wappenbrief in Pergament von Kaiser Leopold I. aus dem Jahre 1693.



    Ein rätselhaftes Schiffsmodell aus dem 19. Jahrhundert aus Rind- und Schafleder das ein Frankfurter Bürger 1917 ersteigerte.



    Die teilweise noch erkennbare Bemalung deutet auf eine englische Beflaggung hin.
    Das blasse Wappen auf dem vorderen Großsegel war bisher nicht zuzuordnen.
    Warum und für wen das Schiff hergestellt wurde liegt bisher im Dunkeln.


    Mehr weiß man inzwischen über diesen Elefanten aus Eberleder.



    Als Hugo Eberhardt im Sommer 1925 in einer Frankfurter Kunsthandlung diesen Spielzeugelefanten erstmals sah, ahnte er nicht, dass der Babyelefant aus der Sammlung von Louis XV. stammt.
    Als Dauphin (Thronfolger) erhielt er ihn von der Stadt Paris zum Geschenk.


    Damit war mein Rundgang durch das Deutsche Ledermuseum von Offenbach beendet.
    Ich habe hier nur einen kleinen Ausschnitt der reichhaltigen Ausstellung, meinen Interessen entsprechend, gezeigt.
    Die Räume mit fernöstlichen Scherenschnitten, die Lederwaren der Eskimos, Indianer, Afrikaner, Indios, usw. habe ich nicht fotografiert.


    Eine leere Vitrine fiel mir noch auf.
    Da waren früher Schrumpfköpfe ausgestellt. Aus ethischen Gründen hat man diese erst mal eingemottet.



    Liebe Grüße von waldi :174:

  • Oh ich denke das dieses Museum auch mir gefallen würde...

    Das denke ich auch! Dabei zeige ich nur einen kleinen Teil der Ausstellung.
    Hast Du Lust? Ich habe noch einen Gutschein für freien Eintritt für zwei Personen. Den verschenke ich gerne.
    Allerdings gilt er nur bis zum Jahresende. Das sind nur noch sieben Wochen.



    Liebe Grüße von waldi :174:

  • Wenn ich mir all diese kunstvoll gearbeiteten Schuhe anschaue, so bewundere ich die handwerkliche Kunst der damaligen Schuhmacher. Und ich bedaure die Damen, die sich mit diesen Schuhen fortbewegen mussten. Wenn ich dagegen die meist bequemen Pantoffeln und Stiefel der Männer anschaue.... Na ja,heute ist es ja auch (manchmal) noch ähnlich.


    Leder oder Stoff...damals gab es keine Alternativen.Etuis, Geldbörsen, Buchhüllen, alle sorgfältig und schön gearbeitet waren eine Anschaffung für's Leben.
    Und heute...das ganze Synthetikzeug, meist zum Wegwerfen nach kurzer Zeit.
    Gute Lederarbeiten sind heute teuer.


    Die meisten unserer Kunststoffwaren werden wohl kaum einmal Platz in einem Museum finden, so wie all die hübschen Dinge aus Leder, die man in Offenbach zusammengetragen hat und die mir sehr gut gefallen.


    Danke für die gelungene Auswahl der Bilder und für diesen Bericht, Waldi.


    Liebe Grüße,
    Elke

  • hallo Waldi,


    danke für deinen detaillierten Bericht eines Museums von dem der Name "Ledermuseum" erst mal nichts besonderes verspricht. Ich glaube, da könnte ich mich auch längere Zeit drin aufhalten. Spürt man doch förmlich die Geschichte in den ausgestellten Dingen.


    Das Thema Schrumpfköpfe kommentiere ich lieber nicht weiter. Zum Glück haben sich hier gesellschaftsübergreifend die Ansichten dahingehend geändert, daß so etwas nicht ausgestellt wird.

    ....
    Leder oder Stoff...damals gab es keine Alternativen.Etuis, Geldbörsen, Buchhüllen, alle sorgfältig und schön gearbeitet waren eine Anschaffung für's Leben.
    Und heute...das ganze Synthetikzeug, meist zum Wegwerfen nach kurzer Zeit.
    Gute Lederarbeiten sind heute teuer.
    ....

    hallo Elke,


    ja, billig muß es sein und schnell kaputt gehen, daß gleich wieder was neues oder dem ständig wechselnden Geschmack entsprechendes gekauft wird. Dann sind alle bis hinauf zum Finanzminister scheinbar zufrieden. ;)


    grüsse von jemanden, der einen alten verschlissenen Ledergeldbeutel seit vielen Jahren in Gebrauch hat.


    jürgen

  • Aber trotzdem herzlichen dank für dein Angebot.


    Wenn es für Dich zu weit ist, Dieter, dann ist der Gutschein frei für einen anderen Interessenten!

    Ich habe noch einen Gutschein für freien Eintritt für zwei Personen. Den verschenke ich gerne.
    Allerdings gilt er nur bis zum Jahresende.


    Der reguläre Eintritt für eine erwachsene Person beträgt 8 Euro!
    Vielleicht kommt doch noch einer in die Frankfurter Gegend. Keine 10 Minuten von der A3 weg!


    Die meisten unserer Kunststoffwaren werden wohl kaum einmal Platz in einem Museum finden


    Das brauchts doch nicht, Elke. Wir finden sie doch weltweit an den Stränden wieder! X( (Was mich wieder an Korfu erinnert!)


    Übrigens: Das älteste Ausstellungsobjekt wird auf etwa 4000 v. Chr. datiert!
    Das Rohhautgefäß wurde bei Ausgrabungen in Gebelein (früher Inerty, Ägypten), unweit des Nils, ca. 40 km südlich von Theben, als Teil einer Grabausstattung gefunden.




    Liebe Grüße von waldi :174:

  • Das hier auch Sissi vertreten ist hat mich doch gewundert.

    Schuhe der Kaiserin sind gar nicht sooo selten zu finden, Josef.
    Laut spanischem Hofzeremoniell, das am Wiener Hof streng beachtet wurde, durfte die Kaiserin ihre Schuhe nur 1 Mal tragen. Dann wurden sie verschenkt.
    Ob es tatsächlich so streng gehandhabt wurde weiß ich nicht.
    Kaiserin Elisabeth wehrte sich erst nach einigen Jahren gegen diese Regel und trug ihre Schuhe, besonders ihre Wanderschuhe, über einen längeren Zeitraum.
    Für die Hofschuhmacher war die alte Regel allerdings ein Segen!
    So hat alles seine zwei Seiten.



    Liebe Grüße von waldi :174:

  • Waldi danke, da habe ich wieder etwas von Kaiserin Sissi dazugelernt.
    Habe zwar etliche Bücher über Sissi zu Hause. Aber leider noch nicht alle gelesen.

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