D- 1671 Baden-Württemberg > HEILBRONN > Kilianskirche > das Männle

  • Baden Württemberg oder ist das zu weit südlich

    Da liegst Du richtig, Dieter!
    Das "Kiliansmännle" steht auf dem 63,7 Meter hohen Westturm oder Kiliansturm der Kilianskirche von Heilbronn am Neckar.
    Seine Spitze ziert ein rein weltliches Symbol: ein Bannerträger der Reichsstadt, der "Steinerne Mann", heute im Volksmund das "Männle" oder auch "Kiliansmännle" bezeichnet.


    Die 2,32 m hohe Skulptur stellt einen Stadtsoldaten in Landsknechtsuniform mit Federbarett und Breitschwert dar. In der rechten Hand hält er die Stadtwappen-Standarte. Die 1529 vom Baumeister Hans Schweiner geschaffene Figur stand bis Ende des 19. Jahrhunderts auf dem Kirchturm. Heute steht das Original im Rathaus und auf der Kirchturmspitze befindet sich eine Nachbildung.


    Warum der Adler in der Windfahne aber auf einem Drachen steht ist mir rätselhaft. Das Wappen von Heilbronn zeigt eigentlich nur den Reichsadler.



    Liebe Grüße von waldi :174:

  • Gut gelöst, waldi!



    Das "Männle" steht hoch oben über der Stadt auf der Kirchtumspitze. Man muss genau hinsehen um es zu sehen ( oder ein Tele benützen)




    Der Turm der Heilbronner Kilianskirche gehört zu den ungewöhnlichsten Renaissancekirchtürmen.


    eigenes Bild von 2008


    Der aus Weinsberg stammende Heilbronner Stadtbaumeister Hans Schweiner war 1507 vom Rat der Stadt mit dem Bau des Westturmes der Kilianskriche beauftragt worden, 22 Jahre später war der Turm mit dem Aufsetzen des Steinernen Mannes beendet.




    Es war ungewöhnlich, dass die Spitze eines Kirchturm kein Kreuz zierte, sondern , wie hier, ein "Männle", der wie ein Landsknecht ( Stadtsoldat ) gekleidet ist.


    In der Zeit um 1529 gärte es in Heilbronn.
    Die Stadt bekannte sich offen zu den Lehren Martin Luthers, obwohl die österreichische Regierung des Herzogtums Wirtemberg (Karl V , bzw. Erzherzog Ferdinand) diese Entwicklung in der Freien Reichsstadt missbilligte.


    ( 1531 wurde in der Kilianskirche die Messe abgeschafft, 1532 eine evangelische Gottesdienstordnung eingeführt und die Reformation endgültig durchgeführt.)


    Mit den Figuren hoch oben am Turm der Kilianskirche nahm Hans Schweiner u.a. die Missstände und Laster der Zeit, vor allem der zeitgenössischen Priestern und Ordensleute auf Korn. ( Ein Affe in Ordenskleid, Mönch und Nonne vereinigt in einem Raubvogelleib, ein Hammel im Gewand eines Karmeliters usw)


    Der Turm dürfte manchem Zeitgenossen nicht gefallen haben. Einer von ihnen nannte den Turm : Ein "Bösewicht bis in den Himmel"


    Das Männle statt eines üblichen Kreuzes dürfte ein Ausdruck des Selbstbewusstseins der Heilbronner Bürger und des Protestes gegen die damalige Kirche sein.


    Der Adler im Stadtwappen hat den Drachen in den Fängen - vermutlich als Symbol der kirchlichen Missstände der damaligen Zeit.


    Das "Männle" schaut genau nach Westen, Richtung Speyer.
    Dort fand 1529 ( dem Jahr der Fertigstellung des Turmes) der Protestationsreichstag zu Speyer statt.


    Zitat
    Quelle
    "Als der Kaiser damals die Organisation der evangelischen Landeskirchen verbieten will, gehören die Heilbronner zu den Protestanten. Ausdruck dieses Protestes könnte der Soldat sein. Ihn und kein Kreuz haben die Reichsstädter mit Hans Rießer an der Spitze "grad zum Bosse" gegen den Kaiser und den alten Glauben auf ihre Kilianskirche gestellt."


    Die Kilianskirche wurde bei dem Luftangriff vom 4.12.1944 stark beschädigt.
    In jahrzehntelanger Arbeit wurde sie wiederhergestellt.


    Die Besteigung der Turmanlage ist auf Anfrage möglich, Telefon (ohne Gewähr) 07131 86869 oder 82253 oder
    Tourist-Information
    Kaiserstraße 17
    74072 Heilbronn


    Telefon +49 (0) 71 31/ 56 22 70
    Telefax +49 (0) 71 31/ 56 33 49
    info@heilbronn-marketing.de
    zur Homepage


    Die Heilbronner sind auch in neuerer Zeit einfallsreich, wenn es drum geht, sein Missfallen kundzutun ^^


    s.hier
    D_0280 Baden-Württemberg : HEILBRONN > Götzzitat


    Gruß,
    Elke

  • Hallo Elke!


    Du hast uns da eine architektonische Besonderheit ersten Ranges nähergebracht.


    Eigentlich sollten es ja zwei Westtürme an der Kilianskirche geben. Das ist noch am mächtigen rechteckigen Unterbau zu erkennen.
    Dann hat man sich auf einen Turm beschränkt und auf einen quadratischen Mittelteil einen achteckigen Turm aufgesetzt auf dessen Laterne das Kiliansmännle steht.


    In dem oberen Teil des quadratischen Turmes befindet sich die große Glockenstube.
    Der Türmer bewohnte den untersten Teil des achteckigen Turmes. Der hatte immer einen tollen Ausblick!
    Ob ich mich trauen würde die fantastische außenliegende Wendeltreppe zum "Tanzboden" hochzusteigen? Ich habe da meine Zweifel. :roll:
    Auf der obersten Stufe der Wendeltreppe versperrt ein knieender Landsknecht, ein weiterer Turmwächter, den Weg.
    Natürlich musste der Türmer es wagen wenn er in die (heute nicht mehr genutzte) obere Glockenstube kommen wollte, oder gar in die Laterne, die wie ein Krähennest auf einem Schiff, in schwindelnder Höhe den weitesten Blick zuließ.


    Der Zeitgeist beim Bau des Turmes schlug sich sichtbar in der Gestaltung der äußeren Darstellungen nieder. Da räkeln sich Fabelwesen, Menschenleiber mit Fischschwänzen, Bischöfe und Mönche mit Vogelschnäbeln und doppelter Zunge, bis hin zum Kopf eines türkischen Sultans.
    Wer sich die reichhaltigen Verzierungen und Reliefs an den Säulen, Gesimsen und Bögen genauer betrachten möchte, dem empfehle ich die "Beschreibung und kunstgeschichtliche Einordnung des Westturms der Heilbronner Kilianskirche" als Lesestoff.
    httpss://stadtarchiv.heilbronn…-halbauer-kiliansturm.pdf


    Elke, dank Deines Rätsels weiß ich jetzt auch was unter "strebekatzenziehen" zu verstehen ist!
    Herzlichen Dank für diese bildende Anregung.



    Liebe Grüße von waldi :174:

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