Als jemand, der ca. 15 Jahre lang in München gearbeitet hat und eigentlich auch überall in der Stadt herumgekommen ist, kenne ich natürlich die Borstei an der Dachauer Straße im Stadtteil Moosach. Schon immer zog mich diese Siedlung aufgrund ihrer Bauweise besonders an. Vor einem Jahr habe ich mir endlich einmal die Zeit genommen, diese architektonische und städtebauliche Besonderheit mal genauer anzusehen. Die mittlerweile 90 Jahre alte Wohnsiedlung mitten in der Stadt war damals etwas Besonderes und ist es auch heute noch. Die Bewohner lieben ihre Borstei.
Warum dies so ist, könnt ihr aus dem folgenden Wikipedia-Artikel entnehmen
httpss://de.wikipedia.org/wiki/Borstei
Ich habe im folgenden Bildbericht einige Passagen daraus kopiert.
Von außen schaut die Borstei ja aus wie eine gewöhnliche Mietskaserne wie sie in Massen vor dem Krieg errichtet wurden.
Die Siedlung besteht aus 77 Reihenhäusern, die sieben Höfe bilden. Die Gesamtfläche beträgt 68.690 m², davon sind 19.062 m² überbaut (ca. 23 %). Die insgesamt 773 Wohnungen haben eine Fläche von 70.200 m², woraus sich eine Durchschnittsgröße von ca. 91 m² ergibt. Die Höfe sind Grünanlagen mit zahlreichen Pflanzungen und geschmückt mit 51 Statuen, einem Teich und neun Brunnen.
Aber man sieht es auf Anhieb. Zwischen den Gebäuden wurde bereits in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts ausreichend Platz gelassen.
Die meisten Höfe sind für den Anliegerverkehr freigegeben. Für Fahrzeuge stehen 268 Garagen und 46 Stellplätze zur Verfügung, was im Verhältnis zur Größe der Wohnanlage und im Vergleich zu Neusiedlungen wenig, für eine so alte Anlage jedoch viel ist.
Es gibt 73 Gewerberäume, darunter eine Ladenstraße mit 14 Läden, ein Café und zwei Kindergärten.
Eigentlich klar, daß auch dem Erbauer ein Denkmal gesetzt wurde.
Als neuen Standort seines Bauunternehmens erwarb Bernhard Borst 1923 ein ca. 90.000 m² großes Grundstück an der Dachauer Straße. Neben Werkstätten sollten dort auch Wohnhäuser entstehen, Borst schrieb dafür einen Architekturwettbewerb aus. Unter den 60 Einreichungen, die im Münchner Glaspalast ausgestellt waren, wurden zwar zwei 2. Preise vergeben, jedoch kein Sieger gekürt. Borst erstellte nun selbst einen Entwurf, und so entstanden in den Folgejahren mehrere in Höfen angeordnete, durch Gewölbe und Durchfahrten verbundene Wohnhäuser. 1927 zog Borst den Architekten Oswald Bieber hinzu.
Im Jahre 1928 erhielt die Borstei das erste zentrale Heizkraftwerk Deutschlands, das auch heute noch in Betrieb ist. Die Zwei-, Drei- und Vier-Zimmerwohnungen boten einen für die damalige Zeit unüblichen Komfort: Zentralheizung, fließend heißes Wasser aus dem angegliederten Heizwerk, Gasherde, Parkett, Bad, Waschbecken und Bidet, beheizte Garagen und Kinderspielplätze in den Höfen. Die Wäsche konnten die Mieter in der Großwäscherei der Borstei abgeben, die sie innerhalb von 24 Stunden schrankfertig zurücklieferte. Für Arbeiten im Haus stehen den Mietern stundenweise - auch heute noch - Schreiner, Installateure, Gärtner, Maler und andere Handwerker zur Verfügung.
Auch ein Museum gibt es in der Siedlung.
Mit dem Bau der Borstei verwirklichte der Unternehmer Borst eines seiner Ideale: „So suchte ich die Wohnfrage zu lösen: Das Schöne des Einfamilienhauses mit dem Praktischen einer Etagenwohnung zu verbinden. Dabei wollte ich alles auf die Entlastung der Hausfrau und auf die Gesundheit der Menschen abstimmen.“
Daneben war die Verwebung von Kunst und Natur von großer Bedeutung für Borst und den Entwurf der Anlage. So finden sich in den Freianlagen verschiedene Skulpturen und Reliefe sowie Fresken an den Gebäuden. Borst, der nach dem Zweiten Weltkrieg selbst in der Borstei lebte, organisierte für die Bewohner Gartenkonzerte und für die Kinder der Siedlung Faschingsfeiern und Sommerfeste. Die Borstei entwickelte sich in den 1930er Jahren schnell zu einem Wohngebiet des höheren Bürgertums.
Auch heute noch sind die Wohnungen wegen ihrer relativ zentralen Innenstadtlage mit viel Grün sehr gefragt. Mir gefällt vor allem, daß ein damals fortschrittliches Bauwerk auch knapp 100 Jahre nach seiner Erbauung noch so beliebt und deshalb auch in hervorragendem Zustand ist.
Jürgen