Teil 07:
Natürlich war nun Entspannung angesagt. Zum Baden fuhren wir in den Süden Nerezines an den Strand Bučanje. Der Strand ist Teil eines slowenischen Camping-Resorts, und auch die Nummernschilder sämtlicher KFZ's vor den Unterkünften waren slowenische. Wir entschieden uns für die kleine, runde Bucht vor der Surfschule Marlyn. Es war nicht viel los, es herrschte Ruhe. Die Wellen, die hier in die kleine Bucht kamen, waren aber beachtlich. Wir lagen am Strand und ließen uns treiben. Einige Boote und Jetskis lagen an der dazu gehörigen Mole. Und wir im feinen Kies.
Am Strand Bučanje
Nach 2 Stunden, als unsere Kräfte sich wieder etwas regeneriert hatten, mussten wir selbstverständlich noch Nerezine kennenlernen. Ist ja klar. Vor dem Krieg, der von 1991–1995 dauerte, sollen in Nerezine 2.000 Einwohner gelebt haben. Das ist beachtlich. Nach dem Krieg nur noch 400. Der Ort verfügt auch über eine kleine Werft, in der Schiffe bis zu einer Länge von 15 Metern repariert werden können. Wir parkten nördlich eines Supermarkts am Hafen. Kurz vor dem Hafen kamen wir an einem kleinen Obststand vorbei, doch der clevere Marco war von den Preisen schockiert. Für einen einzelnen Pfirsich verlangte man umgerechnet mehrere Euro. Man wog die Früchte mit einer altertümlichen Waage. Er wollte sich ja nicht über den Tisch ziehen lassen. Und der Hafen von Nerezine entpuppte sich als richtig süß. Er verfügt über eine schöne Atmosphäre, sehenswerte Gebäude, vielen im Wind schaukelnden Booten, einigen Anlegestellen und Molen und einer auch schönen Form. Ich muss sagen, das hätte ich Nerezine nicht zugetraut. Hier kann man wohnen und erhält auch in der näheren Umgebung alles, was man zum Urlauben benötigt. Und viele Leute taten das offenbar auch. Es war eine Menge los. Hübsche Konobas liegen rund um den Hafen. Ich hatte bereits die Konoba Rio entdeckt – kein besonders hochgestochenes Etablissement, eher einfach mit angenehmen Preisen – sie hatten aber Einiges im Angebot, was unserem Geschmack entsprechen würde. Mal schauen, noch waren ein paar Tische frei.
Am Hafen in Nerezine
Unser Weg führte uns zuerst nach Norden; hier befindet sich das kleine Franziskanerkloster, welches uns aber leider keinen Zutritt gewährte. Dann ging es nach Süden an der Promenade entlang. Auf Trampolinen sprangen die Kinder um die Wette. Als wir letztendlich zurück zum Hafen kamen – ich hatte es mir bereits gedacht – waren alle Tische an der auch Marco ansonsten überzeugenden Konoba besetzt. Doch halt, da stand jemand auf. Genau passend für uns. Super! Wir eilten hin und ergatterten den frei gewordenen Tisch. Yes! Und was sahen meine trüben Augen auf der Speisekarte? Girice! Ich liebe diese kleinen Fischchen! Meine Vorspeise stand also fest. Und da man in Kroatien natürlich auch mal Ćevapčići essen muss, hatte ich auch meine Hauptspeise. Marco machte es sich einfach und bestellte einfach eine Dorade mit Mangold, die aber durchaus ansehnlich daherkam. Eigentlich ist die Dorade unser beider Lieblings-Speisefisch. Das Abendessen schmeckte wirklich gut. Zusammen mit drei Bier und einer Cola bezahlten wir am Ende 267 Kuna. Das war ja günstig. Erst nach späterem Sichten der Fotos – Marco hatte auch die Rechnung abgelichtet – wurde mir bewusst, dass meine Ćevapčići auf der Rechnung vergessen wurden. Was soll ich sagen? Dafür konnten wir nichts, hatten wir es doch im Eifer des Gefechts gar nicht gesehen. Nun ja, manchmal wird man betrogen, manchmal hat man einen Vorteil. So ist das eben.
Am Franziskanerkloster
Girice
Ćevapčići
Dorade
Nach dem Essen bewegten wir uns nach Südwesten. Ich hatte den Eindruck, dass dort noch ein uns bis dato verborgener und auch sehenswerter Ortsteil liegen könnte. Wir liefen die Gassen hinauf, und ich traute meinen Augen nicht. Fast wäre uns der Hauptplatz Nerezines verborgen geblieben. Ein riesiger Dorfplatz mit unzähligen Konobas lag vor uns. Wie unfassbar idyllisch es hier war. Vielleicht hätten wir hier essen sollen. Gemütlich saßen die Menschen im Halbdunkel auf dem stilvollen Platz und aßen, tranken und feierten im Lichte gelber Laternen. Die Dorfkirche, ein Brunnen und einige mit Mäuerchen eingefasste Bäume befinden sich hier. Ich war restlos begeistert. Für mich stand fest: Nerezine ist mit Abstand der drittschönste Ort auf Lošinj, nach Veli und Mali Lošinj. Leider war nur der vorbereitete Marco noch in der glücklichen Lage, hier noch ein paar Foos zu schießen. Mein Akku war leer.
Am Hauptplatz in Nerezine
Habe ich schon mal erwähnt, dass ich Cres und Lošinj liebe? Sicherlich. Nach meinem bescheidenen Gefühl sind dies einfach die schönsten Inseln an der Nordküste Kroatiens, diejenigen, die man am ehesten mit dalmatinischen Inseln vergleichen kann, aber das ist nur mein persönliches Empfinden.
Schweren Herzens verabschiedeten wir uns von Nerezine. Wir hatten ja schließlich noch 30 Kilometer zurückzulegen, bis wir in unser verschlafenes Bergdorf zurück kamen. Als wir der engen Straße hinaufkamen, lagen mitten auf dem Weg einige große Felsbrocken. Ich musste aussteigen und sie wegräumen. Hinter den Bäumen raschelte es noch. Unsere Vermieterin Ana hatte uns erzählt, dass es im Wald etliche Wildschweine gäbe. Wer weiß? Ich glaube, heute köpften wir auf unserem Balkon eine Flasche Orahovac und hatten noch eine angenehme und lustige Zeit in unserem Zuhause.