Der Vierte Advent ist ja bei den meisten dazu da, gemeinsam mit der Familie am Nachmittag bei Weihnachtsgebäck und Tee zusammen zu sitzen. Bei mir war das am letzten Sonntag anders. Da ich wenige Tage zuvor in Oberstdorf war fiel mir auf, daß die Hörnergruppe, eine Kette von Bergen westlich des Illertales fast schneefrei ist. Dies und die Tatsache, daß coronabedingt alle Skigebiete hierzulande gesperrt sind bewog mich, eine Wanderung auf das gerade mal 1586 Meter hohe Bolsterlanger Horn zu wagen. Die Tour ist nicht sonderlich anspruchsvoll. Selbst wenn in Hochlagen Schnee liegen sollte, dürfte der Weg gefahrlos zu begehen sein.
Das Auto habe ich an der Talstation der Hörnerbahn abstellen können. Die ist wie alle Seilbahnen in Deutschland zwar geschlossen. Aber die Tourismusmanager sperrten noch dazu gleich den Parkplatz an der Bahn. Scheinbar geht es dort nach dem Motto: Wenn schon keiner Ski fahren darf und damit Einnahmen aus dem Betrieb der Bergbahnen und den an den Pisten gelegenen Hütten fehlen, dann sollen auch mögliche Wanderer, Schlittenfahrer oder Tourengehen bleiben wo der Pfeffer wächst.
Garmisch - Partenkirchen hat sich dazu in dieser Saison etwas anderers ausgedacht. Dort verlangt man jetzt sage und schreibe 15 € Parkgebühr an den Talstationen der ebenfalls geschlossenen Lifte.
Ich habe mich für die landschaftlich schöne Variante durch das Bolgental links von der Talstation der Bahn entschieden.
Bei Temperaturen knapp über Null Grad geht es auf schmalen Steigen auf mal feuchten und mal angeeisten, aber auch ab und zu trockenen Wegen nach oben.
Nach einer halben Stunde habe ich einen Aussichtspunkt erreicht. Unter mir liegen Bolsterlang und Sonderdorf. Im Hintergrund sehen wir die Allgäuer Alpen östlich des Illertales.
Der Weg durch diesen Wald ist trocken und damit gut zu begehen.
Etwas höher liegt der erste Schnee am Weg.
Nach einer Stunde Gehzeit habe ich die im Schneefeld liegende Mittelstation der Bergbahn erreicht. Die trägt sinnvollerweise den Allgäuer Namen "s'mibbadin", den ich glaublich nicht übersetzen muß.
Auch das Hörnerhaus im Hintergrund ist geschlossen.
Obwohl niemand da ist, kann man an einer der Berghütten Allgäuer Bergkäse kaufen. Scheinbar kommt doch ab und zu ein Kunde vorbei.
Nun geht es nur noch durch den Schnee nach oben. Das ist jedoch kein Problem, weil der mittlerweile durch Temperaturschwankungen ziemlich stark verdichtet ist. Vermutlich haben ihn zudem Pistenraupen geglättet.
Ohne künstliche Beschneiung geht es anscheinend nirgends mehr. Ich zumindest kenne im Allgäu bald kein Skigebiet mehr, wo nicht künstlich beschneit wird. In diesem Jahr ist das natürlich anders. Wegen der Pandemie glaube ich nicht mehr an eine Skisaison im Winter 2020/21.
Nach eindreiviertel Stunden Gehzeit habe ich den Sattel zwischen Weiherkopf und Bolsterlanger Horn erreicht. Mein Berg ist diese bewaldete Bergkuppe hinter der Bergstation der Bahn.
Dort stehen ein Dutzend Grills, ein paar Kühlschränke und einige Biergartengarnituren nutzlos herum. Zum Skizirkus gehört eben nicht nur eine Bahn sondern auch eine entsprechende Anzahl von Verpflegungsstationen.
Blickrichtung Westen zum Riedberger Horn. Das wurde in den letzten Jahren bundesweit bekannt, weil hier in einem FFH-Gebiet eine sogenannte Skischaukel geplant war. Konkret sollten mehrere Skigebiete durch neue Liftanlagen und die nötige Infrastruktur verbunden werden. Dies hat nach längerem Streit jedoch die bayerische Staatsregierung entgegen den Wünschen der Tourismuslobby abgelehnt.
https://www.alpenverein-muenchen-oberland.de/riedberger_horn
Nun sind es nur noch wenige Meter bis zum Gipfel. Auf dem Weg dorthin gibt es ein paar Besonderheiten.
So kann man sich auf den Hörnerthron setzen.
Die Baum-fühl-liege ist vielleicht etwas naß.
Die beiden Himmelsliegen oben am Gipfel hingegen sind weitgehend trocken.
Hier oben gibt es auch eine Gedenktafel für die Kriegsopfer der Region.
Nach zwei Stunden Aufstieg habe ich mir die Brotzeit verdient. Da man aktuell keinen Alkohol im Außenbereich trinken darf, mußte ich notgedrungen auch hier auf den Gipfel ein alkoholfreies Bier mitnehmen. Gewöhnlich habe ich eigentlich ein "richtiges Bier" dabei.
Von hier oben hat man einen recht netten Blick auf die umliegende Bergwelt.
Der Berg links über dem Illertal ist der Grünten, auch der Wächter des Allgäus genannt. Unter ihm liegt Sonthofen.
Panorama der Allgäuer Alpen nordöstlich bis westlich von Oberstdorf. Der Ort selbst befindet sich hinter einer der bewaldeten Kuppen im Tal. Diese Berge haben alle gut über 2000 Meter Höhe.
Bergab ging es dann für mich weitgehend auf dem selben Weg wie ich bergauf gegangen bin. Getroffen habe ich hier kaum jemand. Einzelne haben einen Schlitten dabei, dann gibt es vereinzelt Skitourengeher, ein paar Bergwanderer so wie ich einer bin und zwei Bergläufer. Das sind diejenigen, die in möglichst kurzer Zeit auf den Gipfel rennen und wieder zurück. Sicherlich waren die beiden schneller wie ich. Deren Bergerlebnis war aber wohl auch etwas anders als meines.
So habe also ich den 4. Advent 2020 verbracht. In anderen Jahren ist es anders. Aber 2020 ist ja auch anders als andere Jahre.
jürgen