der Bahnhof von Vodnjan in Istrien

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    Warum ein Bericht über einen schnöden alten, altmodischen und etwas heruntergekommenen Bahnhof in Istrien? Das ist doch nichts Besonderes wird mancher denken und mag damit vielleicht auch Recht haben.


    Ich möchte am Beispiel dieses Bahnhofs aufzeigen, daß das Eisenbahnzeitalter in Istrien sich nach fast 150 Jahren nicht nur kaum verändert hat, sondern auch langsam zu Ende geht.


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    Hier das Bahnhofsgebäude der 1873 eröffneten Bahnstrecke Divaca-Pula.


    https://de.wikipedia.org/wiki/…_Diva%C4%8Da%E2%80%93Pula


    "Nach dem Zerfall Österreich-Ungarns gelangte die Region Istrien und damit die Bahnstrecke an das Königreich Italien. Der Bahnverkehr wurde von den Ferrovie dello Stato Italiane (FS) geführt. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs erhielt Jugoslawien die Halbinsel Istrien, die Jugoslawischen Staatsbahnen (JŽ) betrieben nun die Strecke. In dieser Zeit diente sie einem bedeutenden Bäderverkehr zu den istrischen Fremdenverkehrsorten. Auch Staatspräsident Josip Broz Tito nutzte die Strecke mehrfach mit seinem Sonderzug Plavi voz, da er von Istrien zur Präsidenteninsel Brijuni aufbrach.

    Nach dem Zerfall Jugoslawiens fiel der größte Teil der Strecke an Kroatien, aber als ein vom kroatischen Eisenbahnnetz isolierter Inselbetrieb, und war nur noch über slowenisches Territorium erreichbar. Ein kleiner Teil der Strecke liegt in Slowenien. Durchgehender Personenverkehr findet heute auf der Gesamtstrecke nur in den Sommermonaten statt. Güterverkehr besteht seit einigen Jahren nicht mehr. Die Strecke erfüllt in Kroatien heute überwiegend lokale Verkehrsbedürfnisse. Es verkehren etwa fünf Zugspaare täglich, die mit Dieseltriebwagen älterer Bauart gefahren werden."


    (aus dem oben verlinkten Wikipedia Artikel)

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    Mir gefällt so ein historisches Bauwerk aus regionalem Kalkstein. Der Bahnhof und die Nebengebäude haben immerhin mehrere Generationen überdauert.


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    Wer genau hinsieht, erkennt unter der Schrift noch den italienischen Namen Dignano. So wurde der Ort bis 1945 genannt. Heute sind nicht nur das Ortsschild, sondern auch die Straßennamen zweisprachig.


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    Frachtverkehr gibt es schon seit Jahrzehnten nicht mehr auf der Strecke. Folglich braucht auch kein Mensch mehr dieses Lagerhaus direkt am Gleis 1.


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    Dabei macht das Gebäude zumindest von außen einen guten Eindruck auf mich.


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    Natürlich ist nicht alles Original aus dem 19. Jahrhundert Auch Schienen unterliegen einem gewissen Verschleiß. Die derzeit verlegten Gleise sind mit dem Begriff "Zenica" gestempelt. Hierbei handelt es sich um ein Stahlwerk in Zentralbosnien welches wohl damals Schienen gewalzt hat.


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    Aus der Zeit der Donaumonarchie hingegen dürften diese gußeisernen Säulen und Träger für das Vordach stammen.


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    Direkt vor dem Dienstraum des "Bahnhofsvorstehers" befindet sich diese Einrichtung. Damit werden Weichen umgelegt.


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    Die Hebel sind natürlich absperrbar. Die Schlüssel lassen sich zudem abziehen.


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    Was wäre ein Bahnhof ohne Bahnhofsklo? Die Toiletten sind nach wie vor zu benutzen.


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    Neben dem Bahnhof befindet sich etwas, was der Laie auf Anhieb nicht erkennt. Unter dieser viereckigen Abdeckplatte befindet sich eine Zisterne. Die war zu Zeiten der Dampfeisenbahn nötig, weil die Dampflokomotiven enorme Mengen an Wasser benötigten. Eine Zisterne auch deshalb, weil Brunnen Mitte des 19. Jahrhunderts in der Region noch nicht gebohrt werden konnten. Die Technik wurde erst kurz vor dem Ersten Weltkrieg entwickelt.


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    In diesem Fundament befand sich zu diesem Zeitpunkt ein vermutlich gußeiserner Rüssel, der zum Gleis hin geschwenkt werden konnte um die Dampflokomotive mit Wasser zu befüllen.


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    Wie es der Zufall wollte, fuhr gerade bei meinem Besuch der Zug aus Pula kommend in den Bahnhof ein. Die Unsitte, Züge mit Graffiti zu verschmieren, ist scheinbar auch in Kroatien verbreitet.


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    Der Zug besteht lediglich aus zwei Dieseltriebwagen die von Pula nach Lupoglav und wieder zurück fahren. Eine Zugverbindung zur Eisenbahn außerhalb Kroatiens gibt es nur theoretisch, weil die Schienen immer noch bis Divaca in Slowenien verlaufen. Der Zugverkehr außer Landes ist jedoch aus Rentabilitätsgründen eingestellt.


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    Niemand ist aus- oder eingestiegen. Die Passagiere der beiden Wagen kann man an zwei Händen abzählen. Der Bahnhofsvorsteher schwenkt eine grüne Fahne und pfeift. Der Zug darf also abfahren.


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    Der zweite Angestellte des Bahnhofs Vodnjan kommt vom Lokomotivführer zurück zum Gebäude und trägt eine Plastiktüte in der Hand die dieser ihm übergeben hat. Das ist der Zeitpunkt, mich zu verabschieden. Die beiden wollen zu MIttag essen.


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    Der Blick auf den Fahrplan zeigt uns, daß es keinen Sommer- und Winterfahrplan gibt. Von Pula bis Buzet braucht der Zug mehr als zwei Stunden. Angeblich soll der Zug derzeit auch nur noch bis Lupoglav fahren. Die Verbindung von dort bis Buzet stellt der Linienbus.


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    Wer das Glück hat, in Vodnjan am Bahnübergang mit Halbschranken gut 10 Minuten auf den Zug warten zu dürfen, der kann beobachten, daß sich nicht jeder vom roten Blinklicht angesprochen fühlt.


    Es gab zahlreiche Projekte, um die istrische Bahn mit anderen Strecken zu verbinden. Nach dem Zerfall Jugoslawiens wurde einige Zeit der Plan verfolgt, die Strecke an die Bahn in Rijeka anzubinden. Das ist nun vom Tisch. Laut Auskunft des Bahnangestellten hier in Vodnjan rechnet dieser damit, daß der Zugverkehr bis in zehn Jahren komplett eingestellt sein wird.


    Das erscheint mir realistisch, weil sicherlich seit ewigen Zeiten die kroatische Bahn mit dieser Strecke kein Geld verdient. Vielleicht ist dieser Bildbericht in ein paar Jahren schon ein seltenes Zeitdokument wie auch der über den Bahnhof in Pula.


    Der Bahnhof von Pula


    jürgen

  • Nostalgie pur !

    Wenn ich solche Bilder sehe mit "Technik" von handfesten Dingen zum Anfassen und zum Verstehen, dann frage ich mich, wie wird die jetzt ( noch) moderne digitale Technik in Zukunft unseren Urur.....enkeln wohl mal nahegebracht werden?


    Es wäre schade, wenn Plätze wie dieser alte Bahnhof nach seiner Stilllegung verwahrlosen würde.

    Dein Bericht, Jürgen, zeigt einen Ort mit ganz besonderer Atmophäre. NOCH kann man sie spüren, wie Du gezeigt hast.


    Danke


    Liebe Grüße,

    Elke

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