Gedenkstein bei Mály

  • Bei einer Spazierfahrt durch die Hügellandschaft westlich von Budapest erregte ein "Grabstein" mitten im Grünen meine Aufmerksamkeit.



    Das musste ich mir näher betrachten. Ich stieß auf ein Stück deutsch-ungarische Geschichte.



    Übersetzung:
    "In Erinnerung an die Verteidiger von Budapest, die 108 Tage heldenhaft die von den Deutschen zur Festung erklärte ungarische Hauptstadt verteidigten."



    Übersetzung:
    "Am 26.12.1944 gelang es der Roten Armee den Belagerungsring um Budapest zu schließen.
    Die ungarisch-deutschen Verteidiger versuchten am 11.2.1945 einen Ausbruch. 14.000 deutsche, 4500 ungarische Soldaten, und eine Gruppe Zivilisten nahmen daran teil. Nur 785 Menschen kamen durch die sowjetischen Linien. Darunter befanden sich 11 ungarische Soldaten, ein Polizist und 44 Zivilisten. Unter den Ausbrechern vom 14.2.1945 erreichte die deutsche Frontlinie auch Gyula Kokovay Artillerie-Kadett im Sturmbataillon der königlich-ungarischen Universität.


    Errichtet zum 60. Jahrestag des Ausbruchs von der Bürgerschaft von Mány“




    Die kurze Geschichte dazu:


    Nach dem Frontwechsel Rumäniens erreichten die Truppen der 2. und 3. Ukrainischen Front mit etwa 156 000 Soldaten schon am 3. November 1944 die östlichen Vororte Budapests. Wieder einmal war es Hitler persönlich, der die verfahrene Situation noch verschärfte, indem er die ungarische Hauptstadt zur Festung erklärte, die ohne Rücksicht zu verteidigen sei.
    Am 26. Dezember hatte sich der Belagerungsring um die Stadt vollständig geschlossen.


    Im Kessel von Budapest waren dadurch über 70 000 deutsche und ungarische Soldaten eingeschlossen.
    Die Rote Armee zog den Ring immer enger und drängte die deutsch-ungarischen Truppen über die Donau auf den Burg- und den Gellertberg in Buda zurück.


    Von den rund 33 000 deutschen Soldaten unter dem Befehl des SS-Generals Karl Pfeffer von Wildenbruch (Kommandierender General des IX. SS-Gebirgskorps in Ungarn und Befehlshaber in Budapest) waren bis zum 11. Februar 1945 rund 5000 gefallen und 9000 verwundet. Die Versorgungslage war sehr schlecht und die Munition ging zu Ende. Mehrere Entsatzversuche schlugen fehl. Gegen Hitlers Befehl ordnete General Pfeffer-Wildenbruch einen Ausbruch an und ließ sämtliches Kriegsmaterial das nicht mitgenommen werden konnte vernichten. Diese Aktivitäten blieben den Russen leider nicht verborgen.


    Am 11. Februar um 20 Uhr versuchten 14 000 der restlichen Deutschen einen Ausbruch über das Wiener Tor um in die Budaer Berge zu entkommen. Sie wurden von ungarischen Soldaten, Pfeilkreuzlern (ungarische Nazis) und Zivilisten begleitet. Mit 5 gepanzerten Fahrzeugen, 10 Schwimmwagen (VW 166) und einem Motorrad stürmten Teile der 8. und der 22. SS-Kavallerie-Divisionen, Resten der Panzergrenadier-Division Feldherrnhalle, der 271. Volksgrenadier-Division und des Flak-Regiments 12 in 3 Wellen gegen die russische Übermacht am Fuß des Burgberges an, was in einem Fiasko endete. Etwa die Hälfte der ausbrechenden Soldaten bezahlte den Ausbruchsversuch mit ihrem Leben. Die andere Hälfte wanderte ins Arbeitslager von Swaljawa (Málenkij robot, heute zur Ukraine gehörend). Darunter befand sich auch der schwer verwundete General Pfeffer-Wildenbruch. Nur ein geringer Teil schaffte den Weg durch die russischen Linien.



    Die 96. Infanteriedivision, die den Frontbereich Szomor-Mány sicherte, registrierte am 11. Februar 1945 785 Personen die die Verteidigungslinie überquerten, davon 740 Deutsche und 40 Ungarn. Am 12. und 13. waren es 27 Personen. In der Dämmerung des 14.2. kamen 650 Personen und in den folgenden 3 Tagen noch mal 109 Menschen auf deutsch-ungarisches Gebiet.


    Am 13. Februar 1945 kapitulierten die verbliebenen deutschen Truppen in Budapest.


    Dies war das Ende der verlustreichen Schlacht um Budapest, in der rund 30 000 deutsche, über 17 000 ungarische und knapp 80 000 sowjetische und rumänische Soldaten ihr Leben verloren. Die unter dem Kriegsgeschehen sowie auch nach Beendigung der Kämpfe unter Lebensmittelknappheit leidende Zivilbevölkerung im weitgehend zerstörten Budapest hatte rund 38 000 Tote zu beklagen.


    Manche bezeichneten den Kampf um Budapest als "zweites Stalingrad"! Das verwundert nicht wenn man weiß, dass die "Panzerdivision Feldherrnhalle 1" aus den wenigen Resten der in Stalingrad fast völlig vernichteten "60. Infanteriedivision (mot.)" entstanden war.


    Ein weiteres trauriges Kapitel des zweiten Weltkrieges war damit beendet.


    Im Spoiler findet der Interessierte eine Beschreibung der Belagerung von Budapest von dem ungarischen Historiker Krisztián Ungváry



    Weitere Infos:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Schlacht_um_Budapest
    http://de.metapedia.org/wiki/Schlacht_um_Ofen-Pest


    Buchempfehlung:
    "Die Schlacht um Budapest" von Krisztián Ungváry, Herbig, München 1999, ISBN 3-776-62120-6



    Liebe Grüße von waldi aus Ungarn :174:

  • Wieder eine eindrucksvolle Nachhilfestunde in Geschichte.
    Schon lange her - aber immer noch verursachen solche Berichte bei mir beim Lesen nachdrückliches Grauen.


    Viele Grüße,
    Elke

  • Bei all den Brandherden auf dieser Welt hoffe ich , das sich so etwas nicht wiederholt.

    Ich hoffe, dass Deine Hoffnung in Erfüllung geht, aber leider gibt es noch viel zu viele von diesen Brandherden: Syrien, Jemen, Venezuela, einige afrikanische Staaten, und nicht zu vergessen das Massengrab Mittelmeer. Was bei den beiden Holzköpfen, die sich derzeit verbal zu übertreffen versuchen, rauskommt, steht ja auch noch in den Sternen! Immer trifft es die Schwächsten weil die Großkopferten mit demselben durch die Wand wollen. :wallb:
    Manchmal denke ich dass diese Gestalten das Schulfach Geschichte geschwänzt haben.
    Die sollten mal den Bericht im Spoiler lesen!



    Wieder eine eindrucksvolle Nachhilfestunde in Geschichte.

    Danke, Elke! Es war garantiert nicht die Letzte! :wink:

    Schon lange her - aber immer noch verursachen solche Berichte bei mir beim Lesen nachdrückliches Grauen.

    So geht es mir jedes Mal wenn ich mit dem Geschehen in D und Europa zwischen 1933 und 1945 konfrontiert werde.
    Unsere Eltern und Großeltern waren ja direkt davon betroffen. Der Vater meiner Mutter musste 1944 noch Soldat spielen, obwohl er eigentlich über das rekrutierbare Alter raus war. Er ist im Kessel von Königsberg vermisst. Deshalb treffen mich solche Gechichten besonders! Sein Verbleib ist bis heute ungeklärt. Mehrere Anfragen an den Suchdienst des DRK, verteilt über mehrere Jahrzehnte, blieben ohne Erfolg. So ging es leider vielen Familien in den Nachkriegsjahren. Nach wie vor sind allein 1,3 Millionen deutsche Schicksale ungeklärt und werden es auch bleiben; obwohl auch heute noch Massengräber - auch in Budapest - entdeckt werden. Wenn nicht ein Teil der "Hundemarke" gefunden wird ist die Identifikation nahezu unmöglich. Ein unbekannter Soldat mehr!



    Liebe Grüße von waldi aus Ungarn :174:

  • hallo Waldi,


    Danke für die Nachhilfe in ungarischer Geschichte. Es scheint so, daß die Gedenktafel aus dem Jahr 2005 stammt. Unter den Kommunisten wurde diese Schlacht um Budapest sicherlich sehr einseitig dargestellt. Über Jahrzehnte wäre so eine Inschrift sicherlich nicht möglich gewesen, weil laut sowjetischer Geschichtsschreibung, die von den Satellitenstaaten übernommen wurde, ja alle osteuropäischen Ländern vom Deutschen Reich okkupiert worden sind. Mitläufer gab es demzufolge keine. :(


    In Grünberg im polnischen Niederschlesien habe ich eine Gedenktafel für die polnischen Opfer der sowjetischen Besatzung nach 1945 gesehen. Auch undenkbar vor 1989!



    Hier der dazugehörige Bericht.


    ein Besuch in Grünberg - Zielona Gora in Niederschlesien


    grüsse


    jürgen

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