In meinem Bericht über die Wildenburg habe ich das
Watterbacher Haus
erwähnt.
Jetzt möchte ich Euch etwas mehr darüber erzählen.
Das als Watterbacher Haus bekannte Gebäude ist nach seinem ursprünglichen Standort in Watterbach, einem Ortsteil der Gemeinde Kirchzell, benannt.
Es gilt als das älteste erhaltene Bauernhaus des Odenwalds.
Der mittelalterliche Fachwerkbau ist mit Firstsäulen konstruiert, im Gegensatz zu den späteren Fachwerkhäusern die in der sogenannten Rähmbauweise
Stockwerk für Stockwerk aufeinander gesetzt wurden, und tragen fünf durchgehende, in der Längsachse angeordnete Balken, die Firstpfette.
Ein Modell im Museum zeigt den Aufbau der gesamten Holzkonstruktion.
Eine dendrochronologische Untersuchung - also die Untersuchung mehrerer Holzproben nach der Jahresringmethode - ergab ein Baudatum um 1475.
Als die ursprünglichen Besitzer das Haus wegen eines Neubaus abreißen wollten, entdeckte man unter der Vollverschindelung,
wie sie auf dem zweiten Bild noch zu sehen ist,
das Fachwerk in historischer Ständerbauweise und wissenschaftliche Hausforscher erkannten die Bedeutung des Hauses.
Viele öffentliche Stellen bemühten sich daraufhin, das Haus vor dem Abriss und der Beseitigung zu bewahren und es der Nachwelt zu erhalten.
Ein Bild des Hauses während des Abbaus in Watterbach 1962.
So wurde es komplett dokumentiert, jedes Bauteil einzeln abgetragen und zunächst in dem abgelegenen Kirchzeller Weiler Breitenbach im Jahre 1966 wieder aufgebaut.
Doch weil es dort wegen mangelnder Nutzung der Zerstörung durch die Witterung und auch durch Vandalismus ausgesetzt war,
wurde das Haus schließlich 1981 ein zweites mal und jetzt an seinen endgültigen Standort an den Ortsrand von Preunschen versetzt.
Seit 1997 ist im Watterbacher Haus auf etwa 200 m² Ausstellungsfläche ein Waldmuseum eingerichtet.
Es zeigt die forstgeschichtliche Entwicklung seit dem Mittelalter und viele längst vergessene Waldnutzungsarten.
Ich möchte mit nur wenigen Bildern den Appetit auf das Waldmuseum anregen.
Die Baumarten des Odenwalds werden anschaulich erklärt.
Die Baumform ...
... Kennzeichen, Verbreitungsgebiet, Wachstumsbedingungen ...
... Lebensalter, Höhe, Eigenschaften, Verwendung ...
... die Blätter (Nadeln) und Früchte...
... die Maserung des Holzes ...
... und die Beschaffenheit der Baumrinde.
In der Geschichte des Waldes spielen auch Grenzsteine eine große Rolle und manche erzählen sogar Geschichten, so wie dieser...
Im Bereich der Jagd sieht man verschiedene Fangeisen...
... eine Selbstschußanlage ...
... ein dekoratives Pulverfass ...
... und andere Waffen und Trophäen.
Über diese leicht modernisierte alte Treppe stieg ich in den ersten Stock.
Dort empfing mich eine echte Odenwälderin mit zweckentfremdeter Milchkanne und einer "Manne" auf dem Kopf.
Als Bub nahm ich manchmal auch eine solche Milchkanne mit zu einem Waldspaziergang,
besonders dann wenn meine Oma einen leckeren Heidelbeerkuchen backen wollte.
Leider kam ich ich meist mit leerer Kanne, aber blauen Händen und Lippen nach Hause.
Wie alle Früchte, so schmeckten mir die Heidelbeeren am Besten frisch vom Strauch!
Mein Opa war ein guter Führer durch den Wald.
Er kannte auch viele gute Pilzplätze. Leider erkenne ich heute grad noch einen Pfifferling.
Deshalb lasse ich auch die Finger davon.
Das Obergeschoss hat den Kreislauf der Holzernte von der Gewinnung des Saatguts über die Pflanzung und Wiederaufforstung bis zur Fällung der Bäume zum Thema.
Auch auf die einst große Bedeutung des Beeren- und Pilzsammelns im Odenwald wird eingegangen.
Die Werkzeuge der Waldarbeiter.
Der Korbflechter ist im Odenwald ausgestorben.
Auch den Zapfenpflücker gibt es schon lange nicht mehr.
Die "Butzelesbrecher" verdienten sich, wie auch die Holzfäller, im Sommer ihr Geld in der Landwirtschaft, als Maurer, Schreiner etc.
Im Herbst wenn die verschiedenen Nadelbäume Zapfen trugen, begann ihre gefährliche, aber gut bezahlte Arbeit in den Baumwipfeln.
Der Zapfenpflücker kletterte mit seinen Steigeisen in die Baumkrone, zog mit einem Haken (Hokke) die zapfenbehängten Äste an sich heran
und füllte den Sack den er über der Schulter hängen hatte.
Manchen war die Zeit zu wertvoll um den nächsten Baum zu besteigen und sie schwangen sich auf den nächsten Baum.
Dabei passierten nicht selten schlimme Unfälle.
Zur Ausrüstung eines Zapfenpflückers gehörten die Steigeisen.
Sie waren zweimal rechtwinklig gebogen und das kürzere innere Ende war mit einem scharfen Haken versehen.
Dazu gehörten die halbhohen Lederstiefel mit einem schafthohen Lederfortsatz zum Festbinden der Riemen oder Schnüre der Steigeisen.
Die Hokke war eine etwa 3 Meter lange Stange aus Haselholz mit einem Widerhaken an der Spitze.
Der Butzelessack war ein Jutesack mit Schnur der über die Schulter gehängt wurde.
Auf einem Videofilm kann man Zapfenpflücker bei der Arbeit zusehen.
Im Dachgebälk ...
... hängt dieser Holzschlitten.
Jetzt ist es doch wieder viel umfangreicher geworden als ich beabsichtigte.
Aber Ihr kennt mich ja inzwischen.
Das Museum ist an Samstagen und Sonntagen von Oktober bis März zwischen 12 und 16 Uhr, und von April bis September zwischen 11 und 17 Uhr geöffnet.
Es bietet sich natürlich an, einen Museumsbesuch mit einer etwa 20minütigen Wanderung zur Wildenburg zu verbinden.
Ein Modell der Wildenburg steht im Eingangsbereich des Waldmuseums.
Das Watterbacher Haus und die Wildenburg sind Teil des Nibelungensteiges und warten darauf erwandert zu werden!
Meine Quellen:
https://www.kirchzell.de/index.asp?naviid={A265F657-1255-433D-97E9-41639AB9DD1D}
https://www.rotary1950.net/miltenberg/03_…/waldmuseum.php
https://www.watterbach.de/watterbacher_haus.htm
Liebe Grüße von waldi