Während meines Urlaubs auf der Insel Rügen entdeckte ich der Kirche Sankt Katharina in Trent auf zwei Tafeln an der Wand folgende Dokumentation.
Ich habe versucht, über den Pastor der Kirchengemeine den Verfasser herauszufinden ( bekam leider bis jetzt keine Antwort.)
Auf der Tafel war auch kein Hinweis zu finden.
Die Dokumentation scheint mir in einer Weise verfasst zu sein, wie sie nur jemand schreiben kann, der einen Teil der Zeit selbst erlebt hat.
(Da es mühsam ist , den Text auf den Bildern zu lesen,
habe ich nach den Bildern eine Abschrift angefügt)
Gutsanlagen im 20.Jahrhundert
Das 20.Jhd war bestimmt von großen Umbrüchen in der Landwirtschaft.
Angesichts der Agrarkrisen gingen einige Güter in Konkurs oder wurden wegen beruflicher Umorientierung der Besitzer aufgesiedelt.
Nach dem Ersten Weltkrieg, vor allem aber in den dreißiger Jahren, wurden im Zuge der inneren Kolonisation zahlreiche Güter vollständig oder teilweise aufgesiedelt.
In der Zeit des Nationalsozialismus entstanden zahlreich sog. „Erbhöfe“
Die Siedler kamen auf Rügen vor allem aus Schleswig Holstein und Westfalen.
Tiefe Einschnitte brachte der Zweite Weltkrieg.
Die ausbleibenden Saisonarbeiter und die zum Kriegsdienst eingezogenen Männer wurden durch Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter ersetzt.
Die Ankunft der ersten Flüchtlinge seit 1943 veränderte nachhaltig das soziale Gefüge.
Mit dem Vormarsch der Roten Armee bis Ostpreussen im Herbst 1944 wurde die Flucht aus den Ostgebieten zum Massenphänomen.
Im Frühjahr 1945 kamen zahlreiche Trecks vor allem aus hinterpommerschen Dörfern auf die Insel.
Die Bevölkerungszahl in vielen Dörfern verdoppelte, bzw verdreifachte sich.
Das Ende des Großgrundbesitzes deutete sich bereits durch das in vielen Fällen dramatisch verlaufende Kriegsende mit dem Einzug der sowjetischen Truppen an.
Die ersten Monate waren von zahlreichen Übergriffen und willkürlichen Verschleppungen geprägt, zu deren Opfern auch Rügener Gutsbesitzer gehörten.
Die Bodenreform im September 1945 war von der sowjetischen Besatzungsmacht und der KPD langfristig als gewaltsamer Akt geplant, um der wirtschaftlichen und politischen Einfluss der Gutsbesitzer zu brechen und selbst die Macht auf dem Lande gewinnen zu können.
Im Zug der Bodenreform wurden auf Rügen bis zum Jahresende 1945 zunächst 169 Güter über 100 Hektar und 60 Bauernwirtschaften unter 100 Hektar aufgeteilt.
Unter entwürdigenden Bedingungen mussten sich die Enteigneten zunächst 25.30km von ihrem Wohnsitz entfernen.
Der überwiegenden Mehrzahl gelang – teilweise durch Hilfe couragierter Einheimischer - die Flucht in die Westzonen.
Die Bodenreformsiedlungen hatten in Mecklenburg- Vorpommern eine durchschnittliche Größe von 9,5 Hektar.
Aufgrund sehr unterschiedlicher Bodenqualität und Ausstattung mit Inventar sowie unterschiedlicher Erfahrung der Neusiedler in der Landwirtschaft war die Ausgangslage der Neubauern sehr verschieden.
Einige Betriebe waren von Anfang an nicht überlebensfähig , zumal viel Männer gefallen oder noch in Kriegsgefangenschaft waren, die Sollerhebung jedoch sehr rigide und oft undifferenziert erfolgte .
Neue Siedlungshäuser in Lehmbauweise konnten erst nach 1948 errichtet werden. ohne dass jemals der Wohnraumbedarf gedeckt werden konnte.
Es fehlten Baumaterialien und Baukapazitäten.
Zum Zweijahresplan 1949/50 forderte die SED im Kreistag dazu auf
„…. Mit aller Energie die Widerstände zu überwinden, die uns jetzt daran hindern, den hässlichen Gutscharakter in den Neubauerngemeinden durch Abbruch der z.T. schon verfallenen Scheunen und Gutshäuser zu überwinden…“
Die bedeutendsten Profanbauten Rügens – Dwasieden, Putbus und Pansevitz – wurden zerstört .
Ausnahmen waren möglich im Fall von Nutzungskonzepten oder bei kleineren Gebäuden. Die meisten Schlösser und Herrenhäuser wurden als Wohngebäude für Flüchtlinge , als Alters- und Pflegeheime oder als Verwaltungsgebäude genutzt.
Viele Gebäude wurden trotz Materialknappheit z.B. durch die weit verbreitete Wellasbest-Deckung erhalten.
Die Bilanz der Jahre nach 1989/90 ist sehr unterschiedlich.
Einzelne Projekte erwecken den Anschein, als ob Denkmäler aus spekulativen Gründen erworben wurden - erst nach dem Einsturz durch unterlassene Pflege wird deutlich , was eigentlich geplant ist.
Viele Schlösser, Guts- und Herrenhäuser wurden durch das Engagement ihrer neuen Besitzer, z.T Nachfahren der 1945 Enteigneten . teilweise auch erheblich unterstützt durch Mittel der Denkmalpflege, behutsam restauriert.
Über das Schloss Putbus, das 1962 gesprengt wurde, wurde hier im Forum schon geschrieben.
Schloss Putbus
Im Oktober habe ich mich auf dem Gelände der Gutsanlage Pansevitz ( unweit von Schaprode) umgesehen.
So sah das Schloss Pansevitz einmal aus
Was vom Schloss und von der Gutsanlage übriggeblieben ist , ist wenig.
Hier zur Geschichte der Anlage
Wie eingangs in den Ausführungen beschrieben, wurden die Ruinen des Schlosses abgetragen ( so wie es auch in Putbus geschah), u.a. weil es der Bevölkerung in der DDR an Baumaterial fehlte.
Nach der Wende verwahrloste das ganze Grundstück.
Der Baumbestand verwilderte, die Teiche füllten sich allmählich mit Schlamm, die Eigentümerfrage war zunächst nicht geklärt.
Mit Hilfe des Landes und der Allianz Stiftung zum Schutz der Umwelt wurde 1999 begonnen, den Park wieder zu gestalten.
50 000 Kubikmeter Schlamm wurden aus den Teichen entfernt, Wildsämlinge entfernt und die alten Bäume wieder freigestellt, so dass die Alleen als Hauptsichtachsen wieder erkennbar wurden .
Der Park ist frei zugänglich - das war Bedingung der beiden Hauptinitiatoren für die Erneuerung des Parks, Jörg von Hugo und Huberta, Graf und Gräfin zu Innhausen und Knyphausen.
Sie stellten finanzielle Mittel für die Erneuerung des Park zur Verfügung .
Die große Parkanlage steht auch als Friedwald zur Verfügung.
httpss://www.friedwald.de/standorte/standort/ruegen
Zitat
ZitatDer Lustgarten mit der Ruine des Gutshauses Pansevitz gehört als lebendiges Denkmal der Park- und Gartengestaltung zu den wertvollsten seiner Art auf Rügen.
Für die Stiftung Schlosspark Pansevitz, die das Gelände erhält und pflegt, ist der Nutzen durch den FriedWald die Chance, das Naturdenkmal dauerhaft zu erhalten.
Eine Urnenbeisetzung mitten im Wald unter einem Baum , den sich jemand vermutlich zu Lebzeiten noch ausgesucht hat.
Elke