Heute möchte ich euch mal die „Höhle des schwarzen Löwen“ vorstellen. Wildbad Kreuth südlich des Tegernsees ist seit Jahrzehnten jedem politisch interessierten ein Begriff. Dort treffen sich jedes Jahr im Januar die Abgeordneten des Bundestages und Landtags der CSU zur Klausur. Da wird diskutiert und auch so manche folgenschwere Entscheidung getroffen. Vor etwa 40 Jahren war es der später zurückgenommene Beschluß, die Partei bundesweit zu etablieren und vor wenigen Jahren wurde Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber in Kreuth gestürzt.
Ursprünglich diente diese Örtlichkeit und die heute noch bestehenden Räumlichkeiten jedoch einem Kurbetrieb, zuerst für die einfachen Menschen aus der Umgebung und später für Adelige und Wohlhabende, wobei die Armen nie vollständig ausgeschlossen waren.
Verkürzt wird die Geschichte auf der web-site der Hanns-Seidel-Stiftung erklärt. Auch Wikipedia sagt uns leider nicht mehr zum Bad.
https://www.hss.de/bildungszentre…geschichte.html
Deshalb vielleicht noch ein paar ergänzende Infos von mir.
In Tegernsee gab es ein Kloster. Unter der Führung der dort wirkenden Äbte wurde bereits ab 1490 erkannt, daß das schwefelhaltige Wasser heilende Wirkung hat. 1511 errichtete Heinrich V. von Tegernsee ein Badhaus und stellte einen Bademeister an, der Reiche und Arme für drei Kreuzer Badlohn pro Tag und Nacht „treulich aufwartete“ wie man es damals nannte.
Über Jahrhunderte entwickelte sich ein reger Badebetrieb. Es wurde immer mehr gebaut bis 1803 im Rahmen der Säkularisation der Kirche auch dieser Besitz genommen wurde. Der damalige Bademeister Simon Zahler kaufte für einen Appel und ein Ei (500 Gulden, das entspricht 500 Euro) das Anwesen. Seine Erben machten bald darauf im Jahr 1818 richtig Kasse, indem der Weiterverkauf an König Max I. Joseph von Bayern schon 16.000 Gulden einbrachte.
Vermutlich unter Mitwirkung von Johann Klenze, das ist der Architekt, der die schönen klassizistischen Gebäude in München gebaut hat, ließ der König die heute noch bestehenden Gebäude im Wildbad errichten. Dazu kam die Molkehalle, weil im Jahr 1822 die Molkekur mittels Ziegenmolke nach Schweizer Vorbild eingeführt wurde.
Eine königliche Stiftung von 50.000 Gulden ermöglichte es auch ärmeren Schichten der Bevölkerung, Bäder und Kuren unentgeltlich zu nutzen. Obwohl der König dies alles nicht mehr erlebt hat, er starb bereits 1825, führten seine Witwe Caroline oder Prinz Carl von Bayern, Herzog Carl Theodor in Bayern und seine Gemahlin Maria Jose dieses Werk fort.
Das Bad entwickelte sich immer weiter. Kaiser Franz von Österreich, die Zaren Nikolaus I. und Alexander I. nebst Gefolge kurten hier. Das Bad überstand zwar den Ersten Weltkrieg, nicht jedoch den Zweiten. In der Nacht vom 4. auf den 5.5.1945 zeigten die Amerikaner noch die Feuerkraft ihrer Armee und schossen das herzogliche Sudhaus in Brand. In den Wirren der Wochen und Monate danach nahm ein jeder, der des Weges kam, mit was er so alles brauchen konnte.
Herzog Ludwig Wilhelm schaffte es, bis zum Jahr 1957 das Bad zu renovieren und den Kurbetrieb wieder aufzunehmen. Eine tolle Leistung, wie ich meine. Sein Nachfolger Max Emanuel, Herzog in Bayern, ließ jedoch aus wirtschaftlichen Gründen im Jahr 1973 Sanatorium und Kurhaus schließen.
Welches Glück war da die Christlich Soziale Union CSU für das bestehende Gebäudeensemble. Die Partei suchte Räumlichkeiten für die einige Jahre zuvor gegründete Stiftung um politische Bildung zu betreiben. Seit diesem Jahr ist nun die Stiftung im Rahmen eines Pachtverhältnisses Besitzer dieses Anwesens, welches ich euch nun zeigen möchte.
Einhundert Meter entfernt dient diese Kapelle dem Seelenfrieden und die benachbarte Nobelgaststätte dem kulinarischen Genuß.
In der offenen Molkehalle steht heute noch dieser Trinkbrunnen.
Da kann man meiner Einschätzung nach sich von den hitzigen politischen Debatten gut erholen, wenn das Hallenbad mit Sauna bis 23.30 Uhr geöffnet ist. In der Sauna ist so mancher politische Zwist schnell vergessen, wie Helmut Kohl und Michael Gorbatschow uns vor 25 Jahren schon gezeigt haben. Wäre es nur immer so einfach…
Das berühmte Kaminzimmer
Die Einzelzimmer sind in den beiden oberen Etagen untergebracht und im übrigen nicht sonderlich komfortabel, da sie aus den frühen 70er Jahren stammen.
Nebengebäude mit Tagungsräumen und Schlafzimmern.
Sonstige Nebengebäude.
Ich hoffe, mein Blick hinter die Kulissen der großen Politik mit einem kleinem geschichtlichen Ausflug hat euch gefallen.
Jürgen