Besuch der ältesten Klöster Ägyptens

  • Eine Reise zu den Klöstern - St. Antonius und St. Paulus



    Hurghada bietet ja leider nicht all zu viel, wenn man sich kulturell betätigen will. Aber so ganz "ohne" ist die Gegend dann doch nicht.


    Denn die ältesten Klöster Ägyptens stehen am Roten Meer – nur ca. 230 - 280 km von den Touristenorten entfernt.


    Wer in El Gouna oder auch Hurghada, aber auch in der Makadi Bay Urlaub macht, sollte sich unbedingt die Zeit für diesen etwas anderen „Kulturgenuss“ nehmen.
    Vor - hatte ich es in den vergangen Jahren immer mal, geklappt hatte es bisher nicht – aber 2013 stand ein Termin, für einen Besuch der beiden Klöster sehr schnell fest.


    Am 16.3.2013, 8 Tage nach meiner Ankunft in El Gouna, der Lagunenstadt am Roten Meer, war es endlich so weit, um 6:00 fuhren wir zu dritt in nördliche Richtung los - Lothar unser Fahrer und wie sich später herausstellte überaus sachkundiger Klosterkenner von OOTOTO, Michael aus Hamburg und ich.


    Als wir starteten war der Himmel über El Gouna bedeckt :blink2: und ich hatte schon arge Befürchtungen, dass sich das heute nicht mehr ändern würde. Falsch gedacht, nicht weit hinter der Lagunenstadt verwandelt sich der Himmel in strahlendes blau und unsere Fahrt führte im hellen Sonnenschein immer geradeaus am blauen Roten Meer entlang. Hier kann man im Frühjahr immer wieder Störche beobachten, die sich auf die lange Reise nach Europa sammeln.


    (Diese Aufnahme ist im März 2009 auf der selben Strecke entstanden)


    Die Himmelsfarbe zur Meerseite änderte sich nach ca. 80 km, nahe dem zweitgrößten Ölfördergebiet Ras Gharib, zuerst nur leicht grau, dann in Fahrtrichtung immer dunkler werdend, eine lange dicke, zuerst wie Regenwolken aussehende Front. Nein, das konnte keine Regenwolke sein. Es handelte sich um eine riesige schwarze Rauchwolke, die ihren Ursprung aus einer lodernd brennenden Ölpipeline hatte.



    Nach einer gemütlichen Frühstückspause auf einem Ägyptischen Rasthof nahe Zafarana,



    fuhren wir weiter und bogen einige km weiter nach Westen, in Richtung Galata Plateau ab, an dessen Ausläufern das St. Antonius Kloster liegt.


    Der heilige Antonius (auch der Große genannt), der als Begründer des Mönchtums gilt, lebte von 251 -356 nach Chr.. Mit ca. 19 Jahren, zog er sich in eine rund 680 m hoch gelegene Höhle am Gebel Qulzum in die Einsamkeit zurück, in der er bis zu seinem Tode blieb.
    Er empfing auch keine Besucher und verbot sogar seinen Anhängern, sich in der Nähe der Höhle aufzuhalten. So blieb ihnen nicht anderes übrig, als am Fuße des Berges zu verharren. Genau dort wurde nicht lange nach dessen Tod - ca. 2 km entfernt am unterhalb der Felswand das Kloster, das wir uns heute ansehen wollten, gegründet.



    Das gesamte Klosteranwesen umfasst ca. 60.000m² und wird von einer über 10 m hohen Mauer umschlossen. Der heutige, etwa 250m vorgelagerte Haupteingang wird von zwei hohen Glockentürmen gesäumt und einem Eisentor plus Wärter gesichert.



    Jeder Gast, jeder PKW, oder Bus wird incl. Personenzahl dokumentiert.



    Durch seine besonders geschützte Lage blieb es lange vor feindlichen Angriffen verschont, mit denen alle Klöster des Landes ihre liebe Mühe hatten. Bis im 8. und 9. Jh. Beduinen und im 11. Jh. die Araber kamen, es für einige Zeit eroberten. Wieder von Mönchen bewohnt erlebte das Kloster zwischen dem 12. und 15. Jahrhundert eine regelrechte Blütezeit, es wurde restauriert und erweitert. Dann fielen mohammedanische Plünderer über das Kloster her und die Mönche mussten fliehen. „Schon“ Mitte des folgenden Jahrhundert, wurde es wieder restauriert, auf- und ausgebaut und neue „Bewohner“ u. a. aus den Klöstern im Wadi Natrun ließen sich aus Sicherheitsgründen hier nieder.
    Wer zu dieser Zeit ins älteste Kloster Ägyptens wollte, ob Besucher, Mönch oder Pilger, musste sich irgendwie bemerkbar machen, wenn er nicht vorher schon entdeckt wurde, denn einen Eingang, wie er heute vorhanden ist, gab es nicht. Der Zugang war nur über eine Winde möglich.



    Entschied man, dass dem Besucher Einlass gewährt werden sollte, ließ man ein Brett runter, auf das er steigen konnte und das dann nach oben gezogen wurde. Der Turm mit der Winde steht und funktioniert heute noch. Erst viel viel später wurde ein richtiges Tor neben der alten Turmwinde in die Befestigungsmauer gebrochen.



    Kurz nach unserer Ankunft lernten wir Pater Antony kennen, der im Klosterladen saß und Briefmarken für Postkarten ordnete. Ein auf den ersten Blick in seine wachen Augen, sehr liebenswerter, sicher schlitzohriger und humorvoller Mönch, der uns sein zu Hause zeigen wollte und erklären sollte.




    Er erzählte, dass gegenwärtig 12o Mönche im ältesten Kloster Ägyptens leben. Dazu kämen zurzeit ca. 200 weitere Menschen, die ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellen und im Gegenzug Unterkunft und Nahrung erhalten. Unter den Mönchen gibt es zudem 14 Ärzte verschiedener Fachbereiche, die wiederum ihre ärztliche Kunst, den Klosterbewohnern und jedem Bedürftigen, der sie benötigt kostenlos zur Verfügung stellen. Man zeigte uns u. a. die uralten Gasträume, die jetzt umgebaut wurden und in denen zurzeit eine moderne Zahnklinik entsteht.



    Das innere der Klostermauern kann man mit einem schützenden Dorf vergleichen, es gibt einen Wehrturm, Kirchen, diverse Unterkünfte für die Bewohner, Gärten zu Selbstversorgung, Lagerhäusern, eine Getreide- und Olivenölmühle, eine Bibliothek








    und ganz wichtig eine eigene Quelle, die beständig und täglich an die 100 Kubikmeter Trinkwasser zur lebensnotwendigen Versorgung der Klosterbewohner liefert.



    Für die Touristen hat man im Zuge ausgiebiger Restaurierung um 2000 eigens Sanitäranlagen gebaut, deren Zustand leider so gar nicht zum übrigen Bild der Klosteranlage passen.
    Später fuhren wir gemeinsam mit Pater Antony zur knapp 1 km entfernten, in den Felsen geschlagene Kreuzkirche, die nach rund 7 jähriger Bauzeit etwa 2011 eröffnet wurde. Von außen fand ich sie bald noch schöner als von innen.




    Nur ein paar Meter von der Kirche entfernt beginnt die Treppe zum Aufstieg zur Höhle, in der der heilige St. Antonius viele seiner Jahre in völliger Einsamkeit verbrachte. Mehr als 1.200 Stufen, die meisten in praller Sonne gelegen sind - müssen bezwungen werden um dort hin zugelangen. Es gibt viel Gläubige, die mit Kind und Kegel die Treppenstufen hoch pilgern um wenigsten einmal dort gewesen zu sein.



    Wir ließen die Treppe - Treppe sein, zumal ich von meinem „Reisekumpel Martin“ wusste was einen dort oben erwartet. Außer einer sicher wunderbaren Aussicht über das Tal ist dort nur eine Höhle, die er nach seinem Besuch 2009 so beschrieb: Eine Atemschutzmaske kann meiner Meinung nach, ganz sicherlich auch nicht schaden. Denn der Geruch in der Höhle ist wirklich nichts für Personen mit einem schwachen Magen.
    So fuhren wieder zum Kloster zurück, setzten Pater Antony vor seinem „Haus“ ab,



    verabschiedeten uns von ihm und verließen das Gelände des St. Antonius Klosters.


    Auf zum Pauluskloster:


    Der Weg dort hin führte uns wieder an der Raststätte in Zafarana vorbei, wir hielten an, aßen eine Kleinigkeit und ließen das bisher gesehene Revue passieren zu lassen.
    Später bog Lothar von der in Richtung Süden verlaufenden Hauptstraße nach rechts Landeinwärts ab. Schon von weitem sahen wir einen gehbehinderten Mann die Straße entlang laufen, dessen Ziel ganz sicher die Klosteranlage war. Der Wagen bremste und er stieg dankbar ein. Allerdings hatte ich das Gefühl, das ihm etwas unwohl war, da er die Rückbank die letzten Kilometer mit einer Frau teilen musste.


    Seinen Namen hat das Kloster von Paulus von Theben, den man auch Paulus den Einsiedler nennt. Ebenso wie Antonius soll auch Paulus, der als Sohn wohlhabender Eltern in Alexandria geboren wurde und nach Erbstreitigkeiten mit seinem Bruder, einer Eingebung folgend, sich in die Einsamkeit der Wüste am Roten Meer zurück zog, um fort an als Eremit zu leben.
    Der Überlieferung nach, verbrachte er zunächst 3 Tage fastend und betend - in einem Grab nahe seiner Heimatstadt, später zog er in die Wüstenhöhle nahe des Roten Meeres. Nur mit einer Tunika aus Palmblättern bekleidet, verbrachte er dort gute 80 Jahre und soll pro Tag nie mehr als ein halbes Brot zu sich genommen haben, das ihm ein Rabe brachte. …..



    Die Klosteranlage des St. Paulus liegt am Ende eines etwas unzugänglicher Tales, an einem Bergeinschnitt gelegen. Auf der hin und wieder Serpentinen artigen Straßenführung zum Kloster sieht man als erstes einen imposanten Kirchenneubau für Pilger und dann erst die eigentlichen Klosteranlage aus dem 5. Jh..



    Die m. E. um einiges kleiner ist als das Antonius Kloster, alles erscheint um einiges bescheidener und altertümlicher zu sein. Und auch hier gibt es heute eine vorgelagerte, mit einem Eisentor abgesicherte Einfahrt, an dem jeder Besucher dokumentiert wird.



    Als wir den Berg hoch kamen sahen wir SIE und standen mitten in einer der 10 Biblischen Plagen!! Aber Tausende von Heuschrecken flogen umher, saßen auf Dächer und Straßen, klickten wie kleine Steine an die Windschutzscheibe unseres Wagens.



    Schon Ende des vergangen Jahres hatte ich gelesen, dass die Vereinten Nationen das Land der Pharaonen vor einer bevorstehenden Heuschreckenplage gewarnt und dringend geraten hatten, die Brutstätten zu bekämpfen. Aber in Kairo dachte man wohl „Allah wird`s schon richten“ und tat die Warnungen der Uno als „Gerüchte“ und „Kritik am ägyptischen Regime“ ab. So kann man sich täuschen!


    Wieder zurück zum Paulus Kloster: Auch hier stellte man uns einen sachkundigen, dies mal etwas jüngeren Mönch an die Seite, der etwas zur Geschichte des Klosters erzählte und uns durch einige Räume führte, wie z. B. das Refektorium aus dem 4 Jh., in dem sich ein langer gemauerter Tisch befindet und auf dem Utensilien des Täglichen Bedarfs stehen.



    Hier trafen sich die Mönche „immer wieder Sonntag`s“ um gemeinsam zu essen. Sie saßen um den Tisch herum – bis auf einen, der musste stehen bleiben und seinen Glaubensbrüdern aus dem Leben der Wüstenväter vorlesen. Das sollte bewirken, dass der Körper und der Geist gleichermaßen genährt wurden.
    Genau wie das Antonius Kloster, wurde auch das des St. Paulus Kloster immer wieder Ziel von Beduinen- und Plünderern und wurde Zeitweise sogar ganz aufgegeben. Bis Mönche aus dem benachbarten Antonius Kloster kamen und es neu besiedelten.


    Wir „inspizierten“ zwei der 4 Kirchen,



    das Mühlengebäude und die Klosterquelle mit anschließendem Garten in der die heilige Kloster Palme steht.



    Die Quelle hier im Paulus Kloster fördert zwar nicht soviel wie die im Antonius Kloster, aber immerhin auch 4 Kubikmeter Trinkwasser täglich.



    Um den Gesamtbedarf am lebensnotwendigen H²O zu decken wird per Tankwagen nachgeliefert.


    Überall flogen Heuschrecken, setzen sich sogar an unsere Hosenbeine und genau die waren mit ein Grund, dass wir unseren Besuch hier etwas verkürzten und uns gegen 16h auf Rückweg nach El Gouna machten.


    Auf unserer Rückreise kamen wir wieder an der brennenden Pipeline vorbei. Inzwischen waren die Flammen verschwunden und der Rauch teilte sich in zwei Farbe auf. Kurz nach 19h trudelten wir in der Lagunenstadt ein.


    Ein wunderschöner Tag mit imposanten Eindrücken neigte sich leider dem Ende zu. Ich danke Lothar für die tolle Fahrt und Klosterführung und Michael für seine überaus nette Begleitung. Es war einfach super mit euch zusammen diesen Tag zu verbringen.


    Fazit: Sobald wie möglich möchte ich diese beiden - ganz besonderen Klöster noch einmal besuchen - "Inshallah"

  • Hoch interessant, Conny, was du uns hier zeigst.
    Von den beiden Klöstern hatte ich bisher noch keine Kenntnis. Danke für den aufwendigen Bericht und die vielen Hintergrundinformationen.


    Jetz habe ich zwei Punkte mehr auf meiner unendlichen Liste, die ich wohl nicht mehr abarbeiten kann.


    Grüße
    Bernd

  • Es ist spannend und schön zugleich, was Du uns von diesen beiden Klöstern erzählst.
    Es sieht so aus, als gehörten sie noch zu den Plätzen in Ägypten, die vom Massentourismus verschont sind.
    Mich hat vieles in Deinem Bericht beeindruckt, Conny- aber am meisten, wie die Klöster abgeschirmt waren ( sind) - kein Wunder nach den Erfahrungen mit Eroberern und Plünderern in den vergangenen Jahrhunderten.


    Danke für die Bilder und die interessanten Informationen.


    Gruß,
    Elke

  • Liebe Conny,


    herzlichen Dank für die äußerst detaillierte Beschreibung der interessanten Klöster.


    Unabhängig von den wissenswerten Hintergründen, bleiben bei mir


    - der Brand der Ölpipeline
    - die Heuschreckenplage


    sicher stets in Erinnerung.


    Das Zeug , auch im Krieg mit Hussein im Irak , nicht nur, brennt sicher monatelang so vor sich hin. Diese ungeheure Rauchwirkung.


    Und erst die Heuschrecken, die einen direkt betreffen, puhh da bin ich froh, dass ich das nicht erleben muss.


    Höchst interessant auch, welch kolossalen Schutzwall die für ihre Klöster, in weiser Voraussicht, bauen mussten.


    Danke nochmal für den wunderbaren Bericht.


    Lieben Gruß
    Helmut

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