HR: Istrien - der Freihafen Trget am Ende des Rasa-Kanals

  • In diesem Jahr habe ich mir mal den Freihafen Trget im Rasa Kanal genauer angesehen. Viele Urlauber wissen gar nicht, dass an Istriens Ostküste bereits seit den 1870er Jahren ein Hafen angelegt und vor allem nach dem Ersten Weltkrieg während der italienischen Herrschaft ausgebaut wurde.




    Der kleine Fischerort Trget im Rasa-Kanal ist ja manchem bereits vom Durchfahren bekannt. Man muß dazu direkt an der Brücke über den Bach in der Senke des Rasa-Tales an der Jadranska Magistrale zwischen Barban und Labin abbiegen und gelangt dann am Freihafen vorbei nach Trget.



    Die Aufnahme zeigt den Rasa-Kanal auf der Straße zum Zementwerk Koromacno. Der Freihafen befindet sich ziemlich weit im Kanal. Bei der Einfahrt kommt man vorher an Trget, hier nicht sichtbar, weil rechts in einer Bucht versteckt, vorbei.



    Die vom Ende des Kanals zum Freihafen führende Straße wird hauptsächlich von schweren Lkw beladen mit Gestein und Holz benutzt.




    Direkt hinter dem Freihafen befindet sich ein alter Steinbruch.


    Während dieser Zeit bis zum Zweiten Weltkrieg diente dieser Hafen vor allem der Verschiffung der in den Gruben rund um Labin abgebauten Kohle nach Italien. Das italienische Kernland hatte damals kaum eigene Kohlevorkommen.



    Es gab sogar eine Schmalspurbahn nach Krapan, die 1935 elektrisiert und nach dem letzten Weltkrieg stillgelegt wurde. Nach dem Krieg wurde die Eisenbahnlinie von Lupoglav über das Rasatal bis zum Hafen gebaut. Nicht bekannt ist, wie viele der Zwangsarbeiter, vor allem italienische und deutsche Kriegsgefangene, dies nicht überlebt haben. Mancher Urlauber hat ja diese Gleise auf dem Weg von Barban nach Labin auf der Jadranska Magistrale bereits überquert.



    Heute wird diese Bahnlinie, an welche der Freihafen angeschlossen ist, nur noch selten für den Gütertransport genutzt. Im Freihafen selbst werden vor allem Rundholz und Schnittholz sowie Kalkgestein auf Schiffe verladen und exportiert.




    Der Hauptempfänger für das Gestein ist wie schon vor 2000 Jahren Italien mit den nördlichen Adriaregionen. Dort wird das Gestein in verschiedenen Qualitäten zur Uferbefestigung oder zum Bau im weitesten Sinne benötigt. Wem ist denn heute noch bekannt, dass bereits in der Antike viele römische Bauten der Region aus Istrischem Kalkstein errichtet wurden.



    Heute dienen die betagten Kräne zum Verladen des Holzes. Woher dieses stammt, vermag ich nicht zu sagen. Ich nehme jedoch an, dass es im weitesten Sinne aus dem Bereich Ucka oder Cicarija-Gebirge kommt. In Istrien selbst wachsen kaum Bäume mit solch dicken Stämmen. Ich kenne eigentlich auch gar kein Sägewerk in der Region.



    Das grobe Kalkgestein, welches nur drei Kilometer landeinwärts abgebaut wird, gelangt direkt von den anfahrenden Lkw bzw mittels Radladern in den Laderaum der an der Mole liegenden Massengutfrachter.




    Der hier an der Mole liegende Frachter Lepanto 1571 ist vermutlich nach der Seeschlacht von Lepanto benannt. Die fand im Jahr 1571 im Golf von Patras statt. Vermutlich wird das Gestein jedoch nicht nach Griechenland sondern eher nach Norditalien exportiert.



    Der verfallene Gebäudekomplex im Hintergrund war bis Anfang der 70er Jahre, als die Kohleförderung aus wirtschaftlichen Gründen eingestellt wurde, zur Erzaufbereitung errichtet worden. Man hat die Kohle dort zerkleinert, von taubem Gestein getrennt und gewaschen. Damals waren noch weitere derartige Anlagen in Betrieb. Zwischen Trget und Rasa befindet sich eine weitere Anlage.



    Unter dieser Überdachung sind tausende Kubikmeter Schnittholz gelagert.


    Ich hoffe, Euch wieder einen kleinen Einblick in die istrische Wirtschaft gegeben zu haben. Es gibt eben nicht nur Wasser, Strände und die Tourismusindustrie.


    Jürgen

  • Ja Dieter, so geht es mir auch.


    Wir waren sogar schon mal unten am Hafen und haben uns umgesehen.

    Viele Grüße
    Helga


    Das Heilmittel für alles ist Salzwasser: Schweiß, Tränen oder das Meer.
    Karen Blixen

  • ...ich kenn die Gegend vom vorbeifahren , ich wäre oder bin noch gar nicht auf die Idee gekommen daraus einen Beitrag zu gestalten.


    Muß ehrlich gestehen ,, warum eigentlich nicht ,, ich finde es eine gute Idee und danke dir für deine Arbeit.


    hallo dieter,


    ich gehöre zu den wenigen menschen, die vor natur aus extrem neugierig sind. meine frau schimpft immer wieder, wo ich überall reinkrieche, über welche zäune ich steige und für was für belanglose dinge ich mich häufig interessiere. nur meine ich, daß ich ein land oder eine region erst richtig verstehe, wenn ich nicht nur die üblichen touristischen sehenswürdigkeiten abklappere, sondern auch herausfinde, von was die menschen leben, was sie so tun oder welche eigenarten hier vorherrschen.


    grüsse


    jürgen



  • Das sehe ich genauso Jürgen.


    Deshalb klappere ich in Dalmatiens Hinterland jedes Tal und jede Gegend ab und es ist faszinierend wie von einem Tal das von der Natur reich beschenkt wurde zum nächsten Tal das der liebe Gott vergessen hat diese Kontraste zu sehen.


    Danke für den interessanten Bericht.

  • Das ist ein interessanter Beitrag, Jürgen-
    Du beschreibst ein Zwischending zwischen Industriedenkmal und ( wie lange noch? ) funktionierenden Anlagen.
    Da sich diese sehr versteckt im Rasakanal befindet, kommen nur wenige Touristen dorthin - danke, dass Du auch diese Seite von Istrien gezeigt und gut beschrieben hast.
    Aber warum nennst Du das "Freihafen"? Ist das die offizelle Bezeichnung?


    Ob das alles Zukunft hat?


    Gruß,
    Elke

  • Aber warum nennst Du das "Freihafen"? Ist das die offizelle Bezeichnung?


    Ob das alles Zukunft hat?


    hallo elke,


    danke erst mal für das lob. der hafen trget ist tatsächlich offiziell ein freihafen und wird vom hafen rijeka aus verwaltet. du hast ja bereits den link zu dieser bezeichnung gesetzt. freihafen bedeutet im weitesten sinne, daß hier keine zölle für ex- oder importierte güter anfallen. im vorliegenden fall dürfen ausschließlich holz und gestein exportiert werden. für die einfuhr von gütern ist der hafen nicht zugelassen. tatsächlich existiert in diesem hafen auch ein büro, wo anscheinend der zoll diese bestimmungen überwacht.


    als vor ein paar jahren die erdgasleitung über den ucka nach istrien gebaut wurde, diente dieser hafen dem import von röhren. auch dies eine ausnahme. schlüssig ist mir immer noch nicht ganz, wo das viele anscheinend per lkw herangebrachte schnittholz herkommt. als holzreiche gegend mit bäumen von diesen dimensionen kenne ich eigentlich nur das risnjak-gebirge im hinterland von rijeka, den ucka-gebirgsstock oder den bereich direkt hinter dem velebit-hauptkamm. vielleicht kommt das holz von da? ich weiß es nicht.


    zu deiner frage: "Wie lange noch?" möchte ich anmerken, daß die kräne tatsächlich schon ein methusalem-alter erreicht haben. ich konnte da schon schweißarbeiten beobachten, wo sich mir der magen umgedreht hat, obwohl ich kein schweißer bin. die mole, die technischen anlagen und die gleise mögen zwar veraltet sein. die lage hat jedoch einen gewaltigen vorteil: es ist reichlich platz in diesem windgeschützten hafen vorhanden. deshalb können solche güter wie holz hier billig verladen werden, was vermutlich in rijeka nicht der fall ist.


    gestein wird ja in istrien meines wissens auch zwischen pula und fazana und zwischen tar und novigrad und unterhalb von rakalj, ebenfalls im rasa-kanal auf schiffe verladen. hier ist entscheidend, daß der weg vom steinbruch bis zum schiff recht kurz ist. deshalb sehe ich nach mittlerweile 2000 jahren export chancen auf weitere 2000 jahre. was glaubst du, was das für einen krach macht, wenn ein lkw seine ladung aufs schiff kippt. das kann man nicht unmittelbar neben den stränden machen. wer schon mal auf lanterna urlaub gemacht hat, dürfte dieses geräusch kennen.



    hallo anton,


    ja, da haben wir etwas gemeinsam. ich war beispielsweise noch nie auf den brioni-inseln, obwohl ich jedes jahr mehrere male in südistrien bin. die einschätzung vieler, daß es sich hier nur um einen rummelplatz mit tito-devotionalien handelt und die landschaftlichen besonderheiten des archipels eh nicht individuell in augenschein genommen werden können, hat mich bisher davon abgehalten, diese inseln aufzusuchen.


    grüsse


    jürgen

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