Zur Vorgeschichte guckt Ihr hier ...
Nach 1975 war ich nicht mehr in Jugoslawien oder, ab 1991, in einem der daraus entstandenen Staaten. Das änderte sich erst 1999.
Mein Interesse an der Region war allerdings schon seit 1991 wiedererweckt worden. Damals waren wir frisch nach Norderstedt gezogen, und ich hatte mich als Hausarzt niedergelassen.
Eine meiner ersten Kontakte dort war die kroatische Kulturgesellschaft, die, aufgrund des eben ausgebrochenen Krieges, durch die Praxen zogen und Medikamente und Geräte sammelten. Ich gab ihnen, was ich erübrigen konnte, und organisierte noch einiges dazu. So fragten sie irgendwann nach einem EKG-Gerät - ich fragte unter den Kollegen herum und am Schluss hatten wir drei.
So entwickelte sich eine Freundschaft zwischen mir und einigen der Kroaten.
Irgendwann lernte ich die Leiterin der Sprachabteilung unserer Volkshochschule kennen, auch eine Kroatin. Die bot mir einen Platz in ihrem Kroatischkurs an, weil ich daran Interesse hatte, diese Sprache nicht mehr nur in Inifinitiven sprechen zu müssen. Das ist jetzt, mit ferienbedingten Unterbrechungen, seit über 15 Jahren (genau weiss ich das gar nicht mehr) meine Mobntagsabendsbeschäftigung. Unser Kurs ist inzwischen eine kleine Clique, die sich bei der inzwischen pesnionierten Lehrerin am Wohnzimmertisch trifft.
Die Cliquenmitglieder sind ausser mir deutsche Partner/innen von Kroat/inn/en, die irgendwo im Land ihre Häuser haben, und die ich irgendwann abzuklappern begann. So lang, bis ich mich das erste Mal traute, in das vom Krieg und desolaten Verhältnisssen noch lange Zeit gebeutelte Bosnien zu fahren. Wobei das schon Jahre vorher möglich gewesen wäre - bei den mir bekannten Kroaten kursierten zum Teil abenteuerliche Vorstellungen über Bosnien,, weil sie da die ersten Jahre nach dem Krieg einfach nicht hinfuhren, insbesondere nicht in die Srpska. Z.B. gab es ein Gerücht, dass man für die Srpska ein Visum bräuchte - völliger Quatsch, man kann die Grenze ohne Visum mit dem Reisepass passieren (manchmal, wenn die Grenzer gut drauf sind, auch nur mit dem Personalausweis), egal ob Federacija oder Srpska.
(8.8.09)
Keine hundert Kilometer hinter Zagreb, der Zug ist schon fast zwei Stunden unterwegs, ist Kroatien zu Ende. Am Grenzbahnhof Volinja hält er eine Ewigkeit, wovon der Lokwechsel nur einen Bruchteil der Zeit in Anspruch nimmt.
Zunächst wird mir bedeutet, dass ich die Loks nicht photographieren darf, auf meine Frage warum weiss keiner so recht zu antworten, es gibt - ohne meine Beteilung - eine längere Debatte zwischen kroatischen oder bosnischen Fahrgästen und den Uniformierten, und irgendwann kommt ein junger Mann zu mir, sicher kein Offizieller (kurzes Hose, T-Shirt, Badelatschen) und sagt nur ein Wort:
"Slikate", machen Sie Bilder.
Auf dieses Zauberwort hin klettere ich aus dem Zug (Bahnsteigkante fehlt) und lege los.
Bahnhof Volinja
Das ist die kroatische Lok, die fährt grad weg,
und die wird uns jetzt weiterziehen. "Eisenbahnen der serbischen Republik" steht auf der Seite.
Wie schon angekündigt, ab jetzt darf geraucht werden - sobald der Zug fährt.
Wir überqueren die Una, die hier die Grenze bildet und mich auf dem Rest meiner Bosnienreise begleiten wird.
Sowohl die kroatischen als auch die bosnischen (serbischen) Grenzkontrollen waren freundlich und beschränkten sich auf einen Blick in den Pass bzw. auf die Frage, ob man etwas zu verzollen habe - wahrscheinlich würde es die ganze Routine durcheinander bringen, wenn man etwas anmelden wollte. Nach einem Schweinegrippefreiheitsattest hat niemand gefragt ...
In Bosanski Novi (seit der serbischen Besetzung offiziell: Novi Grad) muss ich umsteigen.
Mit den Worten "Ihr Zug" verweist man mich auf einen einsamen Waggon, an den sich während der nächsten Minuten eine altersschwache Diesellok heranschiebt.
Auch hier, erlaubtermaßen: Feuer frei !
Aus der Einrichtung sowie der Beschilderung in Französisch, Deutsch und Italienisch (die in der Landessprache ist erkennbar nachträglich eingefügt) kombiniere ich, dass es sich bei dem "Zug" um einen ausgedienten Liegewagen der Schweizerischen Bundesbahn handeln dürfte, Baujahr relativ kurz nach dem 2. Weltkrieg.
Für Lüftung ist gesorgt (by the way: Die Toilette hab ich nicht aufgenommen, man will ja nicht unhöflich sein) ...
und wer mehr Luft braucht, öffnet die Tür und hängt die Beine raus.
Vor jeden der zahlreichen Bahnübergänge geht der Zug auf Schrittgeschwindigkeit herunter, die Lok laesst ein ohrenbetäubendes Getöse hören, bevor sie wieder Fahrt aufnimmt - natuerlich nicht allzuviel, schliesslich will man während der Fahrt ja auch das wunderschöne Una-Tal gebührend bewundern. Für Photofreunde ist das eine Super-Strecke !