Teil 12:
Auf der Oststeite beginnt der „Bazar Kujundžiluk“, und es herrscht ein ähnliches Treiben wie auf der Westseite. Teppiche, Gefäße, Bilder, Schmuck und vieles mehr wird hier an den Mann gebracht. Die alten, bunten Gebäude sind bereits eine Sehenswürdigkeit für sich. Man muss das gesehen haben. Schließlich kamen wir zur zum Innenhof der berühmten Koski-Mehmet Pasha Moschee, von der sowohl das Innere als auch das Minarett begehbar ist. Überall konnten wir in Euro zahlen. Ich besuchte das Innere der Moschee und bestaunte die Gebetsteppiche, betende Muslime, Wandmalereien und aufwendigen Verzierungen. Die Moschee wurde im Jahr 1618/19 erbaut und repräsentiert den großen Bau der klassischen osmanischen Architektur in Bosnien und Herzegowina. Entworfen im Hauptarchitekturbüro in Istanbul, wurde sie aus präzise gegerbten Steinblöcken gebaut. Während des Krieges in Bosnien wurde sie von den kroatischen Streitkräften schwer beschädigt, und ihre Restaurierung fand in den Jahren 1996-2001 statt. Die Moschee hatte früher eine außergewöhnliche Sammlung von Manuskripten des Korans, von denen einige erhalten geblieben sind, aber heute zu anderen Sammlungen gehören. Was das Wichtigste ist: Von hier lassen sich die besten Fotos der Stari most und der Neretva machen. Dann wagte ich mich durch den sehr engen Treppenaufgang auf das Minarett. Marco zog es vor, lieber unten zu bleiben, doch hatte er es in den Vorjahren bereits erklommen. Ich habe mich dann – um ehrlich zu sein – nur sehr vorsichtig, Schritt für Schritt – mit Kontakt zum Stein im Innern rund um den Turm herumbewegt. Man hat natürlich eine Wahnsinnsaussicht. Unten im Garten schossen wir noch zahlreiche Fotos, und ein netter Besucher fertigte einige Bilder von Marco und mir an.
Blick auf die Altstadt
Der Basar Kujundžiluk und die Altstadt
Blick zurück zur Stari Most
In der Koski-Mehmet Pasha Moschee
Hinauf zum Minarett
Heiko winkt vom Minarett
Blick vom Minarett auf die Stari Most
Blick vom Garten
Marco und die Brücke
In der Nähe der Karađozbegova džamija, einer Moschee aus dem 16. Jahrhundert, kamen wir zum Bišćevića kuća, einem traditionellen osmanischen Wohnhaus. Das kleine Museum zeigt, wie eine Familie damals gewohnt hat, und ich wollte gern einen Blick hinein werfen. Der desinteressierte Marco wartete auf mich. Die zuständige Dame war gerade im Begriff zu schließen und verzichtete auf den Eintritt, wenn ich mich beeilen würde. Das Haus hat einen gepflasterten Innenhof mit Brunnen und einige typischen Sitzmöglichkeiten. Auch in den Ecken des Treppenaufgangs waren gemütliche Sitzecken mit verzierten Holztischen und –stühlen und Tabletts mit Teekännchen. Das erinnerte mich an meine traditionelle Unterkunft in Marrakesch, ein Riad mit Innenhof, in dem sich ebenfalls überall gemütliche Sitzecken befanden. Das Bišćevića kuća war mit bunten Teppichen ausgelegt, hatte einen Webstuhl und zeigte die damalige osmanische Kleidung. Die Schlafmöglichkeiten befanden sich auf Bodenhöhe, und viele Bilder und Gefäße füllten die mit Holzdecken bestückten Räume. Das große Wohnzimmer offenbarte rote Teppiche, hölzerne Truhen und viele Sitzmöglichkeiten entlang der geschwungenen Fenster mit Blick auf die Neretva. Der Holzboden knarrte. Am Ende gelangten Marco und ich über die Most bunur, einer Fußgängerbrücke wieder auf die andere Seite des Flusses. Der Besuch Mostars war einzigartig und hatte mich beeindruckt.
Karađozbegova džamija
Bišćevića kuća
Zurück am Parkplatz stiegen wir ins Auto und verließen die Stadt. Wir fuhren 13 Kilometer nach Südosten und waren nach 25 Minuten in Blagaj. Der kleine Ort mit 2.500 Einwohnern beherbergt das Derwischkloster Blagaj Tekija und die Karstquelle des Flusses Buna, die sich in einer Höhle hinter dem Kloster befindet. Auch hierauf freuten wir uns sehr. Tekija bedeutet so viel wie „Rückzugsort“. Es ist ein Zentrum der Sufi-Bruderschaft, die für ihre Askese sowie für die Verkündigung einer der mystischsten Dimensionen des Islam bekannt ist. Das Kloster hat wahrscheinlich die spektakulärste Lage aller religiösen Gebäude in Bosnien und Herzegowina. Es wurde zwischen 1446 und 1520 unter osmanischer Herrschaft erbaut und befindet sich unter oder teilweise sogar in einer steilen, 200 m hohen Kalksteinwand mit Blick auf die smaragdgrüne Quelle des Flusses. Es ist eine Mischung aus bosnischer und orientalischer Architektur, eine weiß getünchte vierstöckige Fachwerkkonstruktion, die sich über den Rand des Wassers lehnt. Auch heute sollen hier noch Mönche wohnen. Es lohnt sich, die Außentreppen hinunter zu steigen, um auf eine kleine Aussichtsterrasse direkt über der Buna zu gelangen. Die Zeit und der Fall einiger Felsen haben zu vielen Reparaturen und Rekonstruktionen des Gebäudes geführt. Heute sieht die Tekija, vor allem dank eines türkischen Reisebüros, größtenteils so aus wie früher.
Wir parkten unterhalb der Zugangsstraße, die mit vielen touristischen Souvenir-Ständen zugestellt ist. Am Ende des Weges befindet sich das Kloster. Die Buna fließt hier sehr idyllisch den Hügel hinab. Man kann auf einen kleinen Damm hinaus laufen, was einen besseren Blick auf das Kloster bewirkt. Der Anblick ist spektakulär. Da sich hier am Fluss einige Restaurants befinden, kann man sich hier wunderbar niederlassen und mittels einer kleinen Brücke auch den Fluss überqueren, um das Kloster von der anderen Seite zu betrachten. Während Marco von außen viele Fotos schoss, bewegte ich mich ins Klosterinnere. Auch hier konnte man überall mit Euro zahlen, bekam jedoch das Rückgeld in Konvertible Mark, daher empfiehlt es sich, das Geld wenigstens einigermaßen passend zu haben. Das sehenswerteste Gebäude ist das letzte vor der Felswand. Es ist leicht schräg und sieht sehr urtümlich aus. Da das Kloster noch immer als Bethaus genutzt wird, muss man beim Betreten des Hauses die Schuhe ausziehen, und Frauen brauchen eine Kopfbedeckung. Kurze Röcke bis Knielänge sind nicht gestattet, aber es werden Tücher zur Verfügung gestellt. Gegen meine kurze Jeans hatten sie prinzipiell nichts einzuwenden, doch die Enden der Hose waren umgeschlagen. Ich sollte diese Stoffumschläge öffnen. Nun gut, das war kein Problem. Auch hier befinden sich im Innern viele Gebetsräume, die mit Teppichen und Kissen ausgelegt sind. Einige muslimische Besucher knieten und beteten. Über einen hölzernen Treppenaufgang kam man in das Obergeschoss. In einer Ecke stand eine grüne Flagge mit Halbmond und Stern. Ich erschrak ein wenig, als ein Besucher sich diese Flagge schnappte und damit umher wedelte. Als er darauf hingewiesen wurde, dies bitte zu unterlassen und nichts anzufassen, rechtfertigte er sich doch wirklich damit, dass er dies aus Nationalstolz tue, da es sich schließlich um seine Kultur handele. Unfassbar. Alle anderen Besucher wussten sich zum Glück zu benehmen. Dann begab ich mich in die Zimmer, die fast ein wenig über den Fluss hängen, mit knarrenden Fußböden und langen Holzbänken an den geöffneten Fenstern. Schließlich kam ich wieder zurück zu Marco.
An der Buna
Vor dem Kloster
Auf dem Damm
Blick auf das Kloster vom Damm
Im Kloster
Wir begaben uns auf die andere Seite der Buna, um am Höhleneingang eine kurze, geführte Fahrt mit einem Boot in die Höhle zu machen. Das Wasser hier ist sehr rein, und man soll es trinken können. Während der Schneeschmelze im Frühjahr sollen hier Unmengen an Wasser über das Wehr vor dem Kloster schießen und hoch in die Luft spritzen. Der Führer unseres Bootes zog sich mit Hilfe eines gespannten Seils ins Innere der Höhle. Die Höhle ist nicht sonderlich groß. Einige Tauben schwirrten unter den Felsen umher. Die Ausführungen unseres Fahrers mögen vielleicht für alle Anderen in unserem Boot interessant gewesen sein, für uns jedoch weniger, denn wir verstehen kein Bosnisch. Angesichts der hohen touristischen Nachfrage finde ich es sehr schade, sich hier nicht um einen Guide zu bemühen, der auch Englisch spricht. Anfangs hatte eine neben uns sitzende Besucherin uns noch Einiges übersetzt, doch stellte sie ihre Bemühungen im Laufe der Fahrt ein, also begnügten Marco und ich uns damit, uns umzuschauen und unsere eigenen Schlüsse zu ziehen. Auf dieser Bootsfahrt bekommt man nicht allzu viel zu sehen und könnte auch darauf verzichten, ohne allzu viel zu verpassen. Der Besuch des Klosters allerdings hat mir sehr gefallen.
Blick von der anderen Flussseite
In die Höhle hinein
Dann ließen wir uns in eines der Restaurants am Fluss nieder und tranken ein großes Bier. Marco hatte heute nicht allzu viel Hunger und war mit einem großen Salat zufrieden. Ich bestellte mir sehr schmackhaftes Kalbfleisch mit grünen Nudeln in einer herzhaften Gorgonzolasoße. Mit der Zeit füllten sich die Restaurants mit den zahlreichen Besuchern, und an unserem Nebentisch saßen sogar einige Jugendliche aus Deutschland. Der Besuch in der Herzegowina war absolut lohnenswert für uns beide, auch wenn die Rückfahrt nach Makarska sich ein wenig hinzog. An den Tankstellen in der Herzegowina nahm man keinen Euro an, doch wir hatten noch genug Benzin im Tank. Die Rückkehr nach Makarska fühlte sich dann wie ein Nach-Hause-Kommen an. Zu später Stunde setzten wir uns wieder auf unseren Balkon und unterhielten uns über die Geschehnisse dieses ereignisreichen Tages.