Leonhardifahrt 2011 in Kreuth beim Tegernsee

  • Liebe Foris,

    Nachdem ich die wohl bekannteste Leonhardifahrt in Bad Tölz schon besichtigt hatte, zog es mich gestern am 6.11.2011 zu einem kleinen Leonhardiritt nach Kreuth, das ja nur 5 km von meinem Geburtsort entfernt liegt.



    Alles zum Hl. Leonhard




    St.Leonhard




    Hier ein Auszug daraus:



    "Brauchtum und Verehrung
    Der eigentliche Leonhardskult begann, nachdem im 11. Jahrhundert seine Reliquien öffentlich ausgestellt wurden. Von Frankreich verbreitete er sich rasch nach Süden und Osten, was auch mit den Kreuzzügen zusammenhängt, in denen Leonhard als Patron der Gefangenen eine besondere Bedeutung als Fürsprecher zukam. In dieser Eigenschaft und später auch als Patron der Pferde und des Hornviehs wurden ihm hauptsächlich eiserne Weihegaben wie Hufeisen und Ketten dargebracht. Heute werden ihm vor allem Votivtafeln und Kerzen gestiftet. Seine Verehrung in Altbayern ist ungebrochen und zeigt sich Jahr für Jahr in den großen Leonhardifahrten landauf und landab wie Grafing, Kreuth, Tölz, Fürstenfeldbruck oder - im Bistum Augsburg - Inchenhofen, das früher zum Zisterzienserkloster Fürstenfeld gehörte und eine der größten Wallfahrten des Mittelalters war.“




    Im Klartext hieß dies aber sehr frühzeitig aufzustehen und wie sich später wieder bewahrheitet hat, war dies der einzig richtige Entschluss.



    Wir fuhren schon um ½ 8 Uhr , nachdem wir Bekannte abgeholt hatten , Richtung Kreuth, das offiziell von 10-12 Uhr gesperrt war.



    Und was sage ich, bereits eine ¾ Stunde später kamen wir dort an, Parkplatz 3 m vom vorbeiziehenden Festzug entfernt.



    Damit vermieden wir, ellenlange Staus im Tegernseer Tal, Parkplatzsuche weit vor dem abgesperrten Gelände und hilfloses Geschiebe von Menschenmassen zur Kirche von Kreuth hinauf.



    Grund:



    Bei 22 ° strahlendem Sonnenschein , mildem Fön und klarer Fernsicht kamen in dem kleinen Ort 8000 Zuschauer, damit um die Hälfte mehr wie 2010. Bei Bilderbuchwetter fuhren 32 mit Daxen (Äste) und Blumengebinde geschmückte Gespanne. (Kreuth hat rd. 4000 Einwohner mit Zweitwohnungsbesitz)



    Stolze Rosserer mit aufgeknöpften Jankern und wahrlich ansehnlichen Frauen mit wunderschönem Schalk und Mädchen mit prächtigen Miedern präsentierten sich der großen Zahl von Zuschauern, letztere auch zu 70 % mit zumindest Trachten mäßigem Aussehen, was dem Betrachter wiederum bei Einzelnen ein Lächeln entlockte. Unbeschreiblich manchmal.



    Trug ein Teil der Frauen auch zur Messe vor der Kirche noch den Fuchs, wurde dieser aber spätestens auf den Gespannen abgelegt.



    Wir zogen also nach einem gemütlichen Kaffee am Aufstellplatz vorbei und schlossen uns dem Zug der Gebirgsschützen und Frauen und Mädchen in ihrer tollen Tracht hinauf zur Messe im Freien gegenüber der Kirche , vor einem noch mit herrlichen Geranien geschmückten Bauernhaus, an.



    Nach dem kirchlichen Segen für Mensch und Pferde wanderten wir wegen der Ortskenntnis auf die Anhöhe von Kreuth.



    Dort war der Weg relativ eng, hatte schattige Bäume und nur Platz für eine Reihe Zuseher. Beste Aussichten für Fotografen während der dreimaligen Umrundung des Kirchberges.



    Die Bilder sprechen weitgehend für sich selbst, genießt sie einfach:

    Ort der Aufstellung







    Der Zug der Trachtler, angeführt von einer Blaskapelle











    Die Gebirgsschützen






    vorbei am Pfarrhaus








    Die steile Straße zur Kirche hinauf







    So sieht sie Innen aus










    Zum Platz vor dem Bauernhaus







    Hier wurde die Messe abgehalten (leider kam es auf Grund des Gedränges und der eingeschränkten Sicht auch mal zur Unschärfe, bitte dies zu entschuldigen)

















    Auf dem Weg zum Besichtigungsstandpunkt gab es aber noch einige Motive, die ich trotz des allgemeinen Zusteigens der Gespanne einfach nicht übersehen konnte.




    Der Blick hinauf zum Leonhardistein (1449m, nicht so arg hoch, aber trotzdem oben Blick zum Karwendel Gebirge , Aufstieg gar nicht mal oben so ohne).







    Der Gipfel heran geholt







    Vor dem Bauernhaus, genauer vor dem Stall










    Blick zum Kirchberg zurück (links der Platz , wo die Messe abgehalten wurde)







    Und jetzt vom Standort aus (leider haben die Goaßlschnalzer ihre Fuhrmannspeitschen hier oben nicht geschwungen, nur unten auf der breiten Straße).















    Ja ja, auch hier geht es nicht ohne Handy




































    Und das Abschlussbild zeigt den Kreislauf der Natur, fast kein Blatt mehr an den ehedem so farbenfrohen Blättern mit dem bäuerlich gepflegten und in Traditionen verwurzelten Friedhof im Vordergrund.









    Und so habe ich hoffentlich einen Tag bayrischen Brauchtums mit lauer, föniger Herbstluft, eingerahmt von malerischer Kulisse mit beeindruckenden Trachten, Kaltblütlern und Haflingern näher bringen können.



    euer



    wallbergler

  • Das war ein außergewöhnlicher Tag, den Ihr da erwischt habt.
    Landschaft, Menschen und Tiere passen zusammen.... glanzvoll und prächtig herausgeputzt.


    Zitat

    Die Bilder sprechen weitgehend für sich selbst, genießt sie einfach:


    Da kannst Du sicher sein, Helmut!
    Danke , dass Du das Gedränge auf Dich genommen hast ( Insider-Ortskenntnisse habe Dir sicher Vorteile verschafft) und diese Dokumentation für uns erstellt hast.


    Wir hatten es ja vor kurzem hier von der Kleiderordnung in Bayern mit den vielen Spezialbegriffen.
    https://www.schoener-reisen.at…&highlight=Kleiderordnung
    Vielleicht kannst Du uns anhand des einen oder anderen Bildes die Einzelteile der Tracht etwas näherbringen?
    Was ist ein Fuchs, was ist ein Schalk.. usw...


    Liebe Grüße,
    Elke

  • Was mich auch sehr beeindruckt hat , ist - das viele Junge Leute ( wenn auch mal mit Handy :smartass: ) diese alte Tradition noch ausführen und so zahlreich mitmachen , das wäre bei uns in der Stadt schier unmöglich.


    Danke Dieter,


    ja das ist halt auf dem Land noch so, da ist der Zusammenhalt gewachsen. Burschenschaften usw.
    Kann aber manchmal auch ein Nachteil sein, wenn sich jemand abgrenzen will.


    Kreuth mit seinen ca. 3700 Einwohnern und 300 Zweitwohnungsbesitzern ist aber eine Einheit. Das liegt natürlich im Wesentlichen am Gemeinderat. Da geht Tradition in allen Bereichen vor. Da sieht man keinen architektonischen Ausreißer usw.
    Unabhängig vom Für und Wider.


    Lieben Gruß
    Helmut

  • Ein toller Bericht Helmut.


    War denn kein Herr Seehofer dabei?


    Schön geschmückte Pferde und Menschen in Trachten ist schön anzusehen.


    Dein Bericht hat mich sofort an die bevorstehenden St. Martinsumzüge errinnert. Brauchtum ist einfach etwas schönes und wertvolles.


    @Dieter


    Ich glaube auch bei euch in Niederbayern gibt es einen Brauchtum der auch von der Jugend getragen wird.


    Bei uns in der Stadt ist das weniger der Fall und trotzdem begeistert es mich immer wieder wenn ich sehe wieviel junge Menschen ins Opernhaus gehen. Das ist auch irgendwie eine Tradition.

  • Wir hatten es ja vor kurzem hier von der Kleiderordnung in Bayern mit den vielen Spezialbegriffen.
    https://www.schoener-reisen.at…&highlight=Kleiderordnung
    Vielleicht kannst Du uns anhand des einen oder anderen Bildes die Einzelteile der Tracht etwas näherbringen?
    Was ist ein Fuchs, was ist ein Schalk.. usw...


    Ja ich versuch das mal. Die "Tracht der Weiberleut", hier sehr gut erklärt.


    Tracht,


    Der Schalk hier auf dem Bild.





    Man sieht deutlich wie die Ärmel (eng anliegend) im oberen Bereich gesmogt sind.


    Die genauen Erkennungszeichen kann man mit Nummern hier vergleichen.


    Schalk



    Da sieht man auch an den Damen rechts das sog. Schmiesl, leichtfertig würde man sagen die weiße Bluse.
    Auf den Bildern im Bericht erkennt ihr auch alle weiteren Eigenheiten bezüglich Mieder, Schnürlhüte, Kropfkette, Schalkkette , passenden Ohrschmuck usw. ,Filigrannadelen für den Schopf , wie hier



    Näheres zum Mieder (übrigens ausgiebig sieht man die im Nachtrag zum Leonhardiritt )


    Tracht,


    Mieder


    Rückblick





    und der Fuchspelz zur Tracht , vorwiegend im Tölzer Raum, ist halt gerade für die Damen bei kaltem Wetter,
    wie auch am Morgen noch, ein wichtiges Accessoire und auch nachvollziehbar, wenn man bedenkt, dass bei Gaufesten und großen Veranstaltungen wie hier , bei schlechtem Wetter schon der Frost einzieht. (die großen Diskussionen für und wider den Pelz sind wegen der Überbevölkerung und Tollwut von Füchsen weitgehend verstummt.)








    Der da hatte Haferlschuhe, Trachtenhose (Hosentaschen grün eingesäumt) , normale Trachtenjoppe und ein


    Gilet darunter.


    Auszug, siehe Bayr. Gebirgstracht


    "Das Gilet
    (Weste)
    Unter der Joppe wird das grüne "Gilet", mit spitzem Ausschnitt und Hirschhornknöpfen, aus grünem Tuch getragen. Auch beim Plattln wird das Gilet, ohne Joppe, angezogen."






    Ich hoffe ich hab das akzeptabel näher bringen können.


    Lieben Gruß
    Helmut

  • Danke Helmut für Deine Ausführungen zur Tracht!
    Jetzt wird noch deutlicher, wie aufwändig solch eine Tracht ist ( ich mag gar nicht dran denken, wie lange man da zum Anziehen braucht)
    Aber eines wird deutlich:
    Wer solche Tracht besitzt ( vielleicht geerbt hat)- der trägt sie mit Stolz.


    So wie der Herr auf dem letzten Bild- :wink:
    Trägt Cilli auch eine Tracht? Ein Dirndl doch sicher....


    Lieben Gruß,
    Elke

  • Wer solche Tracht besitzt ( vielleicht geerbt hat)- der trägt sie mit Stolz.
    Trägt Cilli auch eine Tracht? Ein Dirndl doch sicher....


    Cilli hat an diesem Tag auch nur eine Trachtenjoppe getragen. Ansonsten in der Arbeit nur Dirndl.


    Aber hier mal eine Auswahl unserer Tracht. Beide Allgäuer Tracht. Trachtenverein Hochplatte Buching.



    Joppe, Hirschhornknöpfe, Hosenträger von Hochplatte, Gamsbart, lange Lederhose usw.


    Mieder, silbernes G`schnür usw.



    Tanzlgwand (Mieder)




    Kurze, gibts auch offiziell mit rosa Krawatte usw.




    Cilli auf ihrem Schimmel "Whisky", leider verstorben vor Jahren, beim Leonhardiritt in Siegertsbrunn





    Der Schalk, mit Otterhaube und Gestick







    Ja , Elke die Tracht ist nicht billig. Der Stolz zu Tragen kommt aber nicht vom teuer, sondern vom Lebensgefühl und das bei festlichen Anlässen auch zu zeigen.


    Vielleicht gefällt es ja einigen.


    Lieben Gruß
    Helmut

  • Hallo Helmut,


    so ein schöner und interessanter Bericht wieder von Dir! Mir gefallen diese Trachten und an Dir und Cilli sieht das ja nun mal besonders fesch aus! :)
    Beim Betrachten der Bilder ist auch mir, wie Dieter, gleich durch den Kopf geschosssen, wie viele junge Leute doch auch das Brauchtum leben und stolz die Tracht tragen.. Da ist nichts "uncool" - ganz im Gegenteil! Schön, daß es dies noch gibt!

    :blume17: Grüssle von Sylvi


    Nicht woher der Wind weht, sondern wie man die Segel setzt, darauf kommt es an!

  • Helmut- Du hast mir vor allem mit #10 eine große Freude bereitet ( Natürlich mit dem ganzen Thread hier)
    Danke!
    Dass Ihr beide ( Cilli und Du) die Tracht zu tragen versteht, das steht außer Zweifel.
    Und niemand wird wohl behaupten, dass Ihr das wegen "den Touristen" macht, wie oft bei folkloristischen Auftritten anderswo behauptet wird.


    Das Lebensgefühl und der Stolz , hier in dieser Region dazu zu gehören sind beneidenswert.


    ( Ich habe keine Tracht.... bin ja auch keine Bayerin :wink:, wie Du an meinem Zungenschlag schon bemerkt hast - aber mir gefällt es in Bayern)


    Gruß,
    Elke

  • Mir gefallen die Trachten sehr gut genauso wie das Brauchtum.


    Ich selbst habe zuletzt als Kind eine Lederhose getragen. Wenn man heute beim Oktoberfest oder bei uns auf der Gautsch sieht wieviel junge Frauen wieder Dirndl tragen ist das schon schön. Immer mehr sieht man auch nach der Gautschzeit Frauen die mit Dirndl unterwegs sind.


    Beim Helmut und seiner Frau passt das wie die sogenannte Faust aufs Auge. Einfach super.

  • ..... Der Stolz zu Tragen kommt aber nicht vom teuer, sondern vom Lebensgefühl und das bei festlichen Anlässen auch zu zeigen.



    Allerhöchsten Respekt für dieses Bekenntnis und der daraus resultierenden Lebensfreude.
    Habe die Bilder in vollen Zügen genossen.

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