hallo Steffi,
eigentlich liegt Südtirol ja vor meiner Haustüre. Eigentlich habe ich gerade mal 200 Km über Fern- und Reschenpaß zu fahren und schon bin ich im oberen Vischgau. Eigentlich wäre das auch ein Grund, öfters da hinzufahren.
Aber es ist halt mittlerweile so, daß ich in jungen Jahren viel in der Gegend war. So lernte ich unter anderem im Kalterer See Anfang der 60er Jahre schwimmen. Igendwie ist es derzeit so, daß ich fast immer an Südtirol vorbei oder nur durchfahre.
Vielleicht sind andere Ziele attraktiver geworden. Ich weis es nicht. Ein Faktor darf jedoch demjenigen, der Südtirol seit Jahrzehnten kennt, nicht verschwiegen werden. Die Region Trentino Südtirol hat seit der Autonomie, die dafür verantwortlich ist, daß 90 % des Steueraufkommens im Land verbleiben und nur 10 % an Rom abgeführt werden muß, einen enormen Aufschwung genommen.
Dies allerdings nicht zum Vorteil aller. Ich habe Bekannte aus einem Dorf oberhalb von Meran, die ich zuletzt vor zwei Monaten in Liznjan getroffen habe. Laut deren Aussage ist es mittlerweile so, daß der Wohlstand auch Neid produziert hat, den es früher unter den Bewohnern nicht gab. Manche sind mittlerweile durch Tourismus oder die industrialisierte Landwirtschaft sehr wohlhabend geworden und manche verharren zwar nicht in Armut, aber doch bei bescheidenen Einkommensverhältnissen. Vier eigene Wände sind bei den Immobilienpreisen fast unbezahlbar. Die Mieten haben ein Niveau wie bei uns im Großraum München erreicht.
Was den Tourismus anbelangt ist Südtirol nun eine der teuersten Regionen südlich der Alpen. Als wir vor vier Tagen mit den Motorrädern über den Brenner nach Hause gefahren sind, haben wir abseits der Straße immerhin 3 € für ein Achtel Liter offenen Wein und noch etwas mehr für eine Tasse Cappucino bezahlt. Das sind Preise wie in Münchens Innenstadt.
Ende Mai haben wir bei der Fahrt zum Ledrosee in Latsch westlich von Meran zu Mittag gegessen. Auch die dortigen Preise toppen die Urlaubsregionen Bayerns bei weitem.
So ist es kein Wunder, wenn meine Meraner Bekannten ganz offen davon sprechen, daß man auf den Qualitätstourismus, d. h. die wohlhabenden Gäste setzt. Ähnliches ist in Teilen Österreichs oder in Kroatien zu beobachten. Auf dem Campingplatz Kazela kostet eines der neuen Mobilhomes in der Saison etwa 250 € pro Tag. Ich frage mich nur, wo bleibt da Otto Normalverbraucher?
Ich danke dir jedenfalls für deine vielen Informationen und tollen Bilder des Landstrichs von "nebenan".
grüsse
jürgen