Vor vierzehn Tagen war ich bei schönem Wetter wieder einmal in meiner Heimat mit dem Radl unterwegs. Dabei kam ich in Schwabstadl am Lech vorbei. In diesem Weiler befindet sich ein Soldatenfriedhof. Hier handelt es sich aber nicht um einen gewöhnlichen Soldatenfriedhof wie er oft in der Nähe blutiger Schlachten während oder nach Kriegen errichtet wird.
Schwabstadl ist ein Weiler direkt neben dem Militärflugplatz Lagerlechfeld und liegt im Landkreis Landsberg am Lech wohingegen der benachbarte Militärflughafen mit derzeit ca. 4000 Beschäftigten im Landkreis Augsburg liegt. Hier begann vor dem Ersten Weltkrieg die Militärfliegerei der Bayerischen Armee. Aber auch zuvor war die ebene Fläche direkt neben dem Lech ideal für eine Kaserne und aller Art von militärischen Übungen bis hin zu einem Schießplatz. Bereits vor der Gründung des Deutschen Reichs nutzte also die Bayerische Armee dieses Gelände.
Seit dem Krieg gegen Frankreich in den Jahren 1871 bis 1872 diente das Areal auch als Gefangenenlager. Dazu gab es ein Lazarett. Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs wurden hier immer wieder verstorbene Kriegsgefangene, aber auch verstorbene deutsche Soldaten, die ihren Verletzungen im Lazarett erlagen, bestattet. Insgesamt etwa 2000 Soldaten fanden hier ihre letzte Ruhestätte.
Aus diesem Grund ist der Friedhof nicht so gestaltet wie die meisten anderen.
Kreuze mit den Namen deutscher Soldaten auf der Vorder- und Rückseite sind ja üblich.
Auf dieser Tafel sind die französischen Opfer vermerkt, fein säuberlich nach Dienstgraden getrennt. Schließlich waren selbst im Tod damals nicht alle gleich.
Die Bezeichnung "tapfere Krieger" würde so wohl heute nicht mehr verwendet.
Direkt neben der Tafel für die französischen Opfer findet sich diese Tafel mit englischen oder amerikanischen Namen. Da diese beiden Nationen im Krieg gegen Frankreich nicht beteiligt waren, dürfte es sich hier um Opfer aus dem Ersten Weltkrieg handeln. Todesdaten sind nicht vermerkt.
Auch wenn der Begriff "gefällt mir" bei einem Soldatenfriedhof vielleicht unpassend erscheinen mag, so ist dieser hier doch ansprechend gestaltet. Oft gibt es Gräber in Reih und Glied und dazu ein mahnendes Bauwerk. Das ist hier nicht der Fall.
Hier eines von zwei Gräberfeldern für sowjetische bzw. russische Opfer. Die waren zumindest im Zweiten Weltkrieg bei uns Kriegsgefangene Zweiter Klasse. Dies deshalb, weil die Sowjetunion nicht nur ein Feind, sondern ideologisch gesehen ein Staat mit Bewohnern war, die es zu unterjochen und zu vernichten galt. Vielleicht stellen deshalb die russischen oder sowjetischen Opfer hier auch gleich nach den Deutschen die zweitgrößte Gruppe.
Wenigstens sind die Toten hier soweit bekannt namentlich aufgeführt.
Bedenken muß man allerdings auch im Zusammenhang mit diesem Friedhof, daß die Möglichkeiten der Versorgung oder der Pflege der Gefangenen im Lager bzw. der Verwundeten seitens Deutschlands sehr begrenzt waren. Die knappen Resourcen wurden wohl in erster Linie für den Erhalt der Kampfkraft der eigenen Truppen benötigt.
Die Appolonia Kapelle aus dem Jahr 1669 ist derzeit wegen Renovierung nicht zugänglich. Mir gefällt, daß sie hier gut in diesen Friedhof integriert wurde.
Mir gefällt zudem, daß hier alle Toten ohne Unterscheidung nach Nationen als "Bruder" bezeichnet werden. Das sind versöhnliche Worte wie ich meine.
Auch Italiener fanden hier ihre letzte Ruhestätte.
Gerade das Durcheinander der gärtnerischen Gestaltung und der verschieden gestalteten Gedenksteine und Tafeln macht die Besonderheit dieses Friedhofs aus.
Wenn man bedenkt unter welchen schwierigen Umständen die italienischen Gefangenen und Verwundeten damals über die Alpen bis hierher ins Gefangenenlager transportiert wurden ist es wohl kein Wunder, daß die Sterblichkeit recht hoch war.
In unserem Land wird ja seit einigen Jahren eine Diskussion darüber geführt, ob es einen oder mehrere zentrale Friedhöfe für die Kriegsopfer der Neuzeit bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr oder anderer Behörden bedarf. Bisher ist das noch nicht genau geregelt. Vielleicht wäre es gar nicht schlecht, auch zu diesem Zweck einen eigenen Ehrenfriedhof zu errichten, statt die Opfer mehr oder weniger anonym auf Friedhöfen quer übers Land zu bestatten.
Mit diesen Worten möchte ich meinen Bericht über einen ungwöhnlichen Friedhof beenden.
jürgen