Als wir im April eine Woche auf der französischen Karibikinsel Martinique verbracht haben, sind wir mit dem Mietwagen zwar nicht die gesamte Insel, aber doch einen Großteil abgefahren.
In diesem Bericht habe ich euch eine relativ unbekannte Halbinsel an der Ostküste vorgestellt:
die Halbinsel Presqu Ile de Caravelle auf der Insel Martinique in der Karibik
Heute zeige ich euch ein paar Bilder von Case-Pilote, einem kleinen Dorf abseits des Tourismus nordwestlich der Inselhauptstadt Fort-de-France.
In allen Orten der Westküste gibt es diese überdachten Wartehäuschen. In Ermangelung öffentlicher Verkehrsmittel zu Land ist es billig und praktisch, mit dem regelmäßig verkehrenden Linienboot in die Inselhauptstadt zu fahren. Wir sind beispielsweise für 5 € von Pointe du Bout quer über die Bucht in gut 20 Minuten in die Stadt gefahren. Die Boote verkehren häufig und pünktlich. Das ist nicht auf allen Karibikinseln so. Frankreich halt...
Diejenigen Einheimischen, die es sich leisten können, benutzen diese Boote links im Bild sowohl für den Sonntagsauflug als auch zum Fischen. Als Fischerdorf jedoch kann Case-Pilote nicht bezeichnet werden. Wenige haben Arbeit, meist in der Inselhauptstadt. Die anderen leben von der Stütze und schlagen den Tag tot.
Die Häuser machen einen eher heruntergekommenen Eindruck.
Angeln mit einer einfachen Schnur vom Ufer aus dient wohl nicht nur dem Zeitvertreib. Die gefangenen Fische sind sicherlich ein wichtiger Beitrag zur täglichen Ernährung mancher Familie. Wie fischreich die Gewässer um Martinique überhaupt sind, kann ich nicht sagen.
Ich schaue mir gerne auch die örtliche Kirche und den Friedhof an, wenn ich in der Gegend herumkomme. Die Kirche war geschlossen. Die Gräber auf dem Friedhof sind wie in südlichen Ländern üblich mit Steinplatten verschlossen. Gelegentlich sieht man Kunstblumen aus Plastik darauf.
Das Rathaus war geöffnet. Innen konnte ich jedoch nicht fotografieren, weil es eine Art Empfang gab, der von einer Angestellten "hoheitlich" überwacht wurde.
Das ist die Markthalle. Alle Seiten sind offen. Das Dach dient wohl als Schutz vor der brennenden Sonne und dem manchmal heftigen Tropenregen.
Und dann gibt es doch noch was Besonderes in Case-Pilote. Die Gedenkstätte für die ab der Zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ins Land verfrachteten Vertragsarbeiter aus dem Indischen Subkontinent.
Die waren wohl die erste Zeit nach der Ankunft auf der Insel auch kaum bequemer als die Sklaven vorher untergebracht weil sie in solchen Hütten hausen mußten.
1789 war bekanntlich die französische Revolution mit den jedem bekannten Schlagworten Freiheit, Brüderlichkeit und Gleichheit. Eigentlich wäre demnach jeder Mensch gleich und damit gäbe es folglich keine Sklaverei mehr. Allerdings dauerte es bis zur Sklavenbefreiung bis zum Jahr 1794.
Da die Gattin von Napoleon Josephine die Tochter eines Zuckerbarons auf Martinique war, überzeugte die Dame den großen Feldherrn, daß Sklaverei nicht nur wirtschaftlich wichtig war für die Sklavenhalter in den Kolonien, sondern deren Wohlergehen auch das Wohlergehen des Staates sei. So hat Napoleon, der immer auf der Suche neuer Staatseinnahmen war, schließlich kosteten die Kriege eine Stange Geld, die Sklaverei 1802 wieder eingeführt.
Es dauerte bis 1848, als unter der Führung eines Elsäßers namens Schoelcher, der auf Martinique gewohnt hat, die Sklaverei auch in Frankreich abgeschafft wurde. Die ehemaligen Sklaven waren frei, konnten sich zumindest in den Kolonien frei bewegen und hatten logischerweise keine Lust, auch gegen Bezahlung für ihre ehemaligen Peiniger zu arbeiten.
Da kamen die Franzosen auf die Idee, Vertragsarbeiter in Indien und den aisatischen Nachbarkolonien anzuwerben und in die Karibik zu verfrachten. Denen wurde alles mögliche vorgelogen und nach vier Monaten Seereise waren die Überlebenden in den karibischen Kolonien und durften gegen Bezahlung arbeiten.
Selbst Planzen vom Subkontinent wurden hierher gebracht und kultiviert.
Case-Pilote ist nichts Besonderes, aber für mich ein typisches Dorf auf Marinique abseits des Tourismus.
jürgen