Bei meinem Aufenthalt auf Rügen im April 2013 fand ich auf einem Prospekt folgende Information
Das interessierte mich , ich meldete mich an und fuhr von Binz nach Lohme.
Es war meine dritte Wanderung im Nationalpark Jasmund.
Grüne Route ( Nr 1)
https://www.schoener-reisen.at/forum/showthre…nalpark-Jasmund
Rote Route ( Nr 2)
https://www.schoener-reisen.at/forum/showthre…38073#post38073
und jetzt die gelbe Route (Nr 3)
Der Steinmüller ( Peter Müller) ist ein einheimischer Rügener aus Lohme, der sein Hobby zum Beruf gemacht hat.
Er weiß sehr viel über Herkunft und Zusammensetzung der vielen Steinarten und Fossilien , die an der Küste von Rügen liegen, sammelt die schönsten Stücke und verarbeitet sie zu Schmuck oder anderen Gegenständen.
https://www.ruegensteine.de/
Es war ein Glück, dass ich auf diese Wanderung aufmerksam wurde.
Am Treffpunkt in Lohme stand schon ein Grüppchen , vor allem Einheimische , die sich die Gelegenheit dieser kostenlosen Expertenführung nicht entgehen lassen wollten.
Die Wanderung begann am Hochufer und führte zunächst entlang der Abbruchkante durch den Buchenwald .
Im April waren die Bäume noch kahl und man hatte immer wieder einen schönen Ausblick hinunter auf das Meer
De Schneeglöckchen waren schon fast verblüht, während die Buschwindröschen an den sonnigen Stellen ihre Blüten voll geöffnet hatten.
An der Abbruchkante: Dort unten wanderten wir zwei Stunden später am Wasser entlang zurück.
Holzarbeiter
Von Lohme ( ca 70m ü.M.) ging es stetig leicht bergan bis zum Königsstuhl ( 115m ü.M.) und von dort 412 Stufen auf einer stabilen Holztreppe hinunter zum Meer.
An der Kreideküste unterhalb des Königsstuhls
War es oben auf dem Waldweg recht flott vorangegangen , so änderte sich das jetzt.
Es gab viel zu suchen und zu entdecken.
Immer wieder machte uns Peter Müller auf interessante Fundstücke aufmerksam.
Ein Fundstück, mit Granatsteinen durchsetzt
Mit der Zeit entdeckte jeder von uns mitten in den endlosen Steinansammlungen auch selbst besondere Steine und konnte sie sich von unserem Begleiter erklären lassen.
Es ist eine Wissenschaft für sich, die zahlreichen Gesteinsarten unterscheiden zu können.
Bernstein fanden wir an diesem Tag nicht - er ist für Ungeübte schwer zu erkennen . Er ist leichter als andere Steine und wird vor allem nach Stürmen mit Seegras und Tang ans Ufer gespült.
Granit, Porphyr, Gneis…aber auch Sandstein in vielen Farben und vor allem Feuerstein und Kreidestücke.
Seltener zu finden sind Fossilien von Seeigeln und Muscheln.
Hier ein Stück eines " Donnerkeils", ein Fossil eines kalamariähnlichen Kopffüßlers ( eines Belemniten), der vor etwa 67 Millionen Jahren im Kreidemeer herumschwamm.
Ich habe noch weitere kleine Stücke davon gefunden, aber keinen ganzen.
Peter Müller macht uns auf eine unscheinbare rostbraune Knolle aufmerksam.
Er klopfte sie auseinander und heraus kamen glänzende Kristalle. Die Einheimischen nennen sie "Katzengold".
Es ist Pyrit ( Eisensulfid), entstanden im Kreideschlamm durch Ausfällung von im Meerwasser gelöstem Eisen.
Das Katzengold ist hübsch anzusehen- aber wenn man es mitnimmt, hat man nicht lange Freude dran- vielleicht sogar Ärger damit.
Es fängt an "ausblühen" und dabei wird Schweflige Säure frei , die durchaus eine Tischdecke oder eine hölzerne Tischplatte zerfressen kann.
Jeder von uns wanderte langsam vor sich - meist den Blick auf den Boden gerichtet.
Immer wieder gab es Interessantes aufzuheben und mit dem Experten dann darüber zu sprechen.
In den freigelegten Kreideabbrüchen fielen Bänder aus meist schwarzen Steinen auf.
Es sind Feuersteine , die in die Kreide eingelagert sind und die nach und nach frei gelegt werden und große Flächen am Ufer bedecken.
Feuersteine zählen zu den Ablagerungsgesteinen, vor mehr als 67 Millionen Jahren aus Kieselsäure im feuchten Kalkschlamm am Meeresboden entstanden.
Feuerstein ist sehr hart und wurde schon in der Steinzeit von den Menschen für Werkzeuge verwendet.
Besondere Ausschau machte ich nach Feuersteinen mit "Löchern", "Hühnergötter " genannt.
Wie die Löcher entstanden, ist noch nicht endgültig geklärt.
Im Volksglauben sind es Glücksbringer. In Osteuropa legte man einen Hühnergott den Hennen ins Nest, um die Gesundheit und Legefreudigkeit der Tiere positiv zu beeinflussen. Daher vermutlich auch der Namen.
Die Wanderguppe zog sich immer weiter auseinander. Je länger ich unterwegs war , desto mehr entdeckte ich und desto schwerer wurde mein Rucksack.
Tonnenschere Findlinge am Ufer
Einer davon hat einen besonderen Namen: Der Schwanenstein
Eine Legende rankt sich um ihn herum
Das ist der Küstenabbruch , von wo wir 2 Stunden zuvor heruntergeschaut hatten
Nach drei Stunden Wandern auf den runden Steinen machte sich Müdigkeit bemerkbar.
Es führt kein glatter, "gespurter" Wanderweg am Strand entlang.
Man musste balancieren, über Felsblöcke, Wurzeln , Baumstämme steigen, das machte müde.
So waren wir alle froh, als die Hafenmauer von Lohme in Sicht kam, das Ende unserer gemeinsamen Wanderung.
Der Hafen von Lohme.
2006 wurde er teilweise verschüttet als der Hang abrutschte und einen Teil des Ortes Lohme in Gefahr brachte.
Inzwischen scheint man das Abrutschen durch aufwändige Maßnahmen in den Griff bekommen zu haben. Aber wie lange, das weiß man nicht.
Wie überall auf Rügen, ist auch in Lohme die Kreideküste ständig in Bewegung.
Mein Ziel war zunächst mal dieses niedliche Gasthaus - zu dieser Jahreszeit hatte ich kein Problem , dort einen Platz zu bekommen.
Die Speisekarte war nicht lang: Grüne Heringe und Bratkartoffeln - das schmeckte mir nach der anstrengenden Wanderung.
Danach ging ich hoch ins Dorf zum Laden von Peter Steinmüller.
Er hat dort viele hübsche Dinge zum Verkauf.
Unter anderem suchte ich mir einen hübschen Anhänger aus einem Stein vom Lohmer Strand aus. Peter Müller erklärte, es sei "Unakit"
An diesem Tag hatte ich genug vom Gehen und Schauen.
Aber zwei Tage später besuchte ich das Kreidemuseum in Gummanz. ( Karte gelber Kreis)
Dort gibt es Interessantes über die Geschichte des Kreideabbaus auf Rügen zu erfahren - und dort kann man auch die schönsten Fundstücke von Fossilen aus dem Kreidemeer bewundern.
Dieser Museumsbesuch war eine perfekte Ergänzung zu der Wanderung mit dem Steinmüller aus Lohme.
Elke