Kostel Panny Marie - Ein Stück Venedig im Erzgebirge
Wenn ich so zurückdenke, wann mir diese schöne Kirche das erste Mal in den letzten 13 Jahren in ihrer ganzen Pracht aufgefallen ist, dann fällt mir auf, dass ich das gar nicht so genau festmachen kann. Im Augenwinkel bei der Durchreise hatte ich die Kirche immer irgendwie, denn sie befindet sich in Richtung Zinnwald rechterhand an der berühmt-berüchtigten Durchgangsstraße E55 unweit vor dem Ortsausgang.
Vor der Autobahneröffnung A17 / D8, war man eigentlich heilfroh, wenn man schnell den Ort Dubí (dt. Eichwald und der Ort in dem sich die Kirche befindet), über den Pass verlassen konnte. Sofern das durch den teilweise massiven LKW-Durchgangsverkehr überhaupt möglich war.
Übrigens: Dubi galt – neben Teplice - seit Mitte des 19. Jahrhunderts als kleiner Bade- und Luftkurort der Gutbetuchten. Den Grundstein dafür legte Unternehmer Anton Tschinkel mit dem "Diana-Bad" um 1860, welches neben seiner Porzellanfabrikation (Zwiebelmuster) am Ort, einen weiteren Anziehungspunkt bildete. Heute gibt es noch das von Tschinkel später gegründete und erbaute "Tereziny lázně" (Theresienbad).
Aber zurück zum eigentlichen Thema. Dass diese Kirche etwas ganz besonderes ist, zeigt sie jedem voller Stolz. Sie ist ein Stück Venedig im Erzgebirge.
Was hat jetzt aber Venedig mit dem Erzgebirge zu tun?
Diese Frage blieb bisher für mich nur halb geklärt. Der Graf von Clary-Aldringen - ein Adelsgeschlecht mit Wurzeln in Oberitalien - war zwar der Initiator dieses Projekts, aber ob die Clary-Aldringens persönliche Beziehungen zu ausgerechnet dieser spätgotischen Kirche „Madonna dell'Orto“ in Venedig hatten, konnte ich leider nicht herausfinden. Anzunehmen ist, da zahlreiche Prominenz den kleinen Bade- und Luftkurort bevölkerte, dass den Erholungssuchenden auch in dieser Hinsicht etwas ganz besonderes geboten werden sollte. Etwas exotisches, extravagantes. Vielleicht wollte der Graf auch einfach nur ein bisschen alte Heimat der Altvorderen um sich wissen? Wer weiß es schon...
Bevor die Kirche aber gebaut wurde, hatte der Graf von Clary-Aldringen im Jahre 1882 noch ein ehrgeiziges Ziel und kaufte alle vorher genannten Bäder auf, denn sie sollten nicht in Konkurrenz zu seinen im nahen Teplice stehen. Der arme Tschinkel unterdessen, soll 1885 bankrott gegangen sein.
Und hier steht das Original - in Venedig:
https://gohistoric.com/places/318418
https://www.destination360.com/europe/italy/v…na/virtual-tour
Clary-Aldringen setzte nun alle Hebel in Bewegung um seinen Plan, zusammen mit Dubis Bürgern, in die Tat umzusetzen. Also erfolgten fleißige Spendensammlungen im Ort und schließlich konnte der Bau 1898 - 1906 dann auch endlich in die Tat umgesetzt werden. Architekt war der Italiener P. Bigaglio, den Bau realisierte schließlich J. Siegmund.
Details zur Kirche:
Im 33 Meter hohen Glockenturm befindet sich im ersten Stockwerk eine kleinere Glocke von 1919, und unter dem Dach eine größere Glocke von Rudolf Perner aus dem Jahre 1925. Auf dem Turm befindet sich ein doppeltes, venezianisches Kreuz. Zum Bau wurden für Exterieur und Interieur aufbewahrte Stücke anderer Kirchen verwendet, welche Clary-Aldringen aus Venedig mitgebracht haben soll. Bisher konnte ich dazu noch keine Details ausfindig machen, wo und was genau da verbaut wurde. Für das Portal wurde in 55 Zeilen roter und weißer Marmor verwendet und im Inneren soll es eine Kanzel aus weißen Marmor auf sechs Säulen geben.
Kirchenlänge: 50 m
Kirchenbreite: 17, 20 m
Hauptschiffhöhe: 13,90 m / Breite: 7,2 m
Nebenschiffhöhe: 8 m
In der Kirche befindet sich die Familiengruft derer von Clary-Aldringen. Die vom Friedhof Teplitz überführten Gebeine der Angehörigen fanden 1929 in eben jener Gruft ihre letzte Ruhe. Übrigens soll sich der Graf 1925 von all einen Bädern getrennt haben. Schlussendlich blieb nur noch das Theresienbad in Dubi bis heute übrig.
Und für mich war es dann dieses Jahr im Mai endlich soweit. Auto in der nächsten Seitenstraße geparkt und auf gings in den gemütlichen angrenzenden Park, wo sich bei dem Wetter allerhand Leute mit Kind und Kegel tummelten. Leider gibt es nur Außenansichten, weil die Kirche am Besuchstag verschlossen war. Mein tschechisch reichte leider auch nicht ganz für die Information an der Eingangstür.
Und nun geht es los mit dem kleinen Rundgang...
Detailansicht des Portals
Fensterrose
Vielleicht drei der mitgebrachten Dinge aus Venedig durch Clary-Aldringen???
Turmansicht von Norden
Fenster im Seitenschiff
Rückseite des Hauptschiffes - Crux Missionis
Südseite Glockenturm
Ein zugemauerter Eingang / Südseite
Eingang Südseite
Detail des südlichen Eingangs
Detail am Portal
Und da sind wir auch schon eine Runde um die Kirche herum...
Innenansichten reiche ich dann hier nach, sobald ich welche davon habe. Denn mich interessiert ja ebenso, wie das Innenleben gestaltet ist und inwiefern es ihrem venezianischen Vorbild nahe kommt.
Tja, und heute, nachdem es um die bekannte E55 Straßenmeile ruhiger geworden ist - die Schwerlasttransporte jetzt bevorzugt die Autobahn nutzen - mausert sich das Städtchen Dubí zusehens und es wird immer mehr zu der einst kleinen, sanften Perle am Rande des Erzgebirges, welche vielleicht auch wieder Künstler und Gönner anlockt wie einst am Anfang des 20. Jahrhunderts. Und eventuell macht sie irgendwann ihrem Namen als Bade- und Luftkurort wieder große Ehre. Ich wünsche es ihr von Herzen - der Anfang ist gemacht...
Ich hoffe, es hat Euch ein bisschen gefallen. Sicherlich hätten es noch mehr Außenaufnahmen von weiterer Entfernung geben können, aber fresse mich immer zu sehr an Details fest. Achso, und ich hoffe die Bilder sind vom Format her okay, denn leider waren alle hochkant fotografiert und die Skalierung in Adobe Photoshop und ich sind keine Freunde.
Und vielen Dank an Elke noch einmal, dass sie mir den rechten Weg gewiesen hat. Manchmal sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht.
Ganz liebe Grüße
aus Dresden