3.Tag
Am 29.7.09, der Mittwoch war der Tag der Entscheidung. Hatten wir uns doch bisher schon hier herauf kräftemäßig voll ins Zeug legen müssen, so türmten sich eine Menge Fragen auf, die nach Auflösung drängten.
Wobei eine beim Blick aus dem niedlichen Fenster schon gelöst war, herrlichster Sonnenschein und angenehme Kühle erwartete uns.
Und die Abfahrt wurde angesichts der erschwerten Aufgabenstellung schon auf 8.30 Uhr vorverlegt. Unbeeindruckt von der frischen Luft mit rd. 9 ° fuhren wir schon in dem Wissen, dass es gleich innerlich warm wird, frohgemut los.
Was hat man uns nicht alles auf begierige Fragen geantwortet. U.a. „ Das packt ihr schon“, na ja.
Die Aussage war wohl mehr eine abwimmelnde Bemerkung. Hätte uns eigentlich instinktiv warnen müssen. Richtig war die Auskunft, nicht in den Tunnel einzufahren. Aber das wusste ich noch aus meiner Erfahrung heraus, als ich mit dem Auto zum Schlegeisgletschersee fuhr.
Der Tunnel ist so eng, dass bei Entgegenkommen eines Busses größte Schwierigkeiten entstehen. Nicht gerade der Ort, der sich für die Durchfahrt von Personen mit Klaustrophobie eignet. Und doch fuhren einige Unverbesserliche durch. Wobei der zeitlich abgestimmte Durchgangsverkehr von oben und unten empfindlich gestört wird. Nicht außer Acht lassend, den Gestank des schlecht entlüfteten und rd. 1 km langen Tunnels.
Über Google hatte ich mich informiert, dass gleich bei der Mautstelle oberhalb des Hauses alternativ ein 17 % steiler Forstweg zu einem gewaltigen Bergabhang führte, der wiederum parallel zum Tunnel und einer dazwischen liegenden Schlucht über einen Pfad befahren werden musste.
Hier stimmte die erteilte Auskunft, dass der festgefahrene Forstweg gut befahrbar und am Ende davon die Weiterfahrt auf einem Moutainbike verträglichen Pfad möglich war.
Ebenso bereitete die Weiterfahrt über die 13 % ige Serpentinenstr. unterhalb des Staudamms nicht das Problem.
Die Aussage aber, dass zwischen dem Stausee, oder dahinter Zamser Grund genannt, bis zum Pfitscher Joch eine „Autobahn“ den Weg weist, war im Nachhinein betrachtet, ein unpassender grober Scherz, der zu Gunsten des freundlichen Pächters ausgelegt, wohl selbst der sonst üblichen flapsigen Bemerkung erlag, dass ein Fahrweg unter Mountainbikern als solche bezeichnet wird.
Dabei schien sich die Aussage nach den ersten Metern nach dem See voll zu bestätigen.
Schon nach 200 m wurden wir aber aus unseren Träumen gerissen, die 6 km werden eine lustvolle Alpenetappe. Plötzlich sahen wir uns unvermutet auf einem normalen Wanderweg mit großen Steinen und losen Gesteinsplatten als Überquerungshilfe von Bächlein.
Und es kam ganz Dick!!
Was blieb uns über? Aufgeben, niemals.
Hatten wir doch zu unserem großen Glück eine Schiebehilfe an unseren Rädern. Tatsache ist, ohne diese hätten wir umkehren müssen. So konnten wir es versuchen, vor uns lagen aber 6 km unwegsame Strecke mit Steinplatten von bis zu 50cm Höhe.
Erinnern wir uns an die 37 kg eines Rades. Und den Umstand, dass von dem Zamser Grund bis zum Pfitscher Joch Haus 450 Höhenmeter zu bewältigen waren.
Eine Zeitlang war man noch nicht entkräftet und so hatte man noch so manchen Blick für die hochalpine Natur über. Kleine Gemsen wurden ausgekundschaftet.
Bald schon verstärkte sich die Last. Die Räder waren auf eine schmale Holzbrücke (man musste das Rad ja nebenher schieben) zu wuchten, darüber zu balancieren und drüben wieder herunterzuheben.
Und weiter ging`s hinauf, es waren auch mal ganz brauchbare Wegabschnitte , aber nur zum Schieben, dabei.
Was wiederum die Alpenflora in den Focus rückte.
Dann kam die wunde Stelle, die es nur erlaubte, auf steilem Stück das Rad hochzuwuchten, zurück zu gehen, um meiner Cilli ihr Rad auch nach oben zu holen.
Ermutigt haben uns dabei viele Zeitgenossen, die sich wahrscheinlich auch heute noch Bergwanderer nennen, aber dennoch dem gesellschaftlichen Zeitgeist unterliegen, und jegliche Hilfestellung vermieden haben.
Nur, zur Kurzweil trugen sie auf alle Fälle mit bemerkenswert geistreichen Beiträgen bei, die offensichtlich darauf abzielten, dass wir unser Zwerchfell auch noch belasten sollten. Da kam schon mal der Brüller zum weg schmeißen:
„ So ein Fahrrad ist schon was Feines“. So unterhaltsam versorgt, kamen wir schließlich auf die im Google ausgewiesene Fahrstr. (hinten im Bild).
Gleich aber die nächste Enttäuschung, obwohl wir uns doch sehr freuten, dass wir die ca. 6 km lange Strecke vom Staudamm bis hierher in 1 ¾ Stunden schafften. (Insgesamt dann 2 Stunden 10 Minuten bis zur Hütte.)
Wie auch auf diesem Foto am Bachrand die großen Steine abgebildet, so war auch zu 70 % die sog. Almstr. davon , sagen wir einmal, naturbelassen. Fahren war auch hier unmöglich mit dem schweren Gepäck. Lediglich auf den letzten 500m wühlte ich mich durch.
Dann war ich oben und knipste von allem losgelöst, die nahen, bei herrlichstem Sonnenschein, so gar nicht bedrohlichen Bergriesen.
Aber schon kam Cilli, die auch die letzten 200 m wieder fahren konnte.
Geschaffffffft!!
Was für ein Hochgefühl, und punktgenau dieses strahlende Wetter, das jegliche Aussicht freigab. Wir waren selig, stolz und glücklich in Einem. Es lief geradezu das Herz über.
Auch wenn der Lohn groß war inmitten der Eisriesen, eines war gewiss, für Fernradfahrer war dies der denkbar ungeeignetste Weg. Natürlich gilt es in Erinnerung zu bringen, dass Mountain Bike Profis dies verniedlichen würden, trugen sie doch, wie wir selbst sahen, ihre Räder auch hoch. Und fluchten. Alles menschlich.
Da wir zeitig aufbrachen am Morgen, lediglich hier knapp über 2 lehrreiche Stunden Verzögerung hatten, war es immer noch hoch am Mittag. Und wir konnten unseren besonderen Augenblick genießen.
Nach einer Stärkung mit den obligatorischen Kohlehydraten, sprich Spaghetti Bolognese,
einem guten Gespräch mit weiteren Fernwanderern mussten wir aber auch an die bevorstehende Abfahrt denken.
9 km am Stück, auf verwaschener Sand –und Kiesstr. die in den von Gewittern verursachten Furchen aufgefüllt waren.
Unglaublich wie wir überholt wurden von jungen Mountain Bikern , die mit erhöhter Geschwindigkeit, aber völlig sinnfrei hinunter rasten. Uns war dies nicht annähernd möglich, da es galt, den schweren Schub durch das hohe Gewicht auf dem Weg abzufangen.
Und so wurde die Abfahrt zu einem weiteren innerlichen Gewinn, hatten wir doch durch die vorsichtige Fahrweise manch schönen Blick für das Tal und die Wiesenblumen.
Unten in Stein am Talboden angekommen sahen wir noch einmal zurück und wurden erst recht der Leistung gewahr. Genau am oberen Rand waren wir.
Nun ging es auf einer geteerten Landstr. weiter hinaus durch ein eindrucksvolles Pfitscher Tal nach Sterzing.
Das stetige Gefälle erleichterte enorm und gelöst konnten wir die schwere Arbeit der Bauern mit Hochachtung verbunden, betrachten, die ihr Heu an sehr steilen Hängen einbringen mussten.
Nach 2/3 der gefahrenen Talstrecke ging es dann nochmal ganz rasant auf der Landstr. bergab, bis wir kurz vor Sterzing links nach Freienfeld abbogen. Da nun doch Anzeichen von Erschlaffung bemerkbar wurden, suchten wir sofort ein nahe gelegenes Hotel.
Dabei nahmen wir in Kauf,
dass dieses sehr straßennah war und wie wir erst später zur Kenntnis nehmen mussten, eine flotte, losgelassene Rentnertruppe beherbergte.
Dies konnten wir aber angesichts des so überaus erfolgreichen Tages mit einem hervorragenden Abendessen, einem ausgezeichneten Weißburgunder (seit mehreren Monaten der erste Alkohol) , überaus fürsorglichen Service und dem Wissen, dass das Rad im Skikeller des Hauses sicher aufbewahrt war, gut verschmerzen und fielen schon frühzeitig in Tiefschlaf bis 8 Uhr morgens.
Warten auf den 4. Teil
https://www.schoener-reisen.at/forum/showthre…ch-Meran-Teil-4
euer
wallbergler