… ist eine Vertiefung zwischen zwei Bergen die wir eigentlich gestern im Rahmen einer Wanderung erreichen wollten. Überhaupt verlief die gestrige Wanderung nicht so ganz nach Plan. Eigentlich hatten wir vor, ins Lechtal zu fahren und dort auf eine noch geschlossene Alm zu wandern. Das war deshalb schon schwierig, weil in Reutte eine Baustelle uns zu einem Umweg zwang der nicht einfach zu befahren war. So beschlossen wir kurzfristig auf der Bundesstraße 179 weiter Richtung Fernpass zu fahren und dann ab Bichlbach hinauf in Richtung Berwang um uns dort kurzfristig ein noch nicht genau fest stehendes Ziel zu suchen. Vor dem Skidorf Berwang wo derzeit vor allem die Liftanlage neu gebaut wird, geht links eine schmale Straße ins Bichlbächler Tal ab. Das kenne ich eigentlich noch nicht. Sicherlich wird sich dort ein Ziel finden, welches wir für unsere Verhältnisse bequem erwandern können. Aber auch hier hatten wir Pech.
Die Auswahl ist doch schon mal nicht schlecht. Das Bichlbächler Jöchle scheint mit eindreiviertel Stunden Gehzeit genau das richtige für uns zu sein.
Also das Auto hier abgestellt und die passenden Wanderschuhe angezogen und los geht’s auf einem moderat ansteigenden Waldweg. Verpflegung haben wir ausreichend dabei. Wir sind also nicht auf eine bewirtschaftete Hütte oder Alm angewiesen.
Anfang geht es immer diesen Forstweg entlang. Da kann man nichts falsch machen.
Die Aussicht nach oben ist auch nicht schlecht.
Dort wo Wasser aus den Felsen quillt wächst das Fettkraut.
Irgendwann endet dieser Weg und wir gehen auf einem Pfad weiter nach oben. Das ist allerdings auch kein Problem weil rote Markierungen immer wieder am Wegrand zu sehen sind.
Irgendwann fällt mir auf, dass der Weg jetzt ohne Markierungen über breite Schotterflächen führt. Ab und zu gibt es Steinmännchen und so wissen wir wie es weitergeht.
Einige 100 Höhenmeter tiefer erkennen wir den Weiler Kleinstockach. Der liegt etwa einen km von Bichlbächle entfernt.
Und immer wieder geschotterte Flächen ohne Wegmarkierung.
So langsam wird die Orientierung zum Abenteuer.
Wir geben auf. Es hat keinen Sinn mehr weiter nach oben zu wandern weil wir überhaupt nicht mehr wissen, wie der Weg verläuft. Vermutlich wurden die wenigen Markierungen verschüttet. Es ist nicht zielführend über den groben und losen Schotter sich weiter voran zu kämpfen in der Hoffnung, irgendwann doch noch auf den bestehenden Pfad zum Jöchle zu treffen. Die Entscheidung umzukehren ist in diesem Fall die einzig richtige.
Zwischen diesen beiden Bergen liegt das Jöchle auf gut 2000 m Höhe in etwa dort, wo die Spitze des Baumes zu sehen ist.
Also zurück zu einer am Weg befindlichen Bank, wo wir gemütlich mit Blick ins Tal die mitgebrachte Brotzeit einnehmen. Einen Gipfel Schnaps gibt es trotzdem auch wenn wir keinen Gipfel erklommen haben.
Nachdem der Rückweg bergab, weit weniger beschwerlich ist haben wir auch Augen für winzige Details am Wegesrand.
Das ist übrigens der Ausblick von unserer Brotzeit Bank. Ist doch auch nicht schlecht, oder?
Nach zweidreiviertel Stunden sind wir wieder im Auto angekommen und wechseln erst einmal die Schuhe bevor es zur Besichtigung des Weilers Bichlbächle geht.
Die Inschrift auf der Bank unterhalb der aufgehängten Heinzen übersetze ich erst mal nicht weil ich annehme, dass auch Leser jenseits des Weißwurstäquators mit ein bisschen Mühe den Text entziffern können.
Ist doch eigentlich ganz einfach.
Landwirtschaft gibt es übrigens in Bichlbächle fast keine mehr. Lediglich einige Schafe weiden im Sommer die steilen Hänge ab.
Idylle pur und das ganz ohne Touristen.
Wir fahren nun nicht direkt nach Hause, sondern halten einen km entfernt in Kleinstockach. Dort gibt es die einzige Gaststätte Roter Stein die aber geschlossen hat. Allerdings ist der Wirt Robert gerade da und erklärt sich bereit, uns zwei Tassen Cappuccino zuzubereiten. Natürlich haben wir jetzt Zeit auch für ein ausführliches Gespräch. Dabei erfahren wir manches, was eben nicht in der Zeitung oder im Reiseführer steht.
Da hätten wir zum einen mal die Tatsache, dass starke Regenfälle im vergangenen Herbst den Weg zum Jöchle unpassierbar gemacht haben, weil enorme Mengen an Gestein den Hang hinabgeschwemmt wurde. Deshalb also unsere Irrwege.
Dann erzählt uns Robert, dass er hier gemeinsam mit seiner Frau im Hochtal die Jagd betreibt. Geschossen wird hier Rehwild, Rotwild und auch wenige Gämsen. Wildfleisch bietet er ganzjährig den Gästen in seiner Gaststätte an. Wildschweine gibt es nicht, weil die in den Bergen keine Nahrung finden. Vor zwei Jahren kam ein Bär durch das Tal. Lediglich seine Spuren fanden sich und im benachbarten Berwang hat das Tier ein Dutzend Schafe gerissen. Dann war der Bär wieder über alle Berge.
Wir haben uns mit Robert noch darüber unterhalten welche Berge und Wege in diesem Tal für unser Können und unsere Kondition machbar sind. So eine Auskunft eines Einheimischen ist mehr wert als jeder Reiseführer. Sicherlich waren wir hier nicht das letzte Mal zu Fuß unterwegs. Eine tolle Gegend die nicht einmal weit weg ist von der staugeplagten B 179 und trotzdem vom Tourismus fast gänzlich verschont blieb.
Jürgen