Die Caves BYRRH in Thuir

  • Im vergangenen Sommer habe ich gemeinsam mit meinen französischen Freunden eine besondere "Weinkellerei" in der Nähe von Argeles besichtigt. Der Begriff Weinkellerei passt eigentlich nur insofern, daß der Grundstoff der Getränke, die hier seit dem 19. Jahrhundert produziert werden, Wein ist. BYRRH lautet das Zauberwort. Das ist der Name eines mir bis zu diesem Tag völlig unbekannten Aperitivs.


    Doch der Reihe nach. Im kleinen Städtchen Thuir befindet sich ein ziemlich großer Kellereibetrieb.


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    der historische Eingang


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    Das gesamte Gelände im Überblick


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    Für 8 Euro Eintrittsgeld darf man die alten Gebäude besichtigen.


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    Sogar ein eigener Bahnanschluß war mal vorhanden.


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    verschiedene Gerätschaften


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    Das Hauptprodukt des Unternehmens ist bis heute ein äußerst leckerer Aperitiv namens BYRRH. Wie kommt es zu diesem sperrigen Begriff, noch dazu in Großbuchstaben geschrieben?


    Die Geschichte ist schnell erklärt. Die Brüder Simon und Pallade Violet waren Mitte des 19. Jahrhunderts in der Gegend als Hausierer für Kurzwaren unterwegs. Verkauft hat man Knöpfe, Nähnadeln, Garn und all diese Kleinigkeiten, die die Hausfrau benötigte, um Kleidung herzustellen oder instand zu setzen. Das Geschäft lief immer schlechter weil bald in jedem Ort ein Laden die selben Dinge feil bot.



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    In einem Schwarzweißfilm wird die Geschichte nacherzählt.


    Die neu erworbenen Kolonien Frankreichs trugen dazu bei, daß überall im Land exotische Gewürze, Aromen und Früchte zu kaufen waren. Wein kostete auch damals fast nichts. Wein war das Getränk aller Bevölkerungsschichten und wurde im Überfluß produziert. Die Violets kamen auf die lukrative Idee, Wein mit exotischen Gewürzen zu versehen, den Alkoholgehalt durch Beimischung von Weinbrand zu erhöhen und das Ganze dann als Medizin für Jung und Alt unter die Leute zu bringen. Das war damals völlig neu.


    Genauso neu war die Werbung durch Plakate wie sie heute noch in der Ausstellung gezeigt werden.


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    "Sex sells" war wohl auch schon zur vorletzten Jahrhundertwende ein Begriff.


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    Die Ingredienzien kann man an Ort und Stelle sehen, riechen und ertasten.


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    Das Herz des Unternehmens sind diese riesigen Fässer aus Eichenholz. Das hier ist nur teilweise ein Museum. Manche Fässer werden immer noch genutzt.


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    Stolz ist man auf das größte Eichenfaß der Welt mit einem Fassungsvermögen von 1.000.200 Liter. Wer nun das größte Fass der Welt in Rüdesheim am Rhein ins Spiel bringt, dem sei erklärt, daß dieses Fass nicht aus Eiche gefertigt ist. Dafür ist es größer. ;)


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    Es ist wirklich beeindruckend durch diese Fabrik zu schlendern.


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    BYRRH ist zwar immer noch das Hauptprodukt des Unternehmens. Aber natürlich hat man auf wandelnde Geschmäcker reagiert und neue alkoholische Getränke entwickelt.


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    Wer kennt nicht Cinzano? Das ist kein italienischer Aperitiv sondern ein französischer vom selben Unternehmen.


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    Pernod - jedem, der schon mal in Frankreich war dürfte der bekannt sein.


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    keine Antiquität, sondern Betriebmittel


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    Höhepunkt der Besichtigung ist logischerweise die Verkostung der Produkte.


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    Dazu gibt es diese Bar


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    BYRRH trinkt man übrigens eisgekühlt. Mir schmeckt das Getränk ganz hervorragend. Ein paar Flaschen, der Liter weniger als 10 Euro habe ich erworben. Leider konnte ich die mit dem Flieger nicht mit nach Hause nehmen und so werde ich das Getränk demnächst von meinen französischen Freunden persönlich ausgehändigt bekommen.


    Bleibt die Auflösung des Rätsels wie das Getränk den sperrigen Namen erhalten hat. Die Brüder Violet machten sich logischerweise Gedanken über den Namen des neuen Getränks. Eine Handelsware der beiden waren Buchstaben aus Stoff zum Aufnähen auf Kleidungsstücke. Man legte die Buchstaben in immer neue Reihenfolgen um einen kurzen prägnanten Begriff zu finden und kam so auf BYRRH, "Bier" gesprochen. :)


    Ich empfehle jedem, der in Frankreich mal einen Urlaub verbringt, im Supermarkt um die Ecke eine Flasche BYRRH zu kaufen. Für mich gehört dieses Getränk nun zu Frankreich wie Pastis und Pernod.


    Leider gibt es die Website nur auf französisch, englisch und spanisch. Vielleicht blättert ihr mal durch...


    Les Caves Byrrh - Accueil


    jürgen

  • Hallo Mädels,


    Kein Problem. Meiner Erfahrung nach sind angeheiterte Damen recht umgänglich oder auch „handzahm“. :thumbsup:


    Grüße


    Jürgen

  • Meiner Erfahrung nach...

    recht umgänglich oder auch „handzahm“. :thumbsup:

    Mehr darüber könnte spannend sein.


    Wann beginnst Du mit Deinen Memoiren

    "Die Bekenntnisse* eines Jürgen S,"

    oder lieber

    "Dichtung und Wahrheit"?


    Gruß

    Elke

  • Ich muss diesen Bericht nochmal hochholen, vor allem wegen jenen für die damalige Zeit doch recht gewagten Werbeplakaten ( erinnern vom Stil her etwas an Toulouse-Lautrec)


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    Neben der Frage nach der Rolle der Frau auf den Plakaten fiel mir dieser Werbespruch auf

    "Tonique hygienique"( "gesunder Tonic") mit immerhin 18 Prozent! "Gesund" , wie ist das zu verstehen ?


    Anfangs wurde er auch nur in Apotheken verkauft.

    Erklären kann man es, wenn man die Zeit um die Jahrhundertwende zum 20 Jhd betrachtet.


    Dann noch dieses Plakat

    Byrrh Tonique Hygenique gegen Absinth, um 1903 (#1086473)
    Byrrh Tonique Hygenique gegen Absinth, um 1903 von Frederick (attr. to) Barnard als Kunstdruck kaufen. Hochwertige Museumsqualität aus österreichischer…
    www.meisterdrucke.com


    "Byrrh Tonique Hygenique gegen Absinth, um 1903

    (Byrrh Tonique Hygenique versus absinthe, c 1903)


    Absinth, die "grüne Fee" (La fée verte) mit 45 bis 78 Prozent Alkohol war das populärste Getränk in dieser Zeit. Er war billig, auch für nicht Wohlhabende erschwinglich, aber auch oft von schlechter Qualität.

    Selbst mancher geplagte Arbeiter konnte sich vor dem Heimgehen in sein enges ärmliches Zuhause noch dieses mit Wasser verdünnte, milchig trübe Getränk in einer Bar am Straßenrand leisten und seine Nöte hinunterspülen.

    Es war auch des Getränk von Künstlern und Literaten

    Van Gogh, Gauguin, Henri Toulouse Lautrec u.a. konsumierten nicht wenig davon

    Absinth – Wikipedia
    de.wikipedia.org




    Quelle und Lizenz


    Es wurden Sorgen über die Folgen des Konsums von Absinth laut.

    "Absinth macht kriminell, führt zu Wahnsinn, Epilepsie und Tuberkulose und ist verantwortlich für den Tod tausender Franzosen. Aus dem Mann macht Absinth ein wildes Biest, aus Frauen Märtyrerinnen und aus Kindern Debile, er ruiniert und zerstört Familien und bedroht die Zukunft dieses Landes“,

    "1907 gingen 4000 Demonstranten in Paris unter dem Slogan „Tous pour le vin, contre l’absinthe“ (Alle für den Wein und gegen den Absinth) auf die Straße. Wein galt im Frankreich jener Zeit als gesundes Getränk und Grundnahrungsmittel."


    Ab 1915 war der Absinth in einer Reihe europäischer Staaten und den USA verboten.


    Ich vermute, dass nach dem Absinthverbot die Brüder Simon und Pallade Violet mit ihrem aromatisierten BYRRH eine Art "Marktlücke " entdeckten und der Siegeszug des "tonique hygienique " Fahrt aufnehmen konnte.

    ""Byrrh Tonique Hygenique gegen Absinth" traf den Nerv der Zeit.


    Es dauerte lang, bis der Absinth wieder auf den Markt kam.

    Seit 1998 ist Absinth in den meisten europäischen Staaten wieder erhältlich. Auch in der Schweiz sind seit 2005 die Herstellung und der Verkauf von Absinth wieder erlaubt.



    Elke

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