Nun finde ich endlich Zeit von unseren Ausflug nach Dhermi zu berichten. Da es mit der Wanderung auf dem Llogara Pass nichts wurde bot sich der Mühlenweg in Dhermi an.
Verfallene Wasserrinnen
Nicht nur auf dem Wanderweg, sondern auch neben dem Wanderweg haben wohl einige Hausbesitzer private Wasserleitungen verlegt. Immer wieder müssen wir über diese Plastikrohre steigen. Wie lange dieses Provisorium hält kann ich nicht sagen. Auf jeden Fall ist es ein Zeichen dafür wie Albaner Privatinitiative ergreifen, wenn der Staat versagt. Vermutlich sind die das über zwei Generationen hinweg gewohnt.
eine verfallene Mühle
Zwei Brücken hat man restauriert und mit einem Metallboden begehbar gemacht.
Wie auch an anderen Stellen nahe am Meer ist in diesem Taleinschnitt auch jetzt im trockenen Herbst ausreichend Süßwasser vorhanden. Dies unterscheidet Albanien von den Küstenabschnitten Dalmatiens in Kroatien. Aufgrund des dortigen karstigen Untergrunds versickert fast das gesamte Süßwasser ohne oberirdisch in Bächen oder Flüssen zum Meer zu gelangen.
Hier ist anscheinend vor vielen Jahren einmal ein Baum umgestürzt. Den Wanderweg hat man als solchen zwar markiert und auch mit zwei Stegen versehen. Allerdings war wohl kein Geld vorhanden, diesen umgestürzten Baum mit der Motorsäge so zu zerteilen, dass man nicht darüber klettern muss.
Wir hätten nun zwar bis hinunter zum Strand am Meer laufen können. Allerdings weitet sich das Tal dort, so dass man nur durch eine wilde Ansammlung von Häusern läuft. Deshalb haben wir uns gedacht, dass wir nun zur Hauptstraße laufen und auf der entlang zurück zum Auto gehen. Dabei ergibt sich dieser Blick auf das auf der anderen Talseite liegende Dhermi.
Anhand der steilen Felswand ist es nachvollziehbar, dass es direkt vom Ort aus nicht einmal einen Fußweg hinunter zum Meer gibt.
Wir hatten an diesem Tag nun genug gesehen und uns auch ausreichend bewegt weshalb es jetzt kurz vor Sonnenuntergang unser einziges Ziel war, einen Stand zu finden wo wir noch eine Runde im Meer schwimmen konnten. Wir fuhren also durch den Llogara Tunnel bis nach Orikum, kauften in einem Laden ein Bier und platzierten uns am dortigen Strand am Ende der großen Bucht des Meeres.
Nein, wir waren nicht ganz alleine hier. Auch eine deutsche Familie genoss den Sonnenuntergang am Meer.
Eigentlich wollten wir dann in einem der Lokale in Orikum oder in der Touristenzone am Meer von Vlora zu Abend essen. Allerdings war es Samstagabend und da war so viel Verkehr, dass wir erst gar keinen Parkplatz fanden. Deshalb fuhren wir in die Stadt. Da war zwar genauso viel Verkehr. Aber schließlich fanden wir doch einen Parkplatz.
Das mit dem Essen war an diesem Abend auch so eine Sache. Wir entdeckten an der Hauptstraße ein Lokal wo es Bier vom Fass gab und die Gläser anscheinend auch gekühlt waren. Das konnten wir am Eisrand erkennen. Also setzten wir uns auf die Terrasse und warteten auf die Bedienung. Obwohl neben uns nur zwei weitere Tische belegt waren mussten wir ein Weilchen warten bis ein Mädchen sich den beiden deutschen Touristen annahm. Das ist nachvollziehbar weil der Freund am Handy vermutlich Vorrang hatte. Schließlich bestellten wir zwei große Bier und Spieße mit Hühnerfleisch vom Holzkohlengrill und Beilage. Als das Essen dann serviert wurde erklärte uns die Bedienung, dass wir nicht gegrilltes Hühnerfleisch, sondern gegrilltes Schweinefleisch bekommen, weil dieses angeblich frisch sein soll. Naja, was denkt man sich als Tourist bei so einer Aussage?
Das Essen war dann nicht so sonderlich schmackhaft. Dazu kam, dass ich eigentlich das WLAN dieses Lokals nutzen wollte, um für den nächsten Tag uns bei Wizzair für den Heimflug online einzuchecken. Schließlich klappte das nur drinnen, weil nur dort das WLAN ausreichend war.
Das Bier war gut, das Essen nichts besonderes. Also schlenderten wir noch ein Weilchen auf der Hauptstraße entlang, bis wir einen griechischen Imbiss entdeckten. Griechisch, da kann man doch bei Giros eigentlich nichts falsch machen. So war es dann auch. Zwei Gyros und zwei Bier versöhnten uns wieder zumindest kulinarisch.
Als wir dann zurück zu unserer Unterkunft kamen tranken wir mit unserem Vermieter Adrian und dessen Frau noch einen Grappa und erfuhren dabei so manches über Albanien und sein Leben.
Ein paar Dinge dazu möchte ich noch berichten. Adrian fährt seit Jahrzehnten immer wieder für ein paar Monate nach Deutschland und arbeitet dort schwarz. Den Lohn erhält er bar und investiert ihn dann in dieses Haus in Vlora. Die beiden Kinder sind längst nach Italien und Deutschland ausgewandert und kommen nur noch gelegentlich zu Besuch in die Heimat. Im Haus hat er mittlerweile drei Ferienwohnungen eingerichtet, die er meistens über Booking.com vermietet. Das Geld muss also so lange reichen, bis die Ferienwohnungen sowohl an Albaner als auch an Ausländer vermietet werden beziehungsweise er wieder Geld aus Deutschland mitbringt. Neben uns wohnt derzeit noch ein Albaner über mehrere Wochen in einer dieser Ferienwohnungen. Der stammt irgendwo aus dem Hinterland und arbeitet hier in Vlora. Was er genau macht, weiß Adrian nicht. Jedenfalls erhält er seine Miete.
Das Haus mit allen Handwerksleistungen hat er selbst gebaut. Anhand der Tatsache, dass Adrian kein Bauhandwerk erlernt hat, ist es eigentlich gar nicht mal so schlecht geworden. Die Fähigkeiten hat er sich auf Baustellen in Deutschland angeeignet. Eine Baugenehmigung gibt es natürlich nicht. Dies alles geschah erst nach der Wende Anfang der Neunzigerjahre.
Weil Adrian geklagt hat, dass er für jede Vermietung beim Portal, Booking.com eine Grundprovision von zehn Euro sowie weitere 16 % der Miete bezahlen muss habe ich ihm den Tipp gegeben bei Google Maps sein Haus einzustellen und mit E-Mail-Adresse und Telefonnummer zu markieren. Um potentielle Mieter aus dem deutschsprachigen Raum anzusprechen, soll er doch unbedingt vermerken, dass der Vermieter auch deutsch spricht. Wie das funktioniert, weiß Adrian natürlich nicht. Er hat diesen Ratschlag jedoch dankbar aufgenommen und will dieses Vorhaben über seinen Sohn verwirklichen. So spart er sich die hohe Provision für das Vermittlungsportal.
Ich wünsche Ihm und seiner Frau jedenfalls alles Gute für die Zukunft. Eine Rente haben die beiden übrigens nicht zu erwarten. Adrian und seine Frau sind etwas jünger als ich.
Klaus und ich fanden die Gespräche mit den beiden sehr aufschlussreich. Auch so lernt man Albanien kennen.
Jürgen
Jürgen