Das Lechtal, unendliche Weiten. Wir schreiben das Jahr 2014. Dies sind die Abenteuer des Raumschiffs Enterprise, das mit seiner Ein Mann und eine Frau starken Besatzung 5 Jahre unterwegs ist, um fremde Berge zu erforschen, neues Leben und neue Zivilisationen. Viele Kilometer vom Heimatort entfernt dringt die Enterprise in Bergtäler vor, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat.
Nur so konnte es geschehen, daß das eigentlich berg- und weltraumerprobte Team bestehend aus Lydia („Kommunikationsoffizier Lieutenant Nyota Uhura“) und Jürgen („Captain James T. Kirk) sich etwas „verlaufen“ hat. Etwas ist im übrigen untertrieben. Wir hatten uns vorgenommen, die 2523 Meter hohe Namloser Wetterspitze zu besteigen. Eigentlich ganz einfach. Haben wir doch gutes Kartenmaterial, ferner haben wir im Internet den Tourenbericht gelesen und dabei auch Bilder des Berges (!) gesehen und glaubten, auch die üblichen roten Wegmarkierungen lesen zu können. Leider oder Gott sei Dank kam es dann etwas anders. Wir haben den Berg einfach übersehen.
Doch fangen wir mal an mit unserer herbstlichen Wanderung. Das Lechtal mit seinen Seitentälern ist aufgrund der räumlichen Nähe zu meinem Heimatort immer wieder mal Ziel meiner Ausflüge. Es gibt dort so viele Möglichkeiten, vor allem in größeren Höhen Berge zu erklimmen, die wenig bis gar nicht erschlossen sind. Eigentlich ideal für mich als Individualist. Wir stellten die „Enterprise“ auf einem kleinen Parkplatz auf der Verbindungsstraße vom Lechtal über Namlos und Berwang nach Bichlbach etwas westlich des Weilers Namlos am Straßenrand ab.
Eine leicht ansteigende kleine geteerte Straße führt nach Süden zum Almdorf Fallerschein auf 1302 Meter Höhe.
Michl von der Fallerscheinstube scheint ein rechter Spaßvogel zu sein. Davon konnten wir uns auf dem Rückweg beim obligatorischen Einkehrschwung selbst überzeugen.
Nach einer knappen Stunde Gehzeit standen wir vor dem nur mit Holzhäusern bebauten Dorf.
Viele dieser insgesamt 42 Häuschen, manche nur mit 12-V-Solarstrom, manche ohne Strom, die meisten mit fließendem Wasser vom Dorfbrunnen, kann man mieten. Manche sind ganzjährig vermietet. Wer sich dafür interessiert, kann Michls Website (der witzige Wirt) besuchen.
https://www.alpe-fallerschein.com/
Wir lassen das Dorf hinter uns und gehen auf einem Pfad immer weiter bergan.
Gelegentlich müssen wir einen Bach überqueren.
Gelegentlich erfreuen wir uns auch an einem herbstlichen Blümelein.
Der Blick zurück zeigt die Berge des Namloser Tals. Hinter dem Wald liegt Fallerschein.
Nun hat die „Besatzung der Enterprise“ den entscheidenden Fehler begangen. Nach etwa zweieinhalb Stunden Gehzeit sehen wir direkt vor uns diese Sommerhütte mit einer einladenden Bank für eine erste Brotzeit und traumhaften Blick auf die einsame Bergwelt. Wer genau hinsieht, erkennt rechts vom Dach den Weg, der sich in Serpentinen den Hang hinaufzieht.
Ein kurzer Blick in die Karte und wir haben rechts mit links verwechselt. Schließlich sahen wir rote Wegmarkierungen und glaubten, diesen folgen zu müssen. Der weitere Weg führte uns unterhalb dieser Wand entlang auf einem schmalen Pfad, der die sich nach jedem Starkregen ändernden steilen Schotterfelder querte.
Immer wieder galt es solche Rinnen zu queren.
Nach etwa dreieinhalb Stunden Gehzeit hatten wir auf gut 2000 Meter Höhe einen grasbewachsenen Sattel erreicht.
Von dort hatten wir zwar einen traumhaften Ausblick in die südlichen Lechtaler Alpen rund um das Hahntennjoch. Vom weiteren Verlauf des Weges war außer zwei roten Wegmarkierungen an Pfosten im tiefen Gras nun nichts mehr zu sehen. Hier konnte etwas nicht stimmen.
Dann sahen wir unseren Berg: Die Namloser Wetterspitze befand sich östlich von uns. Wir waren ab dieser Hütte genau in entgegengesetzter Richtung gegangen. Der markierte Steig führte zu einem kaum begangenen Fernwanderweg aber nicht auf die Wetterspitze.
Ohne markierten Weg da rauf zu Gehen war keine Alternative.
Beim Blick durchs Teleobjektiv auf unseren Berg können wir ganz deutlich die Serpentinen des Pfads erkennen. Ich habe mich schon gewundert, daß der Weg auf den Gipfel für konditionsstarke Wanderer ohne besondere Schwierigkeiten beschrieben ist. Nun wußte ich, daß wir den schwierigen Weg ganz woanders hin gesucht haben.
Jetzt war es jedenfalls zu spät für eine Umkehr. Eine Stunde zurück zur Hütte und noch mal eineinhalb Stunden rauf auf den Gipfel wäre zwar möglich, jedoch kein Vergnügen mehr gewesen. So genossen wir die warme Herbstsonne, eine weitere Brotzeit mit dem verdienten „Gipfelbier und Gipfelschnaps“, die meiner Meinung nach in jeden Rucksack gehören. Mein „Kommunikationsoffizier“ wollte eigentlich nun gar nicht mehr runter. So schön warm war es da im herbstlichen Sommerföhn. Seit Stunden keinen Menschen gesehen. Nur gelegentliche Flugzeuge zogen ihre Kondensstreifen am Himmel. Zu schön um von der gemeinsamen Schulzeit vor vielen Jahrzehnten zu träumen.
Letztendlich mußte „Käptn Kirk“ zum Aufbruch mahnen. Genau da oben, an der Grenze Sonne zum Schatten haben wir traumhafte knapp zwei Stunden in Gras liegend verbracht. Diese Aufnahme entstand gut eineinhalb Stunden nach Beginn des Abstiegs.
Die nördlichen Ausläufer der Wetterspitze waren nun von der Nachmittagssonne beschienen.
Die Jagd auf Rot- und Gamswild ist in diesem Hochtal aufgrund des hohen Wildbestands recht vielversprechend. Deshalb gibt es auch einige solcher Ansitze.
Fallerschein lag nun bereits im Schatten der westlich aufragenden Berge.
Nun wollten wir natürlich Michl kennenlernen und hierzu bei ihm einkehren. Zwei „Mohren“ und eine Kaspressknödel- und eine Speckknödelsuppe, verbunden mit zwei von Michl spendierten Schnäpsen rundeten den Tag ab. Michl ist tatsächlich ein lustiger freundlicher Geselle. Schade, daß er seine Gaststätte, die von den Wanderern und Gästen der Ferienhäuser lebt, nur im Sommer geöffnet hat. Viele Gäste kehrten zumindet an diesem Wochentag nicht bei ihm ein.
Ich finde es einfall toll, was es hier noch für einfache Unterkunftsmöglichkeiten in unserer modernen Zeit gibt. Durchaus denkbar, daß ich mal ein paar Nächte hier oben verbringen werde. Das Mobiltelefon hatte im Übrigen auf der gesamten Wanderung keinen Empfang.
Ohne weitere Zwischenfälle gelangten wir am späten Nachmittag an der „Enterprise“ an, öffneten das Verdeck und fuhren bei immer noch knapp unter 20 Grad durch die heute traumhaft schöne Landschaft ins Ostallgäu, wo wir in Weizern bei einer Käserei einen "Ranken" Bergkäse mitnahmen und bei Marktoberdorf noch einen weiteren Einkehrschwung machten. Ziel verfehlt – Tag gelungen!
Jürgen