Im Sommer dieses Jahres sind meine Angelika und ich für ein paar Tage in „Deutschlands letztes Eck“ von uns aus gesehen gefahren. Wir buchten ein Zimmer im Schloßhotel Hörnitz, drei Kilometer von Zittau am äußersten südöstlichen Teil von Sachsen. Heute will ich euch mal dieses kleine Dorf, ein sogenanntes Waldhufendorf, das ist eine mittelalterliche Siedlungsform, vorstellen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Waldhufendorf
Zuerst jedoch mal ein Blick auf unser Schloßhotel, welches Mitte des 17. Jahrhunderts der Bürgermeister von Zittau für sich und seine Familie errichten ließ. Schon bald nach seinem Tod wurde es wiederholt verkauft. Erwähnenswert ist vielleicht, daß hier wichtige Versuche abgehalten wurden, die der sächsischen Wiedererfindung des Porzellans dienten. Zuvor kannten nur die Chinesen die Porzellanherstellung.
Nach der Wende kaufte der adelige Sproß eines früheren Besitzers das Schloß von der Treuhandanstalt und verwandelte es in ein Schloßhotel, welches bis heute der einzige nennenswerte Arbeitgeber im Ort ist.
https://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Alth%C3%B6rnitz
Hörnitz ist Teil der Gemeinde Bertsdorf-Hörnitz und liegt im äußersten Süden des Landkreises Görlitz unmittelbar am Rande des kleinsten Mittelgebirges Europas, des Zittauer Gebirges. Auch heute noch gibt es im Ort viele restaurierte Umgebindehäuser, eine spezielle Bauform, in welchem früher die Menschen lebten und ihr Handwerk, vor allem die Weberei ausführten.
Die Häuser sind nicht deshalb so schön gepflegt, weil die dort wohnenden Menschen besonders fleißig sind oder für ihre Gärten einen grünen Daumen entwickelt haben. Vielmehr ist es so, daß dieser Ort wie auch andere in der Gegend stark überaltert ist. Die jungen und arbeitswilligen sind in den letzten Jahren meistens weg gezogen um woanders ihr Glück zu finden. Die Alten bleiben und haben Zeit, sich um Haus und Gärten zu kümmern.
So manches Produkt aus der untergegangenen DDR wie dieser Trabi steht hier nicht nur zur Zierde, sondern wird auch heute noch genutzt.
Ein paar Hundert Meter westlich des Dorfes gibt es eine Art Almhütte auf einem Hügel, die Koitsche. In dieser werden im übrigen Schweizer Spezialitäten serviert. Von da aus hat man einen schönen Blick in Richtung Zittau und den dahinter liegenden südwestlichen Zipfel Polens, früher ein Teil Niederschlesiens. Im Dunst erkennt man das Riesengebirge mit der Schneekoppe, die wiederum zur Tschechischen Republik gehört.
Nordwestlich der Koitsche und damit nördlich von Zittau sehen wir diese Windanlagen auf deutschem Gebiet. Rechts im Bild erkennen wir die Kohlekraftwerke, in welchen die im polnischen Teil der Gegend abgebaute Braunkohle verstromt wird. Der Braunkohleabbau wurde auf deutscher Seite schon vor einiger Zeit aus wirtschaftlichen und ökologischen Gründen eingestellt. Zurück blieb ein gefluteter Tagebau, der heute als Badesee genutzt wird.
Hier noch ein umgebautes Umgebindehaus. Der Teil mit den Bögen beherbergte früher die Werkstätte. Dieses Haus wurde mit in der Region vorkommendem Schiefer verkleidet.
Die Dorfkirche ist neueren Datums. Sie wurde erst um die Wende vom 19. Zum 20. Jahrhundert gebaut.
Solche Kleinlaster, früher beliebt beim Militär des „ersten Arbeiter- und Bauernstaats auf deutschem Boden“ und dessen Grenztruppen, wurden bis vor der Wende in Zittau hergestellt. Jetzt wartet dieses Vehikel auf einen Restaurator oder darauf, daß der Besitzer sich doch noch von ihm gegen Bezahlung des Kilopreises für Alteisen trennt.
Außer uns war an diesem Vormittag kaum jemand auf der Straße. Die Bewohner kümmern sich liebevoll um Haus und Garten, so wie wir es eigentlich nicht mehr kennen.
Auch diese Art der Gartengestaltung wird zumindest bei uns in der Region als „spießig“ angesehen. Aber wem es gefällt…
Ich hoffe, unser kleiner Rundgang durch Hörnitz hat euch genauso gefallen wie uns. Der Ort ist eigentlich nichts Besonderes. Nur lebt es sich da halt anders als bei uns zuhause. Auch schaut es da anders aus. Das war es mir wert, euch zu zeigen.
Während meiner Schulzeit haben wir mal einen Ausflug an die Zonengrenze bei Coburg gemacht. Für mich war das damals schon irgendwie gruselig. Ein Schild mit der Aufschrift „auch drüben ist Deutschland“ ist mir bis heute in Erinnerung. Ich bin dankbar, daß ich zum einen die Wiedervereinigung erleben durfte und heute in aller Ruhe für mich unbekannte Teile unseres Heimatlandes ansehen kann.
Wer mehr über die Gegend wissen will, den möchte ich noch auf meinen Bericht über Oybin verweisen:
https://www.schoener-reisen.at/forum/showthre…highlight=oybin
Auch Bernd hat einen zweiteiligen Bericht über das benachbarte Oybin hier im Forum geschrieben:
Jürgen