ZitatAlles anzeigenDer Tummelplatz bei Amras.
von Dr. Ludwig von Hörmann.
Der Anblick katholischer Friedhöfe bietet selten etwas Erhebendes. Die kalten trostlosen Grabmonumente, nur bisweilen von einer Weide oder einem Kranz verwelkter Immortellen geschmückt, lassen keinen ästhetischen Gedanken aufkommen, und wo ein monumentales Kunstwerk unser Auge anzieht, scheint es nur angetan, um den Kontrast des sonnigheitern Lebens mit der unerbittlichen Macht des Todes hervorzuheben. Nur der Allerseelentag verwandelt das trübselige Bild der Vergänglichkeit wie mit einem Zauberschlag in einen erlogenen Frühling, der einzige Herbsttag in dieser monotonen Illustration zu dem salomonischen Wort: Vanitas vanitatum vanitas. Nicht doch! Ich will Dich, freundlicher Leser, heute an einen stillen Ort hinführen, wo viele Tausende schlafen, zu einem Friedhof, so ruhig und trostreich, von wohltuendem Frieden, daß jedes lebensmüde Herz unwillkürlich ausrufen muß: "Hier möcht' ich schlafen gehen."
Geht man von Innsbruck gegen das reizend gelegene Schloß Ambras und biegt etwa hundert Schritte zuvor rechts ab, so geleitet ein bequemer beschatteter Weg in mäßiger Steigung in den dichten Wald, der sich der ganzen südlichen Berglehne entlang vom Berg Isel bis Amras hinzieht. Plötzlich lichtet sich dieser, und man steht vor einem ebenen Platz, aus dem Kreuze entgegenblicken. Es ist ein Friedhof im Walde. Uralte riesige Tannen, deren Stamm mit Votivtafeln umkleidet, überschatten hundert und hundert verwitterte und neuere Kreuze, die in dem kühlen Moose herumstehen, sich hier an eine rotbeerige Staude anschmiegend, dort von freiwillig entsprossenen Waldblumen und Efeu überwuchert. Ein wunderbarer Friede breitet sich aus über den stillen Ort, Du hörst keinen Laut, als das Flüstern und Rauschen der Bäume, das Plätschern der nahen Quelle oder den lieblichen Pfiff eines Finkenpärchens, das sich zwitschernd durch die Äste verfolgt.
Ursprünglich war diese geräumige Waldwiese der Schauplatz ritterlicher Waffen-Übungen. Die Ritter und Knappen des nahegelegenen Ambras pflegten hier ihre Rosse zu tummeln, woher sich auch der Name Tummelplatz schreibt. Doch der fröhliche Lärm ist längst verstummt, und eine kleine Kapelle mit dem "Salvator Mundi" in der Nische gibt uns Aufschluß über die jetzige Bestimmung des Platzes. Die Inschrift auf derselben lautet: "Zur frommen Erinnerung an die Ruhestätte der in den verhängnißvollen Jahren 1797 - 1805 umgekommenen und hier beerdigten 7 - 8000 in- und ausländischen Krieger." Still ruhen sie da, Franzosen, Bayern und manch lebfrisches Tirolerblut friedlich neben einander gebettet in der kühlen Erde. Im Jahre 1848 erhielten sie noch manchen "Bruder Kaiserjäger," dessen Gebein man aus dem heißen italienischen Boden von den Schlachtfeldern zu Novara und Custozza holte, um ihm im teuern Heimatlande eine Ruhestätte zu geben. Oft hängten auch die Angehörigen bloß eine Votivtafel auf. Deshalb ist der Tummelplatz besonders vom Landvolke an Sommertagen gern besucht und ist so nach und nach zum allgemeinen Wallfahrtsorte für alle geworden, die bedrängten Herzens sind, wie die zahlreichen Ex-voto Tafeln beweisen, mit denen jedes freie Plätzchen fast überkleidet ist. Krücken, wächserne Hände, Füße, Kühe, Herzen, daneben Bilder mit höchst urwüchsiger Malerei erzählen uns, wie oft der frommgläubige Sinn des Volkes mit seinen Anliegen in diese stille, andachterweckende Waldeinsamkeit flüchtete. Man könnte eine ganze Anthologie von Versen zusammenstellen, die den verschiedenartigsten freudigen und schmerzlichen Gefühlen der Votenten Ausdruck verleihen; manche sind nicht gerade sinnlos, wie z. B. der folgende, den wir als Schluß anführen wollen:
Hier ist die stille Ruh- und Friedensstätte,
die mancher junge wack're Krieger fand,
der muthig einst gefolgt der Schlachttrompete
für seinen Kaiser und fürs Vaterland,Sie ruh'n, bis eine andere Trompete
sie einst mit uns zur Auferstehung weckt,
drum denkt mit Liebe ihrer im Gebete,
mit Liebe, die auf Alle sich erstreckt.Ludw. v. H.
Quelle: Ludwig von Hörmann, Der Tummelplatz bei Amras, in: Der Alpenfreund, Monatshefte für Verbreitung von Alpenkunde unter Jung und Alt in populären Schilderungen aus dem Gesamtgebiet der Alpenwelt und mit praktischen Winken zur genußvollen Bereisung derselben. HG Dr. Ed. Amthor, 1. Band, Gera 1870, S. 72 - 73.
Zu diesem Soldatenfriedhof zog es auch mich.
Hatte ich doch Informationen über eine Gedenktafel für Kaiserin Elisabeth in einer der dortigen Kapellen.
Nachdem ich mein Auto am Schloss Ambras abgestellt und den Schildern folgend den Friedhof gefunden hatte empfing mich diese Infotafel.
Heute erinnern rund 1200 Gedenkzeichen an die Kriegstoten von 1797 bis 1945.
Insbesondere nach der wunderbaren Heilung eines neunjährigen Buben aus Pfaffenhofen,
welcher seine Sprache verloren hatte, setzte ein großer Zulauf von Pilgern auf den Tummelplatz ein.
Mein erstes Bild vom Friedhof.
Links steht die Heilig-Kreuzkapelle.
Schilder an der Kapelle sagen mir:
"Durch die Wohltäter der Gemeinde Amras ist diese Kapelle erbaut worden, aus Dankbarkeit für die armen Seelen,
besonders für den Urheber des Tummelplatzbesuches J.G. Sokopf, Gemeindevorsteher in Amras"
"Zur christlich frommen Erinnerung im Gebete an alle in- und ausländischen hier begrabenen
8000 Soldaten u. Landesverteitiger aus den Kriegsjahren 1797 - 1866."
An einer Wand finde ich eine Gedenktafel.
Sie zeige ich stellvertretend für die vielen Tafeln und Kreuze im Detail.
Im Hintergrund erkennen wir die Lourdeskapelle aus dem Jahre 1884.
Etwas abseits wurde 1922 den Helden der drei Kaiserschützenregimenter
und der reitenden Kaiserschützen zum ewigen Gedächtnis die "Kaiserschützenkapelle"
nach dem Entwurf von Clemens Holzmeister von Theodor Prachensky erbaut.
Die Fresken malte Alfons Walde und das eindrucksvolle Kreuz schuf P. Sellemond.
Auch ein Bild des letzten österreichischen Kaisers Karl I. hängt in der Kapelle.
Er ist übrigens bis dato in einer Kirche auf Madeira bestattet - nicht wie alle anderen Kaiser/Innen in der Kaisergruft in Wien.
Bei einem Rundgang durch die Gräberreihen begegnete ich einem Herren der mir ein freundliches "Grüß Gott" zurief.
Ich grüßte überrascht zurück und ging weiter.
Ich suchte ja nach einer Gedenktafel.
Die sollte in der neuen Kreuzkapelle oder Kreuzwegkapelle zu finden sein.
Nach meinen Informationen sollte dies die größte Kapelle im Zentrum des Grabfeldes sein.
Sie wurde 1897 anlässlich des 50jährigen Regierungsjubiläums von Kaiser Franz Joseph I. errichtet.
Deshalb wird sie auch Jubiläumskapelle genannt.
"Christus in der Strahlenglorie vor den Soldaten."
1917 malte Toni Kirchmayr die Fresken an der neugotischen Kreuzwegkapelle.
Nun stand ich vor der gesuchten Kapelle, doch sie war verschlossen!
Wie ärgerlich!
Nach dem Umrunden setzte mich auf die Bank vor der Kapelle und war traurig über diesen Misserfolg.
Da erinnerte ich mich an den freundlichen Herrn der mir begegnet war.
Vielleicht konnte der mir einen Rat geben wie ich denn in die Kapelle kommen könnte.
Ich begab mich auf die Suche.
Bei der Lourdeskapelle wunderte ich mich, dass das Gittertor geöffnet war. Seltsam!
Bei meinem Rundgang vorhin war sie doch verschlossen wie alle anderen Kapellen auch.
Ich schaute rein und fand den freundlichen Herrn beim Gießen der Blumen.
Nach Schilderung meines Problems löste er dieses praktisch im Handumdrehen!
Er hatte nämlich auch den Schlüssel für die Jubiläumskapelle dabei.
Da mussten die Blumen auch frisches Wasser bekommen.
Altar der Jubiläumskapelle
...
herrliche Glaskunst in den Fenstern der Jubiläumskapelle
Und da hingen auch die gesuchten Gedenktafeln.
...
Eine Gedenktafel die an die Ermordung von Kaiserin Elisabeth erinnert
und eine die ihrer Schwester Sophie gedenkt die eineinhalb Jahre vor Elisabeth bei einem Brand in Paris ums Leben kam.
Nachdem der freundliche Herr auch die Blumen in der Jubiläumskapelle gegossen und mir einiges über die Geschichte und den Erbauer der Kapelle...
... und den Verein zum Erhalt des Friedhofes erzählt hatte, verabschiedete ich mich und dankte ihm mit einer kleinen Spende.
Das war es mir wert!
Hätte ich doch unverrichteter Dinge wieder abziehen müssen wenn er mir nicht geholfen hätte.
Welch ein Glückspilz war ich doch an diesem Tag!
Zufrieden trat ich die Heimfahrt an.
Doch bevor ich mich verabschiede zeige ich Euch noch ein paar Fotos vom Inntal bei Innsbruck.
Liebe Grüße von waldi